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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2024
Finsteres Herz / Die Toten von Marnow Bd.2
Schmidt, Holger Karsten

Finsteres Herz / Die Toten von Marnow Bd.2


ausgezeichnet

Tiefgründig, erschütternd, fesselnd

„Finsteres Herz“ ist der zweite Fall für Lona Mendt und Frank Elling. Alles beginnt im Zeugenschutzhaus, in dem sich neben den beiden Hauptkommissaren noch andere Polizisten zum Schutz der 12jährigen Sarah aufhalten. Sie bekommen die Nachricht, dass ein gesicherter Fahrdienst zu ihnen unterwegs ist, um sie alle in ein anderes Haus zu verlegen. Bald wird klar, dass dies eine Finte ist, es kommt zum Schusswechsel, nicht alle überleben diesen Überfall, Sarah jedoch entkommt.

Es geht gleich richtig zur Sache. Man fühlt direkt die Gefahr, der sie ausgesetzt sind. Simon Rost, der zuständige Staatsanwalt, gibt den beiden Sonderermittlern Maja Kaminski und Hagen Dudek den Auftrag, herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, dass diese Zeugenschutzmission aufgeflogen ist.

Es werden mehrere Tote in einem Wald entdeckt, darunter auch Kinder. Wir blicken in die finsteren Machenschaften von Menschenhändlern, nehmen dabei ein Heim in Sofia ins Visier, auch hierzulande betrachten wir ein Waisenhaus näher. Mit Maja Kaminski und Hagen Dudek sind wir nach dem Überfall auf das Safehouse unterwegs, mit Lona Mendt und Frank Elling erfahren wir, was sich davor ereignet hat und wie es dazu kommt, dass Sarah als ihre Hauptzeugin besonderen Schutz benötigt.

Es sind etliche Erzählstränge, die sich abwechseln. Die Vorfälle und die von Lona und Elling geleiteten Ermittlungen vermengen sich mit denen von Maja und Dudek, die nach dem Überfall beginnen. Dabei wird fieberhaft nach Sarah gesucht. Es mischen auch etliche Gestalten im Hintergrund mit und die Frage nach einem Maulwurf in Polizeikreisen drängt sich förmlich auf. Die Kapitel sind mit Zeit- und Ortsangaben überschrieben, was der besseren Orientierung dient, denn diese komplexe Geschichte fordert schon. Ein genaues Lesen ist unabdingbar, um dabei zu bleiben. Belohnt wird man mit einer Handlung, die – je weiter man liest – immer mehr Menschenverachtendes zutage fördert. Organisierte Kriminalität- von Menschenhandel und Missbrauch bis hin zu Mord ist alles dabei.

Im Focus stehen die vier Ermittler, die jeder für sich ihr privates Päckchen zu tragen haben. Sie alle kamen mir sehr nahe, allen voran Lona, die zu Sarah eine ganz besondere Bindung aufgebaut hat. Einen dieser Ermittler habe ich sehr kritisch beäugt, aus ihm wurde ich bis zum bitteren Schluss nicht recht schlau. Amtsmissbrauch und Eigennutz sind auch hier nicht gänzlich ausgeschlossen, wenn man die inneren Polizeikreise durchleuchtet. Allen Figuren, auch denen, die mit Menschenhandel zu tun hatten, habe ich ihre Charaktereigenschaften komplett abgenommen.

Der zweite Fall für Lona Mendt und Frank Elling ist nahe an der Realität, wir lesen leider immer wieder davon. Es ist ein tiefgründiges Buch, es ist eine erschütternde Story mit gekonnten Wendungen und nie nachlassender Spannung. Auf ein weiteres Buch von Holger Karsten Schmidt freue ich jetzt schon.

Bewertung vom 20.12.2024
Zorn - Der Fall Schröder / Hauptkommissar Claudius Zorn Bd.14 (eBook, ePUB)
Ludwig, Stephan

Zorn - Der Fall Schröder / Hauptkommissar Claudius Zorn Bd.14 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein sehr persönlicher Fall

„Der Fall Schröder“ ist der bereits vierzehnte Fall für Zorn und Schröder, der Kult-Thriller-Serie, die jedoch an mir bis dato vorübergegangen ist. Aber einmal ist immer das erste Mal und so steige ich ganz unvoreingenommen mit Buch 14 ein. Ausgerechnet! Dieser Fall ist schon etwas anders angesiedelt, denn hier spielt Schröder die Hauptrolle. Ungewollt zwar, aber doch.

