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blauesherzblattblog

Bewertungen

Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


ausgezeichnet

Girlshood!
Als erstes war da dieses wunderschöne Cover und der zum Titel passende blaue Buchschnitt, aber spätestens ab dem ersten Blick ins Buch war meine Begeisterung nicht mehr zu bremsen.
Die Autorin schafft es zwischen den Seiten alle vier Schwestern und die Dynamiken zwischen ihnen so detailreich und mit einem so liebevollen aber auch sehr ehrlichen, fast schon therapeutischen Blick zu beleuchten. Ich habe den Sprachstil, den sie dafür verwendet, geliebt und mein Exemplar über und über mit Postits versehen, da so viele Stellen für mich sprachlich so schön und anders als sonst ausformuliert waren.
Alle vier Schwestern haben bzw. hatten ihr Päckchen zu tragen und stehen vor großen Fragezeichen. Zusätzlich sind die drei zurückgebliebenen Schwestern nach Nickys Tod damit konfrontiert, wie Trauer für jede persönlich aussehen kann und ob sie eine neue Dynamik finden ohne ihre Schwester und auf den Zusammenhalt der so unterschiedlichen anderen Schwestern zählen können.
Ich konnte mich an so vielen Stellen in die Schwestern hineinversetzten und bei ihren Learnings manchmal nur aufgeregt nicken, weil ich ähnliche Erfahrungen gemacht habe und habe den Leseprozess dahingehend wie einen richtig ehrlichen Austausch mit Freundinnen erlebt.
Und auch die Aufarbeitung und Thematisierung von Generationenkonflikten und Blicke in die Vergangenheit und wie sehr diese uns beeinflußt und wie wir aufwachsen und welche Rollen wir bereits früh innerhalb der Familie einnehmen, hat mir gut gefallen und mich nur so durch das Buch fliegen lassen.

Insgesamt hat mir die Mischung aus schweren Themen wie Sucht, Verlust und Umbrüchen aber auch vielen leichten und lustigen Szenen und Erinnerungen sehr gut gefallen. Die schweren Themen wurden immer wieder gut moderiert und eingebettet und nicht nur als Aufhänger oder für die Spannung ausgeschlachtet und einige Lösungsmöglichkeiten in Aussicht gestellt.

Außerdem hat mich die feministische Perspektive in dem Buch positiv überrascht und ich habe es sehr geschätzt, dass immer wieder Themen und Schwerpunkte subtil gesetzt und angebracht wurden, zum Beispiel der Fakt, dass Endometriose immer noch zu selten von Ärzten ernst genommen wird und innerhalb des Buches auch gegendert wurde.

Ich kann das Buch nur wärmstens weiterempfehlen, eignet sich in dieser ästhetischen Ausgabe sicher auch zum Verschenken!

Bewertung vom 24.09.2024
Das mörderische Christmas Puzzle
Benedict, Alexandra

Das mörderische Christmas Puzzle


ausgezeichnet

Rätselspaß pur

Dieses Buch hat mich ab der ersten Seite mit seinen authentisch verschrobenen Charakteren und dem trockenen britischen Humor, der immer wieder zum tragen kommt, abgeholt und war schon allein deswegen ein einziger Lesegenuss, der leider viel zu schnell wieder vorbei war. Zudem war die Figurenzeichnung in meinen Augen in genau dem richtigen Maß ausgeschmückt, und war reichhaltig und interessant, ohne ermüdend zu wirken. Edie und ihre Freundin, aber auch einige andere, würde ich nur zu gern kennenlernen und Edies ganz bestimmte Teemischung mit Ihnen trinken.

Interessant und gut ausformuliert fand ich auch die verschiedenen Perspektiven, die sich im Buch immer wieder abwechseln.

Besonders gut hat mir gefallen, dass innerhalb des Buches Queerness und Liebe abseits einer heterosexuellen Matrix Platz und Sichtbarkeit einnimmt. Hier hat mir die Art und Weise der Umsetzung gefallen, das Thema geht mit einer Selbstverständlichkeit und ohne die üblichen Narrative einher, von der auch andere Bücher profitieren würden.

Und auch das Thema Puzzlen und Freude am Rätsel lösen zog sich konsequent durch das gesamte Buch und wurde noch komplimentiert mit zusätzlichen Rätseln im Buch und einer Hommage an Dickens, diese Details haben die ohnehin vorhandene Spannung des Buches noch unterstützt.

