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Alais

Bewertungen

Insgesamt 197 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2025
Oswald, Susanne

Mörderisch verstrickt - Ein Strickclub ermittelt


sehr gut

Wohlfühlkrimi mit Meeresbrise für kuschelige Lesestunden
Hinter dem collagenhaften, fröhlich-bunten Cover verbirgt sich ein Häkelkrimi (bzw. genau genommen ein "Strickkrimi") mit extrem hohen Cosy-Faktor, sympathischer Hündin und Küstenambiente - lustigerweise inklusive Strickanleitungen im hinteren Teil.
Der Schreibstil der Autorin ist locker, luftig-leicht, aber sehr ansprechend. Besonders gut gefielen mir ihre Wortspiele und selbst erdachten Redensarten rund um Wolle und Wattenmeer.
So fiel es mir leicht, in die Atmosphäre der Romanwelt einzutauchen und mich dort heimelig zu fühlen. Zunächst herrschte mir dort allerdings ein bisschen zu viel heile Welt. Jenseits der "Schattenseite", die für den Krimicharakter des Buches sorgt, gehen die allermeisten Romanfiguren mit einer derart bewundernswert positiven Einstellung durchs Leben, dass ich mich über ein klein wenig mehr Übellaunigkeit der einen oder anderen Figur gefreut hätte. Einzig ein Teenager bildet hier eine - allerdings sehr zahme - Ausnahme. Auf so viel Harmonie musste ich mich erstmal einlassen, konnte sie, da sie nichtsdestotrotz authentisch wirkte, letztendlich aber doch genießen.
Vor allem wuchs immer mehr meine Freude an den Geschehnissen rund um den Strickclub (wobei es mir sehr recht war, dass die Krimihandlung manchmal etwas in den Hintergrund trat) und an der Entwicklung der so sympathischen wie interessanten Charaktere. Ein besonderes Highlight war für mich außerdem die liebevolle und verständnisvolle Darstellung von Ginger, der Hündin von Mette, der Inhaberin des kleinen Strickladens.
Mehr Wohlfühlroman statt Krimi, aber auf jeden Fall empfehlenswert für alle Strick-, Hunde- und Nordseeküstenfans sowie für alle, die sich nach ein bisschen Wohlfühlatmosphäre sehnen!

Bewertung vom 04.07.2025
Rossell, Judith

Midwatch - Schule der unerwünschten Mädchen


ausgezeichnet

Ein spannendes und liebevoll illustriertes Leseabenteuer

Dieses Buchcover bietet nicht nur viel zu entdecken, sondern zeugt auch von einem Abenteuer- und Entdeckergeist, von dem ich mich gleich magisch angezogen fühlte. Auch innen ist das Buch großzügig und liebevoll mit Zeichnungen ausgestattet.
Die Erzählung spielt in früherer Zeit, aber ich glaube, dass viele Kinder sich dennoch in den Hauptfiguren wiederfinden werden. Außerdem erwies sich diese Einbettung letztendlich als kluger Schachzug der Autorin, denn diese vergangene Welt ohne Smartphone und Internet, dafür aber mit Luftschiffen bietet für sich genommen bereits ein spannendes Abenteuer. Ohne die für unsere Zeiten moderne Technik müssen sich die Mädchen vom Midwatch-Institut darüber hinaus viel mehr einfallen lassen, um ihre geheimnisvollen Aufgaben zu erfüllen, die sich deutlich von den Aufgaben anderer Schulkinder unterscheiden, wie auch das "Midwatch-Institut für unerwünschte Mädchen" alles andere als eine normale Schule ist und die dort unterrichteten Fächer wie zum Beispiel "Aushecken" ziemlich kurios sind ...
Mir machte es Spaß, zusammen mit den drei neu aufgenommenen Mädchen Maggie, Nell und Sofie in die von der Autorin so facettenreich beschriebene Welt des Instituts einzutauchen. Wer Internatsgeschichten liebt, wird sehr wahrscheinlich auch diese mögen, auch wenn oder gerade weil sie in vielerlei Hinsicht ziemlich originell und ungewöhnlich ist. Es geht unter anderem um weibliche Stärke, Gemeinschaftssinn, Verantwortung, Hilfsbereitschaft, Freundschaften und das (Über)Leben in einer unfairen Welt.
Es kommen ein paar wenige kompliziertere Wörter wie Etagere vor, dennoch liest sich der Text leicht und die Geschichte mit ihren eingeschobenen Anleitungstexten aus einem fiktiven Lehrbuch faszinierte mich schnell.
Eine aufbauende Abenteuergeschichte, die fantasiereich und mit viel positiver Energie erzählt wird.

