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beme
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Brüggen

Bewertungen

Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2025
1177 v. Chr. - Eine Graphic Novel
Cline, Eric H.

1177 v. Chr. - Eine Graphic Novel


ausgezeichnet

1177 v. Chr. ist eine interessant gestaltete Graphic Novel, die dem Leser einen unkomplizierten Einstieg in trockene Themen der Weltgeschichte ermöglicht. Der Untergang der Zivilisation und seine möglichen Ursachen werden in Bildern dargestellt und mit leicht verständlichen Texten in moderer Sprache und mit vielen Bezügen zur heutigen Zeit verdeutlicht. Pel und Schescha, als Nachkommen der betroffenen Völker, sind die beiden Figuren, die den Leser mitnehmen durch verschiedene Zeiten und auf Reisen durch viele Länder machen sie die Geschichte lebendig und spannend. Es werden viele Fragen aufgeworfen und einige Antworten geliefert. Die lockere Wortwahl der Texte bietet für junge Erwachsene und Jugendliche sicher einen guter Einstieg in die komplexe Geschichte der damaligen Zeit. Das Buch ist graphisch sehr ansprechend und durch die moderne Interpretation des Lebens vor 3000 Jahren eine unterhaltsame Lektüre.

Bewertung vom 31.03.2025
Radikale Freundlichkeit
Blum, Nora

Radikale Freundlichkeit


ausgezeichnet

Die freundlichen Farben des Covers passen gut zum Inhalt dieses Sachbuches, der Titel ist eher provokant und nicht sehr treffend. Radikal und freundlich sind in meinen Augen zwei Attribute, die nicht gut zueinander passen. Aber da geht es ja nur um den Titel.
Inhaltlich bietet Nora Blum mit diesem Buch eine gute Alltagsbegleitung in Sachen "freundlicher Umgang mit Mitmenschen". Sie zeigt anhand zahlreicher Alltagssituationen verschiedene Möglichkeiten auf, wie man mit Unfreundlichkeit umgehen kann und durch eigene Freundlichkeit die zwischenmenschlichen Konflikte auflösen kann.
Vor allem hebt sie hervor, welche positiven Auswirkungen unsere Freundlichkeit nicht nur auf unser Gegenüber hat, sondern für uns selbst und unser Wohlbefinden.
Sie untermauert Ihre Thesen mit zahlreichen Hinweisen auf Studien, die ihre Aussagen belegen. Dies wirkt beim Lesen an manchen Stellen ein wenig störend und unterbricht den Lesefluss. Insgesamt ist das Buch gut strukturiert und übersichtlich aufgebaut. Durch die Vielzahl der Kapitel ist das Lesen kurzweilig und informativ. Ein guter Begleiter für Menschen, die an sich arbeiten möchten und einen freundlicheren Umgang mit Anderen anstreben.

Bewertung vom 27.03.2025
Tuberkulose
Green, John

Tuberkulose


ausgezeichnet

John Greens Buch Tuberkulose empfinde ich als Appell gegen die tödliche Krankheit aktiv zu werden. Er möchte zugleich informieren, dass noch immer mehr als 1 Million Menschen an dieser Krankheit sterben, obwohl dies verhinderbar wäre, und möchte die Leser auffordern sich selbst einzusetzen, statt nur hinzunhmen.
Durch seine Reise nach Sierra Leone lernt Green den kleinen Henry kennen. Einen jungen im Alter seines Sohnes, der an Tuberkulose leidet. Durch die Ungleichheit der Lebensumstände und die Ungleichheit der medikamentösen Versorgung gibt es in den armen Gebieten der Welt verheerende Todeszahlen, die laut Green, vermeidbar wären, wenn wir in den reichen Ländern mehr Einsatz für eine gerechtere Verteilung zeigten. Am Beispiel Covid erläutert er, wie schnell die Eindämmung einer Pandemie möglich sei, wenn sie unsere Zivilisation bedrohe. Da es "nur" um arme Länder gehe, schaue die westliche Welt weg.
Ein wichtiges Buch, das uns als Leser aufrütteln sollte, unsere Haltung zu überdenken und aktiv zu handeln, wo immer wir die Möglichkeit haben.

Bewertung vom 24.03.2025
Das Herz kennt keine Demenz
Ayag, Jim

Das Herz kennt keine Demenz


ausgezeichnet

Gäbe es mehr als 5 Sterne, hätte ich die gegeben. Ein besonderes Buch, das mich tief berührt und bewegt hat. Da ich selbst im Altenheim tätig bin und eine an Demenz erkrankte Person im Verwandtenkreis habe, kann ich die Thematik annehmen und vieles leicht verstehen, was im Umgang mit dementiell veränderten Personen wichtig scheint. Direkt mit dem ersten Kapitel hat der Autor mich gefangen, da er so eindrücklich die Perspektive einer dementen Frau darstellt, dass man als Leser die Unsicherheit und Verlassenheit nachempfinden kann, die diese Erkrankten täglich durchleben.
Der Schreibstil ist einfühlsam und trotz des belastenden Themas gelingt es ihm immer wieder auch die komischen Momente lebendig darzustellen, ohne dies auf Kosten der Betroffenen zu tun. Die Situationskomik hat nichts Entwürdigendes für die Bewohner des Altenheims. Ein Plädoyer für den Beruf der Pflegekraft und ein gelungenes Beispiel dafür, dass auch so ein schwieriger Beruf in einem anstrengenden und belastenden Umfeld eine Berufung sein kann.
Dieses Buch sollte Pflichtlektüre werden. Vielen Dank für den bereichernden Lesestoff.

