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Benutzername: 
Giselas Lesehimmel
Wohnort: 
Landshut
Über mich: 
Bücher sind die schönste Unterhaltung

Bewertungen

Insgesamt 751 Bewertungen
Bewertung vom 11.04.2025
Für immer
Lunde, Maja

Für immer


ausgezeichnet

Meine Meinung

Und die Zeit bleibt einfach stehen

Ich habe mich schon oft gefragt, was wäre, wenn man die Zeit anhalten könnte, und ob sich das Leben dadurch verbessern würde.
"Für immer" behandelt genau dieses Thema; daher war dieses Buch für mich ein absolutes Muss!

Der Schreibstil ist von Anfang fesselnd; und so fiel mir der Einstieg sehr leicht. Jedes kurze Kapitel wird aus der Perspektive einer anderen Person erzählt, was meinen Lesefluss zusätzlich erhöht hat.

Die Fotografin Jenny ist es gewohnt, in lebensgefährliche Situationen zu geraten, da sie beruflich oft in Krisengebieten arbeitet, für eine sehr angesagte Zeitung. Die schwerste Herausforderung für sie ist jedoch eine katastrophale Diagnose beim Arzt. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit mit ihrem Mann und den zwei Kindern. Doch an einem Tag im Juni bleibt plötzlich die Rathausuhr stehen. Mit ihr das Fortschreiten von Krankheiten und Sterbeprozessen - sowie das Wachstum der Menschen.

Das Geschehen handelt von verschiedenen Schicksalen und weist eindringlich auf die Auswirkungen hin, die der Stillstand mit sich bringt.

Ein Beerdigungsinstitut bekommt keine Aufträge mehr, da keiner mehr stirbt. Embryonen entwickeln sich im Mutterleib nicht mehr weiter, daher werden keine Hebammen mehr gebraucht.
Die Menschen verspüren keinen Hunger; werden jedoch vom Staat aufgefordert weiter zu konsumieren, da sonst die ganze Wirtschaft zusammen bricht.

Pflanzen wachsen ganz normal weiter, was der Rentner Otto sehr begrüßt, da das Gärtnern sein ganzer Lebensinhalt ist. Mir ging der Spruch durch den Kopf: Die Natur braucht uns nicht - aber wir brauchen die Natur! Ottos Frau Margo braucht wiederum ihren Mann nicht mehr. Die Zeit bleibt stehen; ihre Lebenslust nicht.

Mein Gedankenkarussell hat sich nonstop gedreht. Ich habe viele Parallelen zu der Coronapandemie entdeckt. Auch hier hat sich die Gesellschaft gespalten und Verschwörungstheorien wurden laut. Die meisten Menschen lebten mit der ungewöhnlichen Situation einfach weiter und versuchten das Beste daraus zu machen. Ihnen waren Querdenker lästig, die alles hinterfragten und herausfinden wollten, was der Ursprung des Ganzen ist.

Was war denn nun der Ursprung? Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, um eine Antwort zu bekommen.

Fazit

Diese spannende Dystopie überzeugt mit leisen Tönen. Die Figuren sind gut gezeichnet und wirken authentisch. Der Schreibstil liest sich wie Butter und hat mich förmlich in das Geschehen hinein gezogen. Gibt es eine Antwort? Das solltet ihr selbst entdecken.

Eine klare Empfehlung für diese Geschichte, die zur Selbstreflexion anregt.

Danke, Maja Lunde. Ich habe jedes Wort genossen.

Bewertung vom 08.04.2025
BILLIE 'Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden'
Cordes, Stefan

BILLIE 'Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden'


ausgezeichnet

Meine Meinung

Das tragische Leben der Barockdichterin Sybilla Schwarz

1000-mal berührt - tausendmal ist nichts passiert. Das passt genau zu mir und diesem Buch. Zweimal wurde ich gefragt, ob ich das Buch lesen möchte. Aufgrund Zeitmangel habe ich abgelehnt. Doch dann hat es Zoom gemacht! Und das war gut so!

Dieser biografische Roman hat mich gefesselt und nicht mehr los gelassen. Stefan Cordes hat uns die Geschichte der Barockdichterin Sybilla Schwarz nahegebracht, die mich berührt, amüsiert und tief beeindruckt hat.

