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Benutzername: 
Barbara
Wohnort: 
Remscheid

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 03.11.2024
Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2


gut

Es ist der zweite Band des Autoren-Duos über den Kommissar Tomas Wolf und die Journalistin Vera Berg. Die beiden ermitteln zunächst unabhängig voneinander, es geht um zwei bestialische Morde, um Prostitution und schlafende Agenten, das Ganze vor dem historischen Untergang der Fähre Estonia.
Die Themen sind eine brisante Mischung für einen spannenden Krimi, der im frostigen und tief verschneiten Schweden spielt. Leider konnte mich dieses Buch, das optisch sehr ansprechend aufgemacht ist, nicht ganz überzeugen. Das liegt zum Einen an den Charakteren, mit denen ich allen nicht wirklich warm geworden bin. Tomas Wolf ist ein völlig kaputter Mensch, er leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, hat Selbstmordgedanken und schwankt ständig zwischen seinem Gewissen und seiner Abgestumpftheit. Vera Berg ist eine Einzelkämpferin, hat die Kollegen gegen sich und ein Verhältnis mit dem Chef. Sie verhält sich nicht gerade mütterlich ihrem Ziehsohn Sigge gegenüber, ist scheinbar völlig unberührt von den Geschehnissen im Rotlichmilieu und nur hinter einer Erfolgsstory her. Alle Personen sind düster, Kollege Zingo verschwindet immer wieder um in Alkoholexzesse abzutauchen, keiner ist ein Teamplayer oder auch nur wirklich sympathisch. Schrecklich lesen sich die Szenen der Prostituierten, es ist schonungslos dargestellter Alltag und totaler Absturz brutal formuliert. Außerdem stören mich die vielen Anspielungen auf den ersten Teil, die diesen Krimi ohne dessen Kenntnis nicht wirklich zum Leseerlebnis machen. Auch das offene Ende kann mich nicht locken, dem dritten Teil entgegen zu fiebern.
Eine Empfehlung nur für hartgesottene Krimi-Fans, die auch den ersten Teil um Wolf und Berg gelesen haben.

Bewertung vom 01.11.2024
Drei kleine Handschuhe
Bailey, Linda

Drei kleine Handschuhe


sehr gut

Am Beispiel von Handschuhen beschreibt Linda Bailey, wie unschön es sich anfühlt, wenn man ausgegrenzt wird. Sehr niedlich schon in der Namensgebung geht es um Pünktchen und Streifi, die als Paar stark sind und gebraucht werden, während ein Einzelexemplar überflüssig ist. Doch schnell kommt es im Leben anders als man denkt, manchmal wird aus einem Einzelnen ein Paar oder aus einem Paar plötzlich ein Einzelner. Aber auch ein Einzelner ist wichtig und etwas ganz besonderes. Diese Botschaft vermittelt die Autorin kindgerecht und für 4jährige gut nachvollziehbar. Sehr hübsch illustriert wird diese lehrreiche Geschichte von Natalia Shaloshvili durch eher etwas schematischen Darstellungen mit etwas ausgefransten Rändern. Dabei nehmen die Illustrationen den überwiegenden Teil der Buchseiten ein, hier wird also der Fokus sehr stark auf die Bilder gelegt. Das Buch ist relativ großformatig, kann also auch gut vor Gruppen - zum Beispiel im Kindergarten - gelesen werden.
Eine nette Idee für eine wichtige Botschaft, sehr hübsch und ausgefallen für ein Kinderbuch illustriert.

Bewertung vom 28.10.2024
Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen
Brüggemann, Anna

Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen


ausgezeichnet

Ein Roman über die Liebe zwischen Müttern und Töchtern, über Erwartungen, Hoffnungen, Enttäuschungen und den Schwierigkeiten im Umgang miteinander.

