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Ansgar
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St.Leon-Rot

Bewertungen

Bewertung vom 19.04.2010
Die Gabe der Jungfrau
Zinßmeister, Deana

Die Gabe der Jungfrau


ausgezeichnet

Zeugt es von der Stärke eines Romans, wenn man noch nach Jahren die Bilder seiner Handlung glasklar vor Augen hat? Zeugt es von größter schöpferischer Kraft, wenn man die Protagonisten noch vor sich sieht? Wenn man die Wege, die sie gingen immer noch vor seinem inneren Auge hat - ja sogar fast noch riechen kann?

So geschehen bei Deana Zinßmeisters „Das Hexenmal“. Und genauso wird es mir auch mit der „Gabe der Jungfrau“ gehen.

Der Roman bietet eine Story, die „marschiert“, die fesselt und einen voller Spannung Seite um Seite umblättern lässt. Die Geschichte – und das tropft aus jeder Zeile! - ist außerordentlich gut recherchiert; Details wurden, wie bei dieser Autorin üblich, so geschickt eingewoben, dass man niemals das Gefühl hat, es wurde künstlich erzwungen. Die Figuren handeln allesamt realistisch und haben ihre Stärken und Schwächen. Die Handlung ist schlüssig, und die Schauplätze erscheinen einem derart plastisch, dass man sie fast greifen kann.

Die Handlung dürfte hinlänglich bekannt sein. Anna Maria, ein Bauernmädchen, wächst mit ihren vier Brüdern auf einem Hof auf. Ihr Vater, der eine dunkle Vergangenheit besitzt und ein folgenschweres Geheimnis hütet, schickt zwei ihrer Brüder in den Krieg. Anna Maria besitzt die Gabe im Traum den Tod vorauszusehen. In Sorge um ihre beiden Brüder, denen sie das Versprechen abgerungen hat zusammen heimzukehren, bricht sie, als Pilgerin verkleidet, zu einer gefährlichen Odyssee auf …

Der Roman unterscheidet sich in erheblichen Dingen von anderen historischen Werken. Nicht nur wegen der (unschwer zu erkennenden) detailgetreuen Recherchen. Wie schon erwähnt sind die Figuren mit menschlichen Schwächen ausgestattet, die sie gerade deshalb absolut glaubwürdig erscheinen lassen. Eingebettet in die Zeit des Bauernkrieges (der von der Autorin famos rübergebracht und auch im Nachwort nicht vergessen wird), entsteht eine spannende Geschichte, die einen packt und durch das ganze Buch zieht.
Und es ist die Geschichte selbst, die sich in meinen Augen von vielen anderen abhebt. Die Gabe, die Anna Maria in sich trägt, das Auftauchen des mysteriösen Wolfsbanners, Hintergründe des Bauernkrieges … all diese Dinge und mehr, wurden kunstvoll zu einer spannenden und tiefgründigen Story verwoben, die, wie ich finde, im historischen Genre einzigartig ist.

Um zu meinen eingangs erwähnten Worten zu kommen: „Die Säulen der Erde“ ist beispielsweise ein großartiger Roman, und Ken Follet gebührt dafür den verdienten Respekt. Aber auch er hat nicht geschafft, was Deana Zinßmeister fertig bringt – ein Werk zu kreieren, dass mir auch nach langer Zeit mit all seinen Bildern und Figuren vor meinem geistigen Auge hängen wird, wie ein wunderschönes Portrait.

Absolute Kaufempfehlung.

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