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Leseratte
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Frankfurt

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Insgesamt 123 Bewertungen
Bewertung vom 10.09.2022
Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1
Harari, Yuval Noah

Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1


ausgezeichnet

Das Cover finde ich nicht so gelungen - warum ist es so düster gehalten? Ich fürchte, dass es vielleicht einige Menschen abschreckt, zu diesem Buch zu greifen - was sehr schade wäre, denn der Inhalt ist einfach genial!
Der Autor präsentiert hier seine Erkenntnisse, die er in seinem Buch "Eine kurze Geschichte der Menschheit" ausführlich darlegt, in kindgerechter Form. Dabei wirkt die Sprache ganz natürlich und niemals anbiedernd oder gar kindisch. Das Schriftbild ist abwechslungsreich und arbeitet mit verschiedenen Schrifttypen, die besonders wichtigen Stellen wurden farblich hervorgehoben. Auch die Illustrationen gefallen mir recht gut. Sie erinnern etwas an Comics, sind trotzdem immer noch geschmackvoll und wirken modern.
Ich gehe soweit zu behaupten, dass nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsene das Buch mit Gewinn lesen werden. Ich kann mir vorstellen, dass sogar Kinder im Kindergartenalter - ein gewisses Grundinteresse vorausgesetzt - viel von dem Buch profitieren können, wenn man es mit ihnen liest und bespricht.

Bewertung vom 05.09.2022
Der Tote im Zoo
Fletemeyer, Susanne

Der Tote im Zoo


ausgezeichnet

Ein Mord im Hannoveraner Zoo gibt der Kommissarin Inga Haarmann Rätsel auf. Was hat es mit dem toten Tierpfleger auf sich? Nach und nach enthüllt sich eine rasante, wendungsreiche Geschichte, die u.a. nach Frankreich und in die Kreise der Trüffelmafia führt. Dabei spielt das Zwergschwein Daphne keine geringe Rolle…
Die Autorin setzt in ihrem Krimi vor allem auf eine spannende, intelligente Handlung, die – für mich sehr erfreulich – ohne jegliche Grausamkeit oder Brutalität auskommt. Ihr Stil ist plastisch und sehr bildhaft, ich konnte mir jede Szene fast wie in einem Film ganz deutlich vorstellen. Die Charaktere sind bis in die Nebenfiguren hinein überzeugend und authentisch gestaltet. Da wären die Kommissarin Inga, die nach einer unglücklichen Beziehung, Schwierigkeiten hat, sich auf eine neue Liebe einzulassen, ihr Assistent Sahin, der Schwierigkeiten hat, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, der undurchsichtige Baron – um nur einige zu nennen. Und last not least das Zwergschwein Daphne mit seinem ganz eigenen Charakter.
Sehr gut gefallen hat mir auch, dass man in dem Roman einige Hintergründe zum Geschäft mit den Trüffeln erfährt. Und wenn man im Internet unter „Trüffelmafia“ schaut, wird einem klar, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat und das Geschilderte im Großen und Ganzen einen realen Hintergrund hat.
Ein wenig Lokalkolorit ist auch vorhanden, wenn ich den „Der Tote im Zoo“ auch nicht als Regionalkrimi einstufen würde. Trotzdem bringt er viel von der Hannoveraner Atmosphäre „rüber“. Ortkundige werden sich freuen, wenn sie die einzelnen Schauplätze wiedererkennen.
Fazit: Ein unterhaltsamer, intelligenter Krimi mit einem spannenden, ungewöhnlichen Plot und interessanten Charakteren. Der Schreibstil ist flüssig, angenehm zu lesen und sehr bildhaft, fast filmisch. Ob wir von den Ermittlern Inga und Sahin noch mehr hören werden? Ich würde es mir wünschen….

Bewertung vom 20.08.2022
Denk ich an Kiew
Litteken, Erin

Denk ich an Kiew


sehr gut

Das Cover finde ich nicht sehr ansprechend und etwas nichtssagend - jedenfalls gibt es keinen Hinweis darauf, was den / die Leser*in bei der Lektüre des Romans erwartet.
Tatsächlich handelt es sich um eine Familiengeschichte, die auf zwei Zeitebenen spielt. Kapitelweise und immer abwechselnd erzählt die Autorin von Cassie, die Anfang der 2000er Jahre mit ihrer Großmutter, Mutter und Tochter in den USA lebt. Danach springt sie in die 1930er Jahre und in die Ukraine zurück, wo Katja mit ihrer Familie wie andere Ukrainer*innen auch unter dem stalinistischen Regime Unsägliches zu erdulden hat. Inwieweit sich die beiden Erzählstränge treffen, soll hier nicht verraten werden.
Die Autorin schreibt flüssig, spannend, berührend, bildgewaltig und es ist kaum zu glauben, dass es sich dabei um ihren Debütroman handelt. Sie weiß genau, wie man eine Geschichte aufzieht, schreibt und dabei seine Leser*innen fesselt. So wirkt das Ganze auf mich etwas sehr "glatt", routiniert und konventionell, die Figuren teilweise ziemlich klischeehaft und Teile der Handlung vorhersehbar. Vielleicht gerade deshalb lässt sich das Buch sehr gut lesen, es ist ein echter Pageturner. Ich habe während der Lektüre viel über die Ukraine, ihre Menschen und auch ihre Traditionen und ihre Kultur erfahren.
Eine echte Leseempfehlung!

