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Lesefreundin
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Düsseldorf

Bewertungen

Insgesamt 43 Bewertungen
Bewertung vom 09.11.2024
Eine feine Linie
Madjidi, Maryam

Eine feine Linie


sehr gut

Maryam Madjidi erzählt in ihrem autobiografischen (?) Roman die Geschichte von Maryam und ihrem Aufwachsen als Teenager im französischen Drancy. Hier lebt sie mit ihrer Familie, mit der sie als sechsjährige aus dem Iran geflüchtet ist. Maryam berichtet aus ihrer Teenagerperspektive von einem Aufwachsen im Pariser Umland, wo Perspektivlosigkeit und Armut den Alltag prägen. Wo sie sich wünscht, mehr "französisch" auszusehen, weniger von dunklen Körperhaaren geplagt zu sein und möglichst nicht zum Mobbingopfer ihrer Klassenkamerad*innen zu werden. Sie will weg aus dieser Trostlosigkeit von Drancy und sieht ihre Chance darin, über den Besuch einer Eliteschule aus diesem Umfeld auszubrechen.

Maryam ist eine sympathische junge Erzählerin, die uns mitnimmt in ihre jugendlichen Gedanken und die aufzeigt was es bedeutet, in diesem Umfeld heranzuwachsen. Episodenhaft berichtet sie u.a. von ihrem Verhältnis zu ihrem Körper, von desillusionierten Lehrkräften und später im Roman auch über ihre Zeit an einer französischen Eliteschule. Zwischen den von der jungen Maryam erzählten Kapiteln wird gelegentlich in wenigen Sätzen die Perspektive der erwachsenen Maryam erzählt. Es sind gerade diese Stellen im Roman, die mich am meisten überzeugt haben. Sie reflektieren Maryams Jugend und blicken als Erwachsene auf Drancy und auf ihr Verhältnis zu ihrer Heimatstadt. Sowohl inhaltlich als auch sprachlich empfand ich diese wenigen Seiten als die stärksten im Roman.

Leider bleibt der Roman an vielen Stellen sehr oberflächlich. So hätte ich mir einen tieferen Einblick in Maryams Weg und Zeit am Pariser Elitengymnasium gewünscht, denn gerade dieser auf dem Klappentext angekündigte Handlungsstrang wurde mir am Ende zu schnell erzählt. Hier hätte noch einiges an Potential gesteckt, um noch stärker Maryams Gefühle, den herrschenden Klassismus und Rassismus sowie die elitären Strukturen im französischen Bildungssystem zu porträtieren.

Trotz meiner Kritik: "Eine feine Linie" ist ein lesenswerter Roman, der trotz der tristen Kulisse der französischen Banlieue in einer erfrischenden sowie klaren Sprache zum Schmunzeln anregt und mit einer äußerst sympathischen Protagonistin überzeugt.

Bewertung vom 05.11.2024
Birds of Paris - Das magische Pendel
Tordasi, Kathrin

Birds of Paris - Das magische Pendel


ausgezeichnet

Magisches Highlight!

Auch als Erwachsene lese ich regelmäßig Fantasybücher für junge Leser*innen und mit "Birds of Paris" von Kathrin Tordasi habe ich mein Jahreshighlight in diesem Genre gefunden!

Ich wurde verzaubert von der Idee einer magischen Unterwelt in Paris, von Glanz und Schimmervögeln und natürlich auch von der Botschaft, die hinter der magischen Geschichte steht. Kathrin Tordasi vergeudet zu Beginn des Buches keine Zeit und lässt uns sofort in einen spannenden Handlungsstrang eintauchen, sodass ich von Beginn an in der Geschichte gefesselt war. An keiner Stelle wurde es im Buch langweilig!

Die Autorin hat darüber hinaus eine wunderbare Freund*innentruppe und sympathische Charaktere geschaffen, die mir auf Anhieb ans Herz gewachsen sind. Kathrin Tordasi erzählt aus der Perspektive von Léa und gelegentlich auch aus der Sicht von Roux, was uns beim Lesen sehr nah an die beiden und an ihre Gefühlswelt kommen lässt. Die beiden sind zuweilen unsicher und haben Ängste, aber dennoch sind sie mutig und und vertrauen auf ihre Freund*innen. Diese Gefühlswelt hat die Autorin in ihrer flüssigem Schreibstil wunderbar eingefangen und ich bin mir sicher, dass gerade jüngere Leser*innen sich mit den Charakteren identifizieren können.

