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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2025
Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3
Raabe, Marc

Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3


sehr gut

Den Lügen folgt die bittere Wahrheit

Alle lügen – so scheint es von Anfang an. Der Prolog, dann Teil eins, mit „Die Lügner“ überschrieben, belegen genau diesen ersten Eindruck, der sich permanent durchs Buch, durch den dritten Band der Art Mayer-Serie, zieht.

In einem abgelegenen Waldstück bricht Feuer aus, auch die nahegelegene Wohnhaussiedlung ist betroffen. Was Art Mayer und Nele Tschaikowski in einem der Wohnwagen finden, lässt ihnen den Atem stocken. Ein anonymer Hinweis war es, dem sie nachgegangen sind und der sie hierher zu dem Toten führt - Dr. Richard Dressel, Richter am Kammergericht Berlin. Er wurde vor drei Tagen von seiner Frau als vermisst gemeldet.

Art und Nele sind mir wohlbekannt, ich habe mit ihnen schon „Der Morgen“ und „Die Dämmerung“ durchlebt und nun war ich gespannt auf „Die Nacht“, die den beiden Vorgängerbänden in nichts nachsteht.

Art sorgt sich um Milla, das 8jährige Nachbarsmädchen, deren Mutter Dana seit geraumer Zeit verschwunden ist. Sie wohnt nach wie vor bei ihrer an Demenz leidenden Oma, die Wohnung der beiden befindet sich direkt unter der von Art. Dem Vermisstenfall Dana scheint außer Art niemand mehr nachzugehen und nun führen Spuren von ihr direkt in die von Flammen umzingelte Wohnhaussiedlung.

Kaum hatte ich das Buch in Händen, war ich nicht mehr zu stoppen, es knisterte bis zum bitten Ende nur so vor Spannung. Marc Raabe hat auch mit seinem dritten Band um den BKA-Ermittler Art Mayer und seine junge Kollegin Nele Tschaikowski bewiesen, dass er sein Handwerk beherrscht. Er erzählt in zwei Zeitebenen, lässt das längst Vergangene um die Wohnhaussiedlung aufleben, parallel dazu schreiten die heutigen Ermittlungen voran. Das Gestern und das Heute scheinen sich mehr und mehr zu vermengen und wie nebenbei sind es auch Art und Neles private Momente, die gut eingebunden sind. Wobei sie schon ein wenig speziell sind, denn eigentlich sind beide aus verschiedenen Gründen beurlaubt, was sie jedoch nicht hindert, weiter an der Sache dran zu bleiben. Art kocht schon immer gerne sein eigenes Süppchen und Neles Mutterrolle scheint fern jeglicher Realität zu sein, sie ist für meine Begriffe arg überzogen dargestellt.

Marc Raabe versteht es, Spannung aufzubauen und diese dann bis zum Schluss zu halten. Denn wenn man meint, alles sei aufgeklärt, dann rückt der Showdown alles nochmal ins rechte Licht - die letzten Szenen waren mir persönlich dann doch zu abgedreht.

Nichtsdestotrotz rattert ein Zahnrädchen ins nächste, auch dieser dritte Band hat es in sich. Er hat mich von Anfang an gepackt, mich mitgerissen, mich gefesselt und nicht mehr losgelassen bis zum bitteren Schluss. Und nun freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Art und Nele, denen ich im Frühjahr 2026 „Im Morgengrauen“ in alter Frische wieder begegnen werde.

Bewertung vom 19.03.2025
Der Wolf im dunklen Wald / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.2
Piontek, Sia

Der Wolf im dunklen Wald / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.2


sehr gut

Fesselnde Story

Der zweite Carla-Seidel-Krimi ist für mich der erste, was aber nicht weiter schlimm ist, denn auch ohne Vorkenntnisse bin ich gut in die Story gestartet. Dieser Kriminalroman enthält sehr viel Privates von Carla und ihrer Tochter Lana, es sind sozusagen zwei Geschichten, die sich ineinander vermengen.