Bewertung vom 23.06.2025
Dreyer, Tine

Morden in der Menopause mit dem richtigen Mindset


ausgezeichnet

Clever, schräg und mörderisch - sorgt für jede Menge Lesespaß!

Mit diesem Buch können viele Menschen ihren Spaß haben, in der Menopause liest es sich aber besonders genüsslich. Ich würde diese ungewöhnliche Erzählung als einen schwarzhumorigen Krimi beschreiben, der auch eine kleine Persiflage jener unerträglichen Ich-zeig-dir-wie-du-dein-Leben-besser-lebst-Ratgeber bietet. Es gibt einen Vorgängerband, den ich leider noch nicht gelesen habe, aber ich hatte keinerlei Probleme, in die Geschichte einzutauchen.

Die Heldinnen dieser rasanten Erzählung: drei Frauen aus drei Generationen, darunter als Hauptfigur die menopausale Familienmutter und frischgebackene Mörderin Liv, ihre junge Freundin Iza und ihre Schwiegermutter Marlies. Ein Trio unterschiedlichster Charaktere, das in einen Strudel abenteuerlicher Ereignisse gerät und durch Zusammenhalt und Mut brilliert ...

Liv fühlte ich mich gleich sehr nahe. Ich fand es sehr sympathisch, wie tapfer sie sich bemüht, das Richtige zu tun, und litt mit, wenn sie ganz unverdienterweise mal wieder grandios scheiterte – und musste dann doch immer wieder einfach nur schallend lachen.

Etwas erschreckend fand ich, wie nachvollziehbar für mich die mörderischen Geschehnisse waren und ich konnte gar nicht anders, als immer wieder die mutigen und kreativen Lösungen zu bewundern, mit denen Liv versucht, ihr Leben wieder in unmörderische Bahnen zu lenken.

Der Roman hat einen hohen Unterhaltungswert und die Autorin versteht es, witzig zu sein, ohne respektlos zu werden. Dabei jongliert sie mit Klischees, die sie auf die Spitze treibt, grandioser Situationskomik, vor allem aber mit meisterhaftem Sprachwitz und überraschenden Wendungen.

Bewertung vom 20.05.2025

Schauplätze der Weltliteratur


ausgezeichnet

Eine bibliophile Weltreise zum Eintauchen in spannende Handlungsorte

"Schauplätze der Weltliteratur" zeigt, wie berauschend vielfältig die Literatur sein kann. Die Lektüre war für mich eine spannende Reise in Vergangenheit und Gegenwart der Literatur, in verschiedene Genres und in ferne und nicht ganz so ferne Länder.
Positiv fiel mir die Auswahl auf. Zum einen konzentriert sie sich nicht, wie sonst so oft, auf englischsprachige Literatur (auch wenn diese einen großen Platz einnimmt), sodass auch viele andere Länder wie die Türkei, die Ukraine, Japan oder Polen vertreten sind. Zum anderen bot sie für mich persönlich neben bekannten Werken auch für meine Bücherwunschliste viele Buchentdeckungen, die mir sonst, da sie zum Teil schon vor längerer Zeit erschienen sind, entgangen wären.
Innen ist das Buch opulent und geschmackvoll mit Fotos, Plakaten von Buchverfilmungen und anderen Illustrationen gestaltet. In den einzelnen Kapiteln wird in der Regel jeweils kurz ein Buch und etwas ausführlicher sein Handlungsort präsentiert - Vorkenntnisse über das jeweilige Buch sind daher meiner Ansicht nach nicht erforderlich. Neben dem schriftstellerischen Blick wird auch der Blick weiterer Künstler und Künstlerinnen auf die Handlungsorte geboten, beispielsweise im Kapitel zu "Der Zauberberg" von Thomas Mann durch eine Darstellung von Davos im Winter, die von Ernst Ludwig Kirchner stammt.
Durch die große Vielfalt - von Modianos Spurensuche nach einem jungen Mädchen in Paris, das vor vielen Jahren in der dunklen Zeit der Nazi verschwand, über die Memoiren, die die Vorlage zur legendären TV-Serie "Unsere kleine Farm" bildeten, bis hin zu Bannalecs bretonischen Krimiabenteuern - wird es nie langweilig und das Buch profitiert sicherlich auch davon, dass die einzelnen Beiträge von verschiedenen Autoren und Autorinnen verfasst wurden, die sich jeweils mit sehr viel Leidenschaft ihrem Thema widmen. Die Texte lesen sich, trotz ihrer Informationsfülle, leicht und sprechen viele interessante Aspekte an.
Eine große Freude für alle, die schon immer mal auf eine bibliophile Weltreise gehen wollten!