Ich freue mich sehr auf den Folgeband und möchte dieses magische Buch gerne empfehlen - egal ob jung oder alt.

Bewertung vom 05.11.2024
Im Land der Wölfe
Koester, Elsa

Im Land der Wölfe


sehr gut

Hochaktuelles Thema

"Im Land der Wölfe" von Elsa Koester begleiten wir Nana, die als Coach von Berlin nach Grenzlitz kommt, wo sie die zukunftsgrüne Bürgermeisterkandidatin Katja Stötzel zum Wahlsieg verhelfen will. Es ist eine Stadt, in der eine rechte Partei, benannt als "die Blauen", gesellschaftlich akzeptiert und von einer großen Wählerschaft unterstützt wird. In Grenzlitz lebt Nana Seite an Seite mit Rechten, mit Geflüchteten, mit Zukunftsgrünen. Besonders nah kommt sie Falk Schlösser, der überzeugt Rechts unterstützt, aber auch ein fürsorglicher Vater ist. Nana und er geraten immer wieder in politische Diskussionen, gleichzeitig versteht sie, was seine Beweggründe sind, sich einer rechtsradikalen Partei anzuschließen. Nana, die zusätzlich durch familiäre Traumata und durch ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Bruder belastet ist, scheint zunehmend mit der Situation in Grenzlitz überfordert.

Es ist ein Roman, der aktueller nicht sein könnte und das Licht auf eine Stadt wirft, die stellvertretend für viele Städte, insbesondere im Osten Deutschlands, steht. Für mich liegt die große Stärke des Romans darin, dass er verdeutlicht, wie es sich in einer Stadt lebt, in der Rechtsradikale gesellschaftlich akzeptiert sind und zum Gemeindeleben dazu gehören. Hier lassen sich die Rechten nicht ohne Weiteres ignorieren, eine Brandmauer nicht so einfach errichten, wie es anderswo möglich ist. Außerdem macht Elsa Koester deutlich, warum sich so viele Menschen von der Politik abgehängt fühlen und weshalb sie sich den Blauen zuwenden. Es ist ein Roman, den ich nicht schnell weglesen konnte, denn immer wieder musste ich inne halten, das Gelesene reflektieren und auf die aktuelle politische wie gesellschaftliche Lage blicken. Ich hätte mir zwar gerne mehr Einblicke in den politischen Wahlkampf gewünscht und an der ein oder anderen Stelle hatte der Roman seine Längen für mich, aber dennoch spreche ich eine unbedingte Leseempfehlung für dieses hochaktuelle Thema aus!

Bewertung vom 14.10.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


gut

Nette Unterhaltung
Es ist das erste Buch, das ich von der Autorin Alina Bronsky gelesen haben und das ich mit 2,5 Sternen bewerten möchte. Die Geschichte um den intelligenten, aber doch sehr eigenen Oscar und die ältere Moni mit ihren vielen familiären Verpflichtungen, die sich als Mathematikstudenten in einem Unihörsaal anfreunden, versprach eine ungewöhnliche Freundschaft in den Fokus zu nehmen. Und das tut das Buch zweifelsohne, denn Oscar und Moni kommen aus zwei völlig verschiedenen Welten und finden doch zueinander.

Das Buch hat mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht, was insbesondere an Oscar lag, der mit seiner verschrobenen Art doch sehr an Sheldon Cooper aus "The Big Bang Theory" erinnert. Gleichzeitig muss ich sagen, dass die Lektüre nur eine "nette Unterhaltung" für mich war. Die beiden Protagonist*innen und auch Monis Familie sind ausgesprochen klischeehaft gezeichnet und insbesondere die Geschichte rund um Monis Kindheit und ihren Bruder, fand ich mehr als unglaubwürdig.
Außerdem wurde die Geschichte ausschließlich aus Oscars Sicht erzählt, womit dem Buch die Chance auf tiefgründigere Szenen verwehrt geblieben sind. Ich hätte es als Bereicherung empfunden, mehr über Monis Sicht zu erfahren, über ihre Herausforderungen später im Leben zu studieren, das Jonglieren zwischen Familie, Geldverdienen und Studium. Ohne Monis Perspektive blieb die Geschichte doch recht oberflächlich.

Fazit: Nette Unterhaltung mit vielen Klischees und wenig Tiefgang. Für eine entspannte Lektüre und zum Schmunzeln aber durchaus lesenswert.

