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Barbara
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Remscheid

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Insgesamt 205 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2025
Fox, Candice

Devil's Kitchen


ausgezeichnet

Wie immer bei Candice Fox geht es um etwas zwielichtige Gestalten, es wird brutal und sehr spannend. Diesmal spielt ihr Thriller im Feuerwehr-Milieu, wo die Crew von Engine 99 tatsächlich sehr viel mehr tut als Brände zu löschen. Die private Ermittlerin Andy wird auf die Gang angesetzt und ermittelt undercover und mit Einsatz ihres Lebens in einer harten und gewaltbereiten Männerwelt.
Einzig wirklich sympathischer Charakter in dieser Gruppe ist Ben, obwohl auch der an Verbrechen beteiligt ist. Aber er hat einen weichen Kern, leidet noch unter seiner Kindheit und träumt von einem Leben als liebevoller Familienvater. Auch Andy ist eine krasse Frau, die ihre weiche Seite nicht wahr haben will. Sie kniet sich völlig in ihre Fälle rein und verändert dafür ihr gesamtes Leben. Was für ein Leben, bei dem man sich immer vollständig an eine neue Rolle anpasst.
Wie realistisch dieses Szenario von Candice Fox ist weiß ich nicht. So kann ich mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass sich Andy in ein paar Tagen trotz Crash-Ausbildung als Feuerwehrfrau alles draufschaffen kann, was man wissen muss. Manche Szenen finde ich ein bisschen übertrieben brutal, aber auch das bin ich von der Autorin gewöhnt. Die Figur von Matt ist da schon extrem.
Ein knallharter Thriller mit interessanter Hintergrundgeschichte, der gut unterhält.

Bewertung vom 09.07.2025
Capes, Kirsty

Girls


ausgezeichnet

Im Mittelpunkt dieses Romans von Kirsty Capes stehen die beiden Girls Matilda und Nora, die beiden Töchter der gefeierten Künstlerin Ingrid Olssen. Ihre Kindheit war alles andre als harmonisch und liebevoll, die Skandale und Exzesse der Mutter überschatten ihr Leben bis in die Gegenwart. Jetzt ist die Mutter tot und vor allem Matilda weigert sich, die Künstlerin in einer großen posthumen Retrospektive feiern zu lassen. Doch dafür müssen sich die beiden Schwestern erst einmal wieder annähern und Ereignisse aus der Vergangenheit aufarbeiten.
Der Roman wird aus der Sicht von Matilda erzählt, sie ist hier die Protagonistin, die die Geschichte zusammen hält. 9 Jahre älter als ihre Schwester ist sie es, die an der Verantwortung für Noras Leben gescheitert ist weil sie sich entschieden hat, sich selbst zu retten. Sie wird mit 16 Mutter und die Liebe zu ihrer Tochter Beanie ist überwältigend. Es scheint so, als versuche sie mit ihr all das richtig zu machen, was ihre eigene Mutter versäumt hat. Doch Beanie ist auch nur ein Teenager mit allen Höhen und Tiefen und so ist die Beziehungen zwischen den beiden erfrischend und lebendig dargestellt.
Nora ist eine schwer traumatisierte junge Frau, die die Vernachlässigung in ihrer Kindheit und das Verlassen werden durch die Schwester nie ganz verkraftet hat. Selber Künstlerin driftet sie zwischen Ruhm und Absturz am Rande des Lebens entlang. Die Beschreibung ihres Lebens ist zutiefst traurig und wird von Capes gefühlvoll und eindringlich erzählt.
Besonders berührt hat mich die schwierige Annäherung der beiden Schwestern mit all ihren menschlichen Facetten.
Aber auch mit Ingrid Olssen hat man trotz ihres Lebenswandels irgendwie Mitleid. Völlig überfordert zwischen ihrer Kunst und dem Leben als Mutter ist sie manisch depressiv, Alkohol-, Tabletten- und Drogenabhängig und phasenweise völlig hilflos.
Kirsty Capes gelingt dieses Porträt der drei Frauen so gut, dass ich tatsächlich anfangs geglaubt habe, es handelt sich bei ihrem Roman um eine Biografie. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass immer wieder Kapitel mit Interviews eingestreut werden, die ein Biograf für ein Buch über Ingrid Olssen mit Familienangehörigen führt.
Ein Buch, dass mich sehr gefesselt hat, so dass die 540 Seiten viel zu schnell vergangen sind. Zugleich ist die Geschichte sehr berührend und auch die Nebencharaktere wie Beanies Vater oder Ingrids Schwester Karoline runden das Bild sehr gut ab. Viele ernste Themen werden behandelt, doch der Autorin gelingt es, sie mit einer Leichtigkeit und einer Spur Humor so zu erzählen, dass die Lektüre nicht bedrückend ist.
Ein wunderbares Buch, vor allem für Frauen zu empfehlen.