Bewertung vom 29.04.2025
George, Nina

Die geheime Sehnsucht der Bücher


ausgezeichnet

Ein zauberhaftes Buch - weise, empathisch und unterhaltsam

Dieses Buch bringt viele Zutaten mit sich, die mich beim Lesen glücklich machen: die immer wieder magische Kulisse von Paris, eine mitreißende Begeisterung für ungewöhnliche Wörter und Literatur, eine bunte Palette ausgeprägter Charaktere, ganz viel Liebe zu den Menschen und natürlich, wenn auch hier nur ganz am Rande, die eine oder andere Katze.
Ich war auf sehr viel Kitsch gefasst, fand aber stattdessen authentische Emotionen und eine wendungsreiche Erzählung, die mich so packte und aufwühlte, dass ich das Buch kaum noch aus der Hand legen konnte. Ich fühlte mit ihnen allen mit, ganz besonders mit der jungen Françoise und ihrer selbstmordgefährdeten Mutter, die dem Leben und seinen Anforderungen so hilflos gegenübersteht, als ob alle anderen das Drehbuch des Lebens kennen würden, nur sie nicht. Der Autorin gelang es, mir innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Charakteren unterschiedlicher Generationen nahezubringen, so dass sich sehr schnell ein Gefühl von Vertrautheit mit dieser Romanwelt einstellte. Vorwissen aus den beiden bereits erschienenen Büchern rund um den Buchhändler Monsieur Perdu ist für diesen Roman meiner Meinung nach nicht erforderlich.
Manchmal wirken die Geschehnisse etwas märchenhaft, das empfand ich aber als einerseits sehr angenehm und andererseits wirkte die Geschichte dennoch überzeugend, da sich die wundersamen Wendungen hier vor allem durch den Mut und die Zivilcourage der Handlungsfiguren ergeben.
Der Schreibstil ist angenehm locker-flockig und leicht zu lesen, auch wenn insbesondere Françoise gerne das eine oder andere komplizierte und irgendwie nicht immer ganz passende, aber mit großem Genuss verwendete Wort beisteuert - und dann gibt es noch so gelungene Beschreibungen wie Papierwesen für Bücher, Macaronaugen oder Angststeine im Bauch.
Ein Buch, das mir große Freude bereitet hat und für mich so vieles war - spannend und unterhaltsam, versöhnlich, ermutigend und inspirierend.

