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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
lemano
Wohnort: 
Göttingen

Bewertungen

Insgesamt 18 Bewertungen
12
Bewertung vom 28.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


sehr gut

Schwestern, Schicksale, Leben

„Ihr seid Teil voneinander, von Anfang an. Nimm eine Nabelschnur - dick, sehnig, unansehnlich und doch lebensnotwendig - und vergleiche sie mit einem Freundschaftsbändchen aus buntem Garn. Das ist der Unterschied zwischen Schwester und Freundin“.
Drei Schwestern, wo einst vier waren, davon handelt der neue Roman von Coco Mellors. Die Geschichte der Blue-Schwestern ist voller Schicksale, Suchterfahrungen und Schmerz. Sie geht ans Herz und ist mit den verschiedenen Charakteren der Schwestern authentisch und besonders. Das Buch lässt sich, wie auch Mellors‘ erster Roman sehr schön lesen. Einige Stellen sind mir jedoch etwas zu langatmig gehalten und ziehen sich. Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits wäre die übersetzte Sprache an einigen Stellen. „Swoooooosh“, „Fizz pop bang“, „…“. Diese Stellen klangen für mich einfach wie gewollt coole Jugendsprache und nicht authentisch, ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, oder aus der Originalversion so übernommen wurde, jedoch bin ich drüber gestolpert und fand es nicht stimmig.
Das Ende des Buches fand ich etwas überzogen und unrealistisch harmonisch.
Insgesamt habe ich das Buch sehr gerne gelesen, hatte mir an der einen oder anderen Stelle jedoch etwas mehr erhofft.

Bewertung vom 05.09.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Aufwühlend, emotional, exzellent geschrieben

»Alle sieben Jahre sind wir neu, sagt man. Alle Zellen erneuert. Aber die Narbenzelle erneuert sich wieder in eine Narbenzelle. Vererbt die Wunde. Vergisst nicht. Das Gedächtnis des Traumas liegt in der Wunde selbst.«

Der Roman »Als wir Schwäne waren« ist ein eine tief berührende Geschichte eines Jungen mit iranischer Migrationsgeschichte, welcher im Ruhrpott aufwächst. Seine Jugend ist geprägt von Gewalt, Kriminalität und Alltagsrassismus.
Die Geschichte handelt von Erinnerungen aus seiner Heimat, Ansichten in seiner Familie, was die neue Heimat mit ihm macht, obwohl er eigentlich heimatlos ist. Von alltäglichen Erfahrungen immigrierter Menschen, für die wir anderen oft so blind sind, oder vielleicht auch blind sein wollen?
Behzad Karim Khan hat hier ein wahnsinnig wichtiges Werk geschaffen, welches man unbedingt lesen sollte.
Die poetische Sprache ist so besonders, dass einen das Buch verzaubert und die Wut und den Schmerz so authentisch darstellt, dass es mitten ins Herz geht.

Bewertung vom 13.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

"Aber nun wachsen selbst die Pflanzen nicht mehr. Als wüssten sie, dass jemand fehlt. Dass die Hand, die sie jetzt gießt, es nicht mit derselben Hingabe tut. Seit über einem Jahr versorge ich die Töpfe, und ich bin mir sicher, zu hundert Prozent sicher, die Pflanzen wachsen nicht mehr. Sie sind stehen geblieben. Wie die Zeit um mich herum, wie die Welt da draußen vor dem Fenster".

Der Roman "Ich komme nicht zurück" von Rasha Khayat handelt von der Freundschaft zwischen Hanna, Cem und Zeyna, welche im Ruhrgebiet aufwachsen.
Es ist eine Geschichte, voller Traurigkeit und Verlust, aber auch von Freundschaft und wie aus Freundschaft Familie wird.
Die Thematik ist teils politisch und sehr aktuell. Welche Erfahrungen machen Menschen mit Fluchtgeschichte in Deutschland, was müssen sie ertragen?
Die drei Freund*innen sind lange Zeit unzertrennlich, bis im Erwachsenenalter etwas geschieht, was Zeyna und Hanna auseinanderreißt. Nichts ist mehr wie es einmal war.

