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Tuhberlin
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Zeuthen

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2024
Kant und der Schachspieler / Kommissar Kant Bd.2
Häußler, Marcel

Kant und der Schachspieler / Kommissar Kant Bd.2


sehr gut

Kant war der erste Krimi, den ich aus der Krimireihe „Kommissar Kant“ gelesen habe. Und das ist keineswegs ein Manko, denn die Krimis bauen nicht aufeinander auf. Ein spannender Krimi, den ich nach den ersten Seiten nicht mehr aus der Hand legen wollte. Der Krimi ist handwerklich solide geschrieben. Allerdings fehlte mir mehr Tiefe bei den Charakteren. So richtig „warm“ wurde ich nicht mit den Ermittlern. Hier hat mich eher die Handlung veranlasst, weiterzulesen. Sofern also ein vierter Band erscheinen sollte, würde ich diesen Krimi nicht wegen der Charaktere lesen.

Die beiden Handlungsstränge werden am Ende logisch miteinander verknüpft und es ist, zumindest bei mir, dem Autor gelungen, mich auf falsche Fährten zu locken. Auch das Thema, die Vereinsamung und das Sterben alter Menschen in einer anonymen Hochhaussiedlung könnte in jeder Großstadt spielen und regt zum kritischen Nachdenken nebenbei an.

Die Auflösung war für mich sehr überraschend. Also auch hier hat der Krimi sein Ziel bei mir erreicht. Wer einen klassischen „Whodunnit“-Krimi lesen möchte, ist bei diesem Titel genau richtig. Einen Stern Abzug gibt es bei mir für die blassen Figuren.

Bewertung vom 03.05.2023
Das Mädchen im Zitronenhain
Brauer, Antonia

Das Mädchen im Zitronenhain


gut

Schon das Cover und der Titel lassen erahnen, dass Antonia Brauer eine bildhafte Geschichte vor den Kulissen des Gardasees verfasst hat. Und ich wurde nicht enttäuscht. „Das Mädchen im Zitronenhain“ ist eine schöne Liebesgeschichte, in der die Protagonistin Vicki ihre Liebe des Lebens im mittlerweile abgenutzten Grandhotel Fasano kennenlernt. Auch wenn die Reise und Übernachtungen nur der zweite Preis eines Kostümwettbewerbs darstellen, ist Vicky bereits nach der ersten Nacht klar, dass das ihr Hauptgewinn ist. Dann geht im Roman alles sehr schnell. Bald heiratet sie ihren Antonio, den Hotelsohn des Grandhotels und beide beschließen auf Geheiß von Vicky, das Grandhotel zu sanieren und fit für den Tourismus der 60er Jahre zu machen. Das Ende der Geschichte ist dann dramatischer als gedacht, aber auch nicht ungewöhnlich.

Ich schrieb es bereits am Anfang, dass ich nicht enttäuscht wurde. „Das Mädchen im Zitronenhain“ ist Liebesroman, den man oder frau am besten an regnerischen Tagen gut lesen kann, vielleicht mit Vorfreude auf den nächsten Gardasee-Urlaub. Übrigens gibt es das Hotel wirklich, wie wir am Ende durch die Autorin erfahren, die Übernachtungspreise sind in der obersten Kategorie:-)

Ich finde, dass Antonia Brauer die anfänglichen und mehrfachen Rückblenden in den letzten Kriegstagen gut und gerne hätte weglassen können. Dies trägt zur Geschichte nicht wesentlich bei. Überhaupt ist mir die Figur der Vicki zu zweidimensional:
Alles was Vicki anfasst, wird zu Gold. Vicki weiß für alles eine Lösung.

Bei Vicki sind mir einfach zu wenig Konflikte vorhanden. Sie ist einfach eine starke Frau, die sie schon in Kindheitstagen war und immer ihren Willen, meist mit Erfolg, durchsetzt.

Ansonsten sind die Kapitel meines Erachtens wirr angeordnet. Nach den unnötigen Kriegsrückblenden musste ich weiter immer genau auf die Jahreszahl schauen, denn Antonia Brauer sprang zwischendurch auch gerne mal nur ein Jahr oder wenige Monate zurück, um dann im nächsten Kapitel wieder zum ursprünglichen Handlungsstrang zurückzukehren. Warum? Das hätte sie auch gut und gerne runter schreiben können. Auch in den kurzen Zeitsprüngen zurück erfahren wir nichts Dramatisches, was die Geschichte weiterentwickelt, oder was wir eh schon erahnen.

Kurzum: Wer eine schöne Liebesgeschichte vor schöner Landschaft ohne literarischen Anspruch lesen will, ist bei diesem Buch goldrichtig.

Bewertung vom 01.05.2023
Diabolisch
Wagner, Jonas

Diabolisch


ausgezeichnet

Zugegeben, ich bin kein Fan von Rückblenden, weil sie oft die Eigenschaft haben, mich aus dem Roman zu reißen. In „Diabolisch“ gelingt es Jonas Wagner jedoch damit, die Spannung seines Thrillers immer weiter aufzubauen. Und zum anderen dienen die Rückblenden dazu, die menschlichen Abgründe der beteiligten Personen aufzuzeigen. Und die sind nicht nur „diabolisch“. Bei der Beschreibung zum Beispiel, wie und mit welcher Inbrunst ein kleiner Junge tot gefahren wird, musste ich das Buch schockiert beiseite legen. Das ist Jonas Wagner vor allem durch seine Sprache aus der Kameraperspektive sehr gut gelungen.

