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Chimiko

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2013
Mordschwarzwald
Leix, Bernd

Mordschwarzwald


ausgezeichnet

Meine Meinung

Und schon wieder Baden-Württemberg in Aufruhr, ein neuer Fall für unsere Wutbürger hier, die ja schon seit Stuttgart 21 in aller Munde sind. Dieses Mal allerdings geht um den Nationalpark im Nordschwarzwald. Und geht es zwischen den Gegner und Befürwortern ganz schön heftig hin und er. Und gerade in Baiersbronn brodelt die Stimmung besonders heftig. Das geht von Scheißehaufen auf Mercedeshauben über tote Katzen an der Tür bis hin zum Brand eines großen Hotels. Gerade letzteres hat mich unangenehm an einen Brand von 2008 erinnert, als am Mummelsee, der wahrscheinlich ebenfalls Teil des Nationalparks sein wird, ein Hotel vollständig abgebrannt ist. Tatsächlich ähnelt dieser Brand dem des Buches in manchen Dingen sehr, zumindest für mich. Doch zurück zum Buch: Schließlich wird Kommissar Lindt zusammen mit Frau und Kollegen undercover als französischer Tourist eingeschleust und soll ermitteln. Wie weit werden die verschiedenen Parteien noch gehen?

Puh... ehrlich, das war stellenweise beängstigend. Durch Leix' Stil hat das Buch etwas sehr, manchmal zu Reales bekommen. Es gab Momente, da kam es mir so vor, als hätte ich einen Bericht der Ereignisse vor mir liegen, einfach nur eine Zusammenfassung von Dingen, die geschehen sind. Wäre nicht Lindt als Ermittler dabei gewesen - zusammen mit seinen Karlsruher Kollegen -, hätte ich nicht alles für Fiktion gehalten.
Leix gelingt nicht nur die Darstellung der Schwarzwälder und ihrer kleinen Eigenarten hervorragend, sondern auch die Entwicklung, dieses Hochschaukeln, diese Aufregen anhand von Kleinigkeiten. Es ist wirklich erschreckend, da kann ich mich nur wiederholen, wie einfach es ist, diese Leute austicken zu lassen und wirklich dumme Dinge anzustellen. Hier wird nicht übertrieben, nicht künstlich aufgebauscht, es passiert einfach und endet letzten Endes auch in Straftaten.

Sehr schön fand ich auch, dass beide Seiten zu Wort kamen, beide Seiten ihre Probleme erklärt haben. Lindt wird hier als neutraler Vermittler eingesetzt, denn - und das unterstreicht das Realistische dieses Buches - die Polizisten des betroffenen Gebietes sind das schon lange nicht mehr. Wie auch? Ich kann bei de Seiten gut verstehen, doch letzten Endes ist es noch etwas anderes, diese verschiedenen Seiten auf Pressekonferenzen zu hören oder Leserbriefe zu lesen oder irgendwelche Berichte, denn hier, in diesem Buch, wird die große Problematik innerhalb nur eines Ortes richtig aufgezeigt. Und es ist einfach ein Unterschied, ob ein Mitglied des Landrats oder irgendein Gegner (sucht euch was aus) darüber streiten, die noch vom Ort des Geschehens entfernt sind.

Gelungen ist auch das Cover, denn Fliegenpilze findet man auch auf den wechselnden Bilder der Seite des Nationalparks Nordschwarzwald. Der Bezug gefällt mir gut. Aber was hier auch besonders auffällt, ist das Motiv auf der... Innenseite des Buchumschlages, dort findet man nämlich genau diese Fliegenpilze noch einmal. Aber diese sind in Grautönen gehalten, was gleich viel bedrohlicher wirkt.

Fazit

Das Buch hat mich wirklich stellenweise entsetzt, weil die Charaktere einfach so lebensnah, so realistisch gehandelt haben, dass ich mich oft wie in einem Tatsachenbericht fühlte. Die Pro- und Contra-Seiten wurden schön ausgearbeitet, auch hier sehr lebensnah an den Ängsten und Gedanken, die die Anwohner betroffener Dörfer und Städte sich machen können. Ich finde es wirklich gut, dass ein Roman sich mit diesem - für unsere Gegend - sehr aktuellem Thema auf diese hervorragende Art und Weise beschäftigt.

