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valentin julesch
Wohnort: 
berlin

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Bewertung vom 04.12.2010
Wunderblöcke
Willi van Hengel

Wunderblöcke


ausgezeichnet

Wenn Kraft und Sinnlichkeit sich berühren, dann könnte es ein Wunderblock sein. Nur, was ist ein Wunderblock? – Der Autor Willi van Hengel, der wohl schon durch seine Romane „Lucile“ und „Morbus vitalis“ aufgefallen ist, macht keinen Hehl daraus, dass er den Begriff Wunderblock von Sigmund Freud übernommen und nicht ganz uneigennützig für sich uminterpretiert hat: der Sprache bzw. unserem Leben den Stachel ziehen, nur auf Inhalte aus zu sein.
Wenn man also dem Zweck, immer nur pragmatisch denken und sprechen zu wollen, die Luft nimmt – manchmal nimmt uns genau das ja die Luft -, kommt so etwas wie Kunst ins Spiel. Und es beginnt die Verführung.
Die kurzen, in Blockform gehaltenen und teilweise zu Obelisken werdenden Texte wollen an eine Grenze führen, wo Wirklichkeit und Kunst verschmelzen, wo also das Wirkliche nur noch Kunst und Kunst nur noch wirklich sein will.
Vielleicht setzt van Hengel damit alles auf eine Karte. Denn er polarisiert. Gleichwohl ist seine Sprache kraftvoll und sinnlich zugleich. Und das macht ihn so anders. Seine Wunderblöcke sind „lyrische Prosaminiaturen im weitesten Wortwidersinn“; sie lösen sich von „geradelinigen und konventionellen Erwartungen hinsichtlich des logischen Verstehens“ (S. 100).
Zwischen den Zeilen blüht stets die Tendenz zur Tilgung zwischen ästhetischem Gebilde und Realität (Odo Marquard) auf, was die Texte überaus lesbar, ja fast süffig, aber auch subversiv macht. Sie entziehen sich halt dem direkten einfachen Verstehen.
Man versteht oder besser: fühlt dennoch alles.
Mein Fazit: subversiv kaufen! Unbedingt.

Valentin Julesch

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.