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Lesenslust
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München

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Insgesamt 11 Bewertungen
12
Bewertung vom 08.10.2011
Im Schatten des Vogels
Steinsdóttir, Kristín

Im Schatten des Vogels


sehr gut

Steinsdóttirs Geschichte ließ mich wanken - wanken zwischen Unsicherheit und Tatendrang, zwischen Neugier und Desinteresse. Noch nie habe ich mich bei einem Roman so hin- und hergerissen gefühlt. Pálina hatte bereits nach wenigen Zeilen mein Mitgefühl für ihre Situation. Die teils unzumutbaren Lebensbedingungen auf die sie während ihres Lebens immer wieder stoßen muss, schenken ihr kaum Freiraum. Sie muss sich stetig den Gesetzen des Vaters unterordnen, muss funktionieren; lernen, ihre Träume hintenan zu stellen und den für sie vorgesehenen Weg zu akzeptieren. Ihre Neigung, sich selbst und den Bezug zum realen Leben zu verlieren, macht sich dabei schon sehr früh bemerkbar.
Die Entwicklung vom jungen Mädchen zur erwachsenen Frau mit eigenen Kindern und einem Mann an ihrer Seite, für den sie nicht die Liebe aufbringen kann, die notwendig wäre, ist teilweise schockierend. Manchmal raubte sie mir die Luft zum Atmen. Es schien, als hing ein Gefühl von Schwermütigkeit und Verzweiflung an Steinsdóttirs Zeilen. Wenig später widerum sprüht Pálina voller Lebensfreude und Energie und Steinsdóttirs Zeilen beginnen zu tanzen ' voller Poesie und Leichtigkeit.

Pálinas ambivalente Beziehung zu ihrem Vater, die nicht nur einen großen Teil in der Geschichte einnimmt, sondern auch primär Einfluss auf Pálinas Leben und ihre Zukunft hat, ist sehr interessant mitanzusehen. An guten Tagen ist Pálina sein Engelchen und genießt seine ungeteilte Liebe und Aufmerksamkeit. An schlechten Tagen wiederum verletzt er sie mit Ignoranz und Härte. Sein stetiges Anbandeln mit den wechselnden Mägden am Hof der Familie Jónsdóttir bricht Pálina und ihrer Mutter fast das Herz. Seine ablehnende Haltung gegenüber ihrer Beziehung zu Sveinn hinterlässt wohl die größte Wunde in ihrem Herzen. Eine Wunde, die niemals vollständig zu heilen scheint.

Anfangs fiel es mir sehr schwer, Steinsdóttirs Schreibstil zu folgen. Er erschien mir abgehakt und unausgewogen. Sie warf mir kleine Bröckchen zu mit denen ich nicht umzugehen wusste. Vielleicht sollen sie Pálinas anfangs kindliches und naives Wesen widerspiegeln, vielleicht gehören sie aber auch zu Steindóttirs Stil. Da die Geschichte aus Pálinas Augen erzählt wird, könnte die Vorgehensweise beabsichtigt sein. Denn mit der Zeit veränderte sich nicht nur Steindóttirs Stil sondern auch die miteinhergehenden Gefühle meinerseits. Meine anfängliche Unsicherheit und fast schon beginnendes Desinteresse entwickelte sich zu Neugierde. Die Geschichte ließ mich plötzlich nicht mehr los, verfolgte mich in meinem Kopf, ließ meine Gedanken Achterbahn fahren.

Neben Pálinas Lebensgeschichte lässt Steindóttir uns auch am Leben der einzelnen Geschwister teilhaben. Zeigt, wie dicht die persönlichen Lebensgeschichten miteinander verwoben sind, wie wichtig die Geschwister füreinander werden, welche Rolle sie füreinander spielen. Das alles lässt diesen Roman zu einem einzigartigen Familiendrama werden, das sich vor einer lebendig beschriebenen Kulisse Islands abspielt. Aus diesem Grund schenke ich Steindóttir 4 von 5 verzweifelten Flügelschlägen!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Teufelsfrucht / Xavier Kieffer Bd.1
Hillenbrand, Tom

Teufelsfrucht / Xavier Kieffer Bd.1


ausgezeichnet

~*°..Meine Meinung..°*~

Tom Hillenbrands Buch "Teufelsfrucht" erinnerte mich irgendwie an die Zeit, in der ich Dan Browns Bestseller "Sakrileg" gelesen hatte. Warum? Nun, manche wenige Bücher schaffen es, einen Leser auf eine ungeheuerlich magische Art und Weise zu fesseln, wie man es niemals für möglich gehalten hätte. Sie fahren förmlich ihre Krallen aus und haken sich in uns fest, bis wir sie vollständig gelesen haben. Erst danach scheint es, geben sie uns wieder für neue fremde Zeilen frei. "Sakrileg" hatte dies bei mir damals geschafft, "Teufelsfrucht" schaffte dies wieder.