Bewertung vom 24.03.2025
Dunbar, Lucy Claire

Was das Leben dir schenkt


ausgezeichnet

Eine zauberhafte künstlerische Hausapotheke
Das so zart und poetisch wirkende Buchcover war mir gleich sehr sympathisch und dennoch ging ich mit gewissen Vorurteilen an dieses Buch heran, da mir die junge Autorin ziemlich viel, womöglich zu viel zu versprechen schien. Doch ich habe mich in ihr gründlich getäuscht - die Autorin und Zeichnerin Lucy Claire Dunbar hatte es in ihrem Leben bisher nicht leicht und ist daran gewachsen, was ihrem Werk trotz all der vordergründigen Niedlichkeit der Bilder auch Tiefe verleiht.
Es geht um die ganz großen Themen im Leben - vor allem um die Liebe, aber auch um Mut, Freundschaft, Trauer, Erkrankung, Selbstfürsorge ... Kurze Texte begleiten Zeichnungen, von denen eine wunderschöner als die andere ist und die Gefühle und Stimmungen so vermitteln, dass sie tief ins Herz gehen. Es gibt viele einfallsreiche Details zu entdecken und immer wieder finden sich in den Bildern ein kleines Mädchen, ein Hündchen und eine Maus. Es ist aber durchaus kein Kinderbuch, sondern scheint mir für Groß und Klein gleichermaßen geeignet zu sein und kann sicher viele verschiedene Herzen berühren. Ich mache gerade eine schwere Zeit durch und fühlte mich von diesen Zeichnungen sanft in den Arm genommen und tatsächlich ein wenig getröstet.
Positiv beeindruckt haben mich die deutsche Übersetzung und die grafische Gestaltung - aus eigener Berufserfahrung weiß ich, wie viel mehr Platz deutsche Übersetzungen im Vergleich zu englischen Originaltexten einnehmen. Dies hätte hier, wo die Texte oft Teil der Bilder sind, schnell zum Problem werden können, aber Texte und Bilder passen stets harmonisch zusammen.
Manche dieser Texte haben Kalenderspruchniveau, andere beeindrucken durch tiefsinnige Erkenntnisse, Güte und beruhigende Wirkung - die Autorin weiß genau, was viele Menschen belastet und welche Worte ihnen guttun.
Es ist ein einfach wundervolles Buch, das sicherlich ein Lächeln ins Gesicht vieler seiner Leser:innen zaubert und in einer gut sortierten Hausapotheke als Trost und Ermutigung für schwere Zeiten nicht fehlen sollte.

Bewertung vom 11.03.2025
Cañadas, Jesús

Die Bibliothek der Wahren Lügen


gut

Modernes Fantasymärchen über die Kunst des Geschichtenerzählens:

Der Junge Oskar hat es im Leben nicht leicht - sein Vater ist tot, Hektor, den neuen Mann im Leben seiner Mutter, kann er nicht ausstehen und in der Schule wird er gemobbt. Das Verhältnis zu seiner Mutter ist ein wenig seltsam, dafür liebt er seine zauberhafte kleine Schwester sehr. Da erhält er plötzlich die einzigartige Chance, bei einem von ihm bewunderten Autor in die Lehre zu gehen. Doch dort eröffnet sich ihm nicht nur eine neue Welt, sondern er hat auch vielfältige Abenteuer zu bestehen ...

Was mir gleich gefiel: Oskar ist ein ganz normaler Junge, der ein bisschen unperfekt ist und in seine Heldenrolle erst hineinwachsen muss bzw. sie zunächst sogar ablehnt. Und die kleine Schwester wird nicht klischeehaft als nervig dargestellt, das Geschwisterverhältnis ist tatsächlich sogar harmonisch und sehr liebevoll.

Einiges erscheint von Anfang an nicht ganz logisch oder seltsam, was daran liegen mag, dass Oskar als Erzähler nicht unbedingt hundertprozentig zuverlässig ist. Auf jedoch eher wunderbare Weise mysteriös wird die Erzählung, als Oskar bei dem Autor Bruma ankommt, der in einer gruseligen burgähnlichen Villa wohnt - die perfekte Kulisse für ein Gruselmärchen und tatsächlich tauchen bald die ersten Monster auf ...

In dieser Erzählung verwischen sich zunehmend die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Das ist spannend, hat mich aber auch manchmal ein bisschen verwirrt. Gefreut habe ich mich im weiteren Verlauf über das Erscheinen von Melodie, der mit Abstand süßesten Fantasyfigur, die mir je begegnet ist.

