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SP_reads
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Bad Homburg

Bewertungen

Insgesamt 9 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2025
Greta & Valdin
Reilly, Rebecca K

Greta & Valdin


gut

No plot, just vibes

“Greta und Valdin” von Rebecca K Reilly erzählt in abwechselnden Perspektiven das queere Leben der beiden Geschwister Greta und Valdin. Die beiden Neuseeländer navigieren sich durch das verwirrende und trubelige Dating-Leben, hängen alten Lieben nach und beginnen neue Beziehungen. In den Nebenhandlungen ist die Familie der beiden ein wichtiger Bestandteil des Romans.

Diesen Roman kann man gut mit dem Spruch “No plot, just vibes” zusammenfassen. Vor allem die ersten 200 Seiten des Romans beschränken sich auf viele - gut geschriebene - Dialoge zwischen Greta oder Valdin und einer weiteren Person. Aus diesen Dialogen erfahren wir mehr über das Leben der Geschwister und die jeweilige Vergangenheit. Leider fand ich es schade, dass viele dieser Informationen über Dialoge vermittelt wurden, ohne dass die Leser wirklich aktiv in die Handlung eingebunden wurden. Das machte den Erzählfluss stellenweise eher passiv und entfernte mich emotional von den Figuren.

Die Kapitel waren abwechselnd aus Gretas und Valdins Perspektive geschrieben - oft fiel es mir beim Lesen aber schwer mich daran zu erinnern in wessen Perspektive ich mich gerade befinde, weil die Stimmen der beiden so ähnlich sind. Hier hätte die Autorin mit mehr Differenzierung arbeiten können, um den Lesern zu helfen, die Perspektive klarer nachzuvollziehen.

Auch verwirrend waren die vielen Nebencharaktere, die alle sehr ähnliche Namen haben (zwei davon heißen einfach Greta) und irgendwann habe ich dadurch einfach den Faden verloren, um wenn es sich bei dieser Nebenperson gerade handelt - auch wenn es zu Beginn des Buches ein Figuren-Glossar gibt, fand ich haben diese vielen ähnlich klingenden Charaktere meinen Lesefluss gestört.

Die zweite Hälfte des Romans hat dann aber mehr Fahrt aufgenommen und es ist mehr Handlung in die Geschichte gekommen. Vor allem die Eltern der beiden haben es mir mit ihrer sympathischen und humorvollen Art sehr gefallen.

“Greta und Valdin” ist genau das richtige für alle, die es lieben die Leben von zwei interessanten Figuren zu verfolgen, aber nicht unbedingt viel Spannung und Plot brauchen.

Bewertung vom 27.03.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


gut

Plattenbau statt roter Teppich

Sara Gmuers Roman “Achtzehnter Stock” erzählt die Geschichte der alleinerziehenden Wanda, die mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie in einem Berliner Plattenbau lebt – fast ganz oben, im achtzehnten Stock. Wanda verabscheut ihr Zuhause, fühlt sich gefangen in der Enge der Wohnung und dem Leben, das ihr vorbestimmt scheint. Sie träumt von einer Karriere als Schauspielerin, doch bisher blieb der große Durchbruch aus. Bis eines Tages ein Anruf ihres Agenten alles verändert.

Besonders beeindruckend fand ich, wie eindringlich Sara Gmuer das Leben in der Plattenbausiedlung beschreibt. Die sozialen Strukturen, der Zusammenhalt, aber auch die unterschwelligen Spannungen zwischen den Bewohnern werden authentisch und ohne Beschönigung dargestellt. Wanda hat einige Freundinnen im Haus – mit manchen verbindet sie enge Freundschaft, mit anderen eher eine Zweckgemeinschaft. Gemeinsam beobachten sie ihre Kinder beim Aufwachsen und teilen die kleinen und großen Sorgen des Alltags. Die Autorin zeigt dabei mit viel Feingefühl die alltäglichen Vorurteile und Ungerechtigkeiten, die das Leben in einem solchen Umfeld mit sich bringt.

Wanda als Protagonistin hat mir besonders gefallen. Sie ist taff, durchsetzungsfähig und weiß genau, was sie will – und vor allem, was nicht. Sie lässt sich von niemandem unterkriegen, auch wenn viele es versuchen. Ihre Entwicklung im Verlauf der Geschichte fand ich überzeugend und mitreißend.