Von der Erzählweise des Autors war ich derart gebandt, dass ich mich über jeden Moment, in dem ich das Buch zur Seite legen musste, geärgert habe. Die Spannung kroch förmlich aus den Fugen und setzte sich in meinen Gliedern fest. Sie lies sich nicht abschütteln, sie begleitete mich durch das gesamte Buch. Welche Wege die Geschichte einschlägt erfuhr man zu gegebener Zeit, jedoch waren sie für mich nicht im Voraus ersichtlich oder gar klar auf der Hand liegend. Die Story besitzt zudem einen sehr innovativen Charakter und glänzt mit ihrer Einzigartigkeit. Hillenbrand scheint bei seinem "kulinarischen Krimi" voller Tatendrang und Kreativität.

Mit einem Schmunzeln habe ich mir den gastronomischen Fachjargon reingezogen, der sich durch den gesamten Roman zieht. Was "Mise en place" ist, liegt für mich als gelernte Fachkraft klar auf der Hand, könnte jedoch für manchen Laien unter den Lesern für ordentlich Verwirrung sorgen. Auch die französischen Begriffe sämtlicher Küchenpositionen (u.a. sous-chef, saucier, patissier) werden ganz bestimmt nicht jedem so geläufig sein, wie mir. Obwohl im Anschluss an die Geschichte ein Glossar mit Küchenlatein angehängt ist, bleiben einige, fast schon zu viele Begrifflichkeiten unerklärt. Die Verwendung des moselfränkischen Dialekts (Letzebuergisch) innerhalb des gesamten Fließtextes versetzt dem Krimi einen Hauch von luxemburgischem Flair - fast so als wäre man selbst vor Ort.

Die Geschichte beginnt mit der Entdeckung der Teufelsfrucht, einer gelben Chatwa-Frucht aus Papua Neuguinea namens Solanum catvanum. Der Einstieg in die Geschichte spielt sich förmlich wie ein Abenteuerstreifen vor unseren Augen ab, man erkennt den Protagonisten - hart und männlich, wie er vorbeikriechende Insekten unter seinem Stiefel zerquetscht. Einfach klasse, weil man nie darauf kommt, kurze Zeit später schon in einem luxemburgischen Restaurant zu sitzen und "Noisette" zu schlürfen und "Petit Four" zu knabbern. Ein Verlauf, der bereits am Anfang meine Aufmerksamkeit ganz für sich gewann.
Der Hauptprotagonist Xavier Kieffer ist einfach nur herrlich autentisch. Nicht auf den Mund gefallen, vorlaut, wissbegierig, emsig. Genauso, wie ich mir einen erfolgreichen Koch und Besitzer eins gut besuchten Restaurants vorstelle. Er hat einen Hang zu gutem Wein und noch vielmehr zu hochprozentigen Tropfen, gutes Essen gibt es stets im Einklang. Seine Neugierde treibt ihn bald schon in den Mittelpunkt einiger schmieriger und krimineller Machenschaften.

Man bekommt zudem einen guten Einblick in die Welt der Lebensmitteltechnologie, auch wenn mir viele chemische Vorgänge selbst erklärt, unerklärt blieben. Eine Sache, die ich jedoch mehr meinem fehlenden Interesse für diesen Bereich als auf eine "weniger klare" Definiton der Vorgänge zuschreibe. Einen Ausflug in die Welt der "Lebensmittelpanscher" bekommt man gleich gratis dazu. Sicher ist, dass eine Tiefkühlpizza nach dem Lesen des "kulinarischen Krimis" keine Tiefkühlpizza mehr ist...na denn mal "Bon Appetit"!!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Wasser für die Elefanten
Gruen, Sara

Wasser für die Elefanten


ausgezeichnet

~*°..Meine Meinung::°*~

Sara Gruens Stil ist vielseitig. Während sie das Wesen von Tieren und Menschen einfühlsam und liebevoll beschreibt nennt sie andere brutale Dinge oft beim Namen: ihre Beschreibung ist unverblühmt und von derart authentischem Maße, dass man meinen könnte, man stehe direkt daneben.
Diese Mischung verschafft dem Stil eine einzigartige und besondere Note. Sie macht ihn mitreissend und lässt die Spannung nicht weichen.

