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danuzza

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 11.03.2014
Der Junge, der mit den Piranhas schwamm
Almond, David

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm


ausgezeichnet

Stanley Potts ist „ein ganz gewöhnlicher Junge, der in einem ganz gewöhnlichen Haus in einer ganz gewöhnlicher Straße ein ganz gewöhnliches Leben führte“. Doch aus jedem gewöhnlichen Leben kann etwas Außergewöhnliches werden, wenn man den Mut hat, seinem Schicksal zu folgen. Und dieses Schicksal kann auch verrückt, wunderlich, ja sogar magisch sein, es kann einen aus dem kleinen Haus seines Onkels wegreißen und über einen Entenangeln-Stand, ein Lagerfeuer, einen Jahrmarkt, ein magisches Zelt und unzählige skurrile Begegnungen bis zu einem Becken voll hungriger Piranhas führen. Und wer den Mut haben wird, sich zu verändern, der wird auch ins Becken springen und mit den Piranhas schwimmen können….

Diese Geschichte erzählt uns David Almond mit viel Humor, Feingefühl und Sprachwitz, sodass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann. Aus jeder Seite entspringt eine Fülle an seltsamen Figuren und ausgefallen Schauplätzen, die wir dank des kunterbunten, lebendigen und doch poetischen Schreibstils des Autors auf Anhieb lieben lernen. Wir bemitleiden den Onkel Ernie, der sich so in Arbeit stürzt, bis er die wichtigsten Menschen in seinem Leben vernachlässigt und verrät, sowie die schroffe Nitascha mit ihrem Herzen voller Trauer und Sehnsucht… Wir verspotten die grotesken DOOF-Beamten (DOOF = „Direktoramt zur Oberhoheitlichen Ordnungsbeschäftigung von Fisch“), ihre Überheblichkeit und ihre Papiersprache… Wir verlassen uns auf den väterlichen, warmherzigen Herrn Dostojewski samt Enten und Goldfischen… Und schließlich bewundern wir den gefeierten, legendären Pancho Pirelli und seine fürchterlichen Piranhas…

Ohne große Tricks, Schießereien und Fabelwesen gelingt es David Almond eine Welt voller Magie zu erschaffen, aus der wir am liebsten nicht wieder auftauchen würden. Denn diese Magie ist die Magie des Erwachsen Werdens, die Magie des Loslassens, nicht zuletzt die Magie einer phantastischen, erfindungsreichen Sprache.

Darüber hinaus dürfen die wunderschönen, liebevollen Zeichnungen nicht unerwähnt bleiben, die den Text immer wieder bereichern und besondere Details herausstellen.

Wer Almond noch nicht kennt, soll unbedingt dieses Buch lesen, denn - ganz egal ob groß oder klein- er wird diese etwas poetische und zugleich humorvolle Geschichte lieben und ihre kleinen und großen Helden nicht so schnell vergessen. Und vielleicht wird er sich auch trauen, aus seinem möglicherweise ganz gewöhnlichen Leben in einem ganz gewöhnlichen Haus in einer ganz gewöhnlichen Stadt einen mutigen Sprung in sein ganz persönliches Piranha-Becken zu wagen.

Bewertung vom 11.03.2014
Der unvergleichliche Ivan
Applegate, Katherine

Der unvergleichliche Ivan


ausgezeichnet

Ein Silberrücken ist „ein erwachsener, über zwölf Jahre alter Gorilla mit silbrig-grauem Rückenfell; er ist der Anführer der Gruppe und für ihren Schutz verantwortlich.“