Bewertung vom 20.09.2024
Das verflixt verfluchte Geisterhaus / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.7
Stronk, Cally

Das verflixt verfluchte Geisterhaus / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.7


ausgezeichnet

Grundschulkind ist begeistert

Aus der Reihe "Die Jagd nach dem magischen Koffer" geht es in Band 7 um "Das verflixt verfluchte Geisterhaus". Das Kindbuch aus der Feder von Sally Stronk vereint eine kindliche Krimigeschichte mit magischen Elementen, was meine Tochter mit Freude gelesen hat.

Mein Tochter besucht die zweite Klasse und ist damit noch Leseanfängerin, dennoch konnte sie das Buch größtenteils alleine lesen, was aus meiner Sicht absolut für dieses Buch spricht. Die Schrift ist schön groß, die Sätze und die Sprache kindgerecht. Außerdem gefallen uns comicartigen Illustrationen sehr gut. Insbesondere die beiden lustigen Schurken sind optisch toll gezeichnet und schon beim Cover war das Interesse meines Kindes geweckt. Dazu kommen die einzelnen Aufgaben und Rätsel, die die kleinen Leser:innen lösen dürfen und die bei uns für Begeisterung gesorgt haben. Gerade in den Büchern zum Selberlesen ist das eine besondere Motivation.

Fazit: Ein tolles Buch! Wir werden sicherlich noch weitere Bände der Reihe kaufen. Große Empfehlung.

Bewertung vom 19.09.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


gut

Viele spannende Themen

Juli, August, September" ist ein Roman von Olga Grjasnowa, den ich in einem Rutsch durchgelesen haben. Wir begleiten hier Lou, sie lebt mit ihrem zweiten Ehemann und ihrer Tochter in Berlin und durchlebt nach einem persönlichen Schicksalsschlag eine schwierige Phase. Ihre Ehe kriselt, sie beschäftigt sich mit ihrer jüdischen Identität und als die Einladung zur Geburtstagsfeier ihrer Großtante aus Israel eintrifft, die die gesamte Familie nach Gran Canaria führen soll, ist sie alles andere als begeistert. Auf Gran Canaria kommen Zerwürfnisse innerhalb der Familie zu Tage und Lou entscheidet, dass sie Antworten in Israel finden muss.

Olga Grjasnowa schafft es mit ihrem Schreibstil, dass ich das Gefühl hatte, die Geschichte tatsächlich von Lou erzählt zu bekommen. Denn der Schreibstil ist recht nüchtern gehalten, was aus meiner Sicht perfekt zu Lou und ihrer aktuellen Gefühlslage passt. Lou wirkt kühl, zynisch und unnahbar, was die Autorin sprachlich wunderbar einfängt. Auch die Spannungen zwischen den Familienmitgliedern, hat die Autorin atmosphärisch sehr gelungen wiedergegeben.

In dem Roman werden viele spannende Themen angerissen, etwa die Frage nach jüdischer Identität, die schweren Jahre der Großmutter um den zweiten Weltkrieg oder der Handlungsstrang um Lous ersten Ehemann, der sich dem orthodoxem Judentum zugewendet hat. Diese Themen haben mein Leseinteresse über den kompletten Roman aufrecht erhalten, es wurde an keiner Stelle langweilig. Doch leider wurde vieles nur kurz angesprochen und nicht weiter vertieft. Ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle ein paar Seiten gewünscht und wäre gerne tiefer in einzelne Handlungsstränge versunken.

Bewertung vom 08.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


gut

Hat mich nicht berührt


"Der Morgen nach dem Regen" von Melanie Lebensohn thematisiert das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis von Johanna und ihrer erwachsenen Tochter Elsa. Johanna hat Karriere bei den Vereinten Nationen gemacht und war in Elsas Kindheit teilweise über Monate in Krisengebieten tätig. Die Beziehung zu ihrer Tochter und ihrem Ehemann hat sich auf Grund der Auslandsreisen und der langen Abwesenheit immer mehr entfremdet. Nach einem folgenschweren Einsatz in Liberia wird die Familie einmal mehr belastet.