Im 17. Jahrhundert durfte eine Frau keinerlei Bildung genießen. Billie hat dieses Verbot nicht davon abgehalten, das Schreiben und Lesen (sowie Latein und Englisch) zu erlernen. Ihr Herz brennt für die Poesie, der sie sich voller Leidenschaft hingibt. Sie liest wunderschöne Gedichte und lässt sich davon zum Schreiben inspirieren. Ihre Texte erzählen von ihrer heimlichen Liebe zu einem wunderschönen Mädchen, und beschreiben den grausamen Krieg, der in Pommern Einzug gehalten hat. Ihre Mutter zeigt nicht, wie stolz sie eigentlich auf ihre Tochter ist. Der Vater versucht, ihr Talent zu unterbinden.

Die drei Brüder könnten verschiedener nicht sein. Während der ältere Bruder Christian Billies Lerneifer unterstützt, behandelt der jüngere Bruder Georg seine Schwester von oben herab.
Wer Hosen trägt, trägt die Verantwortung! Wer Kleider trägt , trägt bloß die Eimer! Zitat, Seite 73.
Joachim verhält sich rebellisch und bringt sich in große Gefahr.

Ihr Vater muss in den Krieg ziehen, und die Familie - in seinem von Wallensteins Männern besetzten Haus - allein lassen. Das ist besonders für Billie und ihre zwei Schwestern gefährlich, da sich die Soldaten gerne an den Weinvorräten der Familie Schwarz bedienen und den jungen Frauen keinerlei Respekt zollen.

Weder die Pestseuche noch der 30-jährige Krieg (Katholiken gegen Protestanten) lassen das Geschehen traurig und hoffnungslos daher kommen, obwohl die Familie tragische Verluste hinnehmen muss. Billie und ihre Schwestern machen das Beste aus der katastrophalen Situation, und stützen sich gegenseitig. Das Dienstmädchen Ide und Billie sind beste Freundinnen. Ide und Billie haben mir oft ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, mit ihren Gesprächen über die Liebe. Die jungen Frauen verfügen über sehr viel Empathie und Humor.

Billie wird als zu stolz und eigensinnig bezeichnet. Ich habe sie als selbstbewusst und sehr warmherzig wahrgenommen.

Das Kriegsgeschehen nimmt - trotz gebührender Beachtung - nicht zu viel Raum ein, da überwiegend Billies Dichtkunst im Vordergrund steht. Die Sehnsüchte und Wünsche ihrer Schwestern bieten zusätzliche Abwechslung von dem grauenhaften Alltag. Die immer wieder eingestreute Lyrik ist stets passend integriert, und wärmt einem das Herz.

Das Thema Hexenverfolgung lässt mich immer wieder fassungslos zurück; zeigt es doch die fatalen Folgen, die religiöser Fanatismus mit sich bringt.

Billie: Es gibt Diebstahl und Mord, doch vielleicht gibt es gar keine Hexerei. Zitat. Seite 353.

Fazit

Das Talent zu dichten hab ich nicht; doch das fällt nicht ins Gewicht. Ein paar Worte möchte ich einer großen Dichterin zolln, die ich vorher noch nicht kannte; die sich mit ihren Worten in mein Herz einbrannte. Die den steinigen Weg gegangen; dem Neid der Menschen den Rücken kehrte und sich selbst niemals das Talent verwehrte. Ein langes Leben war ihr nicht beschert; doch ihre geschriebenen Worte leben weiter. Mal traurig - mal heiter.

Eine klare Empfehlung, auch für Leser, die mit Lyrik nichts anfangen können. Das Nachwort ist sehr interessant und informativ.

Ein großes Dankeschön, Stefan Cordes. Ich gratuliere zum Debüt.

Bewertung vom 05.04.2025
Die stillen Gefährten (eBook, ePUB)
Purcell, Laura

Die stillen Gefährten (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Meinung

Das Grauen kommt auf hölzernen Sohlen

Bei Die stillen Gefährten handelt es sich um das erste Buch, das ich von Laura Purcell gelesen habe und es hat einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Der Prolog verrät viel, und man möchte unbedingt wissen, wie es so weit kommen konnte ...

England - 1867 - 1635
Das Geschehen spiegelt das viktorianische Zeitalter expressiv wider. Die düstere Umgebung versprüht eine gruselige Atmosphäre.