Die Autorin entschied sich für einen stetigen Zeitenwechsel innerhalb des Buches. So ermöglicht sie dem Leser an Jakobs Leben zu unterschiedlichen Zeitpunkten teilzuhaben.
Wir begegnen ihm mit 93 Jahren – alt und „scheinbar verdattert“ in einem Altenheim sitzend, wo er auf sein bisheriges Leben wehmütig zurückblickt und über die Ausweglosigkeit seines Alltags verzweifelt.

Bevor Jakob zu Onkel Al´s Zirkus kommt ist er noch unreif. Mit seinen jungen 23 Jahren hat er kaum eine Vorstellung vom Leben, geschweige denn von Sex, der Liebe oder seinen Bedürfnissen. Wir dürfen ihm bei seinem Reifeprozess beobachten und sehen wie aus dem Jungen ein stattlicher Mann heranwächst.
Die Begegnung mit Marlena, der Kunstreiterin, wird für Jakob von besonderer Bedeutung, weil er irgendwann bemerkt, dass er von ihr nicht nur fasziniert ist sondern sich in sie verliebt hat. Ihr schizophrener Ehemann, der Dompteur der Show ist eine gewaltige Erscheinung, die nicht nur Marlena sondern auch den Leser mit all seinen Fazetten zu täuschen weiß.

Zudem bekommt der Leser einen sehr guten Eindruck von den Besonderheiten innerhalb eines Zirkusses. Es geht dabei nicht nur um die Abläufe hinter der Menagerie oder dem Alltag der Zirkusbewohner und seinen Tieren sondern auch um den Unterschied der verschiedenen Menschengruppen innerhalb des Zirkusses. Wie auch unsere Gesellschaft von verschiedenen Schichten geprägt ist, werden innerhalb des Zirkusvolks krasse Unterschiede gesetzt. Während der Eine sich in seinem eigenen Privatwaggon ein Glas edlen Whiskey gönnt kann der Andere wiederum sich schon glücklich schätzen, wenn er im Stall bei den Tieren schlafen darf.

Die Geschichte erzählt uns viele kleine Geschichten, die sich wie einzelne Puzzleteile zusammensetzen und irgendwann ein großes Ganzes ergeben. Die Schicksale einiger Zirkusbewohner treffen den Leser oft wie ein Schlag ins Gesicht. Aufgrund der Vielseitigkeit der Geschichte, ist die Liebe, die zwischen Jakob und Marlena irgendwann entflammt zwar Kernpunkt der Geschichte, welcher sich wie ein roter Faden durchs Buch zieht, jedoch wird er stets von vielen nicht unwichtigen Geschichten anderer Protagonisten begleitet. Sicherlich weiß man schon zu Beginn, dass Jakob und Marlena füreinander bestimmt sind, all die anderen Wendungen und Verläufe sind jedoch nicht vorhersehbar und lassen die Spannung immer wieder aufs Neue steigen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Die besondere Traurigkeit von Zitronenkuchen
Bender, Aimee

Die besondere Traurigkeit von Zitronenkuchen


gut

~*°..Meine Meinung..°*~

Das Cover des Buches gefiel mir auf Anhieb. Durch seine Leichtigkeit und farbenfrohe Frische erschien es mir wie eine Einladung, die ich gerne annahm. Den Titel finde ich zudem sehr originell und als genau das richtige Lockmittel um Leser für sich zu gewinnen. Wie man sieht, hat es bei mir geklappt.

Die Geschichte bezaubert den Leser mit ihrer Außergewöhnlichkeit. Die Begabung, die Gefühle anderer aus dem Essen zu schmecken erschien mir anfänglich noch als Glücksgriff und wahnsinnig spannend. Die Autorin hat mir jedoch sehr schnell die Konsequenzen gezeigt, die durch diese Begabung resultieren. Nicht immer kocht man mit guter Laune, Verliebtheit oder Tatendrang. Auch Wut, Unzufriedenheit und Enttäuschung mischen sich unter und geben dem Essen einen unangenehmen Beigeschmack. Sie stellen für Rose, der Hauptprotagonistin der Geschichte, schier unüberwindbare Hürden dar und führen unweigerlich zu extremen Situationen. Wie zum Beispiel dem Tag, an dem Rose sich vor Verzweiflung den Mund aus dem Gesicht reißen und sich mit dem Messer den Geschmack von der Zunge schaben möchte. Eine Situation, die für mich pure Verzweiflung und so viel Gefühl verkörperte, dass ich ensetzt war.