Um gleich mal beim privaten Teil zu bleiben: Lanas achtzehnter Geburtstag steht an, was zur Folge hat, dass sie nun entscheiden kann, ob sie ihren Vater wieder in ihr Leben lässt. Denn seit geraumer Zeit hat Carla ein Kontaktverbot für sie und Lana erwirkt. Die Vorgeschichte möchte ich nicht vorwegnehmen, sie wird im Buch sichtbar.

Und nun zum Mordfall. Am Rande einer Jagdgesellschaft wird ein mit mehreren Messerstichen ermordeter Mann aufgefunden. Wie sich herausstellt, muss da jemand mit sehr viel Aggressivität vorgegangen sein, denn schon der erste Stich war tödlich.

Ausgerechnet die Nacht zuvor haben Lana und Fabian von Boenning auf einem Hochsitz verbracht. War es Zufall, dass danach die männliche Leiche gefunden wurde? Weiß Fabian, für den Lana schwärmt, mehr? Carla nimmt die Ermittlungen auf, ihrer Tochter bleibt dies natürlich nicht verborgen. Ein zweiter Mord geschieht und wie es aussieht, haben diese beiden Fälle miteinander zu tun.

Das Buch lebt von den beiden Hauptfiguren Carla und Lana, ihre privaten Momente sind durchwirkt von Carlas Arbeit. Nun, beide sind sie in die Ermittlungen involviert, Carla sowieso und Lana schon allein wegen Fabian, um den sie sich sorgt. Die kriminalistischen Anteile überwiegen schon, wenngleich sehr viel Privates mit hineinschwingt.

Carla ist eine exzellente Ermittlerin mit Weitblick, die gelernt hat, auf ihr Bauchgefühl zu hören und die zuweilen haarscharf am üblichen polizeilichen Prozedere vorbeischrammt. Sie ist eine starke Frau mit durchaus schwachen Momenten, die oftmals mit sich selber hadert, die auch mal über die Stränge schlägt, dabei aber nie ihre Tochter vernachlässigt, auch wenn dies die hochsensible Lana es gelegentlich anders sieht.

Die so unterschiedlichen Charaktere sind gut herausgearbeitet, das ganze Szenario, die Stimmung und die Örtlichkeiten sind schlüssig, das Motiv für all die Taten habe ich lange nicht gesehen und war mir dann doch ein Stück weit zu abgefahren. Die Ereignisse überschlagen sich zum Schluss regelrecht, die Story davor mitsamt der Aufklärungsarbeit wird im Vergleich dazu direkt gemächlich aufgebaut, wobei die Spannung und der Unterhaltungswert schon da waren. Kurzum - ich habe den „Wolf im dunklen Wald“ gerne und innerhalb kürzester Zeit gelesen, bin auch soweit zufrieden, das Ende dann war Action pur.

Bewertung vom 17.03.2025
Kalt wie die Nacht (eBook, ePUB)
Stäber, Bernhard

Kalt wie die Nacht (eBook, ePUB)


sehr gut

Wolf und Bär ermitteln

„Kalt wie die Nacht“ - mit seinem ersten Buch um den ehemaligen Polizeikommissar und jetzigen Privatdetektiv Wolf Larsen ist Bernhard Stäber ein fesselnder Thriller gelungen, zwei weitere Bücher werden folgen.

Der Prolog spielt in Oslo, es ist der 15. Januar 2009. Nachdem sich Jan Tore Kjerstad mit seinem Dealer getroffen hat, beobachtet er kurz danach den brutalen Überfall auf einen Juwelier.