Elsie Bainbridges Trauer hat die Autorin sehr gut transportiert. Man spürt die Verzweiflung der schwangeren, jungen Frau, deren Ehe von sehr kurzer Dauer war, und die jetzt alleine auf dem Landgut ihres Mannes leben muss. Nur die unscheinbare Sarah, Cousine ihres Mannes, steht ihr zur Seite, und eine Holzfigur - die stille Gefährtin - die Elsie sehr ähnlich sieht und sehr lange in einem verschlossenen Raum eingesperrt war, in dem sich auch ein 200 Jahre altes Tagebuch befand. Die stille Gefährtin bleibt jedoch nicht lange alleine. Auf mysteriöse Weise tauchen immer mehr Holzfiguren auf.

Alle Menschen im nahen Ort Fayford kommen ärmlich, unterernährt und ungepflegt daher. Kirche und Katen wirken baufällig. Auf dem trostlosen Friedhof befinden sich viele schmucklose Grabsteine, mit gleicher Inschrift. Einige der Verstorbenen kamen auf mysteriöse Weise ums Leben. Elsie versucht zu helfen, um das Vertrauen der Dorf­bewohner zu gewinnen. Das Landgut " The Bridge" genießt keinen guten Ruf.

Elsie hatte auch in The Bridge mehr Luxus erwartet. Ihre Bediensteten besitzen keine passende Garderobe und halten das Haus nicht vernünftig sauber. Überall liegt Holzstaub. Aus dem Dorf will keiner auf dem Landgut arbeiten, da in der Vergangenheit Bedienstete dort ums Leben gekommen sind. Sie begegnen Elsie mit Misstrauen; zudem fehlt ihnen ein angemessenes Benehmen. Häufiger Regen und Nebel unterstreichen die Tristesse.

Elsie vermisst ihren Bruder und das gepflegte Haus in London. Nach dem Tod ihrer Eltern haben sie zusammen die familiäre Streichholz-Fabrik geführt. Dort hat sie auch ihren Mann kennengelernt.

Besonders beeindruckt bin ich von dem Schreibstil, der Gruseliges und Poesie zu einem stimmigen Ganzen vereint.

Draußen sah alles merkwürdig aus. Die Pflanzen glühten unnatürlich hell unter dem stürmischen Himmel. Meine neuen Hecken in Form der bourbonischen Lilie verwandelten sich in giftgrüne Speere, die Rosen in Blutklumpen. (Auschnitt aus dem Buch)
Eine Witwe mied das Licht und vergrub sich in Trauer.(Zitat aus dem Buch)
Die Hauptfigur Elsie ist gut gezeichnet; die Tragödien - denen die schwangere Witwe ausgesetzt ist - (seltsame Geräusche, stille Gefährten, die auf unerklärliche Weise in anderen Räumen auftauchen usw. ) fesseln und bescheren Gänsehautfeeling. Auch aus der Vergangenheit hat sie ein schweres Päckchen zu tragen. Ein Tagebuch aus dem Jahr 1635 bringt Stück für Stück Licht ins Dunkel und zeigt, wie schlecht es damals um die Frauenrechte bestellt war. Wir erfahren darin viel über die kräuterkundige Vorfahrin Anne Bainbridge und ihrer stummen Tochter Hetta, die beim Anbauen von Kräutern wahre Wunder vollbringt. Schritt für Schritt kommen auch die stillen Gefährten immer näher ....

Auch die Nebenfiguren wirken überzeugend und werfen die Frage auf: Wem kann Elsie wirklich trauen? Ist ihr Mann tatsächlich friedlich in seinem Bett gestorben?

Ich hatte viele Vermutungen, die sich dann tatsächlich bewahrheitet haben. Der Weg dorthin war mit vielen Irrungen und Wirrungen gepflastert. Im und rund um das Landhaus passieren schreckliche Dinge, die mir den Schlaf geraubt haben. Ich konnte das Buch nicht mehr zur Seite legen.

Fazit
Eine spannende Geschichte mit Gruselfaktor, die das viktorianische Zeitalter eindringlich widerspiegelt. Die verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven von Elsie und Anne Bainbridge machen aus dem Buch einen richtigen Pageturner. Das Ende war für mich rund.

Das war mit Sicherheit nicht mein letztes Buch von der Autorin.

Von mir eine klare Empfehlung, für diesen historischen Thriller. Danke, Laura Purcell.

Bewertung vom 31.03.2025
Verbindungen fürs Leben / Die Telefonistinnen Bd.3
Schojer, Nadine

Verbindungen fürs Leben / Die Telefonistinnen Bd.3


ausgezeichnet

Meine Meinung

Ein würdiger Abschluss der Telefonistinnen - Saga.
Nun ist es so weit. Es heißt Abschied nehmen von vier Freundinnen, die miteinander durch dick und dünn gegangen sind. Die zusammen Krisen gemeistert haben und daran gewachsen sind.

