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frischling
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HTK

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Insgesamt 7 Bewertungen
Bewertung vom 21.10.2011
Die Larve / Harry Hole Bd.9
Nesbø, Jo

Die Larve / Harry Hole Bd.9


sehr gut

Alles war neu. Nichts war anders.
Ein warmer Osloer Sommer – Und dann wäre da noch wie immer Nesbøs Spezialist für Gewaltverbrechen: Der Enddreißiger Harry Hole mit dem schönen Mund, der nach 3 Jahren gerade aus Hong Kong zurückgekehrt ist. Doch schnell muss dieser feststellen: „Alles war neu. Nichts war anders.“ Der alte Konkurrent Mikael Bellman ist inzwischen die Karriereleiter weiter hochgefallen, Beate Lonn arbeitet immer noch als Pathologin, das Hotel Leons ist abgewohnt und heruntergekommen wie eh und je. Mithilfe alter Kontakte und Seilschaften ermittelt Hole auf eigene Faust im Drogenmilieu Oslos und versucht herauszufinden, wer sich hinter dem Decknamen „Dubai“ verbirgt und den schwunghaften Violinhandel kontrolliert. Dabei stürzt auch Harry Hole selbst immer wieder ab, konsumiert Drogen und Alkohol. Er scheut vor nichts zurück, um seiner „Familie“ Rakel und Oleg beizustehen, an dessen Unschuld er weiterhin glaubt. Durch Kombinationsgabe und Intellekt gelingt es ihm auch den Maulwurf in den eigenen Reihen zu identifizieren, der als „Brenner“ fungiert.
Bis hin zur Selbstaufgabe verstrickt Nesbø seinen Expolizisten in diesen Fall, sodass man als Leser bangt und wünscht Harry möge sich nochmals aufraffen, dem Dunkel entkommen und den nächsten Jim Beam ordern.
Unterteilt in eine Art 5Akter erzählt der Autor aus verschiedenen Perspektiven den Tathergang und rollt diesen sozusagen von hinten auf. Den Leser erwartet eine gelungene Mischung aus skandinavischem Krimi und ansprechender Literatur mit viel Dynamik und Dramatik und sehr intimen Einblicken in Harrys Innen- und Gefühlsleben. Auch in Methoden und Vorgehensweisen der Drogenmafia hat sich Nesbø eingearbeitet und spart nicht an grausamen Details (zjuk – der Käfer; Kreidebotschaften auf dem Friedhof, Fußballtrikots als Erkennungszeichen). Den norwegischen bzw. englischen Titel (Gespenst/Phantom) finde ich allerdings passender ausgewählt, da er das wenig Greifbare gegen das Hole zunächst ankämpfen muss, besser charakterisiert.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2011
Nichtschwimmer
Wegener, Felix; Stolz, Matthias

Nichtschwimmer


sehr gut

Sie ist der Chef und ich der Praktikant... denkt der gebeutelte Felix, den seine Freundin Sonja zwecks Kinderwunsch zum Urologen schickt, um ein Spermiogramm machen zu lassen. Natürlich ist er überzeugt, dass es nicht an ihm liegen kann und "seine Jungs" vollkommen in Ordnung und keinesfalls "Nichtschwimmer" sind. Denn die Probleme haben ja immer nur die anderen... Ob dem wirklich so ist?

Mit viel Humor und Sympathie beschreiben die Autoren Wegener und Stolz diesen Gang zum Arzt und die Gedanken des Mannes, die vielleicht viele Betroffene nachvollziehen aber viele nicht aussprechen wollen. Auch das Cover ist nett gestaltet und man weiß gleich, was mit dem Begriff "Nichtschwimmer" in diesem Fall gemeint sein könnte. Jeder, der sich mal mit dem Thema auseinandergesetzt hat, muss bei diesem Buch oftmals schmunzeln und fühlt sich sowohl ertappt als auch verstanden. Neu, dass sich auch ein Männerduo mal dieses Themas annimmt - und eigentlich verwunderlich, dass es erst jetzt geschieht, da es ja genauso viele Männer wie Frauen betrifft! Eine kurzweilige, humorvolle und mutmachende Lektüre, die Spaß macht und aufbaut.