Vierzehn Jahre später ist Rolf Larsen, der von allen Wolf genannt wird, unterwegs nach Bø. Dort will er sich nach dem Tod seiner Frau als Privatdetektiv selbständig machen. Kaum angekommen, ruft auch schon seine erste Klientin an. Sofia Jacobsen vermutet, dass ihr Ehemann sie betrügt. Da Sofia kommendes Wochenende eine Freundin besuchen will, bereitet sich Wolf auf die Observierung seines Zielobjektes vor. Der Verdacht der Ehefrau scheint sich zu bestätigen, denn eine dunkel gekleidete Person schleicht sich durch den Garten über die Terrassentür ins Innere des Hauses, Wolf folgt in gebührendem Abstand und – wird Zeuge einer Straftat…

Wäre noch Sanna Bjørnstad. Sie arbeitet in Teilzeit als Journalistin bei der örtlichen Tageszeitung. Ein frühkindliches Trauma hat bei ihr zu einer dissoziativen Identitätsstörung geführt. Sie meidet größere Menschenansammlungen, ist jedoch ein Recherche-Ass. Sie berichtet über den aktuellen Fall, dabei kommt sie mit Wolf näher in Kontakt, was wiederum ihm zugute kommt, denn er sucht sowieso eine Mitarbeiterin. Wolf und Bär, wie sie sich ihren Namen nach nennen (Sanna Bjørnstad trägt den Bären in ihrem Nachnamen), werden weiter zusammenarbeiten. Sie harmonieren gut und sie schätzen sich gegenseitig – ein nicht ganz alltägliches Ermittlerteam.

Bernhard Stäber lebt seit Jahren in der norwegischen Provinz Telemark und was liegt da näher, als seine neue Thriller-Reihe hier anzusiedeln. „Kalt wie die Nacht“ ist mein erstes Buch von dem Autor, die beiden Nachfolgebände „Stumm wie der Schnee“ und „Einsam wie der Tod“ werde ich mir nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 10.03.2025
Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz
Dempf, Peter

Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz


sehr gut

Auf gefährlicher Mission

Augsburg im Jahre 1502. Afra und ihre Mutter sind in einer engen Gasse unterwegs, hinter ihnen ein Reiter, ein Karren – Afra kann sich gerade noch in eine Mauernische retten, für ihre Mutter reicht dazu die Zeit nicht mehr. Der weiße Teufelsreiter scheint Gefallen an dieser Hatz zu finden, er spornt seinen Gaul noch mehr an…

Einige Zeit später ist Afra mit knurrendem Magen auf dem Markt unterwegs, sie lebt auf der Straße, als Bettlerin ist sie für die meisten unsichtbar. Als sie dann einen Beutel erwischt, ist ihre Enttäuschung zunächst groß, denn außer Zeichnungen findet sich nichts darin. Und doch erkennt sie, dass diese Blätter wertvoll sind, also versucht sie, diese an die höhergestellten Persönlichkeiten Augsburgs zu verkaufen.

Gleich mal erlebe ich Afra als geschickte Diebin, die mir bald vertraut ist, die ich sehr mag. Sie hat zu Ihresgleichen ein gut funktionierendes Netzwerk gespannt, denn nur so ist ein Überleben einigermaßen gesichert. Afra ist eine der Hauptfiguren, die mit Herwart, dem jungen Meldereiter von Jakob Fugger, den sagenumwobenen Burgunderschatz von Basel nach Augsburg bringen soll - ein von vielen Unwägbarkeiten begleitetes Unterfangen.

Herwart ist ein erfahrener Bote, der ständig im Auftrag der Fugger unterwegs ist. Afra jedoch ist in dieser Hinsicht eher unerfahren, wenngleich sie sich täglich mit gefährlichen Situationen konfrontiert sieht und sich sehr wohl durchzusetzen weiß. Sie sind ein ziemlich ungleiches Duo, das sich aber zusammenraufen muss, denn Fugger hat es so bestimmt. Die beiden geraten von einer Gefahr in die gefühlt nächste. Auch haben sie es mit einem durchtriebenen Widersacher zu tun, den es gilt, abzuschütteln. Nicht nur einmal habe ich um sie gebangt und doch sind sie – wenn auch so manches Mal schwer lädiert – mehr oder weniger leidlich davon gekommen. Es sind (auch) diese actionreichen Szenen, die dem Roman vorantreiben. Aber nicht nur…

…denn der Autor gibt Einblick in die damalige Zeit, auch beschreibt er den Burgunderschatz, um den sich die Geschichte rankt, näher. Im informativen Nachwort geht er nochmal detailliert darauf ein und lässt nicht unerwähnt, dass sich die wertvollen Stücke lange im Besitz der Stadt Basel befunden haben. Der Fugger-Faktor Hans Kohler, den wir im Buch begegnen, war real wie so manch andere Personen, die Figuren Afra und Herwart dagegen sind fiktiv, obwohl der Transportes des Burgunderschatzes an sich Jakob Fuggers Idee war.