Bewertung vom 02.07.2025
Scheffler, Axel;Green, Alison

Willkommen. Ein Buch über Freundschaft


ausgezeichnet

Das neue Buch von Alison Green und Axel Scheffler befasst sich mit Freundschaft und dem Thema Akzeptanz. Die Kernaussage: Wie im kunterbunten Tierreich können auch alle Menschen Freunde werden, egal wie sie aussehen, sprechen, was sie anziehen oder wie sie reden. Sehr schön illustriert mit den bekannten Tieren aus vorherigen Büchern Schefflers zeigt die Autorin hier, dass wir alle etwas dazu tun können, um Freundschaften aufzubauen, füreinander da zu sein oder einfach nur nett zu sein. Erstaunlich kindgerecht für ab 3jährige vermittelt dieses Buch die Botschaft, dass wir alle etwas dazu tun können, dass die Menschen sich willkommen fühlen. Also hier eindeutig die Aussage zu Flüchtlingen, ihnen ohne Befremden und offen zu begegnen. Mit den kurzen aber eindrücklichen Texten und den vielen bunten Illustrationen kommt diese ernste Botschaft sehr gut bei den Kleinen rüber. Es gibt so viele Dinge hier zu entdecken, irgendwo findet jedes Kind sich wieder. Auch für die Vorlesenden ist dieses Buch sehr schön, es lässt neben dem Text Platz zum Geschichten erzählen und auf Details hinzuweisen.

Die Informationen über die Three Peas am Ende sind in meinen Augen eher an die Erwachsenen gerichtet, obwohl der Text kindgerecht geschrieben wurde. Für 3Jährige noch ein bisschen schwierig zu verstehen, für ältere Kinder vielleicht schon Thema. Schön von Anfang an die leuchtend gelben Anfangs- und Endseiten sowie die erste Willkommens-Seite und die Widmung am Schluß.

Ein sehr schönes Kinderbuch, toll illustriert und mit einer ungeheuer wichtigen Botschaft, die hervorragend kindgerecht dargestellt wird. Ein aktuelles Buch, das unsere Kleinsten in die derzeitige politische Lage mit einbeziehen möchte. "Stell dir mal vor, die ganze Welt wäre wie in diesem Buch - alle wären nett und jeder würde sich willkommen fühlen." Tolle Vorstellung.......

Bewertung vom 24.06.2025
Grandl, Peter

Reset


sehr gut

Es ist das reinste Horror-Szenario, das Pater Grandl hier beschreibt: Fake News beherrschen alle Medienkanäle, Videos werden brutal gefälscht und niemand kann mehr wissen, was wirklich wahr ist. Die ganze Welt steht am Abgrund, es drohen Kriege auf allen Kontinenten. Und dieser Thriller ist nicht etwa ein Science Fiction sondern er spielt im Jahr 2024 mitsamt aller zu der Zeit regierenden Politiker. Das macht diese rasante Geschichte rund um KI und digitale Kommunikation um so realistischer, zumal das Thema brandaktuell ist und die Menschheit sehr intensiv beschäftigt.
Es sind viele verschiedene Charaktere, mit denen der Autor rund um den Globus seine Geschichte erzählt. Zur Vereinfachung gibt es am Anfang eine Auflistung der wichtigsten Figuren, falls man mal zwischendurch den Faden verliert. Die Beziehung der Personen untereinander sind manchmal ein bisschen viel, hier wäre vielleicht weniger mehr gewesen. Gut gefällt mir, dass hier führende Köpfe der ganzen Welt intensiv zusammen arbeiten müssen. Und das sind nicht nur die Politiker, sondern neben Wissenschaftlern auch einfache Menschen aus dem Volk, die hier zu Helden mutieren. Egal ob ein Pförtner bei der New York Times oder ein Amateurfunker, der im Kreml als Koch arbeitet: die Menschen halten plötzlich zusammen, wachsen über sich hinaus und helfen einander. Interessant ist, dass nach anfänglicher Hilflosigkeit beim Ausfall aller medialen Technik die Menschen wieder kommunizieren wie früher. Für manchen vielleicht eine Anregung, ob es auch mal ohne Handy geht.
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, die gesamte "Tragödie" ist in drei Akte unterteilt, wovon mir der erste mit Abstand am besten gefällt.
Dieser Thriller ist sehr spannend aufgebaut, gerade der Anfang packt einen mit Grauen und großer Intensität. Das lässt im Laufe der Geschichte ein bisschen nach, was bei so einem hohen Spannungslevel kein Wunder ist. Was mich ein bisschen enttäuscht ist das Ende, es ist mir etwas zu schnell abgehandelt und zu flach.
Das Cover passt hervorragend zum Titel und zum Thema.
Ein sehr aktuelles und spannendes Buch, dass Thriller-Fans gute Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 24.06.2025
Kornmüller, Jacqueline

