Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Reader1965
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2024
Für immer und ein Jahr
Hansen, Stefanie

Für immer und ein Jahr


sehr gut

Schön & berührend

In "Für immer und ein Jahr" von Stefanie Hansen geht es um Jan, dessen Frau Kaya stirbt und der damit Witwer & allein mit zwei Kindern ist. Kaya überträgt ihm noch eine Aufgabe: Jan soll ein Jahr lang allen Menschen aus Kayas Geburtstagskalender gratulieren.

Diese Aufgabe ist nur der Rahmen für die Geschichte, in der es für Jan darum geht, den Umgang mit der Trauer & das Loslassen zu lernen und ein Leben nach Kaya zuzulassen.

Die Autorin erzählt diese Geschichte sehr feinfühlig & gefühlvoll, ohne Kitsch. Das Buch ist locker geschrieben und liest sich trotz des Themas leicht & flüssig. Für mich ist Jan in seiner Trauer authentisch dargestellt. Ich konnte mich gut in ihn hineinversetzen und sein Gefühl nachvollziehen, nichts mehr zu spüren und am liebsten vor dem zu fliehen, vor dem kleine Flucht möglich ist: dem Tod. Es gibt neben Trauer/ Traurigkeit aber auch Hoffnung - und eine Prise Humor, wenn z.B. Jan auf seine Schwiegermutter trifft.

Gut gefallen hat mir, dass auch die tote Kaya zu Wort kommt und man ihre Gedanken & Wünsche für Jan erfährt.

Ein berührender Roman, den ich gern empfehle.

Bewertung vom 27.10.2024
Die Lungenschwimmprobe (eBook, ePUB)
Renberg, Tore

Die Lungenschwimmprobe (eBook, ePUB)


sehr gut

Sehr interessant & lesenswert

Titel & Cover haben mein Interesse an "Die Lungenschwimmprobe" von Tore Renberg geweckt. Die Geschichte um die junge Anna Voigt, die 1681 beschuldigt wird, eine Kindsmörderin zu sein, basiert auf einem wahren Fall. Ebenfalls reale Personen sind der Advocatus Christian Thomasius, der versucht, ihre Unschuld zu beweisen, und der Doktor Johannes Schreyer, der anhand der Lungenschwimmprobe beweisen wollte, das ein Kind bereits tot zur Welt gekommen ist.

Der Autor hat akribisch recherchiert und einen sehr interessanten & durchaus auch spannenden historischen Roman geschrieben, den ich angenehm zu lesen fand - und der viel über das damalige Leben, die Rechtsprechung, die Religion & die Anfänge der Rechtsmedizin vermittelt.

Die Geschichte ist auf 700 Seiten sehr ausführlich erzählt, trotzdem bin ich in sie eingetaucht und fühlte mich in die Zeit um 1681 zurückversetzt. Mich hat lange kein historischer Roman so beeindruckt und so zum eigenen Recherchieren gebracht.

Bewertung vom 03.10.2024
Kein Land in Sicht
Pertl, Christina

Kein Land in Sicht


gut

Wem kann man trauen?

Wie fühlt man sich, wenn man auf einem Kreuzfahrtschiff aufwacht - und sich nicht daran erinnern kann, wer man ist und wie man dorthin gekommen ist?

In "Kein Land in Sicht" beschreibt Christina Pertl, wie die Erinnerungen nach & nach zurückkehren und die Kriminalkommissarin Sarah Peters undercover die Ermittlungen aufnimmt. Doch wem kann sie dabei trauen?

Die Idee für diesen Krimi finde ich gut. Es ist einmal etwas anderes. Die Geschichte ist flott geschrieben und kurzweilig erzählt. Sie lässt sich leicht & flüssig lesen.

Das Leben auf dem Kreuzfahrtschiff wird detailliert beschrieben. Das hat mir zwar gefallen, aber die Ermittlungen geraten dadurch stellenweise etwas zu sehr in den Hintergrund.

Und für mich persönlich passen das ernste Thema "Organhandel" und die unterhaltsame Erzählart nicht so gut zusammen. Ich hätte mir hier etwas mehr Tiefe gewünscht.

Eine Empfehlung für diejenigen, die unterhaltsame Krimis mögen.