Regina ist Psychologin mit eigener Praxis, mit einem mehr geduldet als geliebten Ehemann und zwei Töchtern, die unterschiedlicher nicht sein können: Antonia ist ihre immerwährende Enttäuschung, unsportlich, ohne großen Ehrgeiz, still, durchschnittlich. Wanda hingegen ist ihr Liebling, sie ist eloquent, sportlich, beliebt und zielstrebig. Immer wieder prallen Reginas Erwartungen an ihre Töchter mit deren Versuch zusammen, der Mutter gerecht zu werden.
Von 1998 an begleiten wir in diesem Buch die drei Frauen durch ihr Leben, wobei sich Regina bis zum Schluß absolut treu bleibt. Sie ist extrem ich-bezogen, fühlte sich schon in ihrer Kindheit nicht genug von den Eltern unterstützt. Kein Mensch kann ihr gefühlt wirklich das Wasser reichen, ihr Ehemann Sven ist langweilig, erfolgreichere Frauen als sie hatten bessere Chancen, sie erteilt Ratschläge, ist gehässig, ungerecht, fordernd und immer im Recht. Sie fühlt sich als gute Mutter, übersieht dabei die Magersucht von Wanda und ihre Gehässigkeit Antonia gegenüber. Man liest sich durch die Jahre ihres Lebens und fragt sich fassungslos, wie eine Mutter dauerhaft so blind für die Bedürfnisse ihrer Töchter sein kann.
Antonia macht im Laufe der Jahre eine große Veränderung durch. An die Kritik ihrer Mutter gewöhnt schafft sie es trotzdem, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Sie versucht bei ihrer eigenen Tochter alles besser zu machen und mit Erleichterung verfolgt man, dass dieses Konzept bei Celina aufgeht. Obwohl sie sehr unter der Missachtung ihrer Mutter und der vermeintlichen Perfektion ihrer Schwester leidet, versucht sie doch immer, deren Anerkennung und Liebe zu erlangen.
Wanda hingegen ist zwar Reginas Lieblingstochter, das fordert jedoch einen hohen Preis von ihr. Der ständige Druck ihrer Mutter zu gefallen verursacht eine Essstörung und eine Getriebenheit nach Erfolg, die fast zerstörerisch wirkt.
Am meisten hat es mich getroffen, dass die beiden Schwestern auch nie an einem Strang ziehen und sich gemeinsam gegen die Mutter durchsetzen. Beide haben das Gefühl, die Schwester hätte es leichter und weniger mütterlichen Druck auszuhalten. Der Vergleich mit den Kampfhunden im Titel ist hart aber hier gar nicht verkehrt.

Ein großartiger Roman, der mich sehr berührt und in seinen Bann gezogen hat. Anna Brüggemann kannte ich bis jetzt nur als Schauspielerin, bin aber nach dieser Lektüre von ihr als Autorin absolut überzeugt. Ein intensives Leseerlebnis, vor allem von mir zu empfehlen für Mütter und Töchter.

Bewertung vom 14.10.2024
Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6
Benedict, Marie

Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6


sehr gut

Sie kommen aus gutem englischen Hause und sind so unterschiedlich wie man nur sein kann: die 6 Mitford-Schwestern folgen ihren zum Teil sehr unterschiedlichen Ideologien in der Zeit zwischen den Weltkriegen und dem Erstarken des Faschismus in England und dem Nationalsozialismus in Deutschland.
Vor allem die schöne und brillante Diana zieht viel Aufmerksamkeit auf sich durch eine Scheidung und die Ehe mit einem britischen Faschistenführer. Ihre Verehrung für Adolf Hitler teilt sie mit ihrer Schwester Unity, die schließlich ganz in den Bann des Führers gerät. Völlig unverständlich für deren Schwester Nancy, die als Schriftstellerin zunächst weniger politisch ist, sich jedoch auf die Seite gegen ihre Schwestern positioniert.
Es sind vor allem diese drei Charaktere, die ein Bild zeichnen von untereinander konkurrierenden Geschwistern, die auch ständig um die Aufmerksamkeit der Eltern buhlen. Und die von ihren zum Teil extremen politischen Ansichten gänzlich unterschiedliche Leben führen. Erschreckend zu lesen, in welchem Ausmaß die Verehrung von Adolf Hitler vor allem Unitys Leben beherrscht. Noch nie habe ich ein Buch gelesen, in dem so viel vermeintlich Positives über Hitlers Ausstrahlung geschrieben wurde, seine höfliche Art Frauen gegenüber. Das ist schon irgendwie befremdlich, auch wenn man von seinem Charisma und seiner Überzeugungskraft in der damaligen Zeit weiß.
Fasziniert hat mich vor allem das Dilemma, in das Nancy gerät. Ihre Loyalität gegenüber der Familie, ihr Neid auf den Kindersegen der schillernden Diana und ihre Abneigung gegenüber dem Faschismus und dem Nationalsozialismus bringt sie in eine schwierige Situation und verlangt schließlich eine folgenschwere Entscheidung von ihr. Sie ist die Schwester, die mir am meisten nahe geht in diesem Roman, auch weil ihre private Situation sehr schwierig ist und sie für mich eine große Stärke und Umsicht beweist.
Tatsächlich waren mir bis zu diesem Buch von Marie Benedict die Mitford-Schwestern und ihre Rolle zu Beginn des Nationalsozialismus gar nicht bekannt. Es ist eine gelungene Mischung aus historischem und politischem Roman mit ganz viel Frauenpower, sehr interessant und unterhaltsam. Ein paar kleine Längen zwischendurch seien verziehen.