Mehr wie einmal hatte ich die Worte meiner Mutter im Kopf: Wir hatten nichts nach dem Krieg; aber der Zusammenhalt unter den Menschen war viel größer, als heutzutage.

Natürlich hatten auch die vier Freundinnen nicht nur edle Menschen um sich gehabt. Dennoch haben sie eine Gemeinschaft gebildet, sodass sie gegen fast alle Widerstände gewappnet waren.

Gisela durfte jetzt endlich zu ihrer großen Liebe stehen. Wer Band 2 gelesen hat, weiß, dass das nicht selbstverständlich war.

Die ehemals verwöhnte Charlie steht ihre Frau und kämpft für Gleichberechtigung. Ob sie in der Liebe Glück hatte, verrate ich Euch nicht.

Julia und Hanni bastelten weiterhin an Hannas Karriere. Während Hanni ihren Liebesschmerz in Arbeit ertränkte, versuchte Julia einem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen.

Die Geschichte, rund um die Kölner Versicherung Pering, hat mich drei Bände lang bestens unterhalten. In Anbetracht unserer weltweit angespannten Lage habe ich mich zum ersten Mal sagen hören: die gute, alte Zeit!

Fazit
Es gibt Bücher, von denen möchte man nicht Abschied nehmen. Obwohl das Ende rund ist, würde ich die Telefonistinnen gerne noch ein paar Jahre weiter begleiten.

Der leichte und bildliche Schreibstil konnte mich bei allen drei Bänden von Anfang fesseln. Die Autorin hat die 40er Jahre wieder zum Leben erweckt. Die Gefühle der Menschen in der Nachkriegszeit hat sie wunderbar transportiert. Von mir eine klare Empfehlung.

Danke, Nadine Schojer, dass ich die Telefonistinnen - Saga lesen durfte. Es war mir ein Fest.

Bewertung vom 31.03.2025
Kitchen
Yoshimoto, Banana

Kitchen


ausgezeichnet

Buch - Hörbuch Rezension

Die Autorin transportiert die Gefühle von Trauer sehr intensiv. Dabei kommt keine der Kurzgeschichten zu traurig daher. Vielmehr zeigt sie Wege auf, wie junge Menschen in einer Großstadt ihre Trauer verarbeiten.

Mit dem Tod ihrer Großmutter hat Mikage ihre letzte Verwandte verloren, zu der sie eine liebevolle Beziehung hatte. Die Studentin lebt nun allein in der Wohnung. Um sich nicht ganz so einsam zu fühlen, schläft sie in der Küche auf dem Boden. Das Geräusch des Kühlschranks beruhigt sie. Sie liebt saubere Küchen; kommt aber auch mit schmutzigen klar.

Der junge Yuichi holt Mikage aus ihrer Einsamkeit heraus, indem er sie bittet, vorübergehend bei ihm und seiner Mutter zu wohnen. Sie nimmt das Angebot an und fühlt sich sofort wohl, in der ungewöhnlichen Wohngemeinschaft, bei der Yuichis Mutter Erico eigentlich früher der Vater war. Die Küche lässt Mikages Herz höher schlagen. Es ist alles vorhanden, was eine gute Küche ausmacht.

In der zweiten Geschichte "Moonlight Shadow" trauert Satsuki um ihren Freund.

Ich mag nicht mehr viel von diesem außergewöhnlichen Buch erzählen, da Ihr es unbedingt selbst erkunden solltet. Mir haben die Geschichten aus Japan sehr gut gefallen, da sie eine angenehme Ruhe ausstrahlen und wichtigen Themen, (Transsexualität und den Verlust der ersten Liebe, ) auf sehr liebenswerte Weise Beachtung geben.

Von mir eine klare Empfehlung für dieses wunderbare Büchlein.

Danke Banana Yoshimoto

Bewertung vom 30.03.2025
Our Infinite Fates
Steven, Laura

Our Infinite Fates


ausgezeichnet

Meine Meinung

Ich liebe dich und ich habe dich geliebt und ich werde dich immer lieben.

Nachdem ich den Klappentext in einer Buchhandlung gelesen habe, war mir klar, dieses Buch muss ich lesen. Eine große Liebe, die immer mit dem Tod endet, und das in den verschiedensten Zeitebenen, klingt richtig interessant. Und das war es auch für mich.