Ein Suizid wird von der Tochter des Toten gemeldet, daraufhin schickt Schröder den Kollegen Brettschneider vorbei. Kurz danach werden sie zu einem kaltblütigen Mord gerufen, ein weiteres Opfer folgt wenig später.

Bald übernimmt Zorn notgedrungen die Leitung der Ermittlungen, denn Schröder ist seltsam unbeteiligt, ist meist nicht erreichbar, dann meldet er sich krank, er scheint irgendwie neben sich zu stehen. Zorns Ehefrau Frieda, die sich gerade auf Reha befindet, ist seine Vertraute und ihm auch jetzt eine große Stütze.

Zorn ist schon ein Unikum, er ist ein wenig schräg, mit seinem Gezetere macht er seinem Nachnamen alle Ehre, seine Nerven liegen mitunter ganz schön blank. Nun, ich lerne ihn aber auch anders kennen - als liebenden Ehemann und Vater. Dieser Zorn gefällt mir schon wesentlich besser. Sei es drum – er ist in einer Ausnahmesituation, denn er macht sich schon Sorgen um Schröder, der ihm auch privat ein Freund ist.

Neben den Ermittlungen sind es die Rückblenden auf damals, die – je weiter man liest – ganz schön an die Nieren gehen. Diese zweite Erzählebene berichtet von dem Kind Schröder und von seinem Freund.
Wie gesagt – ich kenne die Vorgängerbände nicht, werde sozusagen in diesem sehr persönlichen Fall ins kalte Wasser bzw. in die Serie geschmissen. Schuldig oder nicht schuldig – das ist hier die Frage. Es geht um Freundschaft und um noch sehr viel mehr. Geht es auch um Rache?

Die Story ist spannend, die Ermittlungen sind zuweilen schon hart an der Grenze des gerade noch Möglichen. Zorn war mir in seiner Bärbeißigkeit gelegentlich ein Stück drüber, gemocht habe ich dann doch die etwas schrägen Kommentare. Nicht alle, denn er brüllt des Öfteren ganz schön rum. Schröders Erlebnisse als 12jähriger machen mich zunehmend fassungslos. Bei den heutigen Ermittlungen steht er eher neben sich, sein heller Kopf hat hier Pause. Also, werde ich beim nächsten Fall wieder dabei sein. Nicht nur, um Schröder wirklich kennenzulernen, auch wegen Stephan Ludwigs kurzweiligem Schreibstil, denn er hat mich durchgehend ans Buch gefesselt.

Bewertung vom 17.12.2024
Das Wunder der Tannenbäume
Romes, Claudia

Das Wunder der Tannenbäume


ausgezeichnet

Wie ein weihnachtlicher Feenstaub

Die sechzehnjährige Anneliese hat seit jeher ihrem Vater im Wald geholfen. So auch heute, auch ihr jüngerer Bruder Kasper ist dabei, als Vater verunglückt. Die Not war schon immer groß und nun muss die kleine Familie zusehen, wie sie über die Runden kommt. Kasper ist zu jung, um in Vaters Fußstapfen als Holzfäller zu treten und so ist es Anneliese, die sich nach Arbeit umsieht - jedoch vergeblich. Die Dorfbewohner sind der Familie Holl nicht gerade wohlgesonnen, seit Johannes seine Marva geehelicht hat. Dass sie keine Einheimische ist, lassen die Dörfler sie nur zu deutlich spüren.

Anneliese lässt sich davon nicht unterkriegen, sie sammelt Brennholz, das sie am Markt verkaufen will. Das Geschäft läuft eher schleppend und zu allem Überfluss sind sie auch hoch verschuldet. Mutter wird krank, sie stirbt - und nun sind Anneliese und Kasper auf sich gestellt.