Bewertung vom 08.10.2024
La Louisiane
Malye, Julia

La Louisiane


sehr gut

In La Lousiane von Julia Malye begleiten wir drei junge Frauen auf dem Weg aus der psychiatrischen Anstalt Salpêtrière in Paris nach Übersee in die französische Kolonie La Lousiane im Jahr 1720.
Charlotte kennt ihre Eltern nicht, sie wächst in der psychiatrischen Anstalt unter der Obhut der Schwestern auf. Geneviève musste in Armut ihre Heimat Provence verlassen, sie wird ungewollt schwanger und durch ihr eigenes Schicksal eine Engelmacherin. Pétronille stammt aus einem verarmten adeligen Haus. Zusammen mit anderen Frauen durchleben sie auf einem Schiff nach La Louisanne die Gefahren einer langen Reise. Dort angekommen werden sie mit den Männern der Kolonie verheiratet, um den Fortbestand zu sichern. Die drei Freundinnen erleben viele Höhen und Tiefen, müssen sich den neuen Gegebenheiten anpassen, ihren Ehemännern unterordnen und ihre eigenen Gefühle verdrängen.
14 Jahre im Leben der drei Frauen beschreibt Malye in ihrem gut recherchierten historischen Roman, wobei man als Leser*in alle Höhen und Tiefen vor allem in der neuen Welt durchlebt: es kommt zu Kriegen mit den Ureinwohnern, zu Sklavenaufständen, es gibt wohlmeinende und prügelnde Ehemänner, immer wieder droht den Frauen Armut aus Rechtlosigkeit. Dazu die vielen Schwangerschaften, die die Körper an die Grenzen führen und Kinderlosigkeit, die den Weg ins Kloster führen.
Mit viel Feingefühl beschreibt die Autorin die starken Bande zwischen den Frauen, die für manche auch über eine Freundschaft hinaus gehen. Durch die wechselnden Kapitel aus der Sicht verschiedener Frauen baut sich eine intensive Beziehung zu allen drei Charakteren auf, kurze Zeitsprünge tun hier dem Erlebten keinen Abbruch.
Es ist ein interessantes, wenn auch brutales Kapitel der französischen Geschichte und Julia Malye gibt hier an Hand von drei Beispielen vielen Frauen ein Gesicht, die sich den Gegebenheiten anpassen mussten, um zu überleben. Die beschriebene Stärke, die Anpassungsfähigkeit und Kompromissbereitschaft der Frauen machen dieses Buch neben einem historischen auch zu einem feministischen Roman, der bei aller Dramatik und stellenweise auch Brutalität gut unterhält.
Eine Empfehlung für Freunde von historischen Romanen, vor allem jedoch für Frauen.