6 aus 49


sehr gut

Jaqueline Kornmüller erzählt die Lebensgeschichte ihrer Großmutter Lina, zu der sie ein sehr enges und herzliches Verhältnis hatte. 1911 geboren wächst Lina in sehr ärmlichen Verhältnissen auf und wird mit 13 Jahren von zu Hause weg in die Arbeit geschickt. Sie beginnt als Kindermädchen zu arbeiten, dann als Kupferwäscherin in einem Hotel, wo sie bald durch Fleiß und harte Arbeit zum Serviermädchen aufsteigt. Sie erarbeitet sich ein eigenes Hotel, das sie zeitlebens mit viel Begeisterung und Engagement mit Gästen und Leben füllt.
Was sich zu Beginn fast schon bedrückend liest ist ein Leben, dass Lina selber als voll von glücklichen Zufällen empfindet. Die leidenschaftliche Lotto-Spielerin ist dabei immer offen für das Glück, obwohl ihr Lebensweg nicht einfach war. Das Scheitern als Kindermädchen eines behinderten Kindes, die schwere Arbeit als Kupferwäscherin, eine Vergewaltigung mit anschließender Schwangerschaft, der Ehemann dann ein Bigamist - man muß schon sehr positiv denken, um die glücklichen Aspekte in diesem Leben zu würdigen.
Mir gefällt Lina als emanzipierte Frau, die ein Hotel leitet und zusammen mit einer Freundin eine Geschäftsidee umsetzt und eine Firma gründet. Die nebenbei alleine ihre Tochter aufzieht und sich unermüdlich in die Arbeit stürzt. Ihr Verhältnis zur Enkelin scheint besser zu sein als zu ihrer Tochter, warum wird hier nie ganz klar. Nur, dass die Enkelin einen Keil zwischen Großmutter und Mutter getrieben hat.
Der Schreibstil ist ungewöhnlich, es gibt viele kurze Sätze und Wiederholungen von Satzteile. Dazu werden keine Männer-Namen genannt, hier gibt es stattdessen zum Beispiel den Zufallsgast, das Gewissen, den Schwärmer oder einfach nur Du. Frauennamen werden genannt, sie scheinen in diesem Roman wichtiger zu sein, während die Männer eine deutlich untergeordnete Rolle spielen.
Kornmüller erzählt als Ich-Erzählerin, dadurch werden viele Episoden eher aus der Sicht der Enkelin dargestellt. Leider fehlt mir so manchmal die Gefühlslage von Lina, es ist eher eine Aneinanderreihung von Ereignissen, die manchmal in Zeitsprüngen dargestellt werden. Und über ihre Mutter, die immer nur als Linas Tochter bezeichnet wird, erfährt man gar nichts, was ich ebenfalls schade finde. Dafür gibt es kurze Ausflüge in das Leben der Autorin, die ich jetzt hier weniger passend oder interessant finde. Die Darstellung der Nazis und später der Alt-Nazis in Garmisch-.Patenkirchen ist dagegen sehr gelungen und manchmal blitz ein sehr trockener Humor zwischen den Zeilen auf.
Eine außergewöhnliche Lebensgeschichte über eine Frau, die offen für das Glück durch ein hartes aber erfülltes Leben gegangen ist.