Der Prolog beginnt mit einer Hochzeit, die das Brautpaar nicht überlebt ...

Mit Evelyn hat die Autorin eine Hauptfigur gezeichnet, bei der ich richtig mitgelitten habe. Älter als 18 Jahre darf sie niemals werden. Egal in welchem Zeitalter sie sich befindet, immer wieder findet Arden sie und beendet ihr Leben. Dabei muss auch jedes Mal er selbst sterben.

Beide fühlen sich auf magische Weise zueinander hingezogen. Die Frage, welcher Fluch für diesen Wahnsinn verantwortlich ist, zieht sich durch das ganze Buch, wie ein roter Faden.

In ihrem aktuellen Leben (2022) heißt sie Branwen und möchte das Leben ihrer leukämiekranken Schwester retten. Ihr 18. Geburtstag steht kurz bevor, und Evelyn muss sich etwas einfallen lassen, um lange genug zu überleben. Sie liebt ihr aktuelles Leben über alles. Ihr Job in einem Buchladen, das Familienleben und die Geborgenheit geben ihr das Gefühl, endlich im richtigen Leben angekommen zu sein.

Das Geschehen spielt abwechselnd in verschiedenen Zeitebenen und Ländern. Evelyn weiß nie, wie Arden gerade aussieht. Auch sie selbst ist nicht immer eine Frau. Mal begegnen sie sich als zwei junge Burschen - mal als Mädchen. Dann wiederum ist sie ein Junge und Arden ein Mädchen. Eine mächtige Anziehungskraft führt sie jedoch immer wieder zusammen.

In jedem Leben hofft Evelyn, dass sie dem Tod entrinnen können. Sie versteht einfach nicht, warum das nicht möglich sein sollte, da sie ja auch die Verzweiflung von Arden spürt.

Alles, was ich wollte, war ein Leben mit ihm.
Alles, was ich wollte, war ein Leben. (Zitat)

Der bildgewaltige Schreibstil hat mein Kopfkino auf Hochtouren laufen lassen. Die verschiedenen Settings sind wunderbar in die Geschichte integriert und spiegeln die verschiedenen Epochen eindrucksvoll wider. Besonders eine Szene in Sibirien hat mir Gänsehaut beschert.

Wir waren Bauern und Bäcker gewesen, Soldaten, Juweliere und Diebe, Adelige und Kriminelle, Söhne und Töchter, unsere Form änderte sich mit jedem Leben, aber nie unser Herz. (Zitat)

Fazit

Von mir eine klare Empfehlung, für diese epische Liebesgeschichte, die mich von der ersten Seite an fesseln konnte. Das Ende war für mich rund und hat alle meine Fragen beantwortet.

Danke Laura Steven.

Bewertung vom 27.03.2025
Achtzehnter Stock (eBook, ePUB)
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Meinung

Gesellschaftskritisch, egoistisch und dennoch absolut liebenswert

Es gibt so ausdrucksstarke, fesselnde Bücher, die einen verwundert aufblicken lassen, wenn man die letzte Seite erreicht hat. So ein Buch ist für mich "Achtzehnter Stock!" Ich habe bei der Geschichte einen Kritikpunkt: Die letzte Seite war entschieden zu schnell da.

Mit Wanda hat die Autorin eine Hauptfigur geschaffen, die sehr egoistisch wirkt. Sie lebt mit ihrer Tochter Karlie im achtzehnten Stock eines Berliner Plattenbaus. Die Wohnung hat sie von ihrem Onkel übernommen, der auch noch weiterhin im Mietvertrag steht.

Wanda hat keinen Job und lebt - mehr oder weniger - von der Hand im Mund. Im Hochhaus haben jedoch ein paar Frauen untereinander ein soziales Netzwerk geschaffen. Davon profitiert besonders Wandas Tochter. Obwohl die Nachbarinnen selbst in ärmlichen Verhältnissen leben, machen sie aus jedem Tag das Beste, und kümmern sich liebevoll um ihre Kinder.

Wanda träumt von einer Karriere als Schauspielerin. Sie hat tatsächlich Glück, und ergattert eine kleine Rolle in einem Fantasyfilm. Sie verkehrt mit den ganz Großen im Filmgeschäft und lernt einen berühmten Schauspieler näher kennen. Am Filmset weiß niemand, in welch ärmlichen Verhältnissen die allein erziehende Mutter lebt. Sie erzählt niemanden, dass sie eine Tochter hat. Geld wird sie erst nach den Dreharbeiten erhalten ....