Wir sind mitten im Winter, die Vorräte gehen langsam zur Neige, Anneliese verwertet alles, auch findet sie im Wald ein Bäumchen, das nicht so recht wachsen will. Kurzerhand nimmt sie es mit, schmückt es mit allem, was der Wald so hergibt, hängt Äpfel und Nüsse dran. Die Krönung sind die kleinen Figuren, die Kasper schnitzt – Engel, kleine Herzen, Pferde und all das, was sich aus Holz formen lässt. Das Bäumchen ist ihr Trost und kurz entschlossen nimmt sie es mit auf den Markt. Frau von Anweil, die Frau des Bürgermeisters, ist davon ganz entzückt. Sie gibt gleich mal etliche dieser geschmückten Tannenbäume in Auftrag und damit nicht genug, wird Anneliese auch den großen Baum für den Freiburger Marktplatz liefern und schmücken. Es scheint aufwärts zu gehen, zumal ihr Finken, der Geldeintreiber, im Nacken sitzt und sie nun den fälligen Betrag zusammenbekommen dürfte. Und - wir werden später auch bei Hofe zugange sein. Der Großherzog plant ein opulentes Fest, bei dem ein riesiger, festlich geschmückter Baum nicht fehlen darf. Anneliese trägt für diesen Weihnachtsbaum die Verantwortung, Kosten spielen keine Rolle. Es bleibt nicht aus, dass sie – die kleine Bauerstochter – Neid und Missgunst erweckt. Sie hat hier genug Widersacher, aber auch einige wenige Freunde, die ihr wohlgesonnen sind.

„Das Wunder der Tannenbäume“ besticht allein schon durch sein einladendes Äußeres. Aber nicht nur damit, nein. Es ist die Geschichte einer bitterarmen Familie, die trotz ihrer harten Arbeit nicht wirklich vorankommt. Wir sind im Schwarzwald anno 1815. Claudia Romes entführt ihre Leser in eine Zeit, in der jeder Stand unter sich bleibt. Die Eltern sind es, die ihre Kinder standesgemäß verheiraten, Liebe spielt dabei keine Rolle. Ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen wird höchstens als Dienstmagd oder als Gespielin der Herren geduldet, ansonsten bleibt man unter sich.

Es ist ein warmherziges Buch, es ist eine zauberhafte Geschichte um eine junge, starke Frau, die es nie leicht hatte im Leben, die immer für ihre Lieben da ist und für sie kämpft. Eine bittersüße Liebesgeschichte ist es auch - ob sie auch um ihre Liebe kämpfen wird?

Im Nachwort geht die Autorin der Entstehungsgeschichte und der Tradition um diesen geschmückten Baum nach. Schon die Germanen holten sich Tannenzweige ins Haus, sie beschreibt die Symbolkraft und noch so einiges mehr – ein runder, ein stimmiger Abschluss dieser zauberhaften Geschichte, die ich gerne gelesen habe und die ich gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit nicht missen möchte.

Bewertung vom 13.12.2024
Dorn
Beck, Jan

Dorn


sehr gut

Simon Dorn und Lea Wagner ermitteln

Der Auftakt zu Jan Becks neuer Thriller-Reihe um den Kriminalpsychologen Simon Dorn ist gelungen. Nichts anderes habe ich erwartet, denn ich kenne doch so einiges von dem Autor und bin noch nie enttäuscht worden. Also, mit „Zimmer 103“ geht es los mit dem doch sehr kauzigen Dorn, der nicht mehr Polizist ist und den doch das Ungewisse um die nicht gelösten Mordfälle nie losgelassen hat.

Und da ist Karla Hofbauer vom Cold Case Management am Bundeskriminalamt Wien, die seit Jahren auf der Jagd nach einem Teufel in Person ist. Ihre Suche führt sie nach Hamburg. „Ich steige gerade durchs Tor der Welt und bin fallweise verhindert“ hört Dorn ihre Mailbox ab. Eine durchaus kryptische Nachricht, auch Karlas Hinweis auf eine Krone, die ihr auf der Stirn steht, ist so gar nicht zu verstehen. Die letzten Takte ihres Lebens bestimmt jedoch dieser Teufel - aus, vorbei.

Dorn und Karla haben seit Jahren im Verborgenen zusammengearbeitet. Wie sie sich genau gefunden haben, erschließt sich mir nicht, hier hätte ich mir schon mehr Aufklärung gewünscht. Ich vermute, dass sie beide im BK Wien Kollegen waren. Nun, Karla ist regelmäßig zu ihm nach Bad Gastein ins Dornwald gefahren - ein altes, nicht mehr betriebenes Hotel, in das Dorn sich zurückgezogen hat. Nach privaten Schicksalsschlägen hat er den Polizeidient quittiert und verlässt seitdem diesen heruntergekommenen Koloss nicht mehr. Die beiden haben sich alter, ungelöster Fälle angenommen. Ganz vorne dabei waren es mehrere Opfer, die mit immer gleichen Symbolen gekennzeichnet aufgefunden wurden. Hier war und ist ein Serientäter am Werk, so viel steht fest. Einer, der stets unerkannt entkommt.