Ivan, die Hauptfigur dieses Buches, ist ein Silberrücken. Er ist groß, mächtig, stark. Doch hat er keine Gruppe, die er beschützen muss, denn er lebt allein in einer Zirkus-Mall an einer Autobahnausfahrt. Seine Welt besteht aus einem „Zuhause“ aus Glas, Metall und Beton, die Dschungelszene im Hintergrund ist nur bemalt. Seine Freunde sind die alte Elefantendame Stella, der Straßenhund Bob und Julia, die Tochter des müden Mannes, der abends immer die Mall sauber macht. Ab und zu kommen ein paar Besucher in die Mall und schauen sich die Vorführungen der Tiere an, doch ist das Leben von Ivan ziemlich trostlos. Die einzigen Abwechslungen bieten die Kackbälle, die er manchmal den Menschen zuwirft, ein alter Fernseher, ein schlaffer Plüschgorilla und die Bilder, die Ivan selbst malt. Diese sind „blass und zaghaft“, denn er malt keine Traumbilder, keine „Ideen, die in seinem Kopf stehen“, sondern nur „die einfachen Sachen aus seinem Käfig“, eine Bananenschale, ein Bonbonpapier, einen Käfer. Wenn er malt, denkt er an nichts, er „zieht nur die Stifte über das Papier“ (S. 16). Doch sein Leben ändert sich schlagartig, als er der sterbenden Stella verspricht, für das vor kurzem hinzugekommene Elefantenbaby Ruby zu sorgen.

Dieses Buch, das von einer wahren Geschichte inspiriert worden ist, erzählt auf einfacher und raffinierter Weise zugleich, wie aus einem wilden, stolzen Gorilla ein Menschenaffe wird und wie dann der Menschenaffe wieder zu seinem mächtigen Gorilla-Dasein findet. Diese wunderbare, rührende Geschichte wird in der Ich-Person erzählt, sodass der Leser sich schnell im Kopf des unvergleichlichen Ivan zurechtfindet und mit seinen Augen die anderen, sprich die Menschen betrachtet. Dieses Spiel der Spiegelbilder wird von der Autorin mit großer Erzählkunst betrieben: Nicht nur Ivan, sondern auch die anderen Tierfiguren wachsen einem schnell ans Herzen, das Verhalten von Menschen erscheint dabei oft unverständlich wenn nicht dämlich oder gar gemein. Das Ergebnis ist ein teilweise sehr trauriges Buch, das zutiefst berührt und viel zum Nachdenken anbietet.

Vielleicht ist diese herzbewegende Geschichte für manche Kinder zu wehmütig, denn die Zielgruppe sollten Kinder ab 10 Jahren sein. Obwohl am Ende jeder seinen Platz in der Welt bekommt, bleiben das Leiden und die Melancholie, die aus diesem Roman strömen, einem lange in Erinnerung.

Das Buch liest sich sehr schnell, ist in teilweise auch sehr kurze Kapitel aufgeteilt, und einige sehr schöne, liebevolle Zeichnungen unterstreichen die wichtigsten Erzählmomente. Auch die Sprache ist einfach, wenngleich nie banal, und sie wird die jungen Leser nicht überfordern.

Fazit: Ein wunderschöne, herzzerreißende Geschichte, die viele Denkanstöße anbietet, jedoch für sehr sensibel Kinder vor allem in der ersten Hälfte vielleicht zu wehmütig.

Bewertung vom 11.03.2014
Jetzt erst recht! / Das Kaff der guten Hoffnung Bd.1
Lüftner, Kai

Jetzt erst recht! / Das Kaff der guten Hoffnung Bd.1


ausgezeichnet

Selten ist es mir persönlich passiert, dass ich mindestens eine halbe Stunde vor mich hin lächeln musste, nachdem ich mit einem Buch gerade fertig war. Und genau so geht es mir jetzt, denn „Das Kaff der guten Hoffnung“ ist höchstens amüsant!