Nicht die einzigste Stelle im Buch, in der es der Aimee Bender gelingt, mir mit sehr viel Fingerspitzengefühl und Empathie eine Welt aufzuzeigen, über die ich mir sonst sicherlich nie Gedanken gemacht hätte. Zu behaupten, dass es Menschen gibt, die eine derartige Begabung besitzen, ist vielleicht zu weit hergeholt. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass der ein oder andere unter uns sicherlich über ein besonderes Gespür oder einen besonders intensiven Geschmackssinn verfügt, welcher ihm ähnliche Nuancen aus dem Essen herausschmecken lässt.

Innerhalb der Geschichte offenbaren sich der kleinen Rose eine Menge Geheimnisse. Sie betritt die Welt der besonderen Empfindungen und Geschmäcker und nimmt uns auf ihre Reise mit. Wir sind ihre Wegbegleiter und dürfen sowohl an ihren Geschmacksexplosionen als auch Geschmacksfehltritten teilhaben.
Doch nicht nur Rose allein lässt die Geschichte zum Leben erwecken. Neben ihr spielt auch Joe, ihr verquerer Bruder eine wichtige Rolle. Er begegnet mir als ein Eigenbrötler. Lebt in seiner eigenen Welt, verlässt oft tagelang sein Zimmer nicht. Es scheint fast, als wäre er autistisch. Die Entwicklung seiner Person ist für mich jedoch ein negativer Aspekt des Buches. Ohne zu viel zu verraten, sei so viel gesagt: sie erschien mir derart fantastisch, unrealistisch und einfach zu strange, dass es mich gestört hat. Etwas, das ich einfach unnötig fand. Keine Ahnung, was Frau Bender mir durch seine Person zeigen wollte.

Alles im Ganzen hat mich Bender mit ihrem Roman sehr gut unterhalten und mir ein paar neue Denkansätze gegeben, auf die ich ohne ihren Roman sicherlich nicht gesto

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Ein Garten am Meer
Henrichs, Bertina

Ein Garten am Meer


ausgezeichnet

~*°..Die Story..°*~

Das idyllische Dörfchen Plouerbec an der Atlantikküste der Bretagne. Ein Ort, geprägt von Naturschauspielen, ein Ort der Ruhe, ein Ort der Harmonie.

Viele der Bewohner leben hier bereits seit vielen Jahren, haben Plouerbec über die Jahre lieben und schätzen gelernt. Doch die Idylle des Dörfchen wagt durch das künftige Projekt des Bauunternehmens Résiplus zu zerplatzen. Denn die Häuser der Bewohner sollen einem Vergnügungspark weichen.

Die Bewohner, allen voran die Witwe Marthe Simmonet und der wortkarge Deutsche Hans Scharnbeck wollen das nicht zulassen und leisten Widerstand.

Eine Geste, die nicht ohne Folge bleiben soll...


~*°..Meine Meinung..°*~

Bertina Henrichs gelang es, eine iebevolle Geschichte voller Hoffnung zu erzählen. Ihre Zeilen lasen sich sehr gefühlvoll, teilweise sehr poetisch. Sie schaffte es, eine einfache Geschichte mit sehr viel Liebe zum Detail zu erzählen. Die einzelnen Charaktere der Geschichte schienen mir bereits nach kurzer Zeit vertraut und gewährten mir Einblicke in ihre Vergangenheit.

Marthe Simmonet begegnete mir anfangs als wohlerzogene konservative Dame. Durch jede Zeile wuchs sie mir mehr ans Herz und offenbarte mir ihr nachdenkliches Inneres. Während der Verlust ihres geliebten Mannes anfangs sehr stark zum Ausdruck kam sprühte sie bald schon voller Lebensgeister. Durch den gemeinsamen Widerstand mit der Nachbarschaft blühte sie auf, er schenkte ihrem Leben einen neuen Sinn.
Auch die Person des Hans Scharnbek gestaltete Henrichs sehr interessant. Während er anfangs noch den wortkargen und reservierten Deutschen gab, öffnete er sich Zeile um Zeile. Für den gemeinsamen Widerstand verabschiedete er sich für eine Weile vom Leben auf dem Wasser und zog in seine mittlerweile heruntergekommene Bude auf dem Festland zurück. Eine Geste, die von vielen Nachbarn bis zum Schluß in Frage gestellt wurde. Anfangs nicht vermutet, entpuppte er sich während des Widerstandes jedoch zum stärksten Kämpfer.