Der abenteuerliche historische Roman ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, in dem unsere beiden Protagonisten in so manch gefährliche Situation geraten. Und wie nebenbei serviert uns der Autor eine gute Dosis geschichtliches Wissen auf unterhaltsame Weise, die er geschickt in diese unterhaltsame Geschichte verpackt hat.

Bewertung vom 10.03.2025
Haus Waldesruh (eBook, ePUB)
Krems, David

Haus Waldesruh (eBook, ePUB)


sehr gut

Geheimnisumwittert

Ins Haus seines Onkels – es ist ein abgelegenes Landhaus in der Steiermark - hat Marco seine ehemaligen Klassenkameraden Anna, Ferdinand und Lea eingeladen. Fünfzehn Jahre sind seit ihrer Matura vergangen und nun trudeln sie nach und nach ein, auch gesellt sich Frank zu ihnen, den Lea im Zug hierher kennengelernt hat. Das Wochenende soll einigermaßen strukturiert ablaufen, sie stellen Regeln auf. Eine davon besagt, dass jeder und jede etwas von sich preisgeben wird, alle müssen ein Geheimnis verraten. Einer jedoch fehlt – Max. Er hat sich vor fünfzehn Jahren das Leben genommen.

Nicht nur die vier Freunde haben Geheimnisse, auch das Haus scheint ein solches zu haben. Als sie ankommen, ist es eiskalt, es wirkt düster und nicht gerade einladend und heimelig. Diese Aura ist deutlich spürbar, sie überträgt sich auch auf das Miteinander. Sie waren einmal gute Freunde und auch mehr, so dann und wann sind sie sich schon mal über den Weg gelaufen, aber eher zufällig und unverbindlich. Fassaden bröckeln, die Stimmung kippt. Als dann ein Gast plötzlich vor ihnen steht, mit dem keiner gerechnet hat, droht alles in einem nicht beherrschbaren Desaster zu enden.

Es ist ein leiser Roman, sehr atmosphärisch, mit starken, gut gezeichneten, individuellen Charakteren. Diese so unterschiedlichen Persönlichkeiten sind es, die die Handlung vorwärts treiben. Es gleicht einem Kammerspiel, wie „Haus Waldesruh“ beschrieben wird und ja, es ist ein Bühnenstück mit dem Haus als Bühne und von der Anzahl her überschaubaren Akteuren. Das Stück treibt unweigerlich in die Katastrophe, die erst allmählich sichtbar wird, um dann umso gewaltiger einzuschlagen.

Von Anfang an hatte ich eine Erwartungshaltung schon allein aufgrund der Regeln und deren Umsetzung, was an sich schon genug Sprengstoff enthält. Die packende Story ist gut nachvollziehbar, sie war dem Ende zu für meine Begriffe ein klein wenig zu illusorisch, was aber angesichts der durchweg fesselnden und spannungsgeladenen Handlung vernachlässigbar ist. Es ist ein Roman, der mich nachdenklich zurücklässt, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Bewertung vom 06.03.2025
Achtzehnter Stock (eBook, ePUB)
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Träume...

Das Leben im 18. Stock, noch dazu in einem Berliner Plattenbau kenne ich überhaupt nicht, umso mehr war ich gespannt auf diesen Roman.