Bewertung vom 17.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


sehr gut

Katharina Hagena hat mit Flusslinien einen feinfühligen und sensiblen Roman über drei Generationen und ihre Verbindungen erschaffen. Die Geschichten von Margrit, Luzie und Arthur sind miteinander verwoben und doch ganz eigeständig.
Margrit, mit 102 Jahren am Ende eines langen Lebens angekommen, nimmt uns mit in Ihre Vergangenheit und ihre Geschichte. Ohne Vater aufgewachsen, an der Seite einer Mutter, die fortschrittlich unangepasst war und deren Liebe den Römischen Garten gestaltete, zu dem sich Margrit jeden Tag fahren lässt. Diese Fahrten mit Arthur, einem Pfleger der Seniorenresidenz, in der Margrit lebt, führen an die Elbe, und in die Erinnerungen Margrits. Arthur selbst ist in seinen Schuldgefühlen gefangen und versucht mit seinem Leben ins reine zu kommen. Er erfindet eigene Sprachen und bleibt in seiner Schuld sprachlos. Luzie, Enkelin von Margrit, steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden und hat ihr Abi "geschmissen". Sie möchte als Tätowiererin arbeiten und hat in ihrer Grossmutter ein Übungsmodell gefunden. Durch diese Nähe nähern sich die beiden auch emotional an.
Ein vielschichtiger Roman über Vergangenes und heutige Beziehungen zwischen drei scheinbar unterschiedliche Charaktere und deren langsame Annäherung.
Der Roman wirkt sehr lebendig und feinfühlig in der Wortwahl und vermittelt ein Gefühl von leisen Tönen.

Bewertung vom 14.03.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


sehr gut

Der Wildunfall mit einer weißen Hirschkuh bringt das Dorfleben in Fehrdorf komplett aus dem Gleichgewicht. Der Unfallfahrer, Ingo, stellt seine Entscheidung aufs Land zu ziehen einmal mehr in Frage. Er fühlt sich überfordert mit seinem Job-Pendeln in die Großstadt, ist aber damit überfordert, dies zu kommunizieren. Eine sich entwickelnde Freundschaft mit dem Dorfjäger, der alleinlebend auf seinem Hof seine eigenen Probleme vor sich herträgt, bietet eine Ausflucht aus dem nicht funktionierenden Alltag.
Der 2-Personen-Rest einer Öko-WG hat die gleichen Kommunikationsprobleme, da ein Zusammenleben zwar funktioniert aber keine glückliche Lösung für beide liefert.
Der Fluch einer Dorfgeschichte, dass dem, der eine weiße Hirschkuh tötet, nur noch ein Jahr zu leben hat, bringt die Dorfgemeinschaft ins Schwanken. Unglaube und Aberglaube spiegeln sich in vielen unausgesprochenen Konflikten. Es schwelt unter der Oberfläche. Der Roman nimmt dem Leser den Traum von einer idyllischen Dorfgemeinschaft, die nur in unserer Vorstellung existiert. Er stellt das Leben auf dem Land mit all seinen Facetten und ohne idealistische Verklärungen vor. Dies macht es aber insgesamt umso lebenswerter.
Die Lebensgemeinschaften im Dorf ändern sich im Laufe der Geschichte, wie in jeder anderen Stadt auch. Die Idylle beginnt zu bröckeln.
Insgesamt ein lesenswerter Roman, bei dem ich mir an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr Tiefgang gewünscht hätte, da einige Charaktere für meinen Geschmack zu flach bleiben, um lange im Gedächtnis zu bleiben.

Bewertung vom 25.02.2025
Bis die Sonne scheint
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


ausgezeichnet

Bis die Sonne scheint ist der Roman einer Familie, die in den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts versucht über die Runden zu kommen. Durch verschiedene Fehlentscheidungen und dem fehlenden Gefühl für Einkommen und Ausgaben, steht die Familie vor dem finanziellen Ruin, versucht dies aber vor sich selbst und allen anderen zu verbergen. Man tut so, als sei alles wie immer und in Ordnung. Der Zeitgeist dieser besonderen Jahre ist im Roman sehr gut spürbar und wenn man in dieser Zeit unterwegs gewesen ist, fühlt man sich als Leser wie in einer Rückschau auf die eigene Jugend.
Durch Rückblenden in die frühere Generation erhellt Christian Schünemann die Konstellationen innerhalb der Familie und die Hintergründe für das Verhalten und das Verhältnis der einzelnen Mitglieder. Der Roman nimmt den Leser mit auf eine Reise in die damalige Zeit. Es ist ein ruhiges Thema ohne Spannung aber die braucht dieser Roman nicht. Er lebt vom Zeitgefühl und der sensiblen Sprache.
Das Cover ist geschmackvoll zum Thema passend und das Buch hochwertig gebunden.