Bewertung vom 16.06.2025
Clavadetscher, Martina

Die Schrecken der anderen


gut

Was sich zunächst mit dem Auffinden einer Leiche im zugefrorenen See als Krimi beginnt, entpuppt sich im Laufe der Handlung als genreübergreifende Literatur. Dabei beschreibt Martina Clavadetscher etwas skurrile Personen, die sich alle irgendwie auf der Jagd befinden - um das Bild des Covers gleich mit ins Spiel zu bringen. Da ist der von Phobien geplagte Polizei-Archivar Schibig, der nach der Identität und dem Mörder der Leiche im See sucht. Dann der reiche Kern, der verzweifelt nach einem Weg sucht, mit der eigenen Unzulänglichkeit und Feigheit fertig zu werden und sich gegen seine übermächtige Mutter zu behaupten. Diese fast 100jährige und todkranke Greisin wiederum sucht immer wieder Wege, ihre Macht auszuspielen, zu manipulieren, sich einzumischen und zu erniedrigen. Kerns Frau Hanna wiederum sucht einen Weg um doch noch schwanger zu werden. Und Rosa, die schrullige Alte aus dem Wohnwagen, sucht nach Gerechtigkeit aus der Vergangenheit. Über allem das Thema der Nazis, Neo und Alt gleichermaßen, Bereicherung und Herrendenken, und das in der ach so neutralen Schweiz.
Geschickt versteht es die Autorin, diese so unterschiedlichen Figuren auf ungewöhnliche Art miteinander zu verbinden. Dazu bedient sie sich eines ausgefallenen Schreibstils, der ganz besondere Bilder beschreibt und mich immer wieder innehalten und die Formulierung noch einmal lesen lässt. Manche Sätze sind so lang, dass sie eine ganze Seite oder mehr umfassen ( S.131 ). Viel wird erklärt, aber nicht immer bis zum Ende ausgesprochen. So bleibe ich nach der Lektüre des Buches mit dem Gefühl der Unsicherheit zurück, ob ich diesen Roman wirklich ganz verstanden habe. So viele Schrecken gibt es da zu verarbeiten, dazu die Geschichten über Drachen und Mythen, die Sagen und Legenden. Man ahnt schon im Laufe des Romans, dass es zu einem tragischen Ende kommen wird.
Es ist eine düstere Geschichte, keiner der beschriebenen Charaktere war mir besonders nahe oder wenigstens sympathisch. Mir fehlte etwas der Lesefluss, auch wenn die einzelnen Erzählstränge für sich sehr interessant waren.
Ein anspruchsvoller Roman mit einem ganz besonderen und ausgefallenen Schreibstil.

Bewertung vom 16.06.2025
Noort, Tamar

Der Schlaf der Anderen


ausgezeichnet

Zwei Frauen begleiten wir in Tamar Noorts Roman, die durch ihre Schlaflosigkeit verbunden sind. Sina ist Lehrerin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern, seit Jahren ist sie von Schlaflosigkeit geplagt. Janis lernt sie im Schlaflabor kennen, die dort die Aufsicht hat. Die gelernte Krankenschwester lebt durch ihren Beruf den umgekehrten Tag-Nacht-Rhythmus, so dass ihre Schlafphasen auch nicht sehr ergiebig sind. Die beiden Frauen sind sehr unterschiedlich, spüren aber beide eine gewisse Anziehungskraft aus dem gemeinsamen Schlafproblem.
Schnell wird klar, dass bei Sina die Ursache der Schlaflosigkeit psychische Ursachen hat. Sie lebt in einem Hamsterrad aus Verpflichtungen, ihr Mann fordert für sich Freiräume, die er ihr und sie sich selber nicht zugesteht. Je mehr sie auf Unverständnis für ihr Problem stößt umso mehr zieht sie sich in sich selber zurück. Selbst die Freunde, Kollegin und Schulleitung, sind ihr nicht wirklich nah, sie schottet sich ab und vermeidet sogar den Kontakt zur bemühten Nachbarin. Man leidet mit Sina, wälzt sich mit ihr durch die Nacht, spürt förmlich ihre bis auf die Knochen gehende Müdigkeit. Noort versteht es gut, die Gefühle und die Ohnmacht wiederzugeben, die Sina verspürt.
Janis hingegen lebt alleine, hat sich in ihrem Beruf und der damit verbundenen gesellschaftlichen Isolation eingerichtet. Doch sie ist ebenfalls unglücklich, vermeidet genauso Kontakte zur Außenwelt. Egal ob ehemaliger Kollege oder freundliche Nachbarin, allen geht sie aus dem Weg. Schuldgefühle aus der Vergangenheit lassen sie sich immer weiter abkapseln, bis sie sich seltsam angezogen fühlt von ihrer Patientin Sina.
Als die beiden Frauen sich kennen lernen, entsteht etwas holpernd eine eher ungewollte Freundschaft. Durch den Einfluß der anderen wird beiden klar, dass sie etwas ändern müssen in ihrem Leben.
Mit leichtem Humor beschreibt Noort das Leben dieser beiden Frauen ernst aber gleichzeitig auch sehr unterhaltsam. Dabei werden gesellschaftskritische Themen angesprochen, ohne anklagend den Finger zu heben. Es geht um die Rolle der Frauen in der heutigen Zeit, die bei dem Versuch, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen noch immer deutlich mehr über ihre Grenzen gehen als die Männer. Es geht darum, auch mal genau zuzuhören, was dem anderen fehlt und keine oberflächlichen Ratschläge zu geben. Es geht um die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern, die hier in beiden Fällen eine ganz besondere ist.
Manche Probleme werden nur angerissen und nicht vertieft, gerade über Janis Vergangenheit hätte ich gerne noch etwas mehr erfahren.
Gut gefällt mir das Ende, das relativ viel offen lässt für die Zukunft der beiden Frauen.
Dieser Roman hat mich sehr gut unterhalten und mich gleichzeitig auch zum Nachdenken angeregt. Das Thema Schlaf ist heute für viele Menschen problematisch, dadurch ist dieses Buch zugleich auch sehr aktuell.
Eine unbedingte Leseempfehlung vor allem für diejenigen, die nicht immer gut schlafen.

