Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hornita
Wohnort: 
Augsburg

Bewertungen

Insgesamt 743 Bewertungen
Bewertung vom 21.02.2025
Es gibt kein Zurück
Ziegler, Ulf Erdmann

Es gibt kein Zurück


ausgezeichnet

Niveauvoll und unterhaltsam;
Die Geschichte des Radio-Essayisten A.W. Mumme fand ich ausgesprochen gut gemacht. Durch die Vielzahl soziologischer Denkanstöße ist das Lesen anspruchs- und niveauvoll, gleichzeitig aber auch ausgesprochen unterhaltsam. Das Medium Radio fand ich extrem gut gewählt als Aufsatzpunkt für Mummes bedrohlich nahe kommende Rente und das Gefühl, als alter weißer Mann etwas aus der Mode gekommen zu sein. Mit seinem beginnenden Roadtrip wurde mir sein Charakter etwas fremder, obwohl die nostalgische Besichtigung bekannter Orte aus seiner Biographie sehr nachvollziehbar war. Das Ende war überraschend und hat mich erst etwas überfordert. Allerdings denke ich, dass man davon profitiert, dieses Buch ein zweites mal zu lesen, da man aufgrund seiner Vielschichtigkeit Nuancen und Details entdecken kann, die beim ersten mal nicht offensichtlich waren oder unwichtig erschienen. Alles in allem ein sehr unterhaltsames Buch, das auch nachdenklich macht und trotz des Endes, das mir persönlich nicht so gut gefallen hat, volle fünf Sterne verdient.

Bewertung vom 21.02.2025
Dienstmädchen für ein Jahr
Boo, Sigrid

Dienstmädchen für ein Jahr


ausgezeichnet

Unterhaltsamer Briefroman;
Der Schreibstil ist sehr angenehm und überraschend zeitlos. Witzige Bemerkungen und feiner Humor prägen den Stil und machen die Lektüre sehr unterhaltsam. Man merkt überhaupt nicht, dass das Buch knapp einhundert Jahre alt ist. Die Handlung fand ich sehr interessant und schlüssig erzählt. Bis auf Anfang und Ende erzählt die höhere Tochter Helga ihre Erfahrungen als Dienstmädchen in regelmäßigen Briefen einer guten Freundin. Zum einen fand ich es sehr interessant, durch diesen Milieuwechsel die unterschiedlichen Lebensbedingungen in Norwegen der 1930er Jahre kennen zu lernen. Zum anderen ist auch die Entwicklung Helgas sehr interessant, die über viele prekäre Dinge nonchalant erzählt, aber trotzdem ihre Betroffenheit vermittelt und sich über die Monate auch ihr Blick auf die Welt und die Lebensbedingungen ändert. Ein sehr unterhaltsamer Roman einer Autorin, von der man kaum etwas weiß, von der ich aber mit Freuden gerne noch mehr lesen würde.

Bewertung vom 18.02.2025
Das Müfflon und der Traum vom Stinken
Henn, Carsten Sebastian

Das Müfflon und der Traum vom Stinken


sehr gut

Tolle Zeichnungen, Handlung mit Luft nach oben;
Der Buchtitel hat uns sehr neugierig gemacht. Die Zeichnungen im Buch sind zauberhaft, wirklich toll getroffen. Die Geschichte des Müfflons, das anders ist als seine Artgenossen, ist ein bisschen traurig, aber auch lustig. Der Aufbau des Buches ist größtenteils gelungen, die Suche nach dem Gestank über verschiedene Stationen ist nachvollziehbar und kindgerecht. Allerdings gibt es einige Dinge, die ich für Kleinkinder ab vier Jahren nicht so geeignet finde, wie z. B. den Titanwurz und die Ausgrenzung des kleinen Mädchens. Auch ist die pädagogische Botschaft ausbaufähig, das hätte etwas deutlicher herausgearbeitet werden dürfen. So macht es den Eindruck, dass das Abweichen vom Mainstream nur unter Bedingungen akzeptabel ist. Wir hatten uns auch etwas mehr Witz erhofft als die verschwenderische Verwendung des Buchstaben Ü. Insgesamt haben uns die wunderschönen, bunten Zeichnungen versöhnt und es gibt 3,5 Sterne von uns.

