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Benutzername: 
Dr. Winfrid Meusel
Wohnort: 
Bielefeld

Bewertungen

Bewertung vom 27.03.2009
Führen
Pinnow, Daniel F.

Führen


ausgezeichnet

Führen bedeutet, so Daniel F. Pinnow, eine Welt zu gestalten, der andere gern angehören wollen.
Der zugrundeliegende, systemische Ansatz ist ein ganzheitlich-integratives Praxiskonzept, für Führende, Trainer und Coaches gleichermaßen geeignet – und ein Muss für alle, die zum Themenbereich Führung auf dem neusten Stand sein wollen.

Der Verfasser definiert seinen Ansatz zu einem substantiellen Teil durch Anlehnung bzw. Abgrenzung an die bzw. von den „national wie international bedeutsamen Schlüsselautoren“. Dieses sehr effiziente Verfahren spart dem Leser das systematische Aufarbeiten der existierenden Top-Managementliteratur.

Endlich ein Führungsprinzip mit hohem Anspruch an Leistung und Ethos.

Dann stellt er dar, warum Führungskräfte Zugang nicht nur zum eigenen Verstand, sondern auch zum eigenen Gefühl und der Intuition haben müssen und erachtet dies als wichtigste zusätzliche Erkenntnisquelle für die meisten heutigen Führungskräfte. Gleichzeitig müssen sie ein vernetztes Denken entwickeln, auf dessen Grundlage ein „Anregen“ von Veränderungen die effizientere Vorgehensweise gegenüber dem „Anweisen“ einer schnellen, oft weniger durchdachten und vor allem aufgrund ihrer vielen sekundären Auswirkungen zumeist kontraproduktiven Umsetzung erscheint.

Im zentralen Kapitel des Abschnitts destilliert der Verfasser zehn systemische „Führen heißt …“-Leitsätze heraus. Neben eher klassischen Leitsätzen wie „Führen heißt kommunizieren“ oderfindet der Leser neuere Leitlinien wie „Führen heißt sich selbst kennen“, und schließlich gar „… Menschen lieben“.

Pinnow konfrontiert die Führenden mit der schwierigsten aller Aufgaben: das meist überhöhte, oft von außen injizierte Selbstwertgefühl, durch persönliche, selbst entwickelte, daher authentische Substanz zu ersetzen. Außerdem müssen sie mit eigenem guten Beispiel für Veränderung vorangehen, den Management-Aktionismus bekämpfen und durch Freiräume zur persönlichen Entwicklung für die Mitarbeiter sowie sich selbst ersetzen; und vor allem: demütig sein. Denn nur der Demütige akzeptiert die eigene Unvollkommenheit und hat somit die Voraussetzung zur persönlichen Weiterentwicklung.

Spiegelt sich dieser Mangel an Demut nicht deutlich im heutigen Verhalten unserer Wirtschaftselite wider?

Im abschließenden vierten Teil bekommt der Leser aus der spezifischen Blickrichtung des Beziehungsmanagements Einblick in die wesentlichen Instrumente systemischer Führung. Seiner Bedeutung entsprechend nehmen die Hauptformen des Mitarbeitergesprächs darin den größten Raum ein. Zudem werden Feedbackkultur, Delegieren und das Konfliktmanagement thematisiert.

In seinem Resümee unterstreicht Pinnow noch einmal deutlich die zunehmende Wichtigkeit und den ergänzenden Charakter der emotionalen Intelligenz, der Authentizität, der Fähigkeit zur Selbstreflektion und zum Beziehungsmanagement als Grundpfeiler der systemischen Führungskonzeption.

In vielen Bereichen stellt der Autor seinen Standpunkt gut lesbar und humorvoll, ja manchmal augenzwinkernd dar, was den Lesegenuss noch einmal steigert.

Am Ende des Buches angekommen wünscht sich mancher Leser sicherlich mehr „Was nun systemisch tun, wenn…“. Aber das widerspräche dem Anspruch des Ansatzes selbst: nämlich ein offenes Führungssystem zu sein, das von der systemischen Wahrnehmung lebt und vom Führenden menschenzentriert an individuelle Situationen angepasst wird.

Der systemische Führungsansatz von Daniel F. Pinnow gereicht nachträglich praktisch zu einem Fanal für ein neues, an Leistung und Ethos orientiertem Führen, wenn man berücksichtigt, dass die erste Auflage des Buches 2005 auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen Hausse, als die meisten Führungskräfte noch „erfolgreich“ waren, gegen den Trend geschrieben wurde. Und es unterstreicht die in der aktuellen Krise sichtbar gewordenen Schwächen der heutigen Führungspraxis mit einem noch dickeren, roten Strich.

Möge es seinen Weg zu all jenen finden, die der Einsicht fähig sind.

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