Leichenraub/Todeslied

ausgezeichnet

n zwei unterschiedlichen Zeitebenen erzählt Tess Gerritsen in “Leichenraub” von zwei starken Frauenfiguren: Von der frisch geschiedenen Hausbesitzerin Julia Hamill und von der jungen Irin Rose, die im Boston des 19. Jahrhunderts Fuß fassen wollte. Gerritsen switcht immer wieder zurück in die Vergangenheit und erzählt eine ergreifende Geschichte, die sehr anschaulich zeigt, wie sehr sozialer Status, Macht und Vermögen das damalige Leben beeinflussten. Ihren Plot reichert sie mit reichlich Emotionen und auch viel medizinischem Fachwissen an. So ist “Leichenraub” ein tief berührender Genremix aus Romance, History, Thriller und Familiengeschichte. Wieder wunderbar gelesen von Tanja Geke.

Romantic Comedy

ausgezeichnet

Curtis Sittenfeld gelingt mit “Romantic Comedy” ein spannender Einblick in die ebenso abwechslungsreiche wie herausfordernde Arbeit von Comedy-Autor*innen, die jede Woche liefern müssen: witzige Sketche mit frischen Ideen und perfekter Pointe wie vom Fließband. Gleichzeitig steckt seine Story aber auch voller Romantik. Im Mittelpunkt steht die Mittdreißigerin Sally Milz, die für ihren Schreiberinnen-Job lebt, aber allmählich daran zweifelt, ob sich noch ein zu diesem Leben passender Partner finden lässt. Curtis Sittenfleld gliedert ihre scharfsinnige und humorvolle “Romantic Comedy” in drei Teile. Im ersten beschreibt sie die anspruchsvolle Arbeit im Show-Biz. Der zweite Teil besteht aus den großartigen Dialogen eines ausgedehnten Email-Verkehrs während des Corona-Lockdowns. Und der dritte Teil liefert, was der Titel verspricht: ein schönes, romantisches Finale inmitten der Pandemie. So ist “Romantic Comedy” von Curtis Sittenfeld witzig, klug, romantisch und mit viel Esprit erzählt.

Anna O.

sehr gut

Matthew Blake gelingt mit “Anna O.” ein psychologisch raffinierter Thriller, der eine Überraschung nach der anderen für uns bereit hält. Blake erzählt seine Story dazu aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Zeitebenen. Immer wieder baut er eine unerwartete Wendung ein, die zu gewollter Irritation führt und die Spannung weiter steigert. Im Mittelpunkt steht der frisch geschiedene Schlafexperte Dr. Benedict “Ben” Prince, der mit viel Elan und gutem Willen seiner Patientin helfen will, aber dabei mehr und mehr in eine äußerst gefährliche Gemengelage unterschiedlicher Interessen gerät. So ist “Anna O.” von Matthew Blake ein manchmal irritierender, aber immer fesselnder Psychothriller, der gekonnt mit unseren Erwartungen bricht. Großartig gelesen von Oliver Siebeck, Anne Düe, Vera Teltz und Tanja Geke.

Brown Girls

ausgezeichnet

Daphne Palasi Andreades ist mit “Brown Girls” eine schwungvolle Coming-of-Age-Geschichte gelungen. Wie in einem Poetry Slam streift sie jede Menge Themen, die einen und eine beim Erwachsenwerden so beschäftigen: seien es die Erwartungen der Familie, die Verhältnisse zu Freundinnen, Romanzen und sexuelle Übergriffe oder die Suche nach der eigenen Identität. Andreades verwendet dabei stets ein solidarisches “wir” und nicht das individuelle “Ich”. Denn auch wenn die Biografien ihrer Figuren ganz unterschiedlich verlaufen, versäumt die Autorin nicht, darauf hinzuweisen, dass Schwarze Mädchen und junge Frauen – young Women of Color – besonders um ihre Gleichberechtigung in der Gesellschaft kämpfen müssen. Bei allem Ernst vergisst sie aber auch nicht, von dem Spaß, der Lust und dem Unternehmungsgeist ihrer Protagonistinnen zu erzählen. Dabei wandert sie geschwind durch das vergangene Jahrzehnt und beschreibt Ereignisse wie die Gentrifizierung von ganzen Stadtteilen durch die US-Tech-Giganten, das aggressive Agieren der Trump-Regierung oder die fatalen Folgen der Corona-Pandemie. So ist “Brown Girls” von Daphne Palasi Andreades eine poetisch-kreative und locker erzählte Coming-of-Age-Story über Young Women of Color.

Eruption (MP3-Download)

sehr gut

“Eruption” begann Michael Crichton, der für Welt-Bestseller wie “Jurassic Park” verantwortlich ist, bevor er viel zu früh verstarb. Jetzt hat ein weiterer Bestseller-Autor, James Patterson, den Katastrophen-Thriller vollendet. Herausgekommen ist ein Hit and Run-Action-Drama, das wie ein klassisches B-Movie funktioniert: Mit jeder Menge Abenteuer, perfekter Dramatik und mehr als ausreichend Testosteron. Denn die Männer in den leitenden Funktionen wissen alle, dass jeweils nur ihre eigene Idee die Insel retten kann. Und mitten in diesem Kompetenzgerangel folgen die Katastrophen Schlag auf Schlag. Aber zwischendurch streut das Autorenteam auch spannende Hintergrundinfos über die paradiesischen hawaiianischen Inseln ein, die schon seit 1959 als 50. Bundesstaat zu den USA gehören. So ist “Eruption” von Michael Crichton und James Patterson ein fesselnder Katastrophenthriller, der für Action-Fans nichts zu wünschen übrig lässt. Souverän gelesen von Oliver Rohrbeck.