Wanda lebt mit ihrer 5jährigen Tochter Karlie in einem Hochhaus, in einer Zweizimmerwohnung, die eigentlich renovierungsbedürftig wäre. Ihr Vermieter ist ihr Onkel, der ihre Mietschulden für dieses „Kronjuwel“ nicht mehr allzu lange dulden will. Wanda ist Schauspielerin, gerade aber nicht beschäftigt. Als Alleinerziehende ist es gar nicht so einfach, Kind und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Nur gut, dass die Mutter von Karlies Freundin Aylin so dann und wann auf beide Mädchen aufpasst.

Auch in so einem Haus richtet man sich ein oder besser gesagt man akzeptiert, dass der Lift oft kaputt ist und dass schon mal eine schon auf den ersten Blick eklige Matratze in der Liftkabine auf einen neuen Besitzer wartet. Man nimmt es nicht so genau, auch nimmt man hin, dass der Betonbau ein einziges Funkloch ist.

Doch wie anders sieht die Glitzerwelt des Films aus, denn Wanda kennt auch diese Seite. Nur müsste sie viel Zeit mitbringen und komplett unabhängig sein, was sie nun mal mit Kind nicht ist.

Sara Gmuer nimmt ihre Leser mit auf beide Seiten. Die Autorin vermittelt beides, ohne ins Klischeehafte abzudriften. Es sind intensive Blicke auf Mutter und Kind mitsamt den Nachbarn. Die Wirklichkeit ist hier herzlich und auch rau, man hilft sich gegenseitig, ist zuweilen auch ganz schön schräg drauf und dann wieder schlägt die Realität hart zu, überlagert von ständiger Geldnot. Ganz anders präsentiert sich die Welt des Films, in der Geld keine Rolle zu spielen scheint. Wanda geht durch Höhen und durch Tiefen und natürlich ist es verlockend, wenn einen plötzlich die Welt offen steht. Sie ist eine junge Frau, die zwar in erster Linie Mutter ist, die aber dennoch den Hunger nach Leben, nach Selbstverwirklichung spürt, nach Liebe und Zweisamkeit. Und da ist die Sorge um das Kind, das krank ist. Kann Wandas ständiger Spagat gelingen?

Das Ende dann zeigt auf, was im Leben wichtig ist. Wer Wanda wichtig ist. Für mich ein versöhnliches, ein stimmiges, ein fürsorgliches und ja – ein glückliches Ende. Zusammen ist man nie allein, das Glück findet man in den kleinen, in den alltäglichen Dingen.

Bewertung vom 06.03.2025
Der zweite Verdächtige / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.5
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der zweite Verdächtige / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.5


ausgezeichnet

Eberhardt & Jarmer ermitteln zum nunmehr fünften Mal

„Der zweite Verdächtige“ ist der mittlerweile fünfte Justiz-Krimi des Autorenduos Schwiecker/Tsokos und war ganz schnell ausgelesen, die Story knistert sozusagen vor Spannung. Als „das große Finale von Eberhardt & Jarmer“ wird das Buch angekündigt, was den Schluss nahelegt, dass die beiden Ermittler in Zukunft getrennte Wege gehen, was ich aber sehr schade finde und doch hoffe, noch mehr von Rocco und Justus zu lesen. Nun aber zum „zweiten Verdächtigen“:

Jan Staiger soll in einem Berliner Nachtclub einen Bekannten mit Liquid Ecstasy vergiftet haben. Er sitzt in U-Haft und bittet Rocco Eberhardt, ihn zu verteidigen. Nachdem er sich mit dem Fall vertraut gemacht hat, nimmt er das Mandat an. Er ist von Staigers Unschuld überzeugt und setzt alles dran, ihn freizubekommen. Einige Zeit danach wird ein weiterer Toter gefunden, auch bei ihm war Liquid Ecstasy im Spiel und wieder ist es Staiger, der ins Fadenkreuz der Ermittlung gerät. Diesmal sieht es nicht gut für Staiger aus, sämtliche Indizien sprechen gegen ihn.