Allerdings bedient der Roman auch einige Klischees über das Leben in der Platte, was an manchen Stellen vorhersehbar wirkte. Zudem gab es einige Nebenhandlungen, die für mich nicht ganz schlüssig waren. Ich habe zum Beispiel nicht verstanden, warum Wanda sich nicht um einen normalen Job bemüht, wenn es doch so offensichtlich mit ihrer Schauspielkarriere nicht voran geht.

Mit dem Ende hatte ich auch so meine Probleme und fand es leider nicht ganz schlüssig und bin oft an Wandas Entscheidungen verzweifelt.

Insgesamt ist “Achtzehnter Stock” ein guter Roman mit einer starken Hauptfigur und eindrucksvollen Milieuschilderungen – auch wenn manche erzählerischen Entscheidungen für mich nicht ganz überzeugend waren.

Bewertung vom 19.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


gut

"Ihr Stammbaum, der kein Baum ist, sondern eine Verästelung der Bronchien, ist defekt."

Lucy hat den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen. Ihre Mutter, Daria, hatte selbst nie eine gesunde und liebevolle Beziehung zu ihrer eigenen Mutter. Lucy hat ihre Großmutter Lyudmilla nie kennengelernt.

Die Geschichte wird in wechselnden Kapiteln aus der Perspektive jeder der drei Frauen erzählt. Alle drei bewegen sich in der Welt der Wissenschaft und kämpfen auf ihre eigene Weise um Anerkennung und Selbstbestimmung.

Ich hätte mir mehr Fokus auf Lyudmilla und Daria gewünscht – ihre Beziehung hätte mehr Raum verdient. Lucys Geschichte hingegen hätte für mich nicht so sehr im Mittelpunkt stehen müssen. Zudem war das Buch mit nur 250 Seiten recht knapp für eine Familiengeschichte, die drei Generationen umfasst. Oft blieb die Erzählung an der Oberfläche, wo ich mir mehr Tiefe und Emotionen gewünscht hätte. Besonders die ersten Kapitel haben mich begeistert – vielleicht hat das meine Erwartungen an die weitere Entwicklung zu hoch gesetzt.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen, aber es fehlte mir an emotionaler Wucht. Gerade bei einer Geschichte wie dieser, in der familiäre Bindungen und Generationenkonflikte im Zentrum stehen, hätte ich mir mehr Intensität gewünscht. Vielleicht hätten 100 zusätzliche Seiten geholfen, die Figuren und ihre Beziehungen weiter auszubauen.

Alles in allem ein vielversprechender Ansatz: Drei Frauen einer Familie, die sich der Wissenschaft verschrieben haben – eine spannende Prämisse, die leider nicht ihr volles Potenzial entfalten konnte.

Bewertung vom 23.09.2024
Mein Mann
Ventura, Maud

Mein Mann


ausgezeichnet

Bücher wie dieses sind der Grund, warum ich es liebe zu lesen.

"Der Mann" lässt uns Leser in die Gedanken einer obsessiven Ehefrau eintauchen und mir ihr eine ganz normale Woche in ihrem Alltag verbringen. Zwischen dem Alltag mit Kindern, abendlichen Verabredungen mit Freunden und den Momenten als Paar wird schnell klar, das die Protagonistin ein gestörtes Verhältnis zu Ihrem Mann hat.

Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich musste einfach wissen, welche verschrobenen und fragwürdigen Dinge unsere Protagonistin noch anstellt, um sich in ein besseres Licht zu rücken oder Ihren Mann zu "bestrafen". Sie will von ihm begehrt werden und das Zentrum in seinem Universum sein, so wie er es für sie ist. Sobald er sich nicht so verhält, wie sie es sich von einem guten Mann wünscht, bestraft sie ihn - aber ohne, dass er es merkt.

Wenn ihr besondere Charaktere mögt und euch nicht daran stört, dass der Begriff "Mein Mann" an die hundert mal (schon im ersten Kapitel) fällt - dann ist das Buch perfekt für dich!

Ich habe es jedenfalls geliebt es zu lesen und es zählt schon jetzt zu meinen Jahreshighlights 2024!