Doch der Inhalt erscheint auf den ersten Blick alles andere als witzig: Der Waisenjunge Kalle Ohnenamen (!) landet bei der Suche nach seinem verlorenen, älteren Bruder in ein heruntergekommenes Kinderheim („Zur guten Hoffnung. Heim für schnell vermittelbare Kinder“) auf dem Gipfel des Gigantokapetels, wie der größte Berg oberhalb des unscheinbaren Örtchens Klein-Kalabrien genannt wird. Dort wird er von der „Heimleiterin und Schauspielerin“ Frau Helene-Griselde Galgenstrick, einer „untersympathischen Frau mit streichholzdünnen Lippen und versteinerten Miene“, schnell in die geheime Unterkategorie der unvermittelbaren „Makel-Kids“ eingestuft und zusammen mit drei noch schrägeren Kindern (dem riesigen Mädchen Magda, dem pummeligen, „zahnbespangten“ Stotterer Theobald und der kulleräugigen, böse blickenden Röschen) zur Strafarbeit verurteilt. Als wäre dies nicht schlimm genug, taucht in der Kleinstadt noch der fiese Graf Arg von Hinterlist mitsamt Diener und Hund (beide namens Dieter!) auf und erhebt zweifelhafte Erbansprüche auf ganz Klein-Kalabrien inklusive Umland, Gigantokapetel und Kinderheim. Ob, wie und mithilfe von welchen skurrilen Figuren Kalle Ohnenamen und seine Freunde ihr Zuhause retten werden, soll hier nicht verraten werden, um den Spaß am Lesen nicht zu verderben.

Dieses Buch ist ein wahres Sprachfeuerwerk, das von Worterfindungsgeist und sprachlichem Witz buchstäblich explodiert! Allein die Namen der Hauptdarsteller (nicht nur die bereits erwähnten Heimleiterin und Graf, sondern auch beispielsweise der feige Bürgermeister Dr. Balduin Sesselfurz) genügen, um sich von den Sprachkünsten des Autors zu überzeugen. Nicht unerwähnt sollen dabei die farbenfrohen Adjektive und Wortkombinationen bleiben, die Situationen, Figuren und Schauplätze gekonnt und phantasiereich untermalen: Auf den knapp 200 Seiten dieses Buches begegnen wir eine pausbäckige Köchin mit knallroter Turmfrisur, einen Leberwurstgrau gekleideten Mann mit Halbglatze, einen übellaunigen, mit einem fransigen Mob bewaffneten Hausmeister (bei der Nebenanmerkung „Vermutlich hatte ihn aber eben diese Übellaunigkeit auch zum Hausmeister des Kinderheims werden lassen“ musste mein neunjähriger Sohn echt schmunzeln!), trainingsbeanzugte Bodyguards, und dann auch noch perlenkettendicke Spinnweben, salzstangendünne Ästchen, bananendicke Daumen, krallengleiche Hände, toastbrotdicke Augenbrauen, pupswarme Cocktails mit Schirmchen und Zuckerrand, Karamell-Bonbon-Stimmen, Protzautos, Gartoffeln, die bereits gekocht aus dem Boden kommen, Pferdbeeren, die davon hoppeln, wenn man nicht schnell genug danach greift…

Doch stellt die wahnsinnig witzige, anspruchsvolle, sprudelnde Sprache nicht der einzige Grund dar, dieses Buch zu lesen und zu lieben. Hinter den unzähligen Wortspielen und den skurrilen Gestalten, die aus den Seiten dieses Kinderromans herausströmen, verbirgt sich eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft, Mut, Familie, Suche nach sich selbst und Zugehörigkeitsgefühl. Diese wird den Kindern auf originellster Weise von Kai Lüftner erzählt und von den lustigen Illustrationen von Dominik Rupp begleitet.

Fazit: Ein großer Spaß für Groß und Klein, bestens geeignet nicht nur als Selbstlesebuch für Kinder ab 10 (aufgrund des schnellen Erzähltempos und der anspruchsvollen Sprache), sondern auch als Vorlesebuch für die ganze Familie! Wir sind gespannt auf die Fortsetzung, denn das Finale des Buchs lautet (zum Glück) „KEIN ENDE“!

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