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Gartenhaus
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Deutschland

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Bewertung vom 16.07.2013
Konsumismus
Bierhoff, Burkhard

Konsumismus


ausgezeichnet

Dieses Buch beschäftigt sich mit einem hochaktuellen Thema; den Bedingungen und Folgen der heutigen Lebensweise. Wir alle sind Mitglieder der "Gesellschaft der Konsumenten" und erhalten unsere Zugehörigkeit zur und Anerkennung in der Gesellschaft und Gemeinschaft, ja sogar die Lebensberechtigung, durch die Teilnahme am Massenkonsum. An dieser Position, die ähnlich von Zygmunt Bauman, Erich Fromm, Peter Brückner, Rudolf Bahro und anderen vertreten wurde, setzt Burkhard Bierhoff an und entwickelt das Thema des Überkonsums weiter.
Ihn interessieren besonders die Folgen für die Umwelt ("Weltzerstörung") und die Identität der Menschen ("Selbstzerstörung durch Konsum"), aber auch das, was eine Rettungsdynamik in Gang setzt. Hier setzt er sich mit den neuen Lebensstilen auseinander ("LOHAS" - Lebensstile, die an "Gesundheit und Nachhaltigkeit" orientiert sind) und kommt zu dem Ergebnis, hierbei handele es sich um die Fortsetzung des Konsumismus mit etwas feineren Mitteln. Das erinnert an die Aussage von Michael Braungart, der ein Nachhaltigkeitskonzept ablehnt, mit dem die Menschen lediglich etwas weniger schädlich sein wollen. Stattdessen geht es um eine Produktions- und Lebensweise, in der die Menschen sich auf eine empathische Weise in die Welt einfügen und ihr Leben in spirituellem Reichtum, Glück und Zufriedenheit führen. Der Konsumismus bedeutet demgegenüber Verzicht und Beschränkung, denn die Konsumenten verraten sich selbst, indem sie die immateriellen Bedürfnisse vernachlässigen und etwas "werden" (Karriere) oder "haben" wollen (Geld, Besitz). Hier ist der Lebensstil der "freiwilligen Einfachheit" ein diskussionswürdiges Beispiel, das sich mit den Arbeiten von Duane Elgin verbindet.
Das Konsumismus-Buch ist in seinem Grundtenor weder pessimistisch noch optimistisch. Es wird offen gelassen, ob ein ökologisches Desaster noch verhindert werden kann.
Die Zukunft der Gesellschaft wird sicherlich auch durch Veränderungen des Lebensstils beeinflusst, über sie entschieden wird jedoch im asiatischen Raum. Aufstrebende Nationen wie Indien und China werden die "Ökonomie des globalen Kollaps" hinter sich lassen müssen. Ein weiterführendes Buch, das Bierhoff nur kurz erwähnt , ist 2011 von Chandran Nair vorlegt worden ("Der große Verbrauch"). In diesem findet sich eine Diagnose der Epoche im Weltmaßstab. -
Auf insgesamt 100 Seiten legt Burkhard Bierhoff eine Kritik des Konsumismus als Lebensform dar, die sich insbesondere auf die folgende Themen bezieht:
“Vom ‘Wohlstand für alle’ zum Armut im Überkonsum; Entmündigung und Disziplinierung des Konsumenten; Dienstbare Bedürfnisse und ihre Veränderbarkeit; Die Kommodifizierung des Konsumenten; Krankmachender Konsum mit exterministischen Folgen; Vom Konsumismus zur ‘Freiwilligen Einfachheit’; Der salutogenetische Weg aus dem Überkonsum; Theoretische Perspektiven und praktisches Handeln; Schritte zu Genuss und Nachhaltigkeit – Anregungen für einen nachhaltigen Lebensstil; Das Ende des Konsumismus.” (Inhaltsverzeichnis, S. 5)
Insgesamt ist ein gut lesbares und lesenswertes Buch entstanden.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.