Es fällt mir sehr schwer, dieses Buch zu bewerten, da es mich einerseits faszinierte und zum Träumen brachte, über die Kunst des Geschichtenerzählens nachdenken ließ und mit einigen tollen Charakteren begeisterte. Die Erzählung ist abenteuerlich und wendungsreich und enthält wunderbare Sätze für meine Zitatesammlung. Andererseits hat es mich auch ein wenig enttäuscht, da mir zu viele Fragen nicht beantwortet wurden, und ich mir erhofft hatte, dass vieles Unlogische wenigstens am Ende einen überraschenden Sinn ergibt - wenn dies der Fall war, habe ich es leider nicht verstanden ...

Sehr schade, aber dennoch für mich ein spannendes Leseerlebnis und das verpackt in eine wirklich atemberaubend schöne bibliophile Ausgabe.

Bewertung vom 12.02.2025
Berend, Alice

Frau Hempels Tochter. Roman


ausgezeichnet

Ein lebensfroher Roman mit starken Frauenfiguren

In geschmackvoller Gestaltung mit rotem Lesebändchen präsentiert der Reclam-Verlag mit diesem Buch ein Romanjuwel aus dem Jahr 1913. Es stammt von einer Schriftstellerin, die einst als Bestseller-Autorin große Erfolge feierte und dann leider durch die Nazizeit, in der ihre Bücher verboten wurden, viel zu lange in Vergessenheit geriet. Für diese Wiederentdeckung ist es definitiv nicht zu spät - durch die Leichtigkeit der Erzählweise, den funkelnden Humor und den liebevollen Blick der Autorin auf die verschiedenen Handlungsfiguren ist dem Roman sein hohes Alter kaum anzumerken.

Im Zentrum steht die Portiersfamilie Hempel: Mutter, Vater und Tochter Laura, fleißige Menschen in einfachen Verhältnissen, wobei besonders die Mutter mit ihrem zupackenden Wesen und ihrer Lebensweisheit beeindruckt. Um sie herum entfaltet sich ein buntes Kaleidoskop weiterer Handlungsfiguren von Schaustellern über einen Schutzmann bis hin zur verarmten Grafenfamilie. Es geht um schwere Arbeit und große Träume, Trauer und Erwachsenwerden, Verliebtheit und Neuanfänge, Hoffnung und Zusammenhalt, vor allem aber um die kleinen Glücksmomente im Leben.

Kleine Glücksmomente bieten auch die so wunderbar formulierten Sätze der Autorin mit ihren farbenfrohen Bildern, dem feinen Blick für die Besonderheit des Augenblicks und oft auch mit sehr viel Humor, der das Lesen zu einem großen Spaß macht. Dabei wird das Leben mit seinen Herausforderungen, Ungerechtigkeiten und Schicksalsschlägen keineswegs besser dargestellt, als es ist. Nur befinden wir uns in diesem Roman in einer Zeit, die gerade noch unbelastet durch die Weltkriege und den Hass und die Verbrechen der Nazizeit war, und die so auch ein bisschen Weltflucht bietet, die mir gerade sehr willkommen ist.

Im hinteren Teil des Buches werden noch ein paar heute nicht mehr verwendete Begriffe erläutert und ein lesenswertes Nachwort bietet einige Informationen über das bewegte Leben von Alice Berend.

Eine Lektüre, die voller Leichtigkeit und gleichzeitig sehr tiefgründig ist und mir große Freude bereitet hat!