Bewertung vom 02.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


ausgezeichnet

Ein Favorit!

Blue Sisters ist ein Roman über die Beziehung der Schwestern Avery, Bonnie und Lucky und wie sie ein Jahr nach dem Tod ihrer Schwester Nicky mit dem unerwarteten Verlust umgehen. Jede der drei Schwestern befindet sich zu Beginn des Romans in einem anderen Land und an einem anderen Punkt in ihren Leben. Avery ist erfolgreiche Anwältin, verheiratet und seit zehn Jahren trocken. Bonnie, ehemalige Profiboxerin, arbeitet nun in L.A. als Türsteherin und Lucky arbeitet als Model in Paris und Parties und Exzesse sind Teil ihres Alltags.

Alle drei - so verschieden sie auch sind - haben eines gemeinsam: Sie kämpfen sehr mit dem Verlust ihrer geliebten Schwester Nicky. Sie war der Kleber, der die Schwester zusammenhielt. Und nun ist sie fort.

Wir begleiten die Schwestern in wechselnden Perspektiven und erfahren viel über ihre persönlichen Probleme und Herausforderungen.


*Eine Schwester ist keine Freundin.*

Schon der erste Satz von Coco Mellors zweitem Roman lädt zum Nachdenken ein. Mein Fazit nach dem Beenden des Romans: Eine Schwester ist so viel mehr als das. Die Person, an der man seinen Frust rauslässt, sein wahres Gesicht zeigt und vor der man sich nicht verstecken kann, so sehr man es auch versucht.

Blue Sisters hat mir wahnsinnig gut gefallen. Ihr Schreibstil liest sich wunderbar und flüssig, sodass ich die Hälfte des Romans bereits an einem Tag verschlungen hatte.

Ich persönliche liebe Romane, die Familiengeschichten - insbesondere Geschwisterdynamiken behandeln. Doch Coco Mellors schreibt nicht nur über die Beziehung der Schwestern untereinander sondern auch über Themen wie Trauer, Verlust, Erwartungen, Familie und Sucht. Wie sie das alles so authentisch in 400 Seiten und drei so unterschiedlichen Charakteren verpackt, ist mir ein Rätsel, aber ich habe mich sehr gerne in die Welt von Avery, Bonnie und Lucky begeben.

Die Geschichte der drei Schwestern hat mich sehr berührt - die drei werden mir noch eine ganze Weile im Gedächtnis bleiben.

Bewertung vom 13.05.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


sehr gut

In "Kosakenberg" von Sabine Rennefanz ist ein Roman über die Heimat, das Entfremden vor dieser und dem Kontrast der guten alten Heimat und dem neuen Leben, dass man sich an einem anderen (ferneren) Ort aufbaut.

Mir hat sehr gut gefallen, dass wir mit jedem Kapitel eine neue Heimreise der Protagonistin Katheen erleben und ihre Gefühlswelten und die stetige Entfremdung ihrer urprünglichen Heimat Kosakenberg erleben. Kathleen ist aufgrund eines Jobs nach London gezogen und entfremdet sich mit den Jahren immer mehr von Ihrer Heimatstadt und vor allem auch mit den ländlichen Problemen ihrer ehemaligen Nachbarn und Freunden.

Obwohl ich selbst nie aus der Heimat weggezogen bin, kann ich mich gut mit Kathleen und ihren Empfindungen identifizieren. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und flüssig zu lesen. Wie gesagt hat mir die Thematik und der Aufbau des Romans mit den größeren Zeitsprüngen gut gefallen und war mal etwas ganz besonderes.