Bewertung vom 22.05.2025
Nicholas, Anna

Das Teufelshorn


gut

Isabel Flores ist eine ehemalige Kommissarin, die nun auf Mallorca Ferienhäuser vermietet. Als sie bei der Entführung der kleinen Miranda von einem ehemaligen Kollegen um Hilfe gebeten wird, zögert sie nicht lange und setzt alles daran, das Mädchen wieder zu finden.
Mir gefallen die Charaktere in diesem Krimi, die meist sehr liebevoll von Anna Nicholas beschrieben werden. Zudem macht die Kulisse Lust auf Urlaub in Mallorca, die lauschigen Plätze, kleinen Straßen und urigen Cafés sind authentisch dargestellt. Die häufig eingestreuten spanischen Begriffe untermalen den Flair der Insel noch. Hier merkt man, dass die Autorin selber auf Mallorca lebt.
Der Kriminalfall fängt erst spät an ein bisschen Fahrt aufzunehmen. Hier nehmen die Beschreibungen der einzelnen Personen und ihre nicht immer unkomplizierte Beziehung zueinander deutlich mehr Platz ein. Witzige Details, wie zum Beispiel das Frettchen von Isabel, machen den Krimi zusätzlich unterhaltsam. Und auch die vielen Gerichte und überhaupt das Thema Essen wird häufig aufgegriffen.
Auch wenn mir dabei manchmal das Wasser im Mund zusammen gelaufen ist war mir neben der Mallorca-Szene der eigentliche Kriminalfall nicht stimmig genug. Entführung, Morde, Drogenhandel, ein lange vermisster Onkel - und dann kommt die taffe Isabel und zeigt es allen mit ihrer Intuition. Auch wenn mir die Protagonistin sehr sympathisch ist, war mir insgesamt alles ein bisschen zu bemüht, ein bisschen zu viel. Hier wäre in meinen Augen weniger mehr gewesen.
Trotzdem ein unterhaltsamer Krimi, den man am besten im Urlaub auf Mallorca liest.