Bewertung vom 23.09.2024
Lupus
Rode, Tibor

Lupus


ausgezeichnet

Spannend & packend

Die Ankündigung "ein Thriller zwischen Mensch, Technik & Natur' zu "Lupus" von Tibor Rode hat mich gleich angesprochen und diese Geschichte hat mich von der ersten Seite an gepackt. Tibor Rode schreibt flüssig & packend. Die ersten Seiten führen gut in die Geschichte ein und dann steigert sich die Spanung beständig, so dass ich das Buch in 2 Tagen durchgelesen habe. Der Aufbau ist gut und auch die Rückblenden sind sehr passend eingefügt. Der Autor hat zwei sympathische & realistische Hauptfiguren (Tierärztin Jenny & Staatsanwalt Frederik) erdacht und verbindet sehr gekonnt das aktuelle Thema "Künstliche Intelligenz" mit Wissenschaft, Wölfen, Geschehnissen in der Nazi- & DDR-Zeit und einer Familiengeschichte.

"Lupus" ist informativ & absolut lesenswert - und es folgt hoffentlich bald der nächste Thriller von Tibor Rode.

Bewertung vom 13.09.2024
Tage mit Milena
Burseg, Katrin

Tage mit Milena


ausgezeichnet

Reise in die Vergangenheit

In "Tage mit Milena" erzählt Katrin Burseg von Annika, die sich ihrer Vergangenheit & den Erlebnissen in der Hausbesetzerszene in Hamburg in den 80-iger Jahren stellt. Diese Geschichte hat mich besonders angesprochen, da ich diese Zeit in Hamburg erlebt und das Geschehen rund um die Hafenstraße verfolgt habe.

Katrin Burseg verbindet die damaligen Aktionen sehr gut mit dem heute aktuellen Thema Klimaschutz, stellt Parallelen dar, wirft Fragen auf, die damals wie heute aktuell sind und zum Nachdenken anregen:
Wie weit darf Widerstand gehen?
Darf man dafür Menschenleben riskieren?
Wiederholt Geschichte sich?

Der Schreibstil von Katrin Burseg gefällt mir wieder sehr gut: empathisch & authentisch und mit Geschichten aus dem Leben, die sehr anschaulich & nachvollziehbar sind.

Für mich waren die "Tage mit Milena" bewegende Lesestunden.

Bewertung vom 08.09.2024
Maybrick und die Toten vom East End
Glas, Vanessa

Maybrick und die Toten vom East End


gut

Düsteres East End

Der historische Kriminalroman "Maybrick und die Toten vom East End" von Vanessa Glas spielt 1910 in den Slums von London und der sympathische Divisionsinspektor Joseph Maybrick & der zynische Leichenbeschauer Dave Roberts sind auf der Suche nach einem Kinder-Mörder.

Es ist eine düstere Geschichte, die sich sehr flüssig lesen lässt, East End ist atmosphärisch beschrieben, Maybrick & Roberts sind ein gegensätzliches, aber gutes Gespann und die Idee für den Fall ist gut. Es gibt mehrere Handlungsstränge, die sich nach & nach verbinden. Jedoch kommt die Geschichte relativ langsam in Gang. Für einen Kriminalroman ist es mir stellenweise zu langatmig und dadurch geht die Spannung leider etwas verloren. Zum Ende hin konnte ich das Buch dann nicht mehr aus der Hand legen.

Auch wenn ich hier nur 3 Sterne vergebe, würde ich auch den nächsten Maybrick-Fall lesen.

Bewertung vom 03.09.2024
Genau so, wie es immer war
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


sehr gut

Julia & das Glück

Nachdem mir bereits "Der größte Spaß, den wir je hatten" von Claire Lombardo gut gefallen hat, war ich sehr gespannt, auf ihren neuen Roman "Genau so, wie es immer war" - und ich wurde nicht enttäuscht.