Bewertung vom 25.03.2024
Hallo, du Schöne
Napolitano, Ann

Hallo, du Schöne


sehr gut

Für alle Fans von Familiengeschichten

Der Roman "Hallo, du Schöne" von Ann Napolitano, aus dem englischen übersetzt von Werner Löcher-Lawrence hat mich bereits mit dem Cover und der Leseprobe komplett neugierig gemacht und der Rest des Romans hat mich überhaupt nicht enttäuscht. Für alle Fans von Familiengeschichten ist dieser Roman ein Must-Read. Wir erfahren über die Jahre die Geschehnisse, Träume und Verzweiflungen aus den Leben von William, Julia und ihren Geschwistern. Die Perspektiven werden kapitelweise gewechselt, was die Geschichten abwechslungsreich macht. Wie das bei wechselnden Perspektiven manchmal so ist, konnte ich mich mit manchen Characteren mal mehr und mal weniger identifiezieren, was aber der Geschichte und den Handlungen keinen Abbruch getan hat. Der Roman beschreibt herzerwärmend das Auf und Ab des Lebens und bietet viele Momente zum Reklektieren und Nachdenken. Ich würde "Hallo, du Schöne" als eher ruhigen und charakter-bezogenen Roman bezeichnen, der durch eine großartige Schreibweise und tolle Charaktere gläntzt und in Erinnerung bleiben wird!

Bewertung vom 08.02.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Wortgewaltig und Erschütternd

Demon Copperhead ist ein beeindruckender Roman über das Erwachsenwerden in einer gesellschaftlich benachteiligten Gegend, um Freundschaften, Familien und die Frage danach, was eine Familie eigentlich wirklich ist und die Opioid-Epidemie in den USA.

Dieser Roman von Barbara Kingsolver, angelehnt an den Klassiker “David Copperfield” von Charles Dickens, erzählt die Geschichte von Damien, den alle seit er klein ist Demon nennen. Er wurde von einer Drogensüchtigen-Teenie-Mutter auf die Welt gebracht, sein Vater ist zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Nicht die besten Voraussetzungen für den Start ins Leben, aber Demon macht das Beste daraus und versucht sich so gut es eben geht im Leben durchzuschlagen.

Demon Copperhead hat mich sehr zum Nachdenken gebracht und mir beim Lesen neue Blickwinkel aufgezeigt, die ich so bisher noch nicht gelesen habe. Wir können in dem Roman mit Demon heranwachsen, Freundschaften schließen, Fehler machen, auf die Nase fallen und wieder aufstehen. Wir spüren seinen Witz, seine Frustration, seine Talente und lernen die Menschen kennen, die ihn zu dem gemacht haben, wer er ist. Dieses Buch ist so vielschichtig und trotz seiner Dicke in keiner Weise langatmig. Ich war überrascht, wie schnell ich durch die Kapitel geflogen bin, weil ich einfach immer noch länger in der Geschichte von Demon bleiben wollte und erfahren musste, wie es weiter geht.

Barbara Kingsolver gibt uns mit Demon Copperhead einen dringend notwendigen Einblick in die südlichen Appalachen, über institutionalisierte Armut in den USA, das schreckliche Pflegefamiliensystem sowie die beginnende Opioidkrise der 1990er-Jahre und die Kinder, die darin aufwachsen.

Bewertung vom 21.09.2023
The Magic Border
Parks, Arlo

The Magic Border


sehr gut

Ich persönlich liebe Arlos Songs und Ihre Stimme sehr und war sehr happy als ich erfahren habe, dass sie ein Buch mit Poesie herausbringt. Sie hat mich auch mit diesem kleinen aber feinen Buch nicht enttäuscht. Ihr Storytelling ist sowohl in ihren Songs als auch in ihrer Poesie ausdrucksstark und gefühlvoll. Sie schreibt sehr persönliche Texte, die aber trotdem nahbar sind.

The Magic Border enthält neben Poesie auch Songfragmente aus ihrem zweiten Album “My Soft Mashine”. Beim Lesen hatte ich immer ihre Stimme im Kopf, die ganz sanf ist - ähnlich wie ihr Schreibstil. Ich mochte es sehr, wie sie mit Ihren Songs und Gesichten Stimmungen vermittelt und werde sicherlich öfters in diesem Buch einzelne Texte lesen. Neben der Lyric hat Arlo auch Fotografien stimmungsvoll eingefangen. Alles in allem ist das kleine feine Büchlein super schön aufgemacht und sehr hochwertig.

Mir hat auch sehr gefallen, dass die Ausgabe sowohl die deutsche Übersetzung als auch das Englische Original enthält.

Für alle Fans von Arlo und Ihren Texten ist dieses Gedichtband eine tolle Ergänzung zu Ihren Alben. Auch für Fans von ihr sicherlich eine tolle Geschenkidee! Aber auch für Noch-Nicht-Fans der Musikerin ist das Gedichtband sicherlich etwas, dass ihren Anklang finden wird.