Bewertung vom 14.08.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


ausgezeichnet

Die Autorin berichtet in ihrem Buch über eine Kindheit in einem kleinen Dorf im Hunsrück. Im Zentrum des Romans steht die Mutter. Als „Eingeheiratete“ ist und bleibt sie innerhalb des Dorfes und der Familie eine Außenseiterin. Ihr – wohl aus Frust über ihre Situation entstandenes – Übergewicht sieht der Vater als Quelle seines generellen Misserfolgs an. Er nutzt keine Gelegenheit aus, sie zu demütigen, ihre beruflichen Ambitionen zu torpedieren und versucht, sie kleinzuhalten. Das Leben der Mutter ist davon geprägt, diese Erniedrigungen auszuhalten und sich trotz alledem etwas Würde zu bewahren.
Der Roman ist aus der Sicht der sechsjährigen Tochter Ela geschrieben. Jedem Kapitel folgt ein kurzer Teil, in dem die erwachsene Autorin die zuvor geschilderten Situationen reflektiert, kommentiert, analysiert und in der Rückschau bewertet.
Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Der Schreibstil gefällt mir gut und trotz der deprimierenden Thematik musste ich mehrere Male schmunzeln. Obwohl ich nicht in den 1980er Jahren in einem Dorf im Hunsrück aufgewachsen bin, konnte ich mich sehr gut in die Lage der Ich-Erzählerin versetzen. Die Gedanken und Einstellungen sowie die geschilderten, die Frauen betreffenden Problematiken – ein falsches Schönheitsideal, Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie, fehlende Anerkennung, die Unmöglichkeit zur Selbstverwirklichung und das Verharren in einer unglücklichen Ehe – sind auch heute noch aktuell.
Bei der Lektüre habe ich mich oft gefragt, wo die Grenzen zwischen Fiktion und Autobiographie liegen. Nun am Ende ist mir aufgegangen, dass diese Frage vielleicht vollkommen unerheblich ist. Auf die eine oder andere Weise kann sich vielleicht jede Frau mit den geschilderten Verhältnissen identifizieren.
„Lügen über meine Mutter“ war für mich über weite Strecken hinweg eine schmerzhafte, Augen öffnende Lektüre. Aber noch viel mehr ist das Buch eine Hommage an eine starke Frau, die sich trotz aller Widrigkeiten nicht unterkriegen lässt.

Bewertung vom 10.08.2022
Pferdeliebe und Reiterglück - Alles, was du über Pferde und Ponys wissen musst
Waidmann, Angela

Pferdeliebe und Reiterglück - Alles, was du über Pferde und Ponys wissen musst


ausgezeichnet

... liegt auf dem Rücken der Pferde.
Zuerst einmal war ich von der hochwertigen Anmutung des Buchs überrascht. Es ist viel größer, als ich erwartet habe, der stabile Einband fasst sich sehr angenehm an und wird durch ein süßes Bild und Buchstaben aus Glanzfolie veredelt.
Das Buch ist in mehrere Kapitel gegliedert, die sich farblich voneinander abheben und jeweils einen eigenen Schwerpunkt haben. Ein übersichtliches und liebevoll gestaltetes Layout mit vielen tollen Fotos laden zum Schmökern und Entdecken ein. So erfährt der / die kleine Pferdefreund*in viel Wissenswertes über alle Themen rund ums Pferd. Themen wie Kommunikation mit dem Tier, Biologie, Ausrüstung und Pflege, Reitunterricht, Turniere und vieles mehr werden informativ, kindgerecht und ansprechend behandelt. Ein großer Teil ist den verschiedenen Pferderassen gewidmet. Ein Quiz sowie tolle Sticker runden das Buch ab.
Fazit: Ein tolles Buch, das sowohl Einsteiger*innen in den Pferdesport als auch fortgeschrittenen Reiter*innen viel Unterhaltsames und Informatives bietet. Eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.08.2022
Die Kochschule für Kinder
Marcelli, Tina

Die Kochschule für Kinder


ausgezeichnet

"Die Kochschule für Kinder" ist ein ansprechendes Kochbuch für Kinder, das hält, was es verspricht. Nach einem kurzen, theoretischen Teil folgen 40 Rezepte in einer attraktiven Mischung aus Bewährtem und Innovativem. Dabei enthalten auch die bewährten Rezepte immer einen kleinen "Kick" - die Fischstäbchen sind natürlich selbstgemacht aus Wildlachs und der Milchreis kommt in einer deluxe-Version mit Sahne und Vanillemark daher. Gut finde ich, dass die Autorin auch Gerichte präsentiert, die nicht unbedingt der "Kinderküche" zugerechnet werden, denn warum sollten sich nicht auch Kinder für gegrillten Lachs aus dem Ofen oder Paella begeistern?

Die Anleitungen sind alle sehr übersichtlich, mit klar gegliederten Step-by-Step-Anleitungen und informativen Fotos versehen. So wird das Nachkochen wirklich zum Kinderspiel.

Die Fotos sind dann aber auch mein einziger Kritikpunkt. Ich finde die Farbgestaltung nicht sehr attraktiv: Schon beim Cover dominieren dunkle, kalte Grau- und Blautöne, selbst das rosafarbene Polohemd des Mädchens wirkt irgendwie gräulich. Und diese kalten, irgendwie leblosen Farben setzen sich innerhalb des Buchs fort - die Kinder tragen graue Schürzen und werden oft vor einem weißen, bzw. grauen Hintergrund präsentiert.

Ansonsten; Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 19.07.2022
Samson und Nadjeschda