Und nun ist es die junge, sehr eigenwillige Wiener Ermittlerin Lea Wagner, die sich auf Karlas Spuren begibt und die so auch auf Dorn stößt, der ihr Engagement jedoch nicht so gerne sieht. Lea lässt nicht locker, sie ist der quirlige Gegenpol zu Dorn, der nicht nur Cold Cases bearbeitet, der auch im Ort mit mächtigen Widersachern zu kämpfen hat. Lea ist zielstrebig und wagemutig, sie lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie durch, das muss auch Dorn irgendwann einsehen. Ihm merkt man sein gelebtes Leben schon an, nicht umsonst zieht er sich komplett zurück in seine Welt. Das Dornwald bietet ihm Schutz, zugleich jedoch bietet seine Lebensweise genug Platz für Spekulationen und diversen Anschuldigungen.

Und natürlich muss der Serienmörder gestoppt werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund des einstigen Grandhotels, beim Lesen entstehen viele Bilder im Kopf. Da das Abgründige des Täters und dort das Unheimliche, das Verfallene des Dornwald, das auch das „Zimmer 103“ beherbergt. Dieser Schauplatz ist in vielerlei Hinsicht perfekt für das Morbide, für den Verfall.

Bleibt Karlas Tod ungesühnt? Wird der Serientäter je gefunden? Lange sieht es nicht gut aus, trotzdem Lea alles gibt. Dabei geht sie nicht nur über ihre Grenzen, nein, auch bleibt sie Dorn gegenüber ganz schön hartnäckig. Was treibt diesen Unbekannten an, nach welchen Kriterien sucht er seine Opfer aus? Es geht um Schuld, um Rache, um Vergeltung. Gefühlt sind es eher Rückschläge, die sie jedoch nicht aufhalten können. Mysteriös und düster geht es zu, die Spannung wird durchweg gehalten, das Ende dann zeigt das überraschende, lange nicht sichtbare Warum der Morde auf.

Der Auftakt der neuen Thriller-Reihe ist gelungen und hat mich neugierig gemacht auf DORN und sein Dornwald, in dem es bestimmt noch so mach Unheilvolles zu entdecken gibt.

Bewertung vom 08.12.2024
Über allen Bergen (eBook, ePUB)
Goby, Valentine

Über allen Bergen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein prall gefülltes Füllhorn an Eindrücken und noch sehr viel mehr

„Wo waren sie jetzt nochmal genau? Wo auf der Karte, die seine Mutter am Abend vor der Abreise in ihrem Zimmer ausgebreitet hatte, an welchem Punkt der grob nachgezeichneten Strecke? Er war verwirrt.“

Der 12jährige Vadim, Spross einer russisch-jüdischen Familie, ist mit einer Schwester unterwegs von Paris, das wegen des drohenden Krieges immer unsicherer wird, hinauf in ein abgelegenes Tal, das an der Grenze zur Schweiz liegt. Und nun hält der Zug, zwei Stationen zu früh. Eine Lawine macht die Strecke unpassierbar. Nur gut, dass der Mann, der ihn abholt, hier auf ihn wartet, denn Lawinenabgänge sind nichts ungewöhnliches, sodass er dementsprechend früher losgegangen ist.

Vincent? sagt der Mann zu ihm. Nun, an diesen Namen muss Vadim sich erst noch gewöhnen, denn von nun an ist er Vincent und die gute Bergluft ist es, die ihm, dem Asthmatiker, gut tut. Er kann wieder frei atmen.

Für Vincent ist alles neu, alles ungewohnt. Er kommt im tiefsten Winter an, solch meterhohe Schneemassen kennt er nicht. Die Familie, die ihn aufnimmt, begegnet ihm liebevoll und warmherzig, auch die Dorfbewohner zeigen ihm ihre Welt, bald fühlt er sich heimisch, er entdeckt jeden Tag Neues. Er lernt, mit der Natur zu leben.

Sehen, schmecken, riechen, fühlen, hören – mit allen Sinnen nimmt er sein Umfeld in sich auf und wir, die Leser, mit ihm. Der Übergang vom Winter in den Frühling, der Wechsel der Jahreszeiten ist so eindringlich, so intensiv beschrieben – es ist ein prall gefülltes Füllhorn an Eindrücken. Vincent zeichnet gerne, er braucht allerdings lange, bis er die Welt da draußen nachbilden kann, denn diese für ihn so ungewohnten Dimensionen vereinnahmen ihn zunächst komplett. Die Berge ringsum, die Pflanzen und die Tierwelt sind so vielfältig, er sieht die Gegenstände in Farben, er spürt Verlust und Neugeburt – er erlebt so fast ein Jahr im Wandel der Zeit.