Wanda führt ein Leben in zwei Welten. Sie diniert mit Schauspielern im angesagten Lokal Bellman; um anschließend wieder in ihre ärmliche Wohnung zurückzukehren.

Ich konnte zwischen den Zeilen spüren, dass sie ihre Tochter liebt. Niemals im Leben hätte sie aber deswegen einen Job angenommen, um den Kühlschrank zu füllen und ihrer Tochter anständige Kleidung zu kaufen. Das konnte ich einfach nicht nachvollziehen, da man doch seine Träume verwirklichen, - und dennoch mit Gelegenheitsjobs etwas Geld verdienen kann. Vielmehr hat sie sich ständig auf ihre Nachbarinnen verlassen. Hartz IV wäre für Wanda niemals infrage gekommen. Nicht mal ihrer Tochter zuliebe! Hartz IV ist etwas für ihre erbärmlichen Nachbarinnen, aber doch nicht für sie!

Ich fand es wirklich gut, dass Wanda versuchte ihre Träume wahr werden zu lassen. Ihre Zielstrebigkeit kannte aber leider keine Grenzen. Sie hätte ihren Nachbarinnen etwas Dankbarkeit entgegenbringen können. Ihre Gedankengänge haben mir nicht gefallen, da sie darin stets die Frauen abwertete.

Gerade der Charakter "Wanda" macht jedoch aus der Geschichte aus. Ich habe sie sehr gerne gelesen und hätte tatsächlich liebend gerne noch etwas mehr Zeit im "Achtzehnten Stock" verbracht, und im Hof mit den liebenswerten Nachbarinnen ein Gläschen Sekt getrunken.


Fazit

Ich durfte in einem Hochhaus, in dem der Lift die meiste Zeit defekt ist, und zum Wohnungsentrümpeln genutzt wird, sehr liebenswerte Menschen kennenlernen. Aus Wandas Perspektive erleben wir das Geschehen. Der bildgewaltige Schreibstil hat auf mich eine Magie ausgeübt, der ich mich nicht entziehen konnte und wollte.

Konnte Wanda sich ihren Traum erfüllen? Das solltet Ihr am besten selbst erkunden. Aber denkt daran, der Lift ist die meiste Zeit kaputt!

Danke Sara Gmuer. Ich hatte ganz tolle Lesestunden.

Bewertung vom 24.03.2025
Wenn die Tage länger werden
Stern, Anne

Wenn die Tage länger werden


sehr gut

Meine Meinung

Sommerferien und das große Geheimnis um eine Geige 🎻

Diese Geschichte lässt mich ziemlich zwiegespalten zurück, da - für meinen Geschmack - die Hauptfigur Lisa zu viel jammert. Sie hat es zwar wirklich nicht leicht, aber im realen Leben würde ich so einer negativ eingestellten Person lieber aus dem Weg gehen. So meine Gedanken am Anfang ...

Die alleinerziehende Musiklehrerin Lisa verbringt zum ersten Mal ohne ihren Sohn Paul die Ferien. Das erste Mal seit sechs Jahren hat sie Zeit für sich, was ihr jedoch auch Angst macht. Ihre beste Freundin ist verreist, und zu ihrer Mutter Barbara pflegt sie einen eher kühlen Kontakt. Womit also die viele Freizeit füllen?

Stets macht ihr ihre Mutter Vorwürfe, dass sie nicht mehr mit der Geige spielt, die ihr der Großvater vererbte und ihr großes Talent verschwendet. Da Lisa nun für ein paar Wochen über sehr viel Freizeit verfügt, holt sie den Geigenkasten vom Speicher herunter.
Der Inhalt ist mehr als erbarmungswürdig. Die Geige muss unbedingt repariert werden.

Auf der Suche nach einem Restaurator lernt Lisa den knapp 90-jährigen Hans und seine Tochter Uta kennen. Hans ist von der uralten Geige fasziniert; jedoch stört es ihn, dass das echte Etikett darin mit einem anderen überklebt wurde. Darunter befindet sich etwas, von dem heutzutage kaum noch jemand etwas wissen möchte ...

Uta ist eine Obstbäuerin, die ziemlich mürrisch daher kommt und ständig ein Kopftuch trägt. Lisa merkt jedoch ziemlich bald, dass sich unter Utas rauer Schale ein weicher Kern befindet. Sie freundet sich mit ihr an, und hilft ihr bei der Kirschernte.