Die Geschichte und die Charaktere des Romans sind sehr authentisch. Das Buch hüllt einen durch die Verluste und die Trauer, welche behandelt werden, in eine melancholische Stimmung. Trotzdem war es sehr schön, die Geschichte der Familien zu lesen und regte definitiv zum Nachdenken an.

Bewertung vom 28.07.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Trauma über Generationen

Der Roma "Kleine Monster" von Jessica Lind behandelt die Lebensgeschichte der Ich-Erzählerin Pia. Die Geschichte springt dabei zwischen der aktuellen Zeit, in der Pia Mutter eines siebenjährigen Sohnes ist und mit ihrem Mann zusammenlebt und der Zeit ihrer Kindheit, welche sie mit ihrer jüngeren Schwester Linda und ihrer Adoptivschwester Romi verbringt. Ein furchtbares Ereignis ändert ihre Kindheit schlagartig und hat auch drastische Auswirkungen auf ihr aktuelles Leben. Pia überträgt Erfahrungen von damals auf aktuelle Situationen. Das Trauma ihrer Kindheit hat Spuren hinterlassen. Doch wie kann sie jetzt richtig damit umgehen und was macht es in Bezug auf die Beziehung zu ihrem Sohn? Kann sie ihm trauen?
Der Roman ist fesselnd geschrieben und behandelt menschliche Abgründe. Was machen kindliche Erfahrungen mit unserem späteren Leben und wie weit können sie uns kontrollieren?

Bewertung vom 15.07.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


ausgezeichnet

Ganz wunderbar!

Der Roman `Die Sache mit Rachel´ von Caroline O’Donoghue hat mich von der ersten bis zur letzten Seite vollends überzeugt.
Die Geschichte handelt von Rachel Murray, einer Anfang 20-jährigen Anglistikstudentin aus Cork, welche in einer Buchhandlung arbeitet, in der sie ihren zukünftigen besten Freund James kennenlernt. Die beiden ziehen zusammen und das WG-Leben der beiden wird geschildert. Es ist voll von witzigen Geschichten, auf der anderen Seite aber auch oft sehr ernst. Es handelt sich um eine queere, mitreißende, schicksalhafte Geschichte.
Man kann sich in die Charaktere sehr gut hinein fühlen und fiebert richtig mit. Der geschilderte Liebeskummer fühlte sich so real an, dass man sehr tief in die Geschichte eintauchen konnte.
Zudem enthält der Roman einige Plottwists, welchen ihn zu einem puren Lesevergnügen machen.
Der Roman ist einer der besten, die ich je gelesen habe, ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen!

Bewertung vom 13.05.2024
Was das Meer verspricht
Blöchl, Alexandra

Was das Meer verspricht


gut

Nicht vollends überzeugend

“Was das Meer verspricht”, ein Roman von Alexandra Blöchl, erzählt das Leben Visas, einer jungen Frau, die ihr bisheriges Leben auf der Insel N. verbringt.
Ihr Leben gerät aus den Fugen, als eine neue Nachbarin, Marie, auf die Insel und damit die Menschen herum in ihren Bann zieht. Sie ist geheimnisvoll und sie ist anders als der Rest der Insel.
Es tauchen plötzlich Fragen auf, die für Vida von großer Bedeutung sind. Bislang hat sie ein ruhiges, aber scheinbar erfülltes Leben auf der kleinen Insel geführt, doch Marie verändert alles.

Die erste Hälfte des Romans fließt leicht und spannend dahin, aber in der zweiten Hälfte verliert die Geschichte etwas an Schwung. Ein Höhepunkt wird zu schnell erreicht, und der Übergang zum Ende ist zu abrupt. Die Charaktere bleiben leider etwas flach: Weder Marie, noch Zander, Vidas später wichtiger Bruder, noch Vida selbst werden ausreichend beleuchtet. Dies war beim Lesen bedauerlich, obwohl das Buch einige schöne Momente und Verbindungen zwischen verschiedenen Ebenen bietet.
Einige Stellen wiederum werden zu weit ins Detail beschrieben und wiederholen sich.
Ich habe mir ingesamt etwas mehr von dem so vielversprechend klingenden Roman erhofft.