Wie man sich das von einem Krimi wünscht, gab es einen ausführlichen Spannungsbogen und begrüßenswert viele Wendungen und potentielle Mörder, sodass die Spannung bis zum Ende groß war und die Überraschung über die Auflösung bei mir umso größer war. Respekt dafür, wie die Autorin hier verschiedene Szenarien aufbaut und dann wieder hinfällig wirken lässt, um am Ende dann erneut ein stimmiges und nachvollziehbares Bild des Täters und seiner Beweggründe zu vermitteln.

Edies Umschwung am Ende des Buches war mein einziger Wehmutstropfen, da dieser mehr zu schnell und zu stark ausgeprägt war und sich daher für mich nicht realistisch angefühlt hat.

Alles in allem ist dieses Buch aus meiner Sicht ein spannender und queer-freundlicher Krimi und genau das Richtige um bereits jetzt in Weihnachtsstimmung zu kommen und einige gemütliche Stunden auf dem Sofa zu verbringen.

Bewertung vom 09.03.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


ausgezeichnet

Bei diesem Buch haben mich bereits die ersten Seiten direkt angesrpochen und mit ihrem Schreibstil in die Realität der Protagonistin versetzt.
Inhaltlich behandelt Kosakenberg Heimatbegriffe und Fragen darüber was unsere Wurzeln mit uns machen, Entwurzelung und die schwierige Aufgabe all die verschiedenen Realitäten die in der Vergangenheit und im Jetzt unser Zuhause sind in uns zu vereinen. Ein weiteres Thema über alle Seiten hinweg dreht sich um Kontraste. Sowohl Kontraste zwischen Stadt und Land, als auch Kontraste zwischen Ost und West, DDR und BRD, früher und heute, ärmlich und reich, gebildet und einfach. An den Überlegungen ist teils nicht viel sympathisches, aber umso mehr Ehrlichkeit und ich konnte mich in einigen Konflikten wiedererkennnen. Das Buch schafft es Nähe herzustellen an den unangenehmen Stellen. Nicht wegzuschauen, sondern erst recht Leben und Gedanken zu beleuchten, die auf den ersten Blick allzu alltäglich und langweilig wirken.
Meine Ausgabe ist gespickt mit Klebezetteln und Zitaten, die in ihrer Schlichtheit so viel mehr aussagen als das ein oder andere emotionale Geständnis es könnte. Ich mochte außerdem sehr, wie der Text verschiedene Perspektiven in einen Zusammenhang setzt, trotz personalem Erzähler. Die Figuren wurden in meinem Kopf lebendig und hatten große Ähnlichkeit mit Personen in meinem Umfeld.
Der Erzählrhythmus richtet sich nach den Heimfahrten der Hauptfigur und ist dementsprechend zeitlich lückenhaft und stark räumlich beeinflusst.
Alles in allem ein vielschichtiges, berührendes und anregendes Buch, das nichts zu wünschen übrig lässt.
Bereits jetzt ein Lieblingsbuch von 2024, das als nächstes zu meiner Oma wandern wird.

Bewertung vom 11.10.2023
sie lieben
Grassmann, Alexa

sie lieben


sehr gut

Gutes Einstiegsbuch
Sehr ansprechendes Cover und passend zum Inhalt des Buches, kommt es ohne viel Schnickschnack aus und zeigt die Autorin irgendwo zwischen verletzlich, nachdenklich und direkt.
Das Buch thematisiert offen gelebte Liebe die von der sogenannten Norm abweicht, und die damit verbundene Erfahrungsreise aus der Sicht der Autorin offen und ehrlich. Samt schmerzhafter Momente, großem Glück und noch größeren Fragezeichen und vermittelt authentische EInblicke in die Lebenswelt der Autorin, ohne zu sehr in Kleinigkeiten abzudriften oder zu langatmig zu sein.
Die recht chronologische Aufteilung des Buches, sowie das gewählte Layout haben mir gut gefallen. Ebenso haben mir die Begriffsdefinitionen zu Beginn gefallen, sodass jeder Leser egal mit wie viel Vorwissen teilhaben kann.
Den Schreibstil habe ich als angenehm empfunden und die Wortwahl in ihrer Bildhaftigkeit hat mich durch die Seiten getragen. Ebenso wie die Kombination aus persönlicher Geschichte und informativen, sachlichen Inhalten.
Nicht gebraucht hätte es für mich die Zitatseiten, diese kamen mir eher wie Seitenstrecker vor.
Thematisch schneidet sie sehr viele Themen an und vermittelt wichtige Grundsätze und Ideen für ein tolerantes und wertschätzendes Miteinander. Ebenso wie Fingerzeige in die Richtungen in denen noch einiges zu tun ist.
An einigen Stellen hätte ich mir allerdings noch mehr Authentizität gewünscht oder eine Art von Wiedererkennungswert.