Der Schreibstil ist flüssig und immer wieder sehr poetisch. Die Figuren wirken fast alle melancholisch.

Das große Geheimnis der Geige führt uns in die Geschichte des 2. Weltkriegs, bei der der Besitz von Juden zu Spottpreisen verschachert wurde. Lisa möchte unbedingt wissen, wie ihr verstorbener Großvater zu der Geige kam. Ihre Mutter hüllt sich in Schweigen und reagiert auf Lisas Fragen abweisend.

Wieder einmal zeigt sich klar und deutlich, wie der zweite Weltkrieg über Jahrzehnte hinweg das Leben der Nachfahren beeinflusst. Barbara überträgt ihre Unsicherheiten auf ihre Tochter Lisa, und wollte, dass aus Lisa eine begnadete Violonistin wird. Lisa lebt ständig in dem Gefühl, nicht zu genügen. Warum wertet ihre Mutter ihren Beruf als Musiklehrerin so ab? Sie zweifelt an sich und stellt ihr ganzes Leben infrage.

Man sollte sich von dem blumigen Cover nicht täuschen lassen. Dahinter verbirgt sich eine sehr ernste Geschichte, die zwar im Sommermonat August spielt, aber sehr ernste Themen beinhaltet. Es geht um den mysteriösen Erwerb einer Geige und Lisas Familiengeschichte. Die Unsicherheiten einer Frau, deren Ursprung in der Vergangenheit liegt und ihr Leben stark beeinflusst.

Anfangs konnte ich Lisas negative Einstellung zum Leben nicht ganz nachvollziehen; was sich im Laufe der Geschichte jedoch änderte. Die Zeit ohne ihren Sohn war gut für ihre Selbstreflexion und die damit verbundenen Aktivitäten, die ihrem Leben eine positive Wende gaben.

Fazit
Diese sommerliche Geschichte wirkte überwiegend melancholisch auf mich. Ein paar Szenen am See lockerten die Geschichte auf, und luden zum Träumen ein.

Eine alte Geige 🎻 führt Menschen zusammen. Es ist nie zu spät, für eine neue Liebe und gute Freundschaften. Die Vergangenheit haben wir schon gelebt. Nur die Gegenwart können wir leben und beeinflussen.

Von mir eine klare Empfehlung und vier Sterne.

Danke Anne Stern

Bewertung vom 15.03.2025
Für Polina (eBook, ePUB)
Würger, Takis

Für Polina (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Meinung

Die Melodie der Hoffnung 🎵🎶🎵🎵🎶🎵🎶🎵🎶🎵🎶

Ich liebe Familiengeschichten sehr, daher hat mich diese ungewöhnliche Wahlfamilie besonders begeistert.

Hannes Prager und die Türkin Polina haben eine ganz besondere Verbindung. Ihre Mütter Fritzi und Günes haben sich auf der Entbindungsstation kennengelernt und auf Anhieb sehr gut verstanden. Schon als Säuglinge haben sich ihre Kinder umarmt.

Fritzi wollte eigentlich Jura studieren. Doch aus einer Affäre in Italien, mit einem älteren Deutschen, entstand Hannes, und Fritzi musste ihre Pläne auf Eis legen. Nur zu gerne ist sie die Mutter für den blonden Lockenkopf Hannes. Ihre Freundin Günes besorgt ihr einen Job im Supermarkt.

Fritzi sucht eine Wohnung und findet sie im Naturschutzgebiet Kananohe bei dem 60jährigen Heinrich Hildebrand. Eigentlich möchte er der jungen Frau die Wohnung in seiner renovierungsbedürftigen Villa nicht geben. Lieber wäre ihm ein Mieter, der renovieren würde. Doch ein Blick in die Babyaugen von Hannes bringt eine Melodie in ihm zum Klingen. Heinrich merkt schon bald: Hannes und Fritzi bereichern sein Leben auf eine ganz besondere Art. Polina und ihre Mutter kommen oft zu Besuch. Auch Polina wächst Heinrich schnell ans Herz.

Musik spielt in der Geschichte eine zentrale Rolle. Als Hannes etwas älter wird, komponiert er ein Lied für Polina. Er braucht zum Klavier spielen keine Noten, da jede Melodie in ihm lebt. Die klassische Musik ist ein Teil von ihm - neben Paulina seine größte Liebe. Doch um Pianist zu werden, muss er seine Unsicherheiten und Ängste überwinden.

