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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Chomsky
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 29 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2025
Klapper
Prödel, Kurt

Klapper


ausgezeichnet

Coming-Off-Age at it's best! Klapper von Kurt Prödel hat mich auf eine besondere Art berührt. Der Roman erzählt die Geschichte von Thomas, genannt Klapper, einem unsicheren Teenager, dessen Gelenke bei jeder Bewegung knacken. Sein eintöniges Leben verändert sich schlagartig, als Vivi – die sich selbst „Bär“ nennt – in seine Klasse kommt. Ihre unkonventionelle und starke Persönlichkeit fasziniert ihn, und zwischen den beiden entsteht eine tiefe Freundschaft, die jedoch von Anfang an eine gewisse Tragik in sich trägt.
Was mich besonders begeistert hat, ist Prödels prägnanter, lakonischer Schreibstil, der mit trockenem Humor und treffenden Beobachtungen durchzogen ist. Die Dialoge und Beschreibungen wirken unglaublich authentisch, besonders für diejenigen, die ihre Jugend in den frühen 2010er-Jahren erlebt haben – inklusive Chatnachrichten, Zitroneneistee und Gaming-Referenzen. Die Geschichte fühlt sich echt an, weil sie ohne große Dramatik auskommt und stattdessen die leisen, unscheinbaren Momente des Erwachsenwerdens einfängt.
Auch wenn das Buch stellenweise etwas ziellos wirkte und das Ende mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen hat, passt gerade diese Unvollkommenheit gut zur Atmosphäre der Geschichte. Es bleibt nicht nur eine nostalgische Rückschau auf die Jugend, sondern auch eine tiefgehende Reflexion über Freundschaft, Identität und Verlust.
Ich kann Klapper nur empfehlen – es ist kein lautes, sondern ein leises, nachdenklich stimmendes Buch, das mich lange begleitet hat. Eine klare Leseempfehlung

Bewertung vom 31.01.2025
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe (eBook, ePUB)
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe (eBook, ePUB)


sehr gut

Außergewöhnlich
"Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" ist ein außergewöhnlicher Roman, der gleichermaßen Bilanz und Rückblick auf das Leben als Frau im Allgemeinen und als Mutter im Speziellen ist. Wunderbar geschrieben konfrontiert es den Lesenden mit den Besonderheiten und manchmal auch Tücken, die das Frausein nun einmal mit sich bringen kann. Es hat mir gut gefallen, allerdings muss man sagen, dass dieses Buch auch stark zielgruppenspezifisch ist. Als jüngere Frau bin ich selbstredend interessiert an aller feministischer Literatur, allerdings dürfte dieser Roman vornehmlich Frauen ansprechen, die sich in unserer Protagonistin wiederfinden können. Dennoch würde ich das Buch an alle empfehlen, da es absolut außergewöhnlich ist und das Verständnis für Frauen sicherlich voranbringen kann. Eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 27.09.2023
Adam und die Jagd nach der zerbrochenen Zeit
Schmidt, G.Z.

Adam und die Jagd nach der zerbrochenen Zeit


ausgezeichnet

Ein tolles Kinderbuch, das gleichsam den Einstieg in phantastische Literatur ebnen kann
Es hat richtig Spaß gemacht, Adam bei seinen Abenteuern und vielseitigen Reisen in lange und manchmal nicht ganz so lange Vergangene Zeigen zu begleiten und mitzufiebern, wenn es darum geht, die all gegenwärtigen Bösewichte auszutricksen. Adams Geschichte gefällt älteren wie jüngeren Leseeulen, die phantastische Geschichten und Welten lieben und die über die ein oder andere Ungereimtheit auch mal eine Auge zudrücken mögen. Ich habe es sehr gerne gelesen, gerade weil wie hier einen ganz außergewöhnlichen Protagonisten haben, der nicht so sehr dem typischen Heldenbild entsprechen muss, um sympathisch zu sein. Ein empfindsam junger Mann, mit dem der ein oder andere Leser sich sicherlich leicht und gerne identifizieren kann.
Das Buch eignet sich sowohl zum Wecken der Lust am Lesen und gemeinsamen Vorleseabenden.

Bewertung vom 27.09.2023
Kajzer
Kaiser, Menachem

Kajzer


sehr gut

"Kajzer" erzählt nicht nur die Familiengeschichte des Autors, davon wie seine jüdischen Vorfahren unter dem nationalsozialistischen Regime litten, verschleppt und schließlich zur Flucht in ein neues Land gezwungen wurden.
Sondern legt auch dar, wie der Autor selbst nach und nach fasziniert von der eigenen Geschichte in die Geschehnisse hineingezogen wird und erkennt, welchen Einfluss das Schicksal selbst vor der eigenen Geburt verstorbener Verwandter auf das eigene Leben ausüben kann. Es geht auch um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung, das vergebliche Lebenslange Streben danach und die Frage, wie man mit den Verbrechen unter denen die Vorfahren zu leiden hatten umgehen kann. Der Autor schreibt seinen Weg beeindruckend lebhaft und schildert wie langweilige juristische Wege durch die Verbindung mit der eigenen Geschichte plötzlich wahnsinnig spannend werden.