Bewertung vom 02.10.2024
Das große Spiel
Powers, Richard

Das große Spiel


ausgezeichnet

Es sind vier sehr unterschiedliche Charaktere, mit den Richard Powers eine ungemein komplexe Geschichte über ein großes Spiel beschreibt. Dabei geht es um vielfältige Themen wie KI, Naturschutz, technischer Fortschritt, Liebe und Freundschaft. Verbindendes Glied zwischen den Menschen und Themen ist dabei die winzige Pazifikinsel Makatea im Jahr 2027, hier beginnt und endet die Geschichte in einem großartigen Finale.
Besonders fasziniert hat mich die Geschichte um die Meeresforscherin Evie Beaulieu, die als erste Frau in diesem Beruf eine Vorreiterin ist und sich immer wieder entscheiden muss zwischen ihrer grenzenlosen Liebe zum Ozean und einem Leben als Ehefrau und Mutter. Hier enthüllt Powers so ganz nebenbei ein großes Wissen über die Meere und ihre Lebewesen, seine Beschreibungen der Tauchgänge und der Unterwasserwelt sind extrem anschaulich und intensiv.
Die Freunde Todd Keane und Rafi Young sind so unterschiedlich wie zwei junge Männer nur sein können. Rafi wird als schwarzer Junge in einfachen Verhältnissen geboren, jedoch von seinem Vater zu Höchstleistungen gedrillt. Seine große Liebe gilt der Literatur und der Lyrik im Besonderen, seine hohe Intelligenz und seine Begeisterung für strategische Spiel lässt ihn mit dem weißen Todd aus gehobenen Verhältnissen zusammentreffen. Dieser ist fasziniert von den ersten Computern, er wird Programmierer und verdient zuletzt Unsummen in der Computertechnologie. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die geprägt ist von einer an Besessenheit grenzenden Begeisterung für Spiele aller Art, dem Drang zu gewinnen und besser zu sein als der andere.
Ina Aroita ist Künstlerin und erschafft mit dem auf Makatea angeschwemmten Plastikmüll eine Skulptur, die für die Verschmutzung der Meere und die Bedrohung der Tierwelt durch den Menschen steht.
Überhaupt ist diese kleine Insel im Gebiet Französisch-Polynesien der Schauplatz für alle Gegensätzlichkeiten. Die vor vielen Jahren von den Amerikanern ausgebeutete Insel soll der Ort werden für den ganz großen Fortschritt, ihre Bewohner sind Fischer und einfache Geschäftsleute, eine Handvoll Kinder, Rafi und Ina, die hochbetagte Evie, eine Königin. Hier kommen immer wieder die großen Fragen ins Spiel, die Natur gegen den Menschen, Erneuerung gegen Tradition, Vergangenheit und Zukunft.
Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten, in den Roman hinein zu finden. Die verschiedenen Schauplätze, die unterschiedlichen Erzählweisen der Charaktere und die Zeitsprünge erfordern hohe Konzentration. Doch je weiter die Geschichte sich entwickelt um so mehr gerät man als Leser*in in ihren Bann, verfolgt die geschickt sich entwickelnden Zusammenhänge der Personen und staunt über dieses ganz große Spiel, das Powers hier präsentiert. Der Schreibstil des Autors ist unglaublich schön und fesselnd, er bringt dem Leser seine Themen gekonnt und dabei unterhaltsam nahe und lässt eine schillernde und faszinierende Welt entstehen.
Eine unbedingte Empfehlung für Freunde von etwas anspruchsvollerer Literatur und herausragendem Schreibstil.

Bewertung vom 27.09.2024
Coco kann!
Harel, Maike

Coco kann!