Partikel (MP3-Download)

ausgezeichnet

Was macht eigentlich Plastik mit uns und und mit der Erde, wenn es seinen oft nur kurzlebigen Zweck erfüllt hat? Es zerfällt und zersplittert in kleine und kleinste Teile, aber es bleibt – oft Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte lang. Mittlerweile steht fest, dass sich Mikroplastik in vielen Bereichen unseres Lebens eingenistet hat. Es findet sich zum Beispiel im Fisch und auch in unserem eigenen Körper. Was das an gesundheitlichen Folgen hat, ist noch gar nicht absehbar. Wolf Harlander widmet sich in seinem Umwelt-Thriller “Partikel” genau diesem brandaktuellen Thema. Dabei setzt er nicht nur auf Action und Spannung, sondern auch auf Aufklärung und viele spannende Fakten. Und er geht auf die massenhafte illegale Müllentsorgung ein, die alle Versuche zur Eindämmung des Problems unterläuft.

Im Mittelpunkt seiner Story steht die engagierte Journalistin Melissa Frey, die einer großen Sache auf der Spur ist und zugleich ihrer an Krebs erkrankten Nichte Zoe helfen möchte. So gelingt Wolf Harlander mit “Partikel” ein actionreicher Thriller, der sich mit einer neuen, ernsthaften Bedrohung unserer Umwelt beschäftigt, dem Mikroplastik. Überzeugend gelesen von Uve Teschner.

Nochmal von vorne

ausgezeichnet

In ihrem Familienroman “Nochmal von vorne“ erzählt Dana von Suffrin von den komplexen und oft nicht gerade harmonischen Beziehungen innerhalb der Familie Jerucher. Sie switcht dabei zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem hin und her. Und lässt verschiedene Erinnerungen ihrer Hauptfigur, der Tochter Rosa Revue passieren. Durch die assoziative, nur scheinbar zusammenhanglose Erzählstruktur ihrer Story zeigt sie die merkwürdige Zerrissenheit der Familie, die konfliktreiche Beziehung der Eltern und die unausgewogenen Gefühle zwischen den beiden Schwestern. Wobei Rosa eher nach Harmonie strebt, während ihre ältere Schwester stets auf Konfrontation setzt. „Nochmal von vorne“ von Dana von Suffrin ist ein anspruchsvolles Familiendrama mit einer sehr gesunden Prise Humor, in dem die Autorin die Erwartungen, Hoffnungen und Verletzungen in dieser fiktiven jüdisch-deutschen Verwandtschaft, mit all ihren über Generationen vererbten Traumata sehr anschaulich illustriert.

Flammenschwestern

sehr gut

In ihrem sehr ruhig erzählten Psychokrimi “Flammenschwestern” wird jede Menge getrunken. Es gibt viele Geheimnisse, angenehme und auch weniger angenehme Erinnerungen sowie zahlreiche, nicht immer nur sympathische Figuren. Lina Bengtsdotter legt in ihrer Story mehr Wert auf die Dialoge, als auf Blutvergießen und Action. Mittendrin ist die Schriftstellerin Vega auf der Suche nach ihrer Freundin. Sie wird dabei immer mehr in den Sog ihrer gemeinsamen Vergangenheit gezogen und lernt dabei viel über sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Manchmal ein klein wenig langatmig, ist “Flammenschwestern” von Lina Bengtsdotter dennoch ein interessant angelegter psychologischer Krimi aus der schwedischen Provinz.

Die Dahlien-Morde

sehr gut

shley Kalagian Blunts Psychothriller “Die Dahlienmorde” dreht sich um das Verhalten von sogenannten Incels. Diese „involuntary celibate men“ sind Männer, die mangels Partnerinnen niemals Sex haben – also quasi unfreiwillig im Zölibat leben – und dafür Frauen die Schuld geben, anstatt sich unangenehmen Fragen über mangelnde Attraktivität, fehlende Initiative oder einfach nur schlechten Stil zu stellen. Oft bestärken sie sich im Internet gegenseitig in ihrem hilflosen Hass. In Blunts Krimi, der im englischen Original “Dark Mode” heißt, steht die junge Gärtnerin Reagan im Mittelpunkt. Ganz langsam entwickelt Blunt eine spannend inszenierte Story, die manchmal etwas sehr dramatisch gerät, aber aufgrund ihres Themas hoch aktuell ist. So ist “Die Dahlienmorde” von Ashley Kalagian Blunt ein ambitionierter Psychothriller über Hass gegen Frauen, den es wie überall auch “down under” im australischen Sydney gibt.

Mord Stand Nicht Im Drehbuch: Hawthorne Ermittel

ausgezeichnet

Mit “Mord stand nicht im Drehbuch” ist Anthony Horowitz mal wieder ein besonderer Clou gelungen. Nicht nur, dass er selbst einer der handelnden Figuren ist. Als Ich-Erzähler gerät er auch noch unter Mordverdacht und muss nun doch wieder mit seiner Hauptfigur, dem Ex-Polizisten und Detektiv Daniel Hawthorne, zusammenarbeiten. Die Umsetzung dieser Idee ist Horowitz ebenso ausgezeichnet gelungen. Wie die Inszenierung des Plots, der dieses Mal in der Theater-Szenerie angesiedelt ist. So ist “Mord stand nicht im Drehbuch” von Anthony Horowitz ein sehr unterhaltsamer, klassisch-englischer Whodunit-Krimi aus London, großartig gelesen von Uve Teschner.