Bewertung vom 06.07.2023
So schlafe ich! Und wie schläfst du?
Fajembola, Olaolu;Niminde-Dundadengar, Tebogo

So schlafe ich! Und wie schläfst du?


ausgezeichnet

Und wie schläfst du?
"So schlafe ich. Wie schläfst du?" ist ein zauberhaftes kleines Bilderbuch zur Einschlafbegleitung mit lauter niedlichen Geschichten der verschiedensten Kinder und ihrer Familien und deren Einschlafgewohnheiten.
Mir hat das Bilderbuch sehr gefallen, allein weil es eine große Diversität transportiert und Einblicke in das Leben anderer Kulturen und Gebräuche erlaubt. Wunderbar kinngerecht eignet es sich für Kinder ab 2 Jahren und sollte in keinem Bilderbücherregaw fehlen.
Die Zeichnungen sind kunstvoll und ansprechend gestaltet, die Geschichten interessant und niedlich erzählt, sodass das Buch auch Eltern beim Vorlesen Spaß macht. Viel zu entdecken gibt es auf den Seiten auch, sodass der Erzählprozess über das Gelesene hinausgehen kann, wenn man gerne möchte.
Meiner Tochter hat das Buch jedenfalls sehr gefallen! Eine klare Kaufempfehlung.

Bewertung vom 01.06.2023
Die unglaubliche Grace Adams
Littlewood, Fran

Die unglaubliche Grace Adams


sehr gut

Grace Adams ist, ganz getreu ihrem Buchtitel, eine wirklich unglaubliche und u gewöhnliche Frau. Mit ihrem einzigartigen Blick auf die Welt und ihrer Herangehensweise an die manchmal fürchterlich schrecklichen Probleme erobert sie die Herzen der Lesensen im Sturm, die sie an diesem Schicksalstag begleiten dürfen.
Ein bisschen erinnerte die Reise von Grace durch das moderne London - auf dem Weg zu einer Feier, zu der sie nicht eingeladen ist - an eine verdrehte aber zugänglicher Version von Joyces Ulysses.
Um zu Ihrer Tochter zu gelangen läuft Grace durch halb London und reflektiert ihr Leben. Bald wird klar : so unbeschwert und wild Grace wirkt, ihr Leben war nicht leicht. Schicksalsschläge wie sie heutzutage wohl vielen passieren, sind ihr zu Hauf passiert - sie blickt auf ein turbulentes Leben zurück und behält trotzdem ihren Humor. Mam möchte sie drücken! Auf diesem Spaziergang zieht sie Bilanz und kommt zu unerwarteten Ergebnissen.
Mir hat es gut gefallen, auch wenn ich ein paar Tränen nicht zurück halten konnte. Ein Buch, das sich lohnt!

Bewertung vom 01.06.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


weniger gut

Durchwachsen
Yejide und Darwin - er Totengräber, sie eine Art Medium, das mit den Toten reden kann, erleben in diesem außergewöhnlichen Buch eine nicht weniger besondere Liebesgeschichte, die sich größtenteils dort abspielt, wo das Leben eigentlich sein Ende nimmt: auf dem Friedhof der vor Leben blühenden Stadt Trinidad.

"Als wie Vögel waren" ist ein unvergleichliches Buch, das ganz neue Facetten der Literatur hervor arbeitet - oder sich zumindest Mühe gibt, dieses zu schaffen. Hier werden verschiedene Genres miteinander verwoben, die nicht immer gut zusammenpassen. So schwankt der Plot zwischen Liebesroman, Phantasy uns Krimi. Nicht immer gelingt ein schlüssiger Handlungsverlauf, teilweise gerät die Handlung in kitschig, unglaubwürdige Mystiken, die mir persönlich zu sehr religiös angehaucht waren. Die Geschichte hatte Potential, da aber leider nicht vollständig ausgeschöpft wurde.

