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Volker

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 25.03.2020
Giovannis Zimmer
Baldwin, James

Giovannis Zimmer


ausgezeichnet

Es wäre eine Lüge, wenn ich behauptete, „Giovannis Zimmer“ sei eine grandiose Wiederentdeckung eines wegweisenden Romans, denn das Buch ist seit seiner Erstauflage von 1963 in Deutschland ununterbrochen gedruckt worden. Und doch ist die Neuauflage im dtv Verlag ein echter Meilenstein, denn durch die frische und zeitgemäße Übersetzung kommt James Baldwin als brillanter Stilist erst wirklich zur Geltung. Die bisherige Standardübersetzung von Axel Kaun und Hans-Heinrich Wellmann ist nicht wirklich schlecht, aber sie leidet erkennbar an den gesellschaftlichen Empfindlichkeiten der Sechzigerjahre und wirkt heute ein wenig angestaubt. Baldwin ist direkter und unverblümter, als man es dem damaligen Leserpublikum zumuten wollte, ohne allerdings, das muss ich betonen, jemals ins Ordinäre abzurutschen.

Das Thema Homosexualität war heikel und Baldwin war der Erste, der es ohne Schere im Kopf anpackte, wobei er immer betonte, dass es völlig unerheblich wäre, dass der Protagonist und Ich-Erzähler David schwul sei. Er zerbricht nicht an seiner Sexualität, sondern an der Erkenntnis, die ihm sein wahres Ich offenbart. „Man kann nicht in die Unschuld vor der Erkenntnis zurückkehren“ sagt Sasha Marianna Salzmann in dem absolut lesenswerten Nachwort und formuliert damit die Quintessenz des Romans. Meine persönliche Empfehlung wäre übrigens, das Nachwort vor dem Roman zu lesen. Es gibt nichts, was darin spannungsmindernd verraten wäre, denn dass die Geschichte böse ausgeht, weiß der Leser nach dem ersten Satz, aber man liest den Text mit anderen Augen und besserem Verständnis.

Dass Baldwin als einer der besten Stilisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt, merkt man bereits nach wenigen Seiten. Der Roman ist brillant geschrieben, dramaturgisch brillant konstruiert und er entwickelt eine Sogwirkung wie ein dunkler Abgrund, an dessen Rand man steht und fühlt, wie man unaufhaltsam hineingezogen wird. Wie gesagt, das Buch war nie vergessen und wird es dank der neuen Übersetzung auf Augenhöhe zum Glück auch bleiben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2016
Harry Potter - Die Gesamtausgabe - gelesen von Felix von Manteuffel
Rowling, J. K.

Harry Potter - Die Gesamtausgabe - gelesen von Felix von Manteuffel


ausgezeichnet

Über den Inhalt der Bücher etwas zu sagen, ist ungefähr wie Eulen nach Hogwarts tragen. Die gehören mittlerweile zum Allgemeingut. Aber zur Interpretation des Hörbuchsprechers, da kann ich meine Meinung betragen: Ich kenne beide Fassungen, die alte von Rufus Beck und jetzt im Vergleich auch die neue von Felix von Manteuffel. In meinem persönlichen Ranking liegt von Manteuffel eindeutig vorne und zwar aus folgenden Gründen: Mir ist damals die "Zirkusshow" von Rufus Beck irgendwann einfach auf die Nerven gegangen (ich habe alle Bände hintereinander bei meinen Pendlerfahrten zur Arbeit gehört). Es ist schön, wenn jemand seine Stimme verstellen kann, aber auf Dauer erinnerte es dann doch eher an einen Kindergeburtstag mit Kasperletheater. Ich bin dann doch etwas zu alt, um daran noch Freude zu haben. Aus meiner Sicht passt die ernsthaftere, insgesamt etwas bedächtigere Interpretation von Manteuffel deutlich besser, zumal die Geschichten, vor allem in den späten Bänden auch immer düsterer und weniger kindergeeignet werden. Harry Potter startet zwar als Jugendbuch, entwickelt sich dann aber (wie sein Protagonist) zum Buch für junge Erwachsene.