Bewertung vom 30.11.2010
Das Wesen
Strobel, Arno

Das Wesen


sehr gut

Aachen 2009: Die Kommissare Menkhoff und Seifert suchen nach einem verschwundenen kleinen Mädchen. Bereits 1994, bei Alexanders Seiferts erstem Fall, handelte es sich um die Entführung und den Mord an einem Kind. Der vermeintliche Täter damals: Psychologe Dr. Joachim Lichner, spielt auch dieses Mal wieder eine Rolle. Die Polizei erhält einen anonymen Hinweis auf seine Wohnung. Alles nur Zufall? Bei der Wohnungsdurchsuchung wendet sich der Doktor hilfesuchend an Kommissar Seifert und bittet ihn, darauf zu achten, "dass keine falschen Beweismittel in seiner Wohnung deponiert werden". Seifert weist ein solches Verhalten brüsk zurück. Wofür ist das neu gestrichene Zimmer in Lichners sonst so verwahrloster Wohnung? Die Kommissare werden stutzig und Bernd Menkhoff ist sich sicher, dass Lichner auch dieses Mal erneut zum Täter wurde. Irgendwie gibt es auch Verbindungen zu Menkhoffs und Lichners psychisch kranker Exfreundin Nicole. "Das Wesen" des Täters offenbart sich jedoch erst nach und nach. Mehr soll hier allerdings noch nicht verraten werden!

Erneut schafft es Arno Strobel den Leser zu fesseln und mit dessen Neugierde zu spielen. Kurze Kapitel, rasante Szenenwechsel wie im Film, unangestrengter Satzbau, Rückblenden ins Jahr 1994 und Verbindungen zwischen den beiden Fällen. Das Buch liest sich "ratzfatz" und man ist verblüfft, dass man "schon durch" ist. Die Spannung entsteht für mich jedoch hauptsächlich durch die Zeitsprünge, die der Autor gekonnt platziert, sodass man unbedingt noch den nächsten Abschnitt lesen muss, um zu erfahren, wie die Geschichte im Jahr 2009 nun weitergeht. Ca. ab der Buchmitte bewegt sich Strobel fast ausschließlich nur noch in der Gegenwart, sodass man gedanklich nicht mehr viel springen muss. Ich hätte mir noch eine stärkere Entwicklung der Charaktere zwischen 1994 und 2009 gewünscht, da wäre eventuell noch mehr Potential im Privatleben der Polizisten auszuschöpfen gewesen.

Die "Treppe ins Dunkle" auf dem Cover ist gut ausgewählt, da sie zu den menschlichen Abgründen passt, in die man in diesem Buch gut eintauchen kann. Lange schwankt und bangt man als Leser auf der Suche nach dem wahren Täter mit – die Auflösung finde ich maliziös und gelungen, darauf kommt man selbst als geübter Thrillerleser nicht unbedingt in dieser Gänze, selbst wenn man während der Lektüre so einige Vermutungen und Ahnungen entwickelt. Ein teuflischer Plot, ansehnlich verpackt. Nette Gimmicks auch das passende Lesezeichen und der Hologrammsticker, wir nähern uns langsam wohl auch in Deutschland an fremdsprachige Buchaufmachungen wie in USA oder GB an. Arno Strobel – gerne wieder! Allerdings finde ich, dass in aktuellen Thrillern und Krimis das Thema Kindesentführung gerade mal wieder Hochkonjunktur hat - vielleicht gibt es bald auch wieder andere Strömungen in diesem Genre.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2010
Engel aus Eis / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.5
Läckberg, Camilla