Neben den so eindrucksstarken Bildern der Berge, die sich um den aus Vincents Sicht fernen Mont Blanc gruppieren, sind es die vielfältigen Naturbeschreibungen und das einfache Leben in dem abgelegenen Bergdorf, die diesen Roman so lesenswert machen. Hier helfen alle zusammen, auch die Kinder packen mit an. Jeder hat seine Aufgabe, denn sie wissen um die Kraft der Dorfgemeinschaft.

Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges beschreibt Valentine Goby das Leben auf einem Bergdorf. Trotzdem sie hart arbeiten müssen, sind sie zufrieden und zwischendurch genießen ihre kleinen Fluchten vom Alltag. „Über allen Bergen“ ist ein ganz besonderes Buch, eine wundervoll erzählte Geschichte, die mich begeistert, aber auch nachdenklich zurücklässt. Absolut lesenswert.

Bewertung vom 05.12.2024
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


gut

Ganz amüsant

Es war einmal… So beginnen Märchen. Margaret ist eine von denen, die sich eine traumhafte Zukunft in Hollywood ausmalen - aber nicht so, wie es sich die meisten erhoffen. Nein, sie will keine dieser glamourösen Schauspielerinnen sein, sie will diese glitzernde Traumwelt hinter den Kulissen auf ihre Art erobern. Als Visagistin will sie hoch hinaus, denn schließlich ist ein gutes Aussehen das Pfund, mit dem die Stars und Sternchen neben ihrem mehr oder weniger vorhandenen Talent wuchern. Also, nichts wie los. Der Weg hin zu ihrem zukünftigen Wirkungskreis ist steinig, aber Margaret wäre nicht sie, würde sie nicht fantasievoll und zudem voller Chuzpe ihre Chancen ergreifen.

Unterwegs trifft sie auf Jimmie, der ihr – ohne sein Zutun – zu ihrem hollywoodtauglichen Namen verhilft. Loretta ist sie nun und später dann das LipGirl, Loretta Darling. Dazwischen liegen noch so einige Bekanntschaften, allen voran ist es Primrose, die ihr zu ihrem ersten, schäbigen Zuhause und auch zu einem Job verhilft. Von nun an geht‘s bergauf.

Mit Loretta bin ich im Jahre 1950 gelandet, den beschriebenen Zeitgeist dieser Jahre habe ich schon auch gespürt, diesen aber eher am Rande wahrgenommen. Gut, das Lebensgefühl anno dazumal war ein anderes, die männerdominierende Gesellschaft kommt hier gut durch. Mehr noch, die Story rutscht gelegentlich ins pornohafte ab. Auch spielt Gewalt mit hinein – ob verbal, körperlich oder sexuell, es geht knallhart zur Sache. Alkohol fließt in Strömen, Drogen gehören natürlich dazu, die Leinwandhelden geben sich beileibe nicht immer heldenhaft. Und - beim Lesen hatte ich des Öfteren diese berühmte Besetzungscouch vor Augen.

Katherine Blake schreibt unterhaltsam, sie lässt diese kalifornische Traumwelt in sich zerplatzen. Gespickt ist ihr Roman mit Sex, Drogen und manch anderen (Rache)Gelüsten, die Stars jener Zeit zählt sie eher auf als dass sie in diese Story integriert wären. Als frivol und pikant würde ich dieses Buch nicht bezeichnen, es beschreibt eher den rüpelhaften, von sich überzeugten Chauvinisten. Loretta Darling dagegen ist ihrer Zeit weit voraus, sie verfolgt zielstrebig ihren Wunsch einer unabhängigen Frau. Dazwischen kommt eine ganz andere Loretta zum Vorschein. Eine Frau, die ihre Vergangenheit nicht loslässt. Je mehr ich davon lese – es sind immer nur kurze Segmente – desto eher wird mir der Hintergrund dessen klar.