In der Mitte des Buches blätscherte das Geschehen etwas vor sich hin, dass ich befürchtete es würde ins Langweilige abtriften. Die Autorin rettete sich jedoch durch ein paar unvorhergesehene Entwicklungen und rundete die Geschichte durch ein offenes Ende perfekt ab.
Henrichs zeigt uns in ihrem Roman, wie ein gemeinsames Ziel die unterschiedlichsten Menschen verbinden kann. Daher bekommt ihre Geschichte von mir 4 von 5 Sternen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Denn das Glück ist eine Reise
Vermalle, Caroline

Denn das Glück ist eine Reise


ausgezeichnet

~°..“Ihre Freundschaft atmete die Luft der großen, weiten Welt. Sie würden sehen, ob sie dieser Herausforderung gewachsen war.“..°~

Dieses Buch ist ein liebevoller Schatz. Vermalles Zeilen stimmten mich glücklich, sie schenkten mir Gefühle der Zufriedenheit als auch des Glücks. Allein das Cover des Romans wirkte auf mich wie eine Einladung zum Träumen. Ich sehe sie vor mir: die farbintensiven Lavendelfelder der Provence, ein dezenter Duft von Flieder steigt mir in die Nase, ein salziges Lüftchen zerstrubbelt mein Haar. Georges und Charles fahren vorbei, ich springe zu ihnen in ihren weißen Renault Scénic und fahre mit ihnen gemeinsam die Etappen der Tour de France von 2008 entlang. Ich strecke meine Hand aus dem Fenster und fühle den Fahrtwind an meinen Fingern entlanggleiten, Freiheit durchströmt mich, es scheint, als würde ich selber reisen…

Frankreich erschien mir noch nie so reizvoll, wie nach dem Lesen dieses Buches. Eine einmalige, schon weit über Jahre zurückliegende Reise nach Paris ließ mich damals zu dem Entschluss kommen, dass Frankreich einfach nicht mein Land ist. Ich konnte mich weder mit dem Land, noch den sehr eigenen Landesbewohnern anfreunden. Caroline Vermalle machte mir Lust auf mehr. Am liebsten wäre ich in diesem Moment schon in Chanteloup, dem Ausgangspunkt der beiden Reisenden, auf einer Bank sitzend, ein Glässchen guttemperierten Chardonnay vor mir, ein bisschen Käse und Weintrauben und mein Blick über die fliederfarbenen Lavendelfelder Frankreichs. Traumhaft…

Die Protagonisten werden von der Autorin sehr liebevoll dargestellt, sodass man sie schnell ins Herz schließt. Georges und Charles besitzen, warscheinlich gerade weil sie schon in die Jahre gekommen sind, einen unverwechselbaren Charme. Leicht schrullig, alltagsroutiniert, der Moderne gegenüber fremd und völlig überfordert. Eigenschaften, die bei mir schnell das Bedürfnis veranlassen, ihnen über den Kopf zu streicheln und in die Wange zu kneifen. Was habe ich geschmunzelt, als Georges vor der Herausforderung stand, seiner Enkelin eine Sms zu schreiben. Und als wär das noch nicht genug Herausforderung, es soll gleich noch in einer Sms-Sprache geschrieben sein, von der er bis dato noch nicht einmal wusste, dass sie existiert. Probleme, die der heutigen Generation wohl eher fremd sind.