Bewertung vom 01.02.2025
Vedsø Olesen, Anne-Marie

Snehild - Der Ruf der Unterwelt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fantastisch ausgestaltete Abenteuererzählung, starke Prota und eine ganz besondere, poetisch verdichtete Erzählweise:
Diese Erzählung entführt in eine archaische Fantasywelt, die von Gewalt, Magie und Machtkämpfen geprägt ist und in der neben furchterregenden Fabelwesen auch die Götter der nordischen Mythologie zu finden sind. Im Mittelpunkt steht die Seherin Snehild, die am Hof des attraktiven, aber zunehmend paranoiden Königs Aslak durch einen Anschlag in Gefahr gerät und sich auf eine lange gefahrvolle Reise begeben muss ...
Ich brauchte ein bisschen Zeit, um mich auf diese sehr besondere, poetisch verdichtete Erzählweise einzulassen. Sehr viele Namen mit ungewohntem Klang, Ereignisse und Zusammenhänge aus diesem Band und rückblickend erwähnt auch aus dem ersten Band (den ich nicht gelesen habe) stürmten auf mich ein. Dazu kam, dass ich anfangs keinen guten Zugang zu Snehild fand, die auf mich nicht sehr sympathisch wirkte, da sie, als König Aslak eine Sklavin immer wieder misshandelte und vergewaltigte, untätig blieb, anstatt ihren Einfluss auf ihn zu nutzen. Dafür, dass sie eine Seherin ist, fand ich es ein wenig enttäuschend, dass sie die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse am Königshof nicht mehr in Frage stellte. Aber mein Verhältnis zu ihr und zur Geschichte änderte sich zum Glück bald, die abenteuerliche und ereignisreiche Handlung packte mich und Snehild bekam Gelegenheit, sich zu entwickeln und doch noch als Heldin zu beweisen ... Letztendlich gefiel es mir schließlich sogar sehr gut, dass Snehild nicht als in allem perfekt und vorbildhaft dargestellt wird.
Für einige andere scheinbar kleine Nebenfiguren entwickelte ich hingegen sehr schnell Gefühle - und es gibt eine ganze Reihe faszinierender Gestalten in diesem Buch zu entdecken ... Der Verlauf der Erzählung war für mich überhaupt nicht vorhersehbar, ich verfolgte gebannt und atemlos die Geschehnisse und schlug auch, da ich mich in der Götterwelt überhaupt nicht auskenne, einiges nach und konnte dabei feststellen, dass die Autorin sich bei den Göttergestalten erfreulich stark an den "echten" Mythen orientiert hat.
Unbedingt erforderlich halte ich allerdings eine Triggerwarnung, denn diese archaische Welt der nordischen Mythologie hat auch sehr viel Abstoßendes und Vergewaltigung und andere Formen der Gewalt sind keine Seltenheit. Auch wenn ich verstehen kann, dass die Autorin davon ausging, dass Lesende sich bei der Erwähnung der nordischen Göttenmythen auf so etwas gefasst machen, es ist gerade der selbstverständliche und kaum kritische Umgang damit in dieser Welt, der problematisch ist.
Sprachlich ist die Erzählung hingegen sehr klar, elegant und wirkte auf mich so federleicht und zugleich würdevoll-erhaben, wie ich nur die Bücher von Marion Zimmer Bradley in Erinnerung habe. Die deutsche Übersetzerin mit dem passenden Nachnamen Rabenfeder hat eine ganz großartige Arbeit geleistet. Und die Autorin beeindruckte mich mit ihrem Talent, ihre Erzählung mit Naturbeschreibungen und Bildern auszustaffieren, die ich nie als langweilig, sondern als ebenso fesselnd und spannend wie die Action-Handlungen empfand.
Eine absolut faszinierende, bildstarke Erzählung - ideal geeignet, um die echte Welt um sich herum für eine Weile zu vergessen!

Bewertung vom 11.10.2024
Cole, Kamilah

So Let Them Burn


ausgezeichnet

Die Fantasywelt in diesem Roman, der den Start einer neuen Reihe darstellt, bietet einen spannenden Mix aus vertrauten Fantasy-Elementen und Neuem, überschäumender Fantasie und Themen, die viele von uns Menschen bewegen, gerade mit Blick auf das aktuelle Kriegsgeschehen in der realen Welt. Die Autorin hat sie sorgfältig ausgestaltet mit faszinierender Magie, furchteinflößenden Drachen, undurchschaubaren Göttern, Ahnengeistern (sogenannten „Astralen“) bis hin zu Draken, riesigen drachenähnlichen Kriegsmaschinen aus Schuppenstein, die über eine an KI erinnernde Intelligenz verfügen.