Aus meiner Sicht ein wunderbarer Einstiegspunkt für Menschen die bisher weniger Berührungspunkte mit querer Liebe hatten, da es viele Themen diesbezüglich anschneidet, Querverweise gibt und sich leicht an einem Tag lesen lässt. Mir waren Themen allerdings oftmals zu oberflächlich oder kurz behandelt und generell hätte ich mich über ein paar mehr Seiten gefreut.

Bewertung vom 20.09.2023
Momo
Ende, Michael

Momo


sehr gut

Bebilderter Denkanstoß

Michael Endes Geschichte über die Zeit und das kleine Mädchen Momo ist weltweit bekannt und auch ich bin damit aufgewachsen. Umso gespannter war ich auf dieses Projekt anlässlich des 50. Jubiläums von Momo. Dabei handelt es sich um ein Bilderbuch mit Auszügen des Originalwerkes, ausgewählt von Uwe-Michael Gutzschhahn und liebevoll bebildert von Simona Ceccarelli.
Inhaltlich dreht sich das Buch um die große Kunst des wirklich Zuhören-Können und die eigene Entschleunigung.
Diese Motive sind sicher gerade in einer immer schneller werdenden Welt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen relevant als Denkanstoß.

Die inhaltliche Gestaltung hat mir gut gefallen, besonders der Fokus auf Momo, aber auch das Beppo der Straßenfeger und seine Geschichte miterzählt wurde, die ich als Kind in ihrer Vielschichtigkeit besonders geliebt habe. Außerdem würde ich den Text als leicht verständlich bewerten. Leser die allerdings die gesamte Momo-Geschichte erwarten, sollten sich darauf einstellen, das dem nicht so ist.

Die Illustrationen von Simona Ceccarelli habe ich als stimmungsvoll und warm erlebt. Sie sprechen neben dem Text eine eigene zauberhafte Sprache und bringen fantasievolle Facetten ins Bewusstsein des Lesers. Was könnte passender für eine Wiederaufnahme aus der Feder Michael Endes sein?

Als ungewöhnlich habe ich die teilweise Aufteilung der Seiten in verschiedene Bildsegmente erlebt, ähnlich einer Graphic Novel.

In meinen Augen eignet sich dieses Buch wunderbar zum Verschenken, sowohl für Alt und Jung oder als kleine Erinnerung an sich selbst.

Bewertung vom 06.09.2023
Nichts in den Pflanzen
Haddada, Nora

Nichts in den Pflanzen


sehr gut

Hallo Abgründe


Erst dachte ich ich lese das Buch „Nichts in den Pflanzen“ von Nora Haddada mal so nebenbei, schaue zu, wohne bei, distanzier mich mal davon und lasse das ein oder andere „oh“, „was“, „“hat sie nicht gemacht“ einfließen. Aber Pustekuchen. Bereits zu Beginn bieten sich düstere Abgründe in den Handlungen der Hauptfigur und ziehen sich durchs Buch. Alles daran erschreckt, lässt Fragezeichen über Buchseiten wandern, fasziniert umblättern, bis man sich für 5 Sekunden selbst wiedererkennt und das erstmal kurz verarbeiten muss.

Definitiv kein einfaches Buch, aber auch ohne Anspruch darauf und wieder vor den Kopf stoßend auf eine gute Art.
Die Handlung dreht sich um die Drehbuchautorin Leila und ihr erstes verkauftes Drehbuch. Konkurrenz und Blockaden machen ihr zu schaffen und lassen sie immer tiefer stolpern, bis sie sich im Kampf gegen Fliegen befindet und oftmals nicht mehr zwischen Realität und Ausflucht entscheiden kann.

Der Schreibstil ist distanziert, abgekühlt, nüchtern, der Text trotzdem emotionsgeladen, transportiert viel, Nebenprodukte die man sehen kann aber nicht muss.
Die Hauptfigur eher abstoßend, nicht sympathisch und dennoch gibt es immer wieder Facetten die dazu einladen sich auch selbst zu reflektieren, zu verstehen, wenn auch nicht zu unterstützen.

Das Buch fühlt sich ein bisschen an wie ein Fiebertraum, man ist auch froh das er vorbei ist, aber das Lesen selbst will man trotzdem hinter sich bringen, schneller als sonst sogar.

Die Thematik vielschichtig über Randgruppen, wie viel Platz wer einnehmen darf und die eigene Unzulänglichkeit, Konkurrenz auch innerhalb von Gruppen etc. wird einiges angerissen.

Alles in allem ein interessantes und abwechslungsreiches Debüt, ich bin gespannt was wir von Nora Haddada noch lesen werden.