Es ist ein unterhaltsames, ja amüsantes Buch mit einer quirligen Protagonistin, die leicht überzeichnet ihren ureigenen Zielen folgt und sich schlussendlich nicht scheut, den Bogen extrem zu überspannen, was bei mir nicht gut ankommt. Dieses negative Gefühl, das sich unecht anfühlt, überlagert schon die flott geschriebene Story mit einer Heldin, die frech und forsch voranschreitet, die auf subtile, eher noch auf hinterhältige Art dem ekelhaften Männergehabe zuleibe rückt.

Bewertung vom 03.12.2024
Die Frau des Serienkillers
Hunter, Alice

Die Frau des Serienkillers


ausgezeichnet

Ist sie die Frau eines Killers in Serie?

Beth und Tom Hardcastle leben mit ihrer Tochter Poppy in dem kleinen Ort Lower Tew – eine Bilderbuchfamilie schlechthin. Dennoch kommen erste Zweifel auf, denn Tom wird des Mordes beschuldigt. Er kommt in Haft und so nach und nach erfahren wir mehr von ihm. Beth lässt einen Blick hinter die Kulissen zu, sie erwähnt etwa wie nebenbei, dass er klammert. Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll. Denn bald wird klar, dass Beth so einiges der Polizei gegenüber verschweigt. Will sie ihm helfen? Ihm beistehen? Ihn schnellstmöglichst aus dem Gefängnis herausholen? Das ach so glückliche Familienleben scheint ein Trugschluss zu sein.

Ich bin hin- und hergerissen zwischen Beth und Tom. Sie führt ein gutgehendes Keramikcafé, in dem auch die Leute von Lower Tew ein- und ausgehen. Diese scheinen Beth zunehmend kritisch zu beäugen, was angesichts Toms Haft nicht weiter verwundert. In dieser schweren Zeit ist ihr Adam, ein verwitweter Nachbar mit einer Tochter in Poggys Alter, eine große Stütze. Mir jedoch ist er nicht so ganz geheuer und auch wenn ich es nicht direkt benennen kann, so würde ich an Beths Stelle etwas mehr auf Abstand gehen. Tom wird derweilen von seinem Anwalt vertreten, auch von ihm erfahre ich mehr als mir lieb ist.

Alice Hunter versteht es perfekt, ihren Lesern häppchenweise Infos vorzusetzen, die jedoch mehr für Verwirrung denn für Klarheit sorgen. Zwischendurch bekommen wir noch Szenen vorgesetzt, die zwar hart zur Sache gehen, aus denen aber nicht ersichtlich wird, um welche Personen es sich handelt. Natürlich habe ich eine Vermutung – ob ich richtig liege, erschließt sich mir lange nicht. Auch Toms Gedanken bleiben mir nicht verborgen und auch bei ihm bin ich mir nicht sicher, ob seine Wahrnehmung getrübt ist, denn das, was ihm zur Last gelegt wird, liegt schon etliche Jahre zurück.

Schon allein der Titel „Die Frau des Serienkillers“ wirft Fragen auf. Wird sie lediglich als die aus allen Wolken fallende Ehefrau dargestellt, die nichts von den Taten ihres Angetrauten wusste? Oder geht es eventuell um sie direkt? Alles könnte möglich sein, lange bin ich ratlos, bin hin- und hergerissen. Die Story ist raffiniert konstruiert, was mir per se schon mal gefällt. Und nicht nur die Story an sich, auch die hier Agierenden, allen voran das Ehepaar Hardcastle, haben in mir überwiegend negative Gefühle ausgelöst.

Die durchweg rasante Story hatte kurzzeitig einige Längen, die jedoch angesichts der bald wieder anziehenden Spannung vernachlässigbar sind. Letztendlich habe ich doch einiges vorausgesehen, es mir auch so gewünscht - trotzdem oder gerade deshalb war es für mich ein schlüssiges Ende. Und nun bin ich auf „Die Tochter des Serienkillers“ gespannt, das zweite Buch erscheint Ende Januar 2025.

Bewertung vom 01.12.2024
Cartier. Der Traum von Diamanten
Villard, Sophie

Cartier. Der Traum von Diamanten


ausgezeichnet

Ein wundervoller Traum voller Glanz und Glamour

„Cartier. Der Traum von Diamanten.“ Der erste Band der Cartier-Saga weckt in mir den unbedingten Wunsch, noch mehr über das schillernde Leben dieser Juweliersfamilie zu erfahren. Das erste Buch beginnt im Jahre 1910, es ist in drei Teile gegliedert und endet im Sommer 1915, wobei die Zeit mit Beginn des Ersten Weltkrieges eher kurz angerissen ist.