Die Handlung ist schnell zusammengefasst. Siebenundzwanzig Jahre nach dem Tod des kleinen Jungen, fallen nach und nach die Bewohner des kleinen Dorfes Holzhausen einem Gewaltverbrechen zum Opfer. Oberkommissarin Flaucher taucht immer tiefer in den Sumpf der menschlichen Abgründe ein und gewinnt die Aufmerksamkeit des Täters, der sie immer tiefer in den Fall hinein zieht.

Die Auflösung des Täters zum Schluß kam in meinen Augen nicht ganz so überraschend. Aber dieser Thriller hält, was ein guter Thriller versprechen sollte: Spannung bis zum Schluß. Ich jedenfalls habe diesen Roman in zwei Tagen gelesen. Ab Seite 200 nimmt der Thriller richtig an Fahrt auf und dann kommt es nicht mehr in Frage, das Buch aus der Hand zu legen.

Das Buch ist eine klare Kaufempfehlung für Thrillerfans.

Bewertung vom 14.04.2023
Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
George, Nina

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu


gut

Eine Ode an die Bücher

Vor acht Jahren las ich ist das erste Mal ein Buch von Nina George, Die Mondspielerin, und ich war fasziniert von ihrer bildgewaltigen Sprache. So las ich dann natürlich wenig später auch ihr Buch „Das Lavendelzimmer“, das mich ebenfalls fesselte.

Warum war das so? Weil es ihr mit ihren Stil gelang, alle meine Sinne gleichermaßen anzusprechen.
Insofern war ich sehr gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte von Monsieur Perdu.

Leider haben sich meine Erwartungen von der Fortsetzung nicht erfüllt.

Es fiel mir schwer, in das Buch einzutauchen. Auf den ersten Seiten sind die Gedankengänge von Monsieur Perdu zu komplex und vielschichtig dargestellt. Wenn ich dann endlich in der Geschichte drin war, wurde diese, teilweise nach zwei Seiten, durch die „Große Enzyklopädie der Kleinen Gefühle“ unterbrochen. Und so setzte sich der Roman dann auch über 380 Seiten fort:
Erst zwei bis acht Seiten ein Kapitel Handlung, dann ein bis vier Seiten ein Kapitel Enzyklopädie, das jedesmal den Fluss der Handlung unterbrach. Mir gelang es dadurch nicht, in die Figurenwelt einzutauchen. Die Figurenentwicklung wirkte blass und manchmal sprunghaft, z. B. Theo, der auf wundersame Weise nur wenige Seiten später, nach Einführung, durch einen Hund wieder zu sprechen anfängt.
Kein Wunder, denn der Handlung sind ja auch nur ca. 220-250 Seiten gewidmet, der Rest ist Enzyklopädie, die Monsieur Perdu am Tagesende notiert.
Damit musste die Handlung zwangsläufig gestaucht werden, was zu sprunghaften, aber auch unglaubhaften Entwicklungen führt: der französische Präsident, der plötzlich über einen Mittelsmann literarische Behandlung benötigt, der Hafenmeister, der über Nacht Rilke liest und plötzlich geheilt und geläutert das Bücherschiff wieder freigibt (Der Entwicklung dahin sind nur ein paar Zeilen gewidmet). Ich hatte dadurch den Eindruck, dass der Autorin die Enzyklopädie wichtiger war, als die reine Handlung.

Alles in allem ist es Nina George mit der Fortsetzung des Weltbestellers dadurch nicht gelungen, mich auf der Reise von Monsieur Perdu zu halten, weil meine Sinne nicht gleichermaßen angesprochen wurden und der Plot sehr verdichtet war. Dennoch würde ich das Buch weiterempfehlen, weil Nina George mit dem „Bücherschiff des Monieur Perdu“ eine sehr schöne Ode auf das Leben, die Liebe und besonders auf die Bücher geschrieben hat.

Bewertung vom 14.04.2023
Träume aus Eis
Winkler, Franziska

Träume aus Eis


ausgezeichnet

Eine spannende Familiensaga

Franziska Winkler hat mit „Träume aus Eis“ eine wunderschöne Geschichte auf wahren Begebenheiten über eine Familie geschrieben, die 1929 den Schritt in die Selbständigkeit wagt und einen Eisladen eröffnet und später das Eis am Stiel vermarkten möchte. Die Weltwirtschaftskrise droht, den Traum zerplatzen zu lassen. Diese Familiengeschichte wirkt auf 398 Seiten gestaucht, was keinesfalls eine Kritik sein soll. Franziska Winkler hätte daraus auch eine Familiensaga auf mehr als tausend Seiten entwickeln können. Das Potenzial, auch für eine Verfilmung, hat dieser Roman meiner Meinung nach.

Der Roman liest sich flüssig. Franziska Winkler bedient sich hierfür eines verständlichen Sprachstils ohne komplizierte Satzstrukturen und einer bildhaften Sprache, die uns hierdurch gleich auf den ersten Seiten in die Geschichte zieht.

Die Charaktere sind wundervoll beschrieben. Franziska Winkler haucht ihnen Leben ein, indem sie viele Facetten herausarbeitet und dem Leser Einblicke in deren Gedanken und Emotionen gewährt. Durch die wechselnden Erzähler (Erna, Frieda und Lotte) lernt man die Protagonisten aus verschiedenen Blickwinkeln kennen, zum einen wie sie sich selbst sehen, zum anderen, wie andere sie wahrnehmen. Hierdurch fühlt man sich ihnen sehr nahe und man wird in die Geschichte hineingezogen. Selbst die Nebenfiguren, wie z. B. Ludwig, Anneliese oder Fanny, werden durch die Autorin zum Leben erweckt und avancieren zum Schluss beinahe zu Hauptfiguren.

Ich habe den Roman sehr genossen. Dieses Buch ist eine absolute Kaufempfehlung.