Bewertung vom 18.02.2025
Der Gott des Waldes (eBook, ePUB)
Moore, Liz

Der Gott des Waldes (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Sehr spannender Gesellschaftsroman;
Dieses Buch ist in seinem Erzählstil sehr ausführlich, aber trotzdem nicht langatmig. Beim Lesen des Inhaltsverzeichnisse hat mich die Vielzahl der Erzählzeiten und Perspektiven etwas verschreckt, beim Lesen war das aber alles sehr gut nachzuvollziehen und einzuordnen. Ich hatte jederzeit den Überblick über die Personen und die Handlung. Die Charaktere werden hervorragend geschildert, ihre Taten und ihr Verhalten sind nachvollziehbar. Gerade durch die verschiedenen Blickwinkel und Zeiten wird die Geschichte überraschend spannend. Ich konnte das Buch kaum weglegen und wollte unbedingt weiter lesen. Ein Großteil der Geschichte spielt im Jahr 1975 und die damalige Gesellschaft wird sehr eindrücklich geschildert. Überhaupt fand ich die großen Themen wie soziale Ungleichheit, Machtmissbrauch, Wohlstandsverwahrlosung, persönliche Freiheit, usw. sehr gut in die Handlung eingearbeitet. Dieser Roman hat mich einige Stunden gut unterhalten.

Bewertung vom 18.02.2025
Die Tage nach dem Pflaumenregen
Chen, Karissa

Die Tage nach dem Pflaumenregen


ausgezeichnet

Dramatische Lebenswege faszinierend geschildert;
Suchi und Haiwen lernen sich 1938 als Kinder kennen und ihre Biographien werden aus ihrer jeweiligen Perspektive geschildert. Suchis Erinnerungen sind chronologisch, während sich Haiwen mit seiner Erzählperspektive von der Erzählgegenwart 2008 langsam in die Vergangenheit bewegt. Das ist sehr gut gemacht und gibt ein komplexes Bild auf die Handlung, die Kriege, die politischen Verwerfungen und die Familien. Man bekommt durch das Setting in Shanghai, Taiwan und Hong Kong einen ganz anderen Blick auf ihre Kultur und deren Komplexität. Gleichzeitig wird der Blinkwinkel von Kriegsflüchtlingen bzw. Einwanderern, die ihre Familie und ihre Kultur hinter sich lassen, sehr nachvollziehbar geschildert. Die Einsamkeit und Heimatlosigkeit wird durch die Zerrissenheit der Charaktere deutlich, die im Leben mehrfach neu anfangen mussten. Auch die Anfangsschwierigkeiten, das Leben in einer fremden Kultur, die anfängliche Sprachbarriere, usw. sind hervorragend geschilderte Themen. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist herzzerreißend, stellt aber nur einen kleinen Teil des Ganzen dar. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da man viel über Chinas Geschichte des 20. Jahrhunderts erfährt. Eine interessante, bewegende und auch unterhaltsame Lektüre!

Bewertung vom 18.02.2025
Der große Riss
Henríquez, Cristina

Der große Riss


sehr gut

Starke weibliche Charaktere;
Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich gut lesen. Die Erzählperspektiven gefallen mir sehr gut und die Menge der Perspektiven und Perspektivwechsel ist passend. Es handelt sich um Männer und Frauen verschiedener Herkunft, wobei die starken Frauen überwiegen, was mir vor allem auch durch deren Vielfalt sehr gut gefällt. Durch einen Charakter kommt man zum nächsten, dessen Geschichte ebenfalls erzählt wird, so entsteht ein Netz von Verbindungen, was ich als geschickten Aufbau empfunden habe. Die Figuren sind gut getroffen, ich fand sie sehr glaubhaft dargestellt. Der Fokus liegt auf den Personen, ihrem Leben und ihrer Geschichte, was ich interessant fand. Das war zwar in der Kurzbeschreibung auch so angekündigt, allerdings hätte ich mir mehr Informationen über den Kanalbau an sich erwartet und gewünscht. Auch die Themen Klassenunterschiede und gesellschaftlicher Riss hätten tiefgründiger behandelt werden dürfen, sie blieben etwas oberflächlich. Insgesamt war ich gut unterhalten und der Roman bekommt gute vier Sterne für die tollen weiblichen Charaktere.