Mich hat die Grundidee des Romans - eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung vor einem internationalen Setting - sehr angesprochen. Doch leider konnte mich der Roman nicht berühren, was hauptsächlich daran lag, dass ich die geschilderte Liebesbeziehung und den extremen Liebeskummer der Protagonistin nicht fühlen konnte. Die Liebesgeschichte nimmt einen dominanten Teil in dem Roman ein und driftet mir in manchen Dialogen doch teilweise zu sehr ins rührselige ab. Auch die Zerrissenheit, die Johanna zwischen Familie und Beruf spürt, konnte ich nicht nachempfinden. Bei Johannes Erzählungen fehlte es mir leider komplett an Tiefgang.

Stärken hatte der Roman dann, wenn Elsas Gefühlswelt gezeigt wurde und wenn geschildert wurde, wie sehr sie unter den Auslandseinsätzen ihrer Mutter gelitten hat. Diese Gefühlswelt konnte ich deutlich besser nachvollziehen und verstehen. Auch die Schilderungen der Auslandseinsätze zählte zu den interessanteren Aspekten des Romans, der zuweilen doch auch einige Längen hatte. Auch das Ende war mir zu "kitschig".

Fazit: Mich hat der Roman gefühlsmäßig nicht gepackt. Ich denke aber, dass Leser*innen, die gerne über Mutter-Tochter-Beziehungen gepaart mit Liebesgeschichten lesen, eine gute Lektüre in diesem Buch finden werden. Ich vergebe 2,5 Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Bewegend
"Mein drittes Leben" von Daniela Krien, frisch auf der Longlist zum Deutschen Buchspreis 2024 und aus meiner Sicht mehr als verdient auf der Nominierungsliste.

In diesem Roman begleiten wir Linda, deren einziges Kind tödlich verunglückt. Mit dem Tod ihrer Teenagertochter verliert Linda jeglichen Lebensmut, driftet in eine tiefe Depression ab und schottet sich zunehmend von ihrem bisherigen Leben, ihren Freundinnen und ihrem Ehemann Richard ab. Durch eine Zufallsbegegnung mietet sie einen alten Hof, lebt dort eine Zeit lang zurückgezogen und knüpft einzelne Kontakte zu den Dorfbewohner:innen.

Es ist eines dieser leisen Bücher, in denen wir den Protagonist:innen sehr nahe kommen. Die Geschichte ist aus Lindas Erzählstimme erzählt, die uns an ihren Gedanken und ihrer unendlicher Trauer teilhaben lässt. Ich bin selber Mutter und war entsprechend tief bewegt, habe das Gelesene reflektiert, musste inne halten. Ergriffen hat mich nicht nur die Trauer um Lindas Tochter, sondern insbesondere auch die Beziehung zu Richard, die sich für mich trotz ihrer Belastungen und Entfremdung als eine tiefgründige Liebe liest. Überzeugt hat mich auch das Ende des Romans, das nicht mit einem großen Happy End daherkommt, aber dennoch hoffnungsvoll ist. Denn so sehr ich mir dies als Leserin wünschen würde, so hält das Leben doch selten die große Happy Ends bereit.

Es ist kein leichtes Thema, das Daniela Krien sprachlich überzeugend und gefühlvoll aufs Papier gebracht hat. Trotz der Schwere spreche ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung für dieses Buch aus, welches mich noch lange beschäftigen wird.

Bewertung vom 02.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


gut

Langatmig
Ein stark gehyptes Buch, für das es von mir leider nur 2,5 Sterne gibt.

Vorab: Ich habe schon als Kind "Little Women" von Louisa May Alcott geliebt. Die zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs handelnde Geschichte um vier Schwestern, von denen eine bereits früh verstirbt, gehört für mich zu den schönsten Klassikern. Zu Beginn diesen Jahres wurde dann "Hallo, du Schöne" von Ann Napolitano in Deutschland veröffentlicht. Eine weitere Geschichte um vier Schwestern, die vom Klassiker "Little Women" inspiriert ist und die ich ebenfalls ausgesprochen gerne gelesen habe. So war auch mein Interesse an "Blue Sisters" geweckt. Hier begleiten wir die Schwestern Avery, Bonnie und Lucky, die den Tod ihrer Schwester Nicky verkraften müssen. In "Blue Sisters" spielt das Thema Sucht eine große Rolle, insbesondere Lucky und Avery haben damit zu kämpfen.

Leider konnte mich der Roman nicht überzeugen.
Das mag zum einen daran gelegen haben, dass ich insbesondere mit dem exzessiven Modelleben von Lucky, das von Drogen und Partyexzessen durchzogen ist, einfach nicht viel anfangen kann. Auch Bonnies Thema Boxen, war und blieb mir auch im Roman eher fremd. Außerdem empfand ich Averys Biografie als unglaubwürdig, die nach einer krassen Drogenvergangenheit zur Top-Anwältin geworden ist. Dieser Lebensweg war schlichtweg zu viel des Guten.