Bewertung vom 24.04.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Voller Traurigkeit und wahnsinnig schön

»Das andere Tal« von Scott Alexander Howard ist ein ganz besonderer Roman, der zutiefst berührt.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht Odile Ozannes, einer jungen Frau, welche sich, von ihrer Mutter gedrängt, auf den Beruf der Conseillère bewirbt. Sie kommt auch bis zur letzten Runde des Auswahlverfahrens, bis ein Schicksalsschlag alles ändert. Ihr Leben, sowie das Leben der Menschen um sie herum.
Der Roman ist voller Schicksale und Wendungen. Die Geschichte ist in einer sehr besonderen Sprache geschrieben. Die vermittelte Stimmung ist sehr melancholisch bis traurig. Man bekommt immer wieder Hoffnung und beleuchtet die Geschichte von verschiedenen Seiten.
Die Charaktere des Buches sind in besonderem Grad authentisch und man wird von ihrer Geschichte mitgerissen.
Ich bin von dem Buch absolut begeistert und kann es nur wärmstens weiterempfehlen, es berührt, regt zum Nachdenken an und man kann es nicht mehr aus der Hand legen.

Bewertung vom 31.03.2024
Leute von früher
Höller, Kristin

Leute von früher


ausgezeichnet

Dieser Roman berührt!

Der Roman „Leute von früher“ von Kristin Höller ist etwas ganz besonderes. Es macht unglaublich viel Spaß, ihn zu lesen. Er ist berührend, wunderschön geschrieben und irgendwie mystisch.

Die Hauptperson des Buches, Marlene, arbeitet auf Strand. Dies ist ein Urlaubsort, der sich selbst und die Menschen, die dort arbeiten in alte Gewänder von früher hüllt und so eine authentische Kulisse für die Besucher*innen darstellt.

Marlene lernt Janne kennen, eine junge Frau, welche schon ihr ganzes Leben auf Strand wohnt und lässt sich von ihr auf besondere Weise verzaubern.
Fernab von ihrem eigentlichen Leben lernt Marlene hier etwas ganz neues kennen.

Ich finde den Schreibstil, die Geschichte und die Personen im Roman sehr besonders und das Buch hat mich sehr berührt.
Es hat sehr viel Spaß gemacht diesen Roman zu lesen und ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen.

Bewertung vom 30.01.2024
Die Verletzlichen
Nunez, Sigrid

Die Verletzlichen


ausgezeichnet

Eine einfühlsame Reise durch menschliche Verletzlichkeit

Sigrid Nunez' Roman "Die verletzlichen" entfaltet sich als eine tiefgründige Erkundung menschlicher Beziehungen und Emotionen. Mit einer feinsinnigen Erzählweise und nuancierten Charakteren zeichnet sie ein bewegendes Bild von Liebe, Verlust und Einsamkeit. Die Geschichten der Protagonisten sind zugleich poetisch und realistisch, wodurch sie eine tiefgreifende emotionale Resonanz beim Leser erzeugen.

Besonders beeindruckend ist Nunez' Fähigkeit, literarische und kulturelle Referenzen geschickt in die Handlung einzuflechten. Dies verleiht dem Roman eine zusätzliche Ebene der Komplexität und regt zum Nachdenken über die universellen Themen der Menschlichkeit an.

Ihre Beobachtungen über zwischenmenschliche Beziehungen sind scharfsinnig und einfühlsam, wodurch sie die inneren Konflikte und Verletzlichkeiten ihrer Charaktere auf eindrucksvolle Weise darstellt. Das Buch lädt dazu ein, sich in die Gedankenwelt der Figuren zu vertiefen und reflektiert über die eigenen Erfahrungen nachzudenken.