Claire Lombardo ist eine grossartige Erzählerin, die ihre Charaktere feinfühlig & authentisch darstellt. In diesem Roman geht es um das Sein als Frau, Ehefrau & Mutter - und als Tochter. Auf 700 Seiten lässt die Autorin die Leser:innen in der Gegenwart & in Rückblenden am Leben von Julia (57) mit all seinen Höhen & Tiefen teilhaben. Nach & nach erfährt man immer mehr von Julia, den Herausforderungen ihrer Ehe & den Geheimnissen ihres Lebens und ihrem Wunsch, es besser als ihre Mutter zu machen. Es ist sehr ausführlich und Julia war mir nicht immer wirklich sympathisch, was das Leseerlebnis aber nicht gemindert hat. Im Gegenteil: Ich habe diese tiefgründige Familiengeschichte sehr gerne gelesen.

Bewertung vom 26.08.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


ausgezeichnet

Es ist, wie es ist

In "Zwei in einen Leben" erzählt David Nicholls die Geschichte von Marnie (38) & Michael (42), die beide gescheiterte Beziehungen hinter sich haben und sich auf einer gemeinsamen Wanderung kennenlernen.

Die Kapitel sind kurz und die Perspektive wechselt zwischen Marnie & Michael. Es geht um Einsamkeit, das Verarbeiten von Erlebtem, zweite Chancen und um die Liebe.

Beim Wandern kommen die beiden sich näher, öffnen sich und ihre Gespräche werden immer offener & intensiver. Das hat mir gut gefallen und die Geschichte gewinnt dadurch an Tiefe. David Nicholls hat mit Marnie & Michael zwei sympathische Charaktere geschaffen, die nicht perfekt, aber authentisch und wie aus dem realen Leben sind. Diw Geschichte ist ein bißchen melancholisch, ein bißchen humorvoll & ein bißchen zum Nachdenken.

Dieser Satz (Seite 67) beschreibt diesen Roman sehr passend:
"Ein Buch zu lesen war etwas Privates, Intimes, etwas, worin man sich einhüllen konnte wie in eine Decke."

Das Lesen dieses wunderbaren Romans kann ich nur empfehlen.

Bewertung vom 06.08.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

2 Leben - 1 Liebe
"Ava liebt noch" von Vera Zischke ist ein großartiger Debütroman über Ava (43 Jahre, verheiratet, 3 Kinder), die sich in den 19 Jahre jüngeren Kieran verliebt.

Es ist eine berührende Liebesgeschichte, aber viel mehr noch eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle als Frau & Mutter. Ist Ava noch Frau oder nur noch Mutter? Gehört ihr Körper noch ihr? Muss sie 24 Stunden am Tag für die Familie verfügbar sein? Darf sie an sich denken, ohne sich schuldig zu fühlen? Kann sie sich in der Mutterrolle nicht mehr wohlfühlen und ihre Kinder trotzdem aufrichtig lieben?

Dieser Roman ist wunderbar & fesselnd geschrieben. Auf der einen Seite locker & bewegend und auf der anderen Seite sehr präzise & auf den Punkt gebracht - und tiefgründig & zum Nachdenken anregend.

Ich habe Ava gebannt auf ihrem Weg des Freischwimmens begleitet; habe mitgefühlt & mitgelitten.

"Ich werde untergehen, aber es wird sich anfühlen wie schweben."
(Ebook Seite 32)

Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.08.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Willkommen in der Unwirklichkeit

In "Der Bademeister ohne Himmel" erzählt Petra Pellini die Geschichte der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Linda, einer lebensmüden 15-Jährigen, und Hubert, einem dementen 86-Jährigen. Linda ist orientierungslos und Hubert ist desorientiert.

Die Autorin schreibt einfühlsam & gefühlvoll und mit einer unglaublichen Leichtigkeit & einer Prise Humor über diese ungewöhnliche Freundschaft & die Schwere des Lebens. Es ist eine warmherzige & authentische Geschichte, in der alle Charaktere liebevoll gezeichnet sind. Und es gibt schöne Dialoge & Sätze in diesem Buch.

"Zufälle durchkreuzen Pläne. Pläne verhindern Zufälle."
(Seite 314)

Für mich waren das emotionale Lesestunden. Ich wollte gleichzeitig lachen & weinen, weil Vieles an Hubert mich an meinen dementen Vater erinnert hat.

Ein wunderbar bewegendes Debüt, dem ich viele Leser:innen wünsche.