Engel aus Eis / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.5


ausgezeichnet

Interessiert studiert Erica die zartblauen Tagebücher ihrer Mutter, die zunächst deren alltägliches Leben als junges Mädchen in den 40er Jahren in Schweden schildern. Zur Clique ihrer Mutter gehörten Personen, die teilweise immer noch in Fjällbacka leben. Die Brüder Erik und Axel Frankel, die hübsche Britta Johansson, der aufbrausende Frans Ringholm und der geheimnisvolle Norweger Hans Olavsen. Erica entschließt sich, diese aufzusuchen, um endlich mehr über ihre Mutter zu erfahren. Innerhalb von 2 Monaten sterben der zurückhaltende Historiker Erik und Britta unter ungeklärten Umständen, was Erica stutzen lässt, zumal sie mit beiden gerade erst kurz vorher Kontakt aufgenommen hatte. Hat der heute noch nazionalistische eingestellte Frans etwas mit den Morden zu tun? Und was ist aus dem Norweger Hans geworden? Camilla Läckberg entfaltet ihre Story bedächtig - sie lässt sich Zeit, ohne zu langweilen. Eine glaubwürdige und interessante Geschichte zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie ein erfrischender Erzählstil. Die Autorin schreibt wieder einmal zutiefst faszinierend, aufwühlend und packend und schafft es gleichzeitig, die Biographien der vielen, lebensnahen Figuren gekonnt einfließen zu lassen. Die Lektüre lässt einen lange nicht los und stimmt nachdenklich. Wieder einmal ist dies kein Krimi wie jeder andere, der eine abgedroschene, vorhersehbare Story nochmals aufwärmt, sondern neue eigene Ideen gekonnt inszeniert, ohne dabei künstlich oder verkrampft zu wirken.

Bewertung vom 08.07.2010
Die Spur der Kinder
Winter, Hanna

Die Spur der Kinder


sehr gut

Reinheit und Tod südöstlich vor Berlin
In ihrem spannungsgeladenen Krimi "Die Spur der Kinder" nimmt Hanna Winter den Leser mit auf eben diese. Nämlich die Spur vermisster Kinder im Umkreis Berlins. Die Autorin Fiona Seeberg, die den Verlust ihrer Tochter Sophie immer noch nicht verwunden hat und deren tägliches Ritual aus einem Spielplatzbesuch besteht, soll Kommissar Piet Karstens bei seinen aktuellen Ermittlungen weiter helfen, denn wieder sind Kinder spurlos aus derselben Tagesstätte wie ihre Tochter verschwunden. Gleichzeitig wird ein junges Mädchen in einem Bungalow im Wald gefangen genommen, in dem sich auch ein vermisster vierjähriger Junge aufhält. Hanna Winter vermag es achterbahnartig Spannung, Beklemmung und Gäsehaut zu transportieren und von der ersten Seite an zu fesseln. Das Szenario gleicht einem emotionalen Albtraum, der nach Aufklärung verlangt. Die Auflösung der Täter ist unerwartet - dennoch hätte ich persönlich mir eine genauere Durchleuchtung ihrer Motive gewünscht. Gegen Ende nimmt das Buch stilistisch etwas ab, das vermeintliche "Happy End" finde ich etwas konstruiert. Super gefallen hat mir jedoch das reliefartig gestaltete Cover, das einige stilisierte Blutspritzer und ein Springseil zeigt und "fühlbar" macht - sehr ansprechend, macht sehr neugierig und stellt man sich auch als TB so gerne ins Regal!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.06.2010
Schneewittchen muss sterben / Oliver von Bodenstein Bd.4
Neuhaus, Nele