Bewertung vom 24.02.2025
Das Lieben danach
Bracht, Helene

Das Lieben danach


ausgezeichnet

Das Lieben danach ist schwere Kost. Ein Buch, das nachwirkt und mich sehr tief berührt und bewegt hat. Freimütig berichtet Helene Bracht von ihrem Leben in allen Facetten der Sexualität. Als Kind missbraucht erlebt sie in vielen Erfahrungen mit Männern und Frauen, bevor sie beginnt die Zusammenhänge zu erkennen. Ein wiederkehrendes Muster, dem sie lange Jahre ausgeliefert scheint, wie entwickelt sie sich weiter und wann beginnt sie die richtigen Fragen zu denken und zu stellen. Eine erschütternde Lektüre die ein Leben einer Frau beleuchtet, die im Alter beginnt zu verstehen. Das Buch ist ergreifend aber auch bedrückend, weil dieses Schicksal in ähnlicher Form sicher vielen Frauen und Männern widerfährt. Eine Offenheit, die zeitweise erdrückend wirkt und lange nach der Lektüre nachwirkt. Sie erleichtert dem Leser das Verstehen, wenn das von außen überhaupt möglich ist. Ich kann mir vorstellen, dass sich andere Missbrauchsopfer, die dieses Buch lesen, verstanden fühlen und dass es eine Erleichterung sein kann, zu lesen, dass man nicht allein ist.

Bewertung vom 20.01.2025
Drei Wochen im August
Bußmann, Nina

Drei Wochen im August


ausgezeichnet

Drei Wochen im August bietet Lesegenuss für lange Winterabende. Die Reise an die französiche Atlantikküste ist für Elena, Eve, Linn und deren Freundin eine Belastungsprobe bei der alle an ihre Grenzen stoßen. Unausgesprochene Erwartungen und Gefühle liegen schwer in der sommerlichen Luft. Die drei Urlaubswochen gestalten sich als Machtprobe und -kämpfe auf allen psychologischen Ebenen. Durch das Auftauchen zweier ungebetener Gäste, die das halbwegs stabile Beziehungsgefüge erneut einbrechen lassen, werden schwelende Konflikte offensichtlich. Neben diesen Figuren spielt auch der Betreuer des Hauses eine undurchschaubare Rolle.
Das Buch liefert alles, was unterhaltsame Lesestunden fordern. Eine bildreich erzählte Geschichte mit vielschichtigen Charakteren. Die wechselnde Erzählperspektive zwischen Elena und Eve gestaltet die Handlung sehr lebendig und locker. Die Spannung steigt von jedem Kapitel zum nächsten langsam an.
Der einzig negative Aspekt der Lektüre war für mich das zeitweise Springen in den Dialogen, was den Lesefluss gestört hat. Trotzdem hat mich das Buch überzeugen können.

Bewertung vom 20.01.2025
Ginsterburg
Frank, Arno

Ginsterburg


ausgezeichnet

Die fiktive Kleinstadt Ginsterburg ist der Schauplatz dieses beklemmenden Romans einer Gesellschaft unter dem NS-Regime und in den Kriegszeiten über einen Zeitraum von 1935 bis 1945.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die Momentaufnahmen der Jahre 1935, 1940 und 1945 zeigen und das Eindringen des Nationalsozialismus in die Leben der Bewohner Ginsterburgs darstellen. Die Auswirkungen auf einzelne Einwohner durch die Einschränkung der Meinungsfreiheit wird spürbar. Die moralischen Verstrickungen und die Auswirkungen der politischen Veränderungen prägen den Alltag der Einwohner. Die Dramatik der Entwicklungen zeigt sich durch die wechselnden Erzählperspektive.
Merle, verwitwete Buchhändlerin, steht dem Nationalsozialismus sehr kritisch gegeüber, während ihr Sohn Lothar in Richtung Hitlerjugend gezogen wird. Durch seine Flugbegeisterung ist er steuerbar und manipuliert vom neuen System. Der beklemmende Alltag zeigt sich auch in den Profiteuren der neuen Strukturen, z.B. Blumenhändler Gürckel oder Fabrikant Jungheinrich, deren Karriere durch das NS-Regime einen sprunghaften Aufstieg erfährt.
Die detaillierten Darstellungen der verschiedenen Charaktere, die menschlichen Abgründe und ihre Motive und deren Entwicklung im geschichtlichen Kontext schaffen einen vielschichtigen Roman einer historischen Zeit, der viel Stoff zum Nachdenken liefert.