Die Reise quer durch Frankreich wird von der ersten Seite an von der Entwicklung von Georges und Adéle geprägt. Die Beziehung, die anfangs eher einem dünnen Zweig gleicht wächst nach und nach zum starken Geäst heran. Die Freude aneinander wächst und trägt Früchte: Früchte von Fürsorge & Freundschaft. Plötzlich ist es kein Nebeneinander mehr, sondern vielmehr ein Miteinander. Das anfangs empfundene Desinteresse Adéles entwickelt sich während der Geschichte zu einer liebevollen Verbundenheit ihrem Opa gegenüber.
Auch die Freundschaft zwischen Georges und Charles, die sich in Chanteloup auf das mittagliche Miteinander beschränkt, wächst. Plötzlich ist da Zeit, um sich besser kennenzulernen. Der Blick in die gemeinsame Richtung verbindet und stärkt sie. Aspekte, die Vermalles Erstlingswerk so furchtbar schön und im gleichen Moment lehrreich machen. Sie regen zum Nachdenken an und lassen mich feststellen: Das Glück ist tatsächlich eine Reise…

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Der Duft des Sommers
Maynard, Joyce

Der Duft des Sommers


ausgezeichnet

~°"Ihre Schuhe - ihre Tanzschuhe - lagen unter dem Tisch, und ihre Haare wirkten feucht - vielleicht von Tanzen, vielleicht aber auch vom Leben"°~

Stellt euch vor, ihr erwartet eine leichte Sommerlektüre und das was sich euch offenbart, ist alles andere als das. Der Sog der Geschichte reißt euch mit, ihr geradet in einen Strudel und begegnet einer derartigen Fülle von Emotionen, dass es euch wie ein Feuerwerk erscheint. Ein Aspekt, der Maynard´s Roman "Der Duft des Sommers" nicht nur abwechslungsreich sondern besonders und einzigartig werden lässt.

Maynard´s Konzentration gilt nicht nur einer Person. Sie lässt uns am Leben aller dreier Hauptprotagonisten (Adele, Henry und Frank) sehr intensiv teilhaben. Einzelne Leben, die miteinander verwoben sind und zu einem großen Ganzen werden. Ihr Schreibstil ist gefühlvoll und erschreckend realistisch zugleich. Die Geschichte verläuft anders als erwartet, sie überrascht und begeistert mich. Die Zeit vergeht wie im Flug...

Adeles Leidenschaft galt immer dem Tanzen. Als junge Frau sprühte sie vor Leben und Begeisterung. Die Scheidung von ihrem Mann, der längst mit einer anderen Frau ein neues Leben begonnen hat, setzt ihr hart zu. Alles was ihr bleibt ist Henry, an dem sie sich verzweifelt klammert und ihm kaum Luft zum Atmen gibt. Schicksalhafte Ereignisse ihrer Vergangenheit lassen sie ängstlich werden. Sie beginnt sich abzuschotten, vergisst weiterzuleben.
Als Frank in ihr Leben tritt, beginnt sie zu erwachen. Obwohl sie diesen Mann kaum kennt, verspürt sie schnell heranwachsende Gefühle für ihn. Es scheint, als gewähre er ihr Zuflucht, obwohl es genau andersherum ist. Bei ihm fühlt sie sich wohl. Er gibt ihr Sicherheit; ist ihr Stein, der ihr ihr Leben wieder ins Rollen bringt.

Für Henry wird Frank zur Vaterfigur. Während sein richtiger Vater ihn als Weichei betrachtet und gar nicht richtig realisiert, erkennt Frank Henry´s Stärken. Er nimmt sich ihm an, leitet ihn während seiner Phase des Erwachsenwerdens, schenkt ihm Kraft und Sicherheit. Zwischen den beiden beginnt eine Freundschaft. Ein Aspekt, der dem zurückhaltenden Henry wichtiger erscheint, als Frank der Polizei zu melden. Während er sich die letzten Jahre ausschließlich um seine Mutter gekümmert hat, bekommt er plötzlich die Möglichkeit, zu leben und sich auf Dinge zu konzentrieren, die einem pubertierenden Jungen nun mal wichtiger erscheinen, als seine Mutter zu beschützen.

Frank, der von der Öffentlichkeit als gewalttätiger Mörder dargestellt wird, begegnet dem Leser als rücksichtsvoller und sehr liebevoller Mensch. Nachdem man einen Einblick in seine schicksalhafte Vergangenheit bekommt, schenkt man ihm schnell seine Sympathien und verspürt Mitleid. Mitleid für einen Menschen, der vom Leben einfach nur unfair behandelt wurde.