ausgezeichnet

Es gibt so vieles, was Kinder nicht können, so wie die kleine Coco. Schnell ist sie dabei zu sagen: ich kann das nicht, ist ungeduldig beim Schleife binden, hat Angst an dem großen Hund vorbei zu gehen und ist zornig, weil sie die Uhr nicht lesen kann. Doch mit einer erzählten Geschichte und ein wenig Geduld, Übung und Überwindung wird Coco ein strahlendes Mädchen das ruft: Hurra, ich kann!
Mir gefällt diese Geschichte von Maike Harel, die das Selbstvertrauen stärkt und Mut macht auch deshalb gut, weil die kleine freche Coco am Ende den Spieß rumdreht und den Vater mit seinen eigenen Geschichten schlägt. Bei den liebevollen Illustrationen von Julia Christians liegt der Fokus vor allem auf der Mimik der eher schematisch gezeichneten Figuren. Ein nettes Beiwerk ist der kleine Vogel, der Coco in jeder Szene begleitet und den die Kinder beim Vorlesen zusätzlich auf jeder Seite suchen können. Zudem mag ich die Reimform, die für Kinder immer schön ins Ohr gehen und sich melodisch vorlesen lässt.
Ein schönes Buch als Anregung für das Selbstvertrauen der Kleinen, das sich sehr gut moduliert vorlesen lässt und damit auch Eltern und Kindern viel Spaß macht.

Bewertung vom 09.09.2024
Uppppps! Entschuldigung!
LaRochelle, David

Uppppps! Entschuldigung!


ausgezeichnet

Als erstes fällt das Format dieses Buches auf, das deutlich größer ist als ich erwartet habe. Aber dadurch kommen die witzigen Illustrationen sehr gut zur Geltung, die diesem Buch mit dem ernsten Thema viel Leichtigkeit und Spaß verleihen.
Schon das Cover mit dem vom Biber abgenagten Baum ist ein schöner Hingucker, die grummelige Eule ist not amused.
Der Titel mit dem umgangssprachlichen UPPPPPS! lässt das erwarten, was man dann auch findet: lustige Episoden, warum, wann und wie man sich entschuldigen sollte - und wie nicht! Der Text dazu ist zunächst sehr kurz, wird dann jedoch ausführlicher wenn es darum geht, wie man es nicht machen sollte. Das erfordert von den Kleinen schon eine deutlicheres Abstrahieren, hier wird wohl nicht jedes 3jährige Kind schon alles verstehen können. Auf der anderen Seite ist dieses Buch dadurch auch für deutlich ältere Kinder noch interessant.
Ansonsten gefallen mir die deutlichen und schnörkellosen kurzen Aussagen, die so schön durch die doppelseitigen großen Bilder untermalt sind. Schon die erste und auch die letzte Seite sind ein echter witziger Hingucker.
Ein Buch, das auch den Erwachsenen Spaß macht und manchem sicher auch thematisch gut tut! Für mich besonders gut für Kindergärten und erste Grundschuljahre geeignet.

Bewertung vom 09.09.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


gut

Drei Töchter von drei verschiedenen Männern und drei mal geschieden, das ist die Lebensbillanz von Hanna. Bei der Beerdigung ihres Vaters versucht ihre jüngste Tochter sich an das Leben ihrer Mutter zu erinnern, das so anders war als das der Mütter ihrer Klassenkameradinnen. Dabei umfasst die Handlung des Buches nur einen Tag, nämlich den der Beerdigung, während der Rest Rückblenden und Erinnerungen sind.
Hanna war eine ungewöhnliche Frau und wirkt in der Erzählung ein bisschen aus der Zeit gefallen. Sie heiratete nacheinander ihre drei Studienfreunde und behält einen guten Kontakt zu all ihren geschiedenen Männern bis zum Schluß. Mutter wird sie eher nebenbei, ihre Leidenschaft gilt der Lyrik, der Literatur und der Kunst. Geregelte Tagesabläufe ihrer Töchter oder warmes Mittagessen interessieren sie wenig, sie ist ein Freigeist und lebt ihr eigenes Leben. Die Töchter halten nur selten zusammen, vielmehr beherrschen Eifersucht, Streit und die Anerkennung des jeweiligen Vaters ihren Umgang miteinander. Wenige schöne Erinnerungen oder liebevolle Episoden beschreibt die Autorin hier in ihrer Kindheit, selbst auf der Beerdigung herrscht vorwiegend Uneinigkeit.
Ich gehe davon aus, dass Caroline Peters ihre eigene Kindheit und damit das Leben ihrer Mutter beschreibt. Mir gefällt der Schreibstil, obwohl ich den angekündigten hinreißenden Humor nur ganz selten als kurzes Aufblitzen wahrnehme. Leider werde ich mit keiner der beschriebenen Personen wirklich warm, auch die jüngste Tochter, von der man viel erfährt, bleibt mir immer doch fremd und seltsam unnahbar.
Dieser Roman wirkt auf mich wie ein Abrechnen mit der schwierigen Familie. Einerseits wird die Mutter vergöttert, das Buhlen um ihre Anerkennung zieht sich wie ein roter Faden durch all die fehlende mütterliche Zuwendung und Aufmerksamkeit. Andererseits scheint es ein Versuch der Tochter zu sein, das Leben der Mutter zu verstehen und mit ihr Frieden zu schließen, um ihre schwierige Kindheit aufzuarbeiten und eigene Wege gehen zu können.
Das Cover des Buches passt in meinen Augen nicht wirklich zum Inhalt des Romans, ich würde die dargestellte Frau keiner der handelnden Personen zuordnen.
Die Autorin ist eine sehr bekannte Schauspielerin, um so mutiger finde ich es, die eigene Lebensgeschichte so unverblümt zu erzählen.
Ein interessantes Buch, dass mich jedoch nicht vollends überzeugen konnte.