Wer kennt sie nicht, die glamouröse Marke Cartier - eine glanzvolle Welt, in die nicht jeder Zutritt hat. Auch die junge Näherin Jeanne Toussaint hätte sich nie träumen lassen, eines Tages bei Cartier eine Anstellung zu finden. Nun, sie verdankt ihr erstes Aufeinandertreffen mit Louis Cartier ihrer Tango-Leidenschaft und natürlich unterhält man sich daneben, schon allein die Etikette erfordert einen unverbindlichen Plausch. So ganz unverbindlich jedoch bleibt dies nicht, denn nicht nur ihre außergewöhnlichen Ohrringe sind es, die Louis auffallen, auch bemerkt er ihren stilsicheren Blick und ihr Gespür für das Besondere. An zwei Tagen die Woche entwirft sie ab sofort neue Kreationen, die auch nützliche Kleinigkeiten im Luxussegment beinhalten und sich bestens verkaufen.

Hier treffen Fiktion und Wirklichkeit aufeinander, der historische Hintergrund bleibt dennoch stets sichtbar. Neben den Brüdern Cartier und der jungen Jeanne Toussaint sind es viele heute noch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Coca Chanel, denen wir hier begegnen.

Sophie Villard nimmt mich zunächst mit nach Paris zu Louis und seinem exklusiven Juweliergeschäft. Diskretion ist alles, die finanzkräftige Klientel fordert Individualität, dafür stehen neben dem Empfangssalon auch der Perlensalon oder etwa auch der Grüne Salon zur Verfügung. Man spürt das exquisite Ambiente, in dem die erlesenen Stücke präsentiert werden. Der Käuferkreis ist international, was selbstverständlich auch für das Haus in London gilt, in dem Jacques die Geschäfte leitet und selbstredend zählt auch das Königshaus zur vornehmen Kundschaft. Das Cartier-Geschäft in den USA wird von Pierre geleitet, es residiert auf der Fifth Avenue in New York.

Die Anekdote um die erste Fliegeruhr und deren Namensgeber Alberto Santos Dumont erzählt auch von dem ersten lenkbaren Luftschiff, wir reisen nach Russland, tauchen mit Perlenfischern, bestaunen den Panther-Ring und sind dem sagenumwobenen Hope-Diamanten auf der Spur, um nur einiges Wenige zu nennen, das uns hier bestens unterhält und uns in eine glamouröse Zeit zurückversetzt. Unser Weg führt direkt hinein in die Werkstätte der Goldschmiede und auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Neben der zauberhaften Jeanne in Paris sind es Elma in NY und Nelly in London, die für so manch Verwirrung sorgen.

Jeannes Geschichte geht weiter, sie bleibt erst mal zurück in Paris inmitten der Kriegswirren. Und sie bleibt uns auch im zweiten Band erhalten. Sie habe ich ganz besonders gemocht, aber auch die anderen Charaktere sind mir sehr vertraut, Sophie Villard hat sie mit Leben gefüllt, ihnen Glaubwürdigkeit und Echtheit mitgegeben. Ihr einnehmender Schreibstil verbindet die fiktiven Elemente mit dem historischen Hintergrund aufs Beste, sie hat mich vorzüglich unterhalten mit ihrem „Traum von Diamanten“, den ich nur zu gerne mitgeträumt und direkt miterlebt habe, so tief hat sie mich in diese mitreißende Geschichte voller Glanz und Glamour gezogen.

Bewertung vom 01.12.2024
Rebellin der Hohen Schule
Lynn, Nora

Rebellin der Hohen Schule


ausgezeichnet

Eine durchaus rebellische junge Frau, die mutig ihren Zielen folgt

Im Wien des Jahres 1875, also vor hundertfünfzig Jahren, haben die Frauen zu heiraten und neben ihrem Angetrauten ihr anmutiges Äußeres zu präsentieren. Dafür werden sie erzogen, auch Margarete Böhm droht dieses Schicksal. Ihre Mutter hält Ausschau nach einem passenden Heiratskandidaten und wird direkt bei der reichen Familie Hoffmann mit August, ihrem vielversprechenden Spross, fündig. Margaretes rebellischer Charakter jedoch lehnt diesen freiweg ab und auch August scheint von ihr gänzlich abgeneigt zu sein. Nicht die besten Voraussetzung für eine familiäre Verbindung, zumal Mutter sich dadurch noch so einiges mehr verspricht.