Insgesamt ist "Die verletzlichen" eine empfehlenswerte Lektüre für Leser, die sich nach einer einfühlsamen und gleichzeitig intellektuell anregenden Geschichte sehnen. Sigrid Nunez' Roman hinterlässt einen bleibenden Eindruck und regt dazu an, über die Komplexität menschlicher Beziehungen nachzudenken.

Bewertung vom 08.11.2023
Die kleinen Lügen der Ivy Lin
Yang, Susie

Die kleinen Lügen der Ivy Lin


ausgezeichnet

Ein fesselndes Debüt, das zum Nachdenken anregt

Ich hatte das Vergnügen, Susie Yangs Debütroman "Die kleinen Lügen der Ivy Lin" zu lesen, und ich war begeistert von der fesselnden Geschichte, den tiefgründigen Charakteren und der subtilen Art und Weise, wie das Thema Lügen im Buch behandelt wurde.

In "Die kleinen Lügen der Ivy Lin" begleiten wir die Protagonistin Ivy Lin auf ihrem Weg vom schüchternen und unscheinbaren Mädchen zur selbstbewussten jungen Frau, die im New York der 1980er Jahre nach ihrem Platz in der Welt sucht. Yang entführt uns in die Welt der Einwanderer, insbesondere der chinesischen Gemeinschaft, und zeigt uns die Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen Ivy und ihre Familie gegenüberstehen. Ivy, die mit ihrer Familie aus China in die USA kam, ist gezwungen, ihre wahre Identität zu verbergen und sich in der amerikanischen Gesellschaft anzupassen. Dabei greift sie zu kleinen Lügen, um sich anzupassen und akzeptiert zu werden.

Die Art und Weise, wie Susie Yang das Thema Lügen in die Geschichte integriert, ist äußerst geschickt und nuanciert. Die Leserinnen und Leser werden dazu angeregt, über die verschiedenen Arten von Lügen nachzudenken, die Ivy erzählt, sei es, um ihre Herkunft zu verschleiern, um sich in der High Society New Yorks einzufügen oder um ihre eigene Unsicherheit zu kaschieren. Dieses ständige Spiel mit der Wahrheit gibt der Geschichte eine faszinierende Tiefe und wirft wichtige Fragen darüber auf, wie wir uns in einer Gesellschaft behaupten und uns anpassen.

Die Charakterentwicklung ist ein weiteres Highlight des Buches. Ivy Lin ist eine ambivalente und facettenreiche Figur, die den Leserinnen und Lesern ermöglicht, sich mit ihren inneren Konflikten und moralischen Dilemmata auseinanderzusetzen. Die Nebencharaktere sind ebenfalls gut ausgearbeitet und tragen zur Komplexität der Geschichte bei. Besonders faszinierend fand ich die Darstellung von Gideon, Ivys Freund und Mentor, der selbst in einer Welt aus Lügen und Intrigen gefangen ist.

Susie Yangs Schreibstil ist elegant und einfühlsam. Sie versteht es meisterhaft, die Atmosphäre des New Yorks der 1980er Jahre einzufangen und die Leserinnen und Leser in diese Welt eintauchen zu lassen. Ihre Beschreibungen sind lebhaft und authentisch, und sie schafft es, die Spannung und das Tempo der Geschichte konstant aufrechtzuerhalten.

"Die kleinen Lügen der Ivy Lin" ist nicht nur eine fesselnde Geschichte über eine junge Frau, die nach ihrem Platz in der Welt sucht, sondern auch eine tiefsinnige Reflexion über die Bedeutung von Lügen und deren Auswirkungen auf unser Leben. Das Buch regt zum Nachdenken an und führt uns vor Augen, wie Lügen oft als Schutzmechanismus dienen und wie sie unsere Beziehungen und unsere Identität formen.

Insgesamt kann ich "Die kleinen Lügen der Ivy Lin" wärmstens empfehlen. Susie Yang hat ein beeindruckendes Debüt geschaffen, das nicht nur fesselnd ist, sondern auch zum Nachdenken anregt.

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