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Bewertung vom 07.04.2013
Auracle
Rosati, Gina

Auracle


sehr gut

Meine Meinung

Anna hat die besondere Fähigkeit, ihren Körper zu verlassen und nur als reine Energie zu existieren und hinzugehen, wo sie möchte. Einzig und allein ihr bester Freund Rei weiß von dieser Fähigkeit, vor allen anderen hält sie es geheim, auch vor Seth, dem dritten im Bunde ihrer Freundschaft. Doch als dann etwas Schreckliches geschieht, besetzt Taylor Annas Körper, ausgerechnet Taylor! Und für Anna beginnt ein Kampf ums Überleben, bei dem nur Rei ihr zur Seite stehen kann.

Wer hätte nicht gerne die Fähigkeit, sich innerhalb eines Sekundenbruchteils an einen anderen Ort zu beamen, wo man auch hin will? Vielleicht in das All oder einen Vulkanausbruch beobachten? Oder einfach nur am Strand rumhängen? Möglicherweise mit wilden Tieren durch die Gegend ziehen? All das kann Anna und all das probiert sie auch aus. Sie ist einfach eine neugierige Jugendliche, die eine besondere Fähigkeit hat und diese auch ausgiebig nutzt. Doch der wahren Möglichkeiten wird sie sich erst im Verlauf der Geschichte bewusst. Ansonsten ist Anna eher unauffällig, sie gehört nicht zu den Beliebten, ist eher ruhig und schüchtern und auch nicht auf Kerle aus.
Ganz anders Taylor, die es vor allen Dingen mit allen Mitteln auf Seth abgesehen hat. Sie kleidet sich sehr freizügig, legt gerne MakeUp auf und gehört zu den beliebten Mädchen, aber auch zu den klügsten. Sie ist das komplette Gegenteil von Anna und da man auf Annas Seite steht, wird einem Taylor nicht unbedingt sympathisch. Positiv fand ich jedoch, dass am Ende wenigstens ein kleiner Einblick in ihr Denken gegeben wird und sie sich dem Leser etwas mehr öffnet. Der Teil hat mir sehr gut gefallen.
Rei ist ein interessanter Charakter, er betreibt Kampfsport, joggt gerne mit Seth, betreibt aber auch Krafttraining und meditiert. Er liebt seine kleine Schwester, ist in der Schule hervorragend, sieht auch noch gut aus und setzt sich immer für andere ein. Er hilft seiner Mutter usw. Kurzum: Er ist eigentlich schon fast zu perfekt. Aber andererseits passt vieles davon hier einfach in seiner kulturelle Abstammung: Wir alle kennen doch die Berichte von asiatischen Kindern und Jugendlichen, die scheinbar in allem, was sie tun, perfekt sind und das Beste erreichen wollen. Trotz diesem Hintergrund bleibt Rei sehr sympathisch und auf dem Boden. Auch seine Freundschaft zu Anna ist bombenfest, obwohl die ja nun eigentlich nicht in sein Leben passt, genauso wenig wie Seth, denn beide sind alles andere als perfekt.

Die Idee hat mir sehr gut gefallen, diese Möglichkeit, sich so zu befreien, einfach fantastisch! Auch die Erklärungsversuche, die Rei anstellt, was mit Anna passiert, fand ich an und für sich als Laie logisch und stimmig. Sehr schön gelungen war der Aufbau des Buches, denn man stürzt nicht in das Geschehen hinein, sondern lebt erst eine Weile mit Anna und lernt ihre Fähigkeiten kennen. Es ist nicht hektisch oder überzogen, aber auch nicht langweilig. Der Grund für Taylors Aufenthalt in Annas Körper wird systematisch entwickelt und herangebracht. Es ist in sich stimmig, logisch und eben... ich kann mich nur wiederholen, es ist nicht überstürzt. Die Autorin hat sich Zeit gelassen für Charakter- und Storyentwicklung. Einziger kleiner Minuspunkt ist für mich die Lösung des Problems, die zwar an sich sehr sinnvoll ist, doch sehr überraschend kam. Hinzu kommt dabei, dass ich den Ort dieses Geschehens und vor allen Dingen auch den Zeitpunkt etwas ungünstig gewählt und konstruiert fand.

Fazit

Tolles Buch, das einen langsam gefangen nimmt und eine innovative Grundidee hat.