"Der Duft des Sommers" glänzt durch unvorhergesehene Wendungen, jede Menge Gefühl und Tiefgang. Er verkörpert alle Eigenschaften, die ein guter Roman vorweisen sollte. Der Verlauf und das Ende der Geschichte verleihen dem Roman die nötige Würze, die ihn weder kitschig noch unrealistisch wirken lassen. Dass die Pfirsiche auf dem Cover, die das Einband so sommerlich leicht und einladend wirken lassen, in der Geschichte eine primäre Rolle spielen, gefällt mir zudem sehr gut. Ihr Duft liegt mir in der Nase, der Duft des Sommers...

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Die Dienstagsfrauen / Dienstagsfrauen Bd.1
Peetz, Monika

Die Dienstagsfrauen / Dienstagsfrauen Bd.1


ausgezeichnet

Die Dienstagsfrauen: Das sind die kühle Anwältin Caroline, Ex-Ärztin und Familienfrau Eva, die kreative & umwerfende Kiki, das Luxusweib Estelle und die sensible Judith.

Jeden ersten Dienstag im Monat treffen sie sich bei ihrem Lieblingsfranzosen Luc im Le Jardin & plaudern über vergangene Zeiten und neuen neuesten Klatsch und Tratsch. Ihre Gemeinsamkeit sind 15 gemeinsame Jahre. Eine 15-jährige Freundschaft, die bereits alle Höhen & Tiefen erlebt hat.

Als Judith´s Mann Arne stirbt bricht für sie eine Welt zusammen. Sie waren so glücklich, eine Einheit, wie füreinander geschaffen. Plötzlich steht Judith alleine da.
Beim Verräumen von Arne´s Sachen stößt Judith auf Arne´s Tagebuch. Es beinhaltet seine Gedanken, die er während seiner Pilgerreise über den Jakobsweg liebevoll zusammengetragen hat.

Ein Stück Erinnerung…

Durch seine Worte erscheint es Judith als weile er noch bei ihr. Sie kann ihn fühlen, ihn riechen, in seinen Erinnerungen schwelgen.
Da er seine Reise nicht beenden konnte, beschließt sie, seinen Weg für ihn zu Ende zu bringen. Eine Reise, die voller Überraschungen sein wird! Doch was wären die Dienstagsfrauen, wenn sie Judith diesen Weg alleine bestreiten lassen würden? Aus diesem Grund beschließen sie sich, Judith auf dem letzten Weg nach Lourdes zu begleiten.


~*°..Meine Meinung..°*~

Der Roman ist ein wahrer Schatz.

Die Geschichte der Dienstagsfrauen begegnet mir sehr authentisch. Zu keiner Zeit erscheint mir die Story gestellt oder aufgesetzt. Sie besteht vielmehr aus traurigen, heiteren, wuterfüllten, enttäuschenden und schmerzvollen Situationen, die wie Puzzleteile aneinandergesetzt werden. Situationen, die einem nicht fremd erscheinen. Situationen, die wir aus dem eigenen Leben kennen.

Die Dienstagsfrauen, die unterschiedlicher nicht sein können beschreibt Monika Peetz sehr detailgetreu. Es gelingt ihr daher sehr gut, dem Leser durch treffende Dialoge und Bescheibungen sehr schnell einen bildhaften Eindruck der einzelnen Frauen zu geben. Umso interessanter stellt sich daher die Freundschaft der 5 Frauen dar. Eine Freundschaft, die schon über 15 Jahre andauert, obwohl die einzelnen Charaktere scheinbar nichts gemeinsam zu haben scheinen und doch irgendwie befreundet sind.

Der gemeinsame Weg über den Jakobsweg bringt für jede einzelne der Frauen unterschiedliche Erkenntnisse zum Vorschein. Er lässt sie auf ihr Leben zurückblicken, sie nachdenken, sie herausfinden, was sie wirklich wollen. Irgendwann stellt man fest, dass der eigentliche Ausgangspunkt der Reise, Arnes Pilgerreise zu beenden, längst nicht alles ist, was die Geschichte ausmacht. Dem Leser begegnen auf seiner Reise durch die Geschichte so manche Überraschungen, die einen so unerwartet begegnen und die Geschichte unterhaltend bereichen.

Das Pilgern auf dem Jakobsweg, welches uns in den Medien oft als spirituelle Erleuchtung verkauft wird, scheint tatsächlich eine spirituelle Magie zu besitzen. Zumindest vermittelt mir Monika Peetz mit ihrem Roman diesen Eindruck.

Die malerische Beschreibung der Landschaft, das detailgetreue Beschreiben der Unterkünfte oder auch das Benennen der einzelnen Anlaufstätt verleitet mich dazu, irgendwann selbst eine Pilgerreise über den Jakobsweg auf mich zu nehmen.

10 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.09.2011
Für immer und eh nicht
Wanner, Heike

Für immer und eh nicht


sehr gut

.."Wir nehmen einfach einen arbeitslosen Schutzengel, formen ihn zum Traummann um und schicken ihn auf die Erde zu einer alleinstehenden Frau." (Zitat, Seite 9)..

Als es beim wöchentlichen Team-Meeting im Himmel zwischen Adam und Eva zu einer hitzigen Diskussion kommt, beschließt Jesus Evas Denkanstöße eine Chance zu geben und ruft das Projekt EfüSi - Engel für Single ins Leben. Eva ist sich sicher, eine Frau kann mit jedem Mann glücklich werden, wenn er nur die richtigen Eigenschaften besitzt. Adam glaubt, der perfekte Mann für eine Frau existiert nicht. Was entspricht nun der Wahrheit? Zeit es herauszufinden.
Als Versuchsengel wird der arbeitslose Schutzengel Raphael auf die Erde gesandt. Zielperson ist Theresa Neumann aus Wiesbaden, 38 Jahre alt, Apothekerin und seit elf Monaten Single. Der Mann ihrer Träume ist adlig, Schloßbesitzer und himmlisch gutaussehend.

Ein Leichtes für das Projekt-Team. Raphael wird zu Raphael von Hohenberg, ledig, Schloßbesitzer und überaus charmant. Und wie es der "himmlische Zufall" so will, begegnen sich die beiden während ihrem Urlaub in Kapstadt.


.."Zögernd entfernte ich Ken aus Barbies Armen und drückte ihr stattdessen Ernie an die Brust. Die weiche Puppe passte sich dem Plastikkörper mühelos an. Mehr noch, es sah sogar so aus, als ob sich Barbie glücklich an ihn schmiegen würde. "Ist es das, was du willst?", fragte ich sie." Natürlich antwortete sie nicht. Aber ihre Arme gaben Ernie selbst dann nicht frei, als ich die beiden zusammen in den Karton legte." (Zitat, Seite 258)..

Heike Wanner hat mit ihrem Roman "Für immer und eh nicht" nicht nur für gute Unterhaltung gesorgt sondern sich während ihrer Geschichte auch mit einem allgegenwärtigen Thema auseinandergesetzt. Nämlich der Fragestellung: Gibt es den perfekten Traummann? Und wenn ja, kann eine Frau mit ihm glücklich werden?

Das Buch beginnt mit einem himmlischen Prolog, der, obwohl er unterhaltsam war, mir den Einstieg in die Geschichte zugegeben etwas schwierig machte. Das himmlische Zusammentreffen von Jesus & Co hat mich anfangs doch etwas irritiert und ich war mir nicht ganz so sicher, ob Wanners Roman das Richtige für mich ist. Als sich die Geschichte danach sehr amüsant entwickelte, drängte sich diese Frage jedoch immer mehr in den Hintergrund. Auch wenn der Verlauf der Geschichte sicherlich vorhersehbar ist, glänzt Wannners Roman durch einige sehr humorvolle Stellen, die durch abwechslungsreiche Geschehnisse sehr zur Unterhaltung des Lesers beitragen.

Die Charaktere, allen voran die Protagonistin Theresa sind liebevoll beschrieben. Ihr Wesen war mir auf Anhieb sympathisch, auch wenn ihre Traumvorstellungen von einem Mann sehr märchenprinzmäßig und dadurch klischeehaft erschienen. Tagträumereien, die warscheinlich bei vielen Frauen auch nicht weniger realistisch ausfallen?! Raphael, der vom Himmel gesandte Schutzengel, der fortan als ihr männlicher Begleiter glänzt, hat mich zwischenzeitlich etwas genervt. Er war mir an vielen Stellen einfach zu lieb und aufopfernd und dadurch ganz schön langweilig. Als existiere er nur, um Theresa glücklich zu machen. Mal ehrlich, wo gibts denn sowas? Harald hingegen, der beste Freund ihres Bruders Sebastian, hatte durch sein freches und natürliches Erscheinen von Anfang an meine Sympathien auf seiner Seite. Perfekt ist eben nicht gleich perfekt. Das scheint auch Theresa irgendwann zu bemerken. Theresas Familie nahm zudem einen großen Teil

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