Bewertung vom 18.02.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


ausgezeichnet

Leben zwischen Absturz und Erfolg;
Der schnörkellose, direkte Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Die alleinerziehende, arbeitslose Schauspielerin Wanda kämpft sich durch den Alltag und so manch prekäre Situation hat mir richtig weh getan, aber ich wollte immer weiterlesen und wissen, wie es weitergeht. Die Autorin beschreibt hervorragend Wandas jagt nach Erfolg, sie versucht jede Chance zu ergreifen und doch verliert sie auch mal die Hoffnung, wenn die Lage aussichtslos scheint. Dieser alltägliche Kampf wird sehr nachvollziehbar geschildert, es gab nicht eine Passage, die ich unglaubwürdig und gekünstelt fand. Der Zusammenhalt ihrer Nachbarschaft wird gut geschildert und die Charaktere wurden alle sehr gut gezeichnet, ich fand es psychologisch ausgefeilt. Das Ende hat mir sehr gut gefallen, das Gute liegt manchmal näher als man denkt. Es ist ein versöhnliches, hoffnungsvolles Ende mit Ausblick in die Zukunft, eine tolle Idee für das Finale. Sollte es eine Fortsetzung von Wandas Geschichte geben, so würde ich sie gerne lesen, ich habe Lust auf mehr.

Bewertung vom 18.02.2025
Das Lieben danach
Bracht, Helene

Das Lieben danach


ausgezeichnet

Überzeugende Analyse;
Bei der Erzählerin handelt es sich um eine nicht mehr ganz junge Frau, die sich an einen Missbrauch in der Kindheit erinnert und ihr Leben und Lieben rückblickend analysiert. Man bleibt das ganze Buch über in dieser Perspektive und der Aufbau und der sehr angenehme, gehobene und gebildete Schreibstil haben mir sehr gut gefallen. Die Erzählung wird mit schonungsloser Offenheit und Details vermittelt und die intelligente Selbstanalyse der Erzählerin ist ausgesprochen gelungen. Sie beschreibt ihre Lebensstationen und Beziehungen und analysiert ihr jeweiliges Verhalten im Hinblick auf die Folgen des Missbrauchs. Dazu werden allgemeine Informationen aus der Psychologie, Soziologie, etc. gegeben, die das Verhalten einordnen. Es wird nachvollziehbar, dass diese Analyse erst mit viel Abstand und einer gewissen Lebenserfahrung möglich war, da sich bestimmte Muster erst wiederholen mussten, um sie zu erkennen. Mich hat das Buch sehr berührt und die Weisheit und Reflexion der Erzählerin fand ich überragend herausgearbeitet.

Bewertung vom 13.02.2025
Mission Road
Corbett, Ron

Mission Road


ausgezeichnet

Tödliche Schnitzeljagd;
Weder der Autor noch seine Buchreihe um Frank Yakabuski waren mir bisher ein Begriff. Dies ist bereits der dritte Fall und ein Einstieg in die Reihe war mir problemlos möglich. Es geht sofort zur Sache, man wird direkt zu Beginn mit Informationen und Handlung überhäuft, kann aber alles gut einordnen. Das spricht für den klaren Schreibstil des Autors und die ausgewogene Dosierung der Handlung. Die Charaktere und das Setting sind eigenwillig, es werden einige Stereotype und Vorstellungen erfüllt, die man von dem naturnahen Landleben einer nicht besonders erfolgreichen Kleinstadt hat. Das Diamantenfieber und die Jagd nach dem Diebesgut wird hervorragend beschrieben, ebenso wie die Folgen von Gier und Neid. Es gibt viel Action, aber auch jede Menge unterschwelligen Humor. Mir gefällt gut, wie immer neue Schichten zum Vorschein kommen und sich die Allianzen der Jäger verschieben und sich ihre Zahl langsam lichtet. Ich war sehr gut unterhalten und empfand die Handlung als sehr interessant. Etwas schade, dass wenig Frauen im Buch vorkommen, aber trotzdem bekommt es volle fünf Sterne von mir.

Bewertung vom 13.02.2025
Deutsche im Wind
Bittner, Michael

Deutsche im Wind


ausgezeichnet

Niveauvolle Unterhaltung;
Michael Bittner war mir bisher nicht bekannt, aber mir haben der angenehme Schreibstil und der sympathische Ton im Buch sehr gut gefallen. Alltagserlebnisse werden seziert und analysiert und sehr treffend und humorvoll wiedergegeben. Das Absurde mancher Handlungen und Dinge wird sichtbar gemacht und ironisch kommentiert. Es gab sehr viele Situationen, die mir bekannt vorkamen und bei denen ich lachen oder wissend nicken musste. Der Humor ist durchgängig da, aber nicht aufdringlich, sondern fein dosiert und nicht laut. Es wird auch niemand niedergemacht, sondern der Humor lebt von der guten Beobachtung und pointierten Analyse. Ich habe dieses Buch als eine sehr niveauvolle, satirische Unterhaltung wahrgenommen und ich würde jederzeit wieder etwas von Michael Bittner lesen, der eine tolle Beobachtungsgabe hat.