Manteuffel liest sehr präzise und mit ruhiger Stimme, die er nur sparsam verstellt, um bestimmten Figuren einen eigenen Charakter zu geben und die Dialoge transparent zu machen. Das gelingt ihm ausgezeichnet und ohne Effekthascherei. Er zieht elegant die Spannungsbögen und Sprachmelodie und Satzbedeutung sind immer im Einklang, weshalb er seine Hörer auch nie verliert. Eine gelungene Interpretation und für mich als reifen Erwachsenen auch der Favorit in der Konkurrenz zu Rufus Beck.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.11.2016
Adolf total
Moers, Walter

Adolf total


gut

Der Föhrer ist zoröck und es tut ihm alles schrecklich leid. Aber nun will er es besser machen, nur tritt dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste, bringt reihenweise Leute um (leider wieder mal die falschen) und löst ganz nebenbei eine Reihe Weltkriege aus. Walter Moers würzt den absurden Plot dabei mit viel Situations- und Sprachkomik, macht sich gnadenlos lustig über Nazimythen und -persönlichkeiten und lässt kaum eine Peinlichkeit aus. Adolf ist ein jämmerliches Würstchen, dem einfach alles misslingt und der zuletzt in tiefe Depressionen verfällt, weil er selber erkennt, was für ein schlechter Mensch er ist.

Insgesamt gibt es drei "Adolf"-Bände, die bereits veröffentlicht sind: "Äch bin wieder da!", "Äch bin schon wieder da!" und "Der Bonker". Zweifellos ist der erste Band der gelungenste, ein echter Schenkelklopfer, denn im zweiten Band ist die Geschichte schon weniger raffiniert gestrickt (um nicht zu sagen sie ist phasenweise etwas wirr) und der dritte Band ist nur noch ein Drehbuch für ein kurzes Theaterstück, mit einigen wenigen Zeichnungen und leider auch nicht mehr so ideensprühend wie Moers' sonstige Bücher. Als Bonus gibt es recht umfangreiches Material über den bisher nicht realisierten "Adolf"-Animationsfilm. Die Storyboards lassen jedenfalls einiges Potenzial erkennen, sodass ich bedauert habe, dass die geplante Finanzierung offenbar in die Binsen ging. Es wäre kein einfacher Abklatsch der Bücher geworden, das ist mal sicher. Ob die Gesamtschau genauso witzig ist, wie die jetzt veröffentlichten Einzelszenen, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber Moers scheint das Projekt, in dem schon viel Arbeit steckt, wohl nicht ganz aufgegeben zu haben. Zumindest rührt er im neuen Buch nochmal ordentlich die Werbetrommel für das Fundraising.

Kommt der Föhrer also nochmal zuröck? Äch wörde nicht onbedänkt dagägen wetten…

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.09.2016
Armstrong
Kuhlmann, Torben

Armstrong


ausgezeichnet

Die Maus im Mond (Hörspiel)

Der Mond ist aus Käse, davon sind alle Mäuse überzeugt. Ist er nicht rund und gelb? Also ist er aus Käse. Nur eine kleine Maus weiß es besser: Unser Mond ist aus Stein, doch niemand hört auf sie, und daher muss sie sich selber auf den Weg ins All machen, um es zu beweisen. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man nur eine kleine Maus ist und wenn man sich mit den Menschen ein Wettrennen zum Mond liefern muss.

"Armstrong" ist ein Hörspiel nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Torben Kuhlmann und mit viel Liebe und atmosphärisch dicht produziert worden. Anders als das Kinderbuch, das durch seine vielen augenzwinkernden Bezüge auf die Zeitgeschichte auch für Erwachsene sehr amüsant ist, wendet sich das Hörspiel in erster Linie an Kinder im Alter von etwa 6-10 Jahren. Es ist spannend und kindgerecht umgesetzt, die Musik hat Ohrwurmcharakter und Bastian Pastewka geht in seinen Rollen hörbar auf, sodass die 43 Minuten ganz schnell vorüber sind.
Aber so nett das Hörspiel auch ist, möchte ich trotzdem an dieser Stelle das Buch noch einmal ausdrücklich erwähnen, denn es bietet aus meiner Sicht eine noch länger anhaltende Freude für Kinder und Eltern, da die witzigen und atmosphärischen Zeichnungen immer wieder zum Entdecken der vielen, liebevoll ausgedachten Details einladen.

Wer war der Erste auf dem Mond? Armstrong, natürlich! Und das ist nicht mal gelogen.