Hannes erleidet tragische Verluste, die sein Leben in unerwartete Bahnen lenken. Er schleppt beruflich Klaviere, obwohl er vom Körperbau für so eine schwere Arbeit nicht geeignet ist und sein Talent dabei verschwendet wird. Polina entfernt sich langsam aber sicher aus seinem Leben, nachdem er sie belogen hat. Er spielt nicht mehr Klavier - bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ...

Fazit
Heinrich und ich haben eine Gemeinsamkeit: Hannes hat auch bei mir eine Melodie zum Klingen gebracht. Seine und Polinas Geschichte hat mich sehr berührt.

Fast alle Figuren wirken sympathisch und überzeugend. Der schüchterne kleine Hannes verleiht der Geschichte eine gewisse Wehmut - und dennoch viel Hoffnung.

Wir erleben das Geschehen überwiegend aus Hannes Perspektive. Der Schreibstil liest sich wie Butter mit Honig - süß und flüssig. Ich hatte stets Klavierklänge im Ohr. Viele Wendungen konnte ich nicht erahnen. Ich hatte stets den Wunsch, Hannes möge Polina wiederfinden. Das solltet Ihr jedoch selbst entdecken, denn genau das macht den Reiz der Geschichte aus.

Eine klare Empfehlung von mir. Danke, Takis Würger.

Bewertung vom 10.03.2025
Der Gott des Waldes
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


ausgezeichnet

Meine Meinung

Atmosphärisch und unheimlich spannend

Diese gesellschaftskritische Geschichte konnte mich von Anfang an fesseln. Sie überzeugt durch eine subtile Spannung, die durchgehend bestehen bleibt.

Von den 59er-Jahren bis 1975 führt uns die Autorin mit Raffinesse durch einen Wald in den Adirondack Mountains, wo die Familie Van Laar erfolgreich ein Jugendcamp betreibt.

Die Figuren wirken authentisch und haben fast alle große Geheimnisse. Die größten davon bestehen aus dem Verschwinden von zwei Kindern.

1961 verschwindet der kleine Sohn Bear der Van Laars spurlos im Wald. Der Fall konnte nie richtig aufgeklärt werden. Genau 14 Jahre später wird die 15-jährige Barbara Van Laar vermisst.

Die verschiedenen Kapitel wechseln zwischen den Jahren, die gut gekennzeichnet sind, sodass man ohne Probleme dem Geschehen folgen kann. Fast jedes Kapitel wird von einer anderen Person erzählt, und endet mit einem Cliffhanger, was die Spannung noch mehr steigert.

Den Kindern und Jugendlichen wird im Camp beigebracht, wie man im Wald überleben kann. Wenn sich jemand verirrt, soll er an Ort und Stelle bleiben und nach Hilfe rufen, da man sich ansonsten immer weiter verläuft. Nicht selten befindet man sich ohnehin in der Nähe des Waldweges. Ich fand diese Passagen sehr interessant, aber leider konnte es das Verschwinden der Laars Kinder nicht verhindern.

Wir lernen Bear und Barbara auch in der Vergangenheit kennen, was dazu geführt, hat, dass ich mit der Mutter Alice Van Laar mitgelitten habe. Besonders einige Szenen mit Bear gingen mir sehr nahe.

Die Frauen haben kaum Mitspracherecht und müssen nach den Regeln der Männer leben. Besonders Alice musste unter der Dominanz ihres Mannes sehr leiden. Das war für mich unvorstellbar, da zumindest 1975 noch nicht allzu lange her ist.

Ich konnte auch nicht nachvollziehen, wie lange bei beiden verschwundenen Kindern gebraucht wurde, bis die Polizei gerufen und professionelle Suchtrupps eingesetzt wurden. Welche Geheimnisse hüten die Van Laars?

Auch die Angestellten auf dem Camp spielen nicht mit offenen Karten ...

Meine Vermutungen haben sich nicht bestätigt. Die Autorin versteht es meisterhaft, den Leser in die Irre zu führen, und machte es mir daher sehr schwer, das Buch zur Seite zu legen. Das Ende ist ein Geniestreich, das ich so nicht erwartet habe.

Fazit

Eine klare Empfehlung von mir, für dieses atmosphärische und spannende Buch, das das Potenzial hat, mein Jahreshighlight zu werden. Der Gott des Waldes - Griechischer Gott Pan - konnte mich auf der ganzen Linie überzeugen.

Danke Liz Moore. Es war mir ein Fest.