Auch dieser fünfte Krimi um Eberhardt & Jarmer ist temporeich, die Handlung gut nachvollziehbar und die Charaktere allesamt glaubwürdig. Der Rechtsmediziner Doktor Justus Jarmer ist hier eher wenig sichtbar, dafür Rocco umso mehr. Auch wird sein Privatleben kurz gestreift, was der Figur noch mehr Kontur gibt, denn auch ein Strafverteidiger sollte mal durchatmen dürfen. Wäre noch Tobi zu erwähnen, Roccos bester Freund. Er hat sich als Privatdetektiv selbständig gemacht und als solcher sind seine Infos auch in diesen verzwickten Mordfällen wichtig.

Bearbeitet werden diese Morde von Kriminalhauptkommissar Ralph Berger vom LKA 11, Abteilung Tötungsdelikte, mit seinem Team, auch er ist hier durchgängig vertreten.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert. Ausgehend von der Frage, ob es sich um Unfall oder Mord handelt und ob hier ein Serienkiller am Werk ist über den Prozess bis hin zum wahren Schuldigen stört zwischendurch ein gewisser Fuzz. Wer ist Fuzz? Schon bald habe ich einen ungeheuerlichen Verdacht, wer denn diese lange unbekannte Stimme, die immer wieder dazwischenfunkt, denn sein könnte. Aber wird sich mein Verdacht bestätigen? Nur so viel - ich bin zum Schluss ganz schön verblüfft.

Von Anfang an war ich auf Roccos und somit auch auf Staigers Seite, es war allerdings ein ständiges Auf- und Ab. Ist er nun schuldig? Die Frage zieht sich durch, erdrückende Beweise tauchen vermehrt auf, was auch Rocco an Staigers Glaubwürdigkeit zweifeln lässt - das Ende war dann so ganz anders, als ich es lange vermutet habe.

Die Vorarbeit hin zum Prozess und das ganze Prozedere mit den Zeugen und dem Staatswalt werden bestens vermittelt. Hier merkt man, dass die beiden Autoren als Strafverteidiger und Rechtsmediziner wissen, wovon sie schreiben. Es ist ihnen ein wiederum fesselnder Justiz-Krimi gelungen, der mich von Anfang an gefesselt und der mich gut unterhalten hat. Angereichert mit einem bösen Cliffhanger, der doch auf mehr – auf das nächste Buch – schließen lassen könnte. Ich wäre dabei.

Bewertung vom 04.03.2025
Sommervogelflug
Floris, Eva

Sommervogelflug


ausgezeichnet

Über den Neuanfang und über das Leben überhaupt

Schmetterlinge sind so vielfältig, so zart, so wunderschön anzuschauen, wenn sie die Blüten umschwirren. Schon immer genieße ich es, sie ein Weilchen zu beobachten und dabei ein Stück Unbeschwertheit, ja Lebensfreude zu tanken. Ich habe das Glück, dass es sie in meiner Nähe noch zahlreich gibt.

Eva Floris hat mich mit ihrem „Sommervogelflug“ in eine Welt entführt, die mir nicht ganz fremd ist und doch sehe ich nun diese feingliedrigen Wesen mit ganz anderen Augen, mein Blick auf sie wird sehr viel intensiver sein. Gestaunt habe ich über die Beschreibung dieser grazilen Tiere, von den Puppen und den Raupen bis hin zu ihrer vollen Entfaltung. Schon dieser erste Kontakt und die Vielfalt haben mich für dieses wundervolle Buch eingenommen.

Aber nicht genug damit. Mit Lilly reise ich nach Elba, in deren Leben nach einer schweren Krankheit nichts mehr so ist, wie es war. Dass sie nicht das Kind ihrer geliebten Eltern ist, macht ihr schwer zu schaffen, denn sie wusste all die Jahre nichts davon, dass sie adoptiert wurde. Eine Spur zu ihrer leiblichen Mutter führt auf die Insel Elba, also macht sie von Hamburg aus auf, sie zu suchen. Dabei stellt sie ihr bisheriges Leben infrage, auch gibt sie ihren Verlobten frei, sie blockiert auch weitgehend den Kontakt zu ihrem Umfeld.