Bewertung vom 25.03.2013
Die Welt auf dem Kopf
Agus, Milena

Die Welt auf dem Kopf


sehr gut

Meine Meinung

Die Protagonistin lebt in einem großen Haus, das in mehrere Wohnungen unterteilt wird. Unter ihr wohnt Anna, herzkrank und arm, so dass sie mehrere Jobs gleichzeitig annehmen muss. In der Wohnung oben wohnen die Johnsons, er ein amerikanischer Violinist, bereits älter, ein musikalische Genie und ein Wirrkopf, sie eine Sardin, was sie allerdings verleugnet. Als Mrs Johnson auszieht, bittet Mr. Johnson die Protagonistin um Hilfe, da er dringend eine Haushälterin sucht. Sie verschafft Anna diesen Posten und daraus entsteht eine Liebesgeschichte.

Die Protagonistin erzählt in Ich-Form, ihren Namen - Alice - erfährt man erst sehr weit hinten, und ich bin mir nicht unbedingt sicher, ob er so stimmt oder nicht. Warum diese Unsicherheit da ist, werdet ihr noch verstehen, aber zuerst mal zurück zu Alice: Alice ist eine Träumerin, sie träumt beispielsweise davon eine Sexgranate zu werden, schreibt Gedichte, sieht sich gerne Schiffe oder den Kuckuck einer Kuckucksuhr an. Ihre Gedanken sind oft schon als philosophisch zu beschreiben und vor allen Dingen der Selbstmord ihres Vaters sowie der Wahnsinn ihrer Mutter haben deutliche Spuren hinterlassen. So sinniert Alice über das Leben, die Liebe, wie es wohl wäre, eine Sexgranate zu sein und ihre Nachbarn. Tatsächlich erfährt man über sie selbst nicht ganz so viel wie beispielsweise über Anna oder deren Tochter Natasche. Man weiß von Alices tragischer Geschichte, man liest ihre Gedanken, man hat ihre Wohnung vor Augen und doch ist sie etwas verschlossen, weil sie sich so sehr auf ihre Außenwelt konzentriert.
Anna hingegen wird deutlich beschrieben, ihre Art, ihre Wirkung, ihr Aussehen, ihre Reaktionen und auch ihre früheren Beziehungen werden Thema. Sie ist ein offenere, schon als naiv zu bezeichnender Mensch, der sich selbst gegenüber viel zu streng ins Gericht geht. Ich mochte ihre Art und Weise, ihre Begeisterung für die Wohnung oben und diese liebevolle Bezeichnung "das gute Zimmer".
Und auch Mr. Johnson ist ein toller Charakter, ich mag seine Eigenarten und seine Schusseligkeit sehr. Es passt einfach zu diesem Menschen, der sich so sehr in Musik verlieren kann, dass er alles rundherum vergisst.
Dies sind nicht die einzigen Charaktere, auch der Sohn der Johnsons oder Annas Tochter Natascha und Alices Verwandtschaft kommen vor, doch das würde zu viel verraten. Ich möchte nur so viel sagen, dass ich jeden dieser Charaktere auf die ein oder andere Weise ins Herz geschlossen habe.

Allein schon die Aufteilung des Hauses ist hier durchdacht, denn die drei Protagonisten kommen aus drei verschiedenen Welten: Anna ist arm, sie lebt unten in einer Kellerwohnung, Alice, die Ich-Erzählerin, kann man schon als guten Mittelstand bezeichnen, daher lebt sie in der Mitte, und die Johnsons, die sind schlicht und ergreifend reich und leben oben in großen lichten Räumen. Und durch die Mitte vermischt sich dann im Laufe des Buches alles. Ob und wie diese Vermischung endet, will ich euch jetzt nicht vorwegnehmen.
Allgemein ist das Buch sehr feinfühlig und auch sehr philosophisch. Jeder Satz war eine Freude und eine Überraschung zugleich. Es gibt Wendungen, die unerwartet sind, und Wendungen, die einfach unglaublich sind.
Gegen Ende des Buches kann man stellenweise nicht einmal unterscheiden, was ist hier Fiktion und was Fiktion in dieser Fiktion. Milena Agus gelingt es, dies so verschmelzen zu lassen, dass ich am Schluss mit einem Fragezeichen zurückblieb. Es ist somit auch eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt, und die lange nachwirkt, weil man einfach darüber grübelt, was denn nun der Wahrheit entsprach. Faszinierend!

Fazit

Eine Geschichte voller Philosophie und Schönheit über die neue Liebe im Alter und was diese alles bewirken kann. Zugleich verschwimmen hier die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion innerhalb einer Fiktion und dies regt zum Nachdenken an.