Bewertung vom 02.09.2024
Die Frauen jenseits des Flusses
Hannah, Kristin

Die Frauen jenseits des Flusses


sehr gut

Frankie McGrath meldet sich 1965 freiwillig als Krankenschwester in Vietnam und verlässt zum Entsetzen ihrer Eltern damit den vorgezeichneten Weg einer höheren Tochter, die ausschließlich nach Ehe und Mutterschaft zu streben hat. Die Gräuel des Krieges sind entsetzlich, doch Frankie wächst über sich hinaus und entwickelt sich zu einer mutigen und tüchtigen jungen Frau. Doch mit der Rückkehr in die Heimat muss sie erleben, dass die Verleugnung ihrer Umgebung und der Hass, der allen Vietnam-Veteranen entgegenschlägst, sie zu vernichten droht.
Kristin Hannah ist es wieder gelungen, ein starkes Frauenbild zu schaffen und den Unsichtbaren eine Stimme zu geben. Am Beispiel von Frankie erlebt man das Frauenbild in der Zeit um den Vietnamkrieg, erlebt mit ihr das Grauen an der Front, die Schrecken von Napalm und Agent Orange und das Kippen der Einstellung eines Großteils der amerikanischen Bevölkerung zum Krieg. Das Krankheitsbild der Posttraumatischen Belastungsstörung, unter der so viele Kriegsheimkehrer leiden, ist noch nicht anerkannt und zusätzlich wurde die Teilnahme von Frauen im Vietnamkrieg schlichtweg verleugnet. 1974, als der Krieg vorbei und Nixon zurückgetreten war, verschwanden Vietnamveteranen weitgehend von der Bildfläche, sie wurden entweder verachtet oder nicht beachtet. Die Folgen für die Betroffenen werden von Hannah schonungslos beschrieben.
Einfühlsam und eindringlich beschreibt die Autorin nicht nur den Krieg, sondern auch die Zeit der Rückkehr, das Sehnen nach der erlebten Kameradschaft, nach Zugehörigkeit und Liebe. Das Gefühl der Scham wird ebenso thematisiert wie Schlaflosigkeit, Alpträume, Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Mit Frankie durchläuft man als Leser*in alle Stadien ihres Lebensweges mit Höhen und Tiefen und erlebt die große Kraft von Freundschaft und die verschiedenen Facetten der Liebe.
Ein mitreißender Roman, der leider auch einige Klischees aufweist, die ihn für mich an dieser Stele einen halben Stern gekostet haben. Allerdings aber auch diese Geschichte gleichzeitig zu einem historischen Roman, einem Liebesroman und einem Politischen Roman mit hohem Unterhaltungswert machen.
Eine starke Hommage an alle Frauen, die im Krieg ihr Leben riskiert haben, ohne dafür Anerkennung oder Respekt bekommen zu haben.