Bewertung vom 22.05.2025
Kloeble, Christopher

Durch das Raue zu den Sternen


ausgezeichnet

Arkadia ist 13 Jahre alt, als ihre Mutter aus ihrem Leben verschwindet. Zurück bleibt ein junges Mädchen, das überall aneckt: bei den Mitschülerinnen und Mitschülern, bei den Lehrern und dem ganzen bayerischen Heimatdorf. Denn sie ist anders als die anderen, musikalisch hochbegabt, sie denkt in Musik, ihr ganzes Leben ist Musik. Sie setzt sich in den Kopf, in einem Knabenchor zu singen und möchte damit ihre Mutter zurück in ihr Leben holen.
Christopher Kloeble hat einen sprachgewaltigen Roman geschrieben, der einem sehr zu Herzen geht. Die Sprache der Musik ist großartig, mit ihr erzählt der Autor sehr einfühlsam die Geschichte von Arkadia. Für sie hat alles im Leben mit Hören zu tun. "Meine Mutter schreit natürlich professioneller als mein Vater, dafür ist das Schweigen, in das er am Ende stets verfällt, lauter. (S.220) Es sind solche Sätze, die diesen Roman zu etwas ganz besonderem machen. Man fühlt mit dem zornigen jungen Mädchen, spürt ihren Verlust und die Hilflosigkeit des Vaters. Sie ist rebellisch und trotzig, rastet manchmal aus, ist mutig und vorlaut und wächst einem beim Lesen unheimlich ans Herz. Es ringt mir viel Respekt ab, wie Arkadia ihr Ziel verfolgt, beim Knabenchor mitsingen zu dürfen. Wie sie sich dafür erniedrigen und quälen muss ist ihr egal.
Die Figur der Mutter ist tragisch, eine unglückliche Frau mit manischen Depressionen. Die Musik ist ihr ein und alles und damit ihr Mittel, um ihre Tochter zu einem mutigen und starken Menschen zu erziehen. Das Leben in einem bayerischen Dorf ist für jemanden wie sie die Höchststrafe, der Vater verblasst völlig vor seiner Ehefrau.
Aber auch die anderen Charaktere sind stark und interessant, immer wieder für einen Lacher gut die alte Bernhardina. Die Beschreibungen von Arkadias Begegnung mit den Chor-Verantwortlichen und den Proben resultieren sicherlich auch aus der Erfahrung des Autors als Sänger in einem Knabenchor.
Ein großartiges Buch, warmherzig und vielschichtig. Die 240 Seiten lesen sich mit einer unglaublichen Intensität. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die eine tolle Geschichte mal etwas anders erzählt bekommen möchten.

Bewertung vom 19.05.2025
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

In einem Flugzeug sagt eine ältere Damen ungefragt den Passagieren ihre Lebenserwartung und ihre Todesursache voraus. Damit setzt sie bei den Betroffenen eine Flut von Gefühlen frei, die sich zwischen Leugnung und Angst bewegen und ihr Leben verändern wird. Doch wer ist die sogenannte Todesdame und kann man seinem Schicksal entgehen?
Viele verschiedene Personen schildern in zum Teil sehr kurzen Kapiteln in einer Ich-Erzählung ihre Lebenssituation nach der Prophezeiung. Jede einzelne Geschichte davon ist interessant und spannend. Mit viel Empathie beschreibt Liane Moriarty den Schock und die Angst derer, denen ein kurzes Leben und ein plötzlicher Tod vorausgesagt wurde. Dieser Prozess zwischen Unglauben und Hoffnung auf einen schlechten Scherz auf der einen Seite und der Furcht vor der Möglichkeit, dass es doch wahr werden könnte auf der anderen Seite, macht jede Lebensgeschichte zu einer eigenen spannenden Story. Und für alle gilt die Frage, ob man sein Leben verändern und so gegen das Schicksal ankommen kann. Auch die Reaktionen von Freunden und der Familie der Betroffenen sind vielfältig und zeigen eine große Bandbreite an Emotionen. Natürlich drängt sich hier auch die Frage auf, was man selber tun würde in dieser Situation. Eigentlich glaube ich nicht an Wahrsagerei, aber Zweifel bleiben definitiv.
Besonders interessant ist jedoch das Leben der älteren Dame, das immer wieder in kleinen Etappen in eigenen Kapiteln erzählt wird. Hat sie sich als Tochter einer Wahrsagerin ebenfalls den Prophezeiungen verschrieben oder ist alles nur ein großer Irrtum? Ihr eher ungewöhnliches Leben zu verfolgen ist sehr interessant und berührend.
Der Schreibstil hat mir ausnehmend gut gefallen, vor allem die Erzählungen der älteren Dame Cherry sind sehr humorvoll. Das Buch kann man kaum aus der Hand legen, unbedingt möchte man erfahren, ob die Prophezeiungen wahr werden oder nicht. Auch das Ende ist sehr stimmig und beschreibt den Inhalt sehr passend mit einem Zitat von Elisabeth Kübler-Ross, die sich mit dem Kontakt zu Sterbenden befasst hat.
Eine unbedingte Leseempfehlung für jedes Alter und Geschlecht, da hier viele verschiedene Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen beschrieben werden.