Bewertung vom 10.04.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Der wunderbare Martin Suter hat mit "Melody" ein weiteres Mal mein Leserinnenherz erobert!
Sie braucht ein paar Seiten, um in Fahrt zu kommen. Leise und unaufgeregt startet Suter seinen Generationsroman aus der Sicht des jungen, aber bereits planlosen Jura-Absolventen Tom Elmer, der mehr zufällig zum Nachlassverwalter des eigensinnigen Wirtschaftsriesen und Kunstmäzen Peter Storz, der, kurz vor seinem Tod stehend, einen Menschen sucht, der ein etwas geschöntes Außenbild für die Nachwelt modelliert und erhält. Schnell wird klar, dass Tom eher Vertrauter und Zuhörer für einen Sterbenden sein wird, als ein Anwalt, der sich um Papierkram sorgen soll. Zwischen beiden entsteht eine ungewöhnlich vertraute Freundschaft. Storz' nie überwundene unglückliche Liebesgeschichte wird der Leitfaden ihres gemeinsamen Lebens, die Geschichte der unglückseligen Melodie ist zwar etwas vorhersehbar, dennoch nicht weniger mitreißend.
Lesende verfolgen die Lebens- und Leidensgeschichte mit den Augen und Ohren des jungen Tom und werden im Strudel der Geschehnisse aus längst vergangenen Jahren mitgezogen. Ich habe dieses Buch verschlugen und jede Seite geliebt.

Bewertung vom 25.02.2023
Kollektorgang
Blum, David

Kollektorgang


sehr gut

Schwarzhumoristischer Jugendroman
Thematisch ist "Kollektorgang" ein echter Brocken der Jugendliteratur und im Nachhinein nicht einfach zu verdauen. Es geht um Klassenunterschiede, soziologische-kulturelle Ungleichheit, Gewalt, Chancenlosigkeit und um den sich in bestimmten sozialen Kreisen weit verbreitenden Neonationalsozialismus.
Das Leben des 13-jährigen Protagonisten Mario wird geprägt von dieser Welt, in die er hinein geboren wurde und aus der er nicht ausbrechen konnte. Einer Welt, die ihm keine Chancen bietet und die keinen Ausweg aus der schieren Hölle bietet, die der Plattenbau der 1990er Jahre sein kann. Marios Weg steuert unweigerlich auf eine Tragödie zu, eine Chance auf den Ausstieg gibt es nicht - denn Mario ist tot und erzählt seine kurze Geschichte aus dem eigenen Grab heraus. Dabei schafft Autor David Blum es allerdings mit schwarzem Humor und einer teilweise leichten Schreibweise, den Schrecken aus der Geschichte zu nehmen, was in sich schon recht beeindruckend ist.

Insgesamt hat Kollektorgang mich überzeugt. Wieder einmal werden Lesende auf das kurze Leben, die Probleme in unserer Gesellschaft, den Druck von rechts und die Soziologie.kulturellen Ungleichheiten eines Landes aufmerksam gemacht, dass sich eigentlich zum Ziel gemacht hatte, soziale (Chancen-)Gleichheit zu schaffen. Mario ist lediglich der Prototyp eines Schicksals, wie es viele Jugendliche nicht nur in den 90er Jahren sondern auch in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts erleben. Das Buch hat gute Chance in die Schullektüre aufgenommen zu werden. Es ist kurz und knackig und bietet viele Reflexionsmöglichkeiten.

Bewertung vom 17.02.2023
Siegfried
Baum, Antonia

Siegfried


ausgezeichnet

Tolle Charaktere
Nach einem neuerlichen Streit mit dem Partner scheint der Protagonistin die Reise in die Psychiatrie die logische Konsequenz zu sein. Der absolute Zusammenbruch war lange im Anmarsch und der neue Streit nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

In ausführlichen Rückblenden und detailliert beschriebenen Selbstreflexionen, werden Vergangenheit und Gegenwart der Protagonistin sprachgewaltig dargestellt und entwerfen das Bild eines bewegten und aufgehenden Lebens. Im Fokus steht immer wieder Siegfried, der Stiefvater und Wegbegleiter der Protagonistin. Sein Einfluss auf das Lebrn unserer Protagonistin ist unumstritten einschneidend.
Die Protagonistin erfährt Verlust, Gewalt und Tragödien, versucht ihren Lebensweg zu finden, scheitert und macht weiter.

Lesende werden von der ersten Seite an in das Geschehen hineingezogen und lernen die interagierenden Personen von verschiedenen Seiten kennen. Wir leiden und fiebern mit, empfinden Mitgefühl und finden uns manches Mal vielleicht sogar selbst in einigem wieder. Diese Geschichte war lange überfällig.


Autorin Antonia Baum schafft einen Plot, der die Lebenswelt der Protagonistin auf die der Lesenden projiziert, gleichermaßen reflektieren Lesende das eigene Leben und fühlen mit der Protagonistin mit. Die Figuren sind facettenreich und authentisch, ein Vorteil, der vielen Büchern fehlt.

Ich gebe eine unbedingte Leseempfehlung