Wenngleich ich über diese Punkte noch hinwegsehen kann, war ich mit Blick auf die vielen unnötigen Szenen und langatmigen Dialoge mehrfach kurz davor, die Lektüre abzubrechen. Dem Roman hätten aus meiner Sicht hundert Seiten weniger (insbesondere zu Beginn) sicherlich sehr gut getan. Oder vielleicht hätte die Autorin diese Seiten nutzen können, um ihren Leserinnen mehr über die Kindheit der Protagonistinnen zu verraten? Denn hier scheint die Erklärung dafür zu liegen, warum das Thema Sucht so eine große Rolle in dieser Familie spielt. Es wird angedeutet, wie belastet die Kindheit insbesondere auf Grund des Vaters gewesen ist, aber mir war das einfach zu wenig. Auch die Rolle der Mutter bekam aus meiner Sicht eindeutig zu wenig Raum und wurde am Ende doch etwas schnell abgehandelt. Ebenso hätte ich mir mehr Inhalt zu Nickys Geschichte gewünscht.

Gut ausgearbeitet fand ich hingegen die einzelnen Verhältnisse der Geschwister untereinander. Insbesondere die Spannungen zwischen Lucky und Avery konnten mich überzeugen. Außerdem war Averys Geschichte, ihre Rolle als verantwortungsvolle, älteste Schwester, die Frage nach Mutterschaft, usw., sehr lesenswert.

Fazit: Das war nicht meins!

Bewertung vom 21.08.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


sehr gut

Gesellschaftliche Relevanz
"Als wir Schwäne waren" von Behzah Karim Khani lässt mich mit Blick auf meine Bewertung etwas ratlos zurück. Ohne Zweifel hat der Autor ein beachtliches Gespür für Sprache. Die Seiten sind voll von poetischen, tiefgründigen Sätze, die das triste und von Gewalt geprägte Leben des jungen Protagonisten und seines Bochumer Viertels zum Ausdruck bringen. Der Roman schafft Einblicke in ein problematisches Milieu, über das sicherlich viel gesprochen und diskutiert wird, das letztlich aber wohl nur die Menschen verstehen, die in genau diesen Kreisen leben.
Es steht außer Frage, dass die Inhalte des Romans von gesellschaftlicher Relevanz sind, denn es schildert das Leben junger Menschen, die sich am Rand der Gesellschaft befinden, in Kriminalität und Gewalt abrutschen, sich nicht Zugehörigkeit fühlen.

Ich schätze es sehr, dass Behzah Karim Khani diese Lebensrealitäten zeigt und damit auf eine wachsende Gruppe von jungen Menschen aufmerksam macht, die wir zu verlieren drohen. Gleichzeitig gebe ich zu, dass ich den Roman immer wieder zur Seite legen musste. Es ist definitiv kein Werk, das sich schnell zwischendurch lesen lässt, denn dafür sind die Sprache, die vielen Metaphern und poetischen Bilder doch zu anspruchsvoll. Ich musste Sätze zum Teil mehrfach lesen und bin mir auch im Nachgang nicht immer sicher, ob ich verstanden habe, was der Autor seiner Leser:innenschaft damit sagen möchte.

Auch ist das Buch durch und durch negativ. Der Protagonist fühlt nicht nur eine tiefe Ablehnung und einen regelrechten Hass gegenüber Deutschland, sondern führt aus meiner Sicht auch keinerlei positive Beziehung, etwa zu seinen Eltern oder seinen Freunden. Ich hätte mir doch sehr einen kleinen positiven Lichtblick in dem Roman gewünscht, aber vielleicht ist diese extreme Tristesse auch genau das, was die Geschichte des aus dem Iran geflüchteten Jungen so realistisch macht.

Kurz: Ich schätze die gesellschaftliche Relevanz des Romans sehr, hatte jedoch schlichtweg keine Freude daran ihn zu lesen. Mir war an der ein oder anderen Stelle die Sprache zu verworren, was letztlich meinen Lesefluss gestört hat. Dennoch ist das Buch mit Blick auf seine Inhalte sehr lesenswert! Ich vergebe 3,5 - 4 Sterne.