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Benutzername: 
Bert Steffens
Wohnort: 
61440 Oberursel
Über mich: 
a) Unternehmer im Unruhezustand b) Freier Philosoph

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Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2024
Radikaler Universalismus
Boehm , Omri

Radikaler Universalismus


ausgezeichnet

„Radikaler Universalismus“?
Wir brauchen diesen für eine Mehrheit der Bürger unverständlichen Begriff nicht, auch keine sogenannten „Propheten“.
Dringend erforderlich in der öffentlichen Diskussion ist die Auseinandersetzung zum Begriff „Selbst-Bestimmtheit“. Als Angehöriger einer Spezies, deren wesentliches kennzeichnendes Merkmal die Erkenntnisfähigkeit ist, kann der Mensch immer wieder erkennen, dass allein seine Selbst-Bestimmtheit, stets verknüpft mit der Selbst-Verantwortung, das ist, was eine kleine oder große Menschengemeinschaft trägt. Selbst-Bestimmtheit kann nicht verliehen und nicht genommen, wohl aber verletzt werden. Die Selbst-Bestimmtheit ist das, was die oft erwähnte „Menschenwürde“ ausmacht.
Da die Selbst-Bestimmtheit jedem Menschen zukommt, kann er auch erkennen, dass das Ausleben derselben ihre Grenzen in der Selbst-Bestimmtheit des Anderen findet. Die Erkenntnisfähigkeit des Menschen lässt diesen - gerade wegen der auch erkannten Grenzen – auch erkennen, das er vom anderen, vom Mitmenschen, so behandelt werden will, wie er dies auch für sich selbst wünscht. Das wird seit jeher die „Goldene Regel“ genannt.
Das Erkennen der Selbst-Bestimmtheit jedes Menschen, lässt jeden auch erkennen, dass kein Mensch eines anderen Menschen Herr sein kann.
Die Selbst-Bestimmtheit des Menschen geht jeder Vorstellung von Freiheit vor, denn ohne Selbst-Bestimmtheit kann es für den Menschen keine Freiheit für, zu, von oder gegen irgendetwas geben.
So kommt es, dass die Selbst-Bestimmtheit auch die Basis dessen ist, was „Herrschaft des Volkes“, kurz „Demokratie“ genannt wird. Selbst-Bestimmtheit ist auch die Basis der Menschenrechte. Auch diese können nicht verliehen und nicht genommen, wohl aber verletzt werden.
Oberursel, den 10.04.2024

Bert Steffens
Freier Philosoph

Bewertung vom 09.03.2009
Das letzte Tabu

Das letzte Tabu


schlecht

Der NS-Staat war „kein Rechtsstaat, sondern ein Unrechtsstaat“ - so urteilte ein deutsches Gericht im sogenannten ‚“Remer-Verfahren“ am 20.08.1965. Auch Fritz Bauer stellte damals klar: „Ein Unrechtsstaat wie das Dritte Reich ist überhaupt nicht hochverratsfähig.“ Diesen Satz zitiert auch Dr. jur. Helmut Kramer, Mitautor und Richter a. D..
Solche zutreffenden Feststellungen belegen aber auch auf den fundamentalen Mangel des Buches - das widersprüchliche Verhalten der insgesamt fünf Autoren, von denen noch ein weiterer Jurist ist: Sie alle beklagen, dass noch immer eine nicht geringe Zahl der wegen Kriegsverrat, Kriegsdienstverweigerung, Fahnenflucht oder „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilte deutsche Soldaten nicht rehabilitiert seien. Die betreffenden Urteile seien aufzuheben. Jedoch: Das Beklagen der Autoren wird der Realität nicht gerecht, weder jener der NS-Zeit, noch der heutigen, denn sie verschweigen ein grundlegendes Übel: In einem Unrechtsstaat, also einem, der nicht nach demokratischen Grundsätzen existiert, herrscht nicht das Recht, sondern die Gewalt von Herrenmenschen oder auch – wie im NS-Staat – ein menschenverachtender "Oberster Gerichtsherr“, der am 26.04.1942 vor dem Reichsstag bekräftigte, er werde „...nicht eher ruhen, bis jeder Deutsche einsieht, dass es eine Schande ist, Jurist zu sein.“ In einem Unrechtsstaat kann überhaupt kein „Recht“ gesprochen und kein Richter rechtens bestellt werden oder sein Amt weiter ausüben. Nur in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“ (Hauptsatz der Demokratie: Art. 20 II S. 1 GG), tatsächliche Gewaltentrennung herrscht und die Selbstbestimmtheit aller Bürger und damit deren Menschenwürde alleiniger und oberster Maßstab ist, kann auch nach in demokratischen Verfahren gewonnenen Gesetzen „Recht“ gesprochen werden. Diese einfachen Grundsätze auszusprechen scheuen sich die Autoren, weil sie wohl wissen, dass diese unveräußerlichen und „ewigen“ Bestandteile des Grundgesetzes auch seit dem Mai 1948 mit Füßen getreten werden. Wenn die Autoren „Gerechtigkeit“ für Opfer der NS-Justiz einfordern, ist dies zwar lobenswert, aber sie müssten – um dem Vorwurf der Heuchelei zu entgehen - darauf hinweisen, dass sämtliche in einem Unrechtsstaat gesprochenen Urteile nichtig sind, weil es an Richtern fehlt, die nach demokratischen Prinzipien ernannt wurden, wie sie auch im Art. 20 II GG bestimmt sind. Nicht demokratisch legitimierte Richter können nur nichtige Urteile herstellen. Nichtigkeit bedarf keiner formalen Aufhebung des Nichtigen und es bedarf daher keines erneuten, besonderen Aktes durch die heutige Legislative oder Exekutive, es sei denn, man wollte den Urteilen von Verbrechern und Mitläufern noch nachträglich den Glanz von Rechtsstaatlichkeit und Legitimität verleihen. Die Forderung der Autoren müsste also lauten festzustellen, dass ausnahmslos alle Urteile eines Unrechtsstaates nichtig sind. Dies nicht einsehen zu wollen und zu fordern, ist eines der großen kulturbestimmenden Irrtümer unserer Zeit.
Bert Steffens,
freier Philosoph

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