Schneewittchen muss sterben / Oliver von Bodenstein Bd.4


sehr gut

In ihrem Taunuskrimi beschreibt N. Neuhaus die Situation des Insassen Tobias Sartorius, der nach Verbüßung seiner Haftstrafe in sein Heimatdorf zurückkehrt, da ihm an sozialen Kontakten nur seine Eltern und seine Klassenkameradin Nadja geblieben sind. Die Dorfgemeinschaft wird als typische Idylle mit ihren Beziehungsgeflechten und oberflächlich heilen Strukturen dargestellt, in der jeder jeden kennt und miteinander verbandelt ist. Unter der heilen Fassade brodelt es jedoch mächtig, als Tobias in sein Elternhaus zurückkehrt und auch noch mit einem jungen Mädchen gesehen wird, das den damals verschwundenen und brutal ermordeten Klassenkameradinnen Laura und Stefanie (Schneewittchen) sehr ähnelt. Man fragt sich als Leser, was der Autist Thies mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun haben könnte und mit welchen Druckmitteln der mächtige Rädelsführer Terlinden scheinbar die komplette Dorfgemeinschaft dominiert. Als das Mädchen verschwindet beginnt die Hexenjagd auf Tobias. 100 Seiten lang fiebert man hin- und hergerissen mit und bangt um Amelie. Nele Neuhaus schafft es, den Leser zu fesseln und für ausgezeichnete Krimiliteratur mit viel Lokalcolorit zu sorgen. Ausgezeichnete Unterhaltung und Hochspannung. An manchen Stellen hätte ich mir aufgrund der hohen Anzahl an Protagonisten ein Personenregister gewünscht, in dem man nochmal nachlesen kann, wer wer ist. An manchen Stellen habe ich mich an Hammesfahrs "Puppengräber" erinnert gefühlt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2010
Schneller als der Tod / Pietro-Reihe Bd.1
Bazell, Josh

Schneller als der Tod / Pietro-Reihe Bd.1


sehr gut

Ein medi-zynischer Kriminalroman
Josh Bazell unterhält den Leser in seinem Erstlingswerk auf unterhaltsame und professionelle Art und Weise.
Sein Erzählstil ist lesenswert, lebendig und sehr zynisch, nichts für Zartbesaitete. An manchen Stellen fühlt man sich an einen rabenschwarzen Humor im Stile „Monthy Pythons“ erinnert, die Kampfszenen im Haifischbecken lassen einige James Bond-Bilder vor dem inneren Auge wieder aufleben.
Das Hin- und Herspringen zwischen den verschiedenen Phasen im Leben des schrägen Vogels Dr. Peter Brown (heute Assistenzarzt im Krankenhaus - früher Mafiakiller) ist zunächst gewöhnungsbedürftig, man kann sich aber schnell darauf einlassen und ist neugierig auf den Fortgang der Geschichte und das Zusammenlaufen der beiden Erzählstränge. Sehr bemerkenswert fand ich die Beweggründe des Arztes, der Mafia beizutreten. Diese basieren nämlich auf seiner Sehnsucht nach einer Familie und seiner Suche nach Geborgenheit - Motive, die in dieser Form wohl eher selten sind, die sich für ihn aber in Form der Familie Locano und seines Freundes „Skinflick" zu erfüllen scheinen. Seine Liebe zu Magda und seinen Großeltern macht einem den Protagonisten fast sympathisch, nach dem Prinzip „rauhe Schale- weicher Kern“.
Viele zusätzliche Erklärungen für den medizinischen Laien finden sich in den zahlreichen Fußnoten, so erfährt der interessierte Leser einige pikante Details über Bänderrisse, blaue OP-Bekleidung, Herzalarm und Antiviralia.
Man merkt, dass Bazell die Realitäten in Krankenhäusern selbst gut kennt und genau abgebildet hat.
Bevor es zu blutig wird, streut der Autor immer wieder gekonnt einige zynische Anmerkungen ein, die einen vom eigentlich brutalen, tragikomischen Geschehen ablenken. An einige Stellen habe ich mich allerdings gefragt, ob das Abgleiten in die Fäkalsprache hier wirklich nötig gewesen wäre, da einige Passagen schon sehr vulgär sind; möglicherweise setzt Bazell diese aber auch sehr gezielt ein, um zu schockieren.
Fazit: Unterhaltsam, professionell geschildert, lesenswert, mal was ganz anderes.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.