Margarete ist mit ihren zwanzig Jahren eine junge Frau mit ihren ureigenen Vorstellungen und diese gehen eher Richtung Hofreitschule denn in den Ehehafen. Ihr sehnlichster Wunsch ist es seit jeher, einmal hier als Bereiterin tätig zu werden. Die Spanische Hofreitschule zu Wien kennt sie von klein auf, ist doch ihr Vater der Erste Oberbereiter. Sie und ihr Zwillingsbruder Wenzel gehen hier immer noch ein und aus und im Gegensatz zu ihrem Bruder ist Margarete eine Naturbegabung, aber leider bleiben die Türen in beruflicher Hinsicht für sie als Frau verschlossen.

Nora Lynn erzählt von der Rebellin, die mir sofort sympathisch war. Sie lässt die Zeit anno dazumal aufleben, sie nimmt ihre Leser mit in den Alltag der Hofreitschule, sie klärt wie nebenher etwa über die Namensgebung der Hengste der Kaiserlichen Hofreitschule auf, lässt uns einen tiefen Blick auf die Kaiserin werfen und hat noch viele interessante Geschichten und Anekdoten parat. Und natürlich folgt sie ihrer Hauptakteurin, der fortschrittlichen Margarete, deren Weg auch ins Gestüt Lipica führt. Auch erfahren wir mehr über Wenzel, den ich neben ihr sofort ins Herz geschlossen habe und auch August behalten wir im Auge – eh klar.

Neben der unterhaltsamen Story und dem aufschlussreichen historischen Bezug ist es auch der einnehmende, fesselnde und kurzweilige Schreibstil, der mich sofort ins Buch gezogen hat. Voller Emotionen, voller Dramatik und Intrigen entspinnt sich eine Geschichte mit einem intensiven Schluss, der sich letztendlich gut in die ganze Geschichte einfügt. „Rebellin der Hohen Schule“ ist ein New-Adult-Liebesroman, der mir sehr gut gefallen hat und den ich sehr gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 27.11.2024
Nachtwald
Walsh, Tríona

Nachtwald


sehr gut

Düster, geheimnisumwittert, nervenaufreibend

Nach Tríona Walshs durchweg spannendem Thriller „Schneesturm“ kommt auch „Nachtwald“ fesselnd und geheimnisvoll daher, wenngleich er die Spannung nicht durchgehend hält.

Claire und George haben geheiratet. Um die Kinder des jeweils anderen kennenzulernen, bietet sich Georges abgelegenes Herrenhaus direkt an. Es steht mitten im Wald, mit Fahrzeugen ist es nicht erreichbar, also machen sie sich auf einen längeren Fußmarsch gefasst.

Die Story wird überwiegend aus Lizzies Sicht erzählt. Sie ist Claires Tochter, mit dabei sind auch ihr Bruder Liam sowie Freya, Georges Tochter, mit Hudson, ihrem frisch Angetrauten sowie die Köchin Mia.

Schon der Prolog lässt den „Nachtwald“ düster und unheimlich erscheinen und weckt in mir den Wunsch, nie zu diesem Herrenhaus gehen oder eher stolpern zu wollen. Aber auch der Drang, mehr von dieser kleinen „Wandergruppe“ und ihrem Wochenende zu erfahren, ist da.

Kaum sind sie angekommen, erscheint ein ungebetener Gast, der ihre Pläne gehörig durchkreuzt. Schon allein das Haus ist mir nicht ganz geheuer, genau so jeder einzelne der überschaubaren Truppe. Seltsame Dinge geschehen, Lizzie forscht nach, sie gräbt in der Vergangenheit und nicht zuletzt durch ihre Umtriebigkeit werden bei mir Zweifel geweckt, um diese dann doch wieder zu verwerfen. Die Story zieht sich eine ganze so Weile dahin, sie dreht sich irgendwie um sich selbst, um dann – endlich - umso gewaltiger anzuziehen. Es geht Schlag auf Schlag, nichts ist so, wie es zunächst den Anschein hat, eine neue Erkenntnis jagt die nächste. Die losen Fäden wollen sich jedoch lange nicht verbinden, bis die Fassaden peu à peu zu bröckeln beginnen und das Ende eingeläutet wird.

Nach dem starken Anfang war es mir eine ganze Weile zu langatmig, der spannende Schluss hat mich dann wieder abgeholt. Ein durchaus solider Thriller, der gelesen werden will.