Worum es geht: Um zwei Schwestern, Faron und Elara, die eine tiefe Geschwisterliebe verbindet und die durch die unfreiwillige Auserwählung Elaras als Drachenreiterin eines befeindeten Reiches auf gegnerische Seiten geraten. Faron gilt als das „Empyreische Kind“, eine Rolle, die ihr die Macht verliehen hat, mit der Hilfe von Göttern ihr Land San Irie zu retten, aber auch die Kindheit geraubt hat, was sich manchmal in ihrem, um es vorsichtig auszudrücken, nicht immer ganz vernünftigen Verhalten niederschlägt. Mir wuchs sie mit ihrem ungestümen Wesen und heftigen Gefühlen aber gleich genauso ans Herz wie ihre ältere Schwester Elara, die bewundernswert mutig ist und doch im Vergleich zu Faron geradezu sanftmütig wirkt. Faron und Elara verbindet eine manchmal schwierige Freundschaft mit der ebenfalls noch jugendlichen Königin Aveline und dem geflüchteten Reeve Warwick, dessen Vater niemand anderes als der Herrscher des feindlichen Reiches ist.

Sie alle sind starke, vielschichtige Charaktere, die unterschiedliche Einblicke und Projektionsflächen bieten. Sehr schnell wird erkennbar, dass der Erzählung auch eine ebenso spannende Vorgeschichte vorausgeht, und die Hauptfiguren aufgrund eines Krieges sehr jung bereits in verantwortungsvolle Rollen schlüpfen und schwierige Entscheidungen treffen mussten. Durch die Entwicklungen in dieser Erzählung geraten sie erneut in Ausnahmesituationen, bei denen es nicht nur darum geht, sich zu beweisen, sondern auch immer wieder darum, sich selbst, die eigenen Vorstellungen und den gewählten Weg zu hinterfragen … Nicht ganz plausibel erschien mir, dass die Elterngeneration der jungen Hauptfiguren, abgesehen von einer eher finsteren Ausnahme, zu einem großen Teil nur kurze Auftritte hatte und kaum eine Rolle im Leben ihrer Kinder zu spielen scheint.

Ich glaube, dass sich dieses Buch je nach Blickwinkel auf verschiedene Weisen lesen und erleben lässt. Mein Fokus lag vor allem darauf, mitzuerleben, wie die verschiedenen Figuren über sich hinauswachsen oder gerade auch nicht immer ganz perfekt sind und mit den von ihnen begangenen Fehlern umgehen, was manchmal ermutigend und manchmal tröstend sein kann. In einer zunehmend bedrohlichen Welt, in der sich Menschen durch den Klimawandel und all seinen Folgen wie zum Beispiel Krieg aller Voraussicht nach Herausforderungen werden stellen müssen, die ihren Eltern erspart blieben, brauchen wir alle, glaube ich, Geschichten mit starken Handlungsfiguren, die Mut machen. Und trotz aller Fantasy-Elemente und der Möglichkeit, Abstand vom Alltag zu gewinnen und in eine faszinierende erfundene Welt einzutauchen, finden sich in dieser Erzählung auch Themen, die unsere Gesellschaft beschäftigen – neben Krieg auch Unterdrückung, Kolonialismus, Vorurteile, Rassismus …

Besonders mochte ich aber an diesem Roman, dass Geschwisterliebe und Freundschaft in ihm eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die romantische Liebe spielen, wobei letztere auch nicht vernachlässigt wird. Und den kleinen Einblick in Gespräche mit den Drachen, der überrascht und zugleich die Drachen sogar noch mysteriöser erscheinen lässt.

Die mir vorliegende, geradezu enthusiastisch gestaltete Buchausgabe, die eine inspirierende, positive Energie vermittelt, stellt die perfekte Hülle für diese ungewöhnliche Erzählung dar. Neben den stilvoll geschmückten Kapitelüberschriften und einem farbenprächtigen Farbschnitt, begeisterte mich als Kartenfreak ganz vorne eine mit einem Drachen verzierte Karte im mittelalterlichen Stil, die einen Überblick über diese Fantasy-Inselwelt bietet.

Mir hat das Lesen dieser Drachenfantasy-Erzählung große Freude bereitet und ich warte nun voller Ungeduld auf die Gelegenheit, den Folgeband zu lesen.