Auf Elba leitet Valentina einen Schmetterlingspark und da eine Stelle unbesetzt ist, findet Lilly dort Arbeit. Lilly meint, hier ihre Mutter gefunden zu haben – ob sie richtig liegt? Valentinas spröde Art, ihre Distanziertheit nicht nur Lilly gegenüber macht eine Annäherung nicht gerade einfach.

Es steckt so viel Lebensweisheit in diesem schon auf den ersten Blick so heiter daherkommenden Buch, das Cover lädt direkt ein, für einige Stunden alles andere zu vergessen. Wie das Leben manchmal so spielt, war für Lilly ihre Krankheit ausschlaggebend, dass sie von der Adoption erfahren musste. Schwer enttäuscht von denen, die ihr am nächsten waren, sucht sie einen Neuanfang, den sie auf Elba zu finden glaubt. Dabei führt so mancher Umweg zu Menschen, denen sie sich sehr verbunden fühlt, anderen gegenüber ist sie eher reserviert, Nähe kann sich nicht bei jedem einstellen.

Der Roman weckt Sehnsucht nach dem sonnigen Süden, Eva Floris beschreibt die Insel so eindrucksstark, dass ich am liebsten sofort gen Italien düsen würde. Die italienische Lebensart, der so herzliche Menschenschlag und auch die Schönheit der Schmetterlinge – all das macht Lust auf einen baldigen Trip. Die Charaktere, allen voran Lilly und Valentina, sind mit viel Leben gefüllt. Sie sind absolut glaubhaft angelegt, sie sind stark und auch schwach, haben Ängste und Sehnsüchte, sind eher leichtlebig, andere wiederum nehmen jede Aussage schwer, sie beziehen vieles auf sich, was der Nächste einfach an sich abprallen lässt. Verlustängste und ein tief empfundener Vertrauensbruch, aber auch Freundschaft und Liebe in allen Facetten sind Thema, um nur einiges herauszugreifen. Ich habe mich wohl gefühlt auf Elba, habe mit ihnen gelitten, gebangt, habe so manches Mal geschmunzelt und mich mit ihnen gefreut. „Ach, das Leben“ schreibt Valentina an Lilly. Ein schöner Halbsatz zum Schluss, der alles umschreibt.

Bewertung vom 28.02.2025
Emma (eBook, ePUB)
Reno, Jean

Emma (eBook, ePUB)


gut

Leidenschaft, Spionage und mehr

Seit nunmehr fünf Jahren arbeitet die Französin Emma Morvan im Thalassozentrum von Portivy, sie ist staatlich examinierte Masseurin und Physiotherapeutin. Noch immer trägt sie schwer an einem Schicksalsschlag, der von einer Sekunde auf die andere ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Das Angebot, im Oman in einem Wellness-Resort das dortige Team zu schulen, klingt sehr verlockend und lukrativ ist es zudem. Wie kommt ausgerechnet sie zu einem so reizvollen Job? Nun, nachdem Emma Tariq Khan, den Sohn eines hochrangigen Ministers, schon an ihrem alten Arbeitsplatz nicht nur mit ihren magischen Händen betört hat, will er sie unbedingt in seiner Nähe wissen, seine Wellness-Oase bietet sich dafür direkt an. Vier wundervolle Monate liegen vor ihr.

Als Thriller wird „Emma“, das Romandebüt des französischen Schauspielers Jean Reno, angeboten. Spannung, Spionage, Verrat, Liebe – dies alles hat er ins Buch gepackt. Spannend – ja, das ist ihm gelungen, ich habe den Roman innerhalb kürzester Zeit gelesen. Alles dreht sich um Emma, die Hauptprotagonistin. Liebe oder eher Leidenschaft war auch im Spiel - heimliche, gestohlene Momente, dazu Emmas magische Hände, die erste Hälfte des Buches ist ziemlich belanglos. Ein netter Roman mit zwei attraktiven jungen Menschen, die voneinander nicht genug bekommen, deren Beziehung jedoch nicht sein darf.

Und dazwischengeschoben sind vertrauliche Notizen der französischen Botschaft, die einem Führungsoffizier Order geben, wie mit einer Zielperson zu verfahren ist. Nachdem ziemlich genau die erste Hälfte gelesen war, konnte ich diese Nachrichten in etwa zuordnen, denn dann kommt Spionage mehr und mehr ins Spiel - es wird zunehmend gefährlich. So manches Mal habe ich gestaunt, was ein Geheimdienst einem absoluten Laien abverlangt, realistisch scheint mir dies nicht zu sein. Aber seis drum – unterhalten haben mich diese rasanten Szenen allemal, so manch Verfolgungsjagd auf vier Rädern oder auch zu Fuß inmitten des Souk war abenteuerlich.

Das Buch ist nicht schlecht, auch wenn die Spionage-Elemente lange auf sich warten lassen. Love and Sex war mir als Einstieg zu viel, zu lange, die Story plätschert so dahin und nimmt ziemlich spät so einiges an Fahrt auf. Unterhaltsam ist „Emma“ allemal, die Figur Emma und auch andere Charaktere waren eher entrückt, so richtig nahbar waren sie mir nicht. Die Thriller-Elemente haben mir weitgehend gefehlt, daher meine eher neutrale Bewertung.

Bewertung vom 26.02.2025
Für Polina (eBook, ePUB)
Würger, Takis

Für Polina (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine wundervolle Geschichte voller Musik und Poesie

„Eine Liebe durchrollte Fritzi, schön und erschütternd, und sie begriff, dass dieser stille Gnom, der sich auf ihrer Brust zu einer kleinen Kugel zusammenigelte, das wunderbarste Missgeschick war, das ihr hatte passieren können.“

Takis Würger erzählt von Hannes, er erzählt auch von Polina und beginnt mit Fritzi, Hannes Mutter. Seine Worte sind wie Poesie, seine Geschichte berührt, sie geht nahe, sie wühlt auf. Von der Wiege - eigentlich schon ab der Zeugung - bis sehr viele Jahre danach sind die Leser sowas wie Zaungäste im Leben des Hannes Prager.

Fritzi gibt ihrem Sohn alles, was er braucht, was nicht unbedingt mit Materiellem zu tun haben muss. Auch hat sie es geschafft, sich und Hannes ins Herz des alten Hildebrand zu schleichen - die alte Villa im Moor ist von nun an auch ihr Zuhause. Und die kleine Polina und ihre Mutter, die Fritzi seit der Geburt ihrer Kinder eine Freundin ist, sind oft und gerne da.

Hannes Leben ist voller Musik, er kann sich am Klavier sehr viel besser ausdrücken als mit Worten. Er ist eine Naturbegabung, der Junge im Moor spürt die Töne, er erweckt Melodien zum Leben. Hannes ist glücklich, seine Kindheit ist geprägt von unbändigem Lebenswillen – bis sein Leben aus dem Takt kommt. Er spielt nicht mehr, er arbeitet von nun an als Klavierträger. Und wie es so ist, bekommt auch Hannes Leben irgendwann wieder eine neue Wendung. Alles fließt, nichts bleibt stehen.

Es ist eine Liebesgeschichte, die beim Lesen eher durchschimmert. Das Band, das sie schon immer miteinander verbindet, ist sehr dehnbar, es scheint irgendwann zu reißen. Es ist eine Familiengeschichte, die keiner großen Worte bedarf. Das Buch erzählt auch von Freundschaft, von echten Freunden. Denn was wären wir ohne diese wahren Freunde. Hannes, Fritzi, Polina, Hildebrand und noch so einige andere Figuren prägen Hannes Leben, sie sind jeder für sich ziemlich eigen und doch bilden sie eine Einheit - nicht immer ist das Leben fair, jeder bekommt das mehr oder weniger zu spüren.

„Für Polina“ ist ein wundervoll erzähltes Buch, es ist eine Geschichte der leisen Töne, die doch sehr gewaltig daherkommt.