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Ink
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Bielefeld

Bewertungen

Bewertung vom 24.04.2023
Solidarität
Strobl, Natascha

Solidarität


ausgezeichnet

Sich aufreiben in der Erwartung auf ein stabiles Arbeitsverhältnis.
Prekäre Zustände in sämtlichen, den beanspruchten Komfort sicher stellenden, Dienstleistungsberufen.
Kleinste Zeiträume sind eher der Arbeit gewidmet als der Freizeit und Muße. Auf der Arbeit die ständige Konfrontation mit Effizienzlogiken, dem sogenannten "Qualitätsmanagement".
Die ganze Anstrengung nicht dafür, dass es einem mal besser geht, nein, nur soweit dass man nicht untergeht. Von dem Gefühl beherrscht sein, fortlaufend auf rutschenden Hängen zu stehen.
Steht die Gesellschaft durch die Pandemie nun besser zusammen? Bestenfalls für die Dauer eines besuchten Massenevents vielleicht.

Aus diesen Überlegungen heraus, habe ich mich bei meiner Auswahl für das Buch von Natascha Strobl [Solidarität] entschieden. Der Titel wird dem Buch gerecht.
Die Autorin bringt verzweigte Tatbestände mit einfachsten Worten auf den Punkt. In ihrem Buch tritt sie in den direkten Dialog mit dem Leser. Wie in einem Gespräch werden Sachverhalte klar vermittelt und bleiben somit haften. Es gelingt der Politikwissenschaftlerin, in komprimierter Form, ohne theoretische Schwere, wesentliche Themen der Gegenwartsgesellschaft auf den Punkt zu bringen. Dies ohne akademische Distanz, auf Augenhöhe mit dem geneigten Leser.
Was könnte Frau Strobl im Sinn gehabt haben?
Ohne Zweifel offenbart das vorgelegte Buch stichhaltig Stolperfallen gesellschaftlich kultivierter Irrationalitäten, die sich von kruden Wirklichkeiten nähren.
In geteilten Lebensumständen, stellt das Prinzip "Eigenverantwortung" den widersinnigen Gegenentwurf zu einer solidarischen Haltung in unserer Zeit dar. Kollektiver Irrsinn statt Gemeinschaftssinn, befördert durch prekäre Politik. Wenn per Definition, Politik die Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen ist, dann wäre das prekäre Einvernehmen der Sozialdemokratie mit einem ins Extrem entkoppelten Konservatismus der falsche Weg.
In Anbetracht der zahlreichen Krisen, die nicht nur vorrübergehend sind, drängen sich Fragen auf. Was bleibt? Die Zukunft, ungewiss wie sie ist, steht auf dem Spiel.

In Natascha Strobls Buch werden zentrale Fragen gestellt, aber auch Ansätze für eine solidarische Haltung vermittelt die anregen und Mut machen. Ein Plädoyer zu mehr Engagement über die Grenzen
der Verschiedenheit der Menschen hinweg. In der Schlußkadenz des Buches lässt die Autorin diverse Initiativen und Vereinigungen, wie z.B. Ärzte ohne Grenzen, Flüchtlingshilfe- Organisationen etc. Raum, um den Begriff der Solidarität im Kontext ihres Engagements zu beleuchten.
Der Gesamtentwurf des Buches ist somit luzider als alles, was Politiker und ihre Redenschreiber zuwege bringen. Auf dem Weg sein und um das Ziel wissen.

Fazit: Ein politisch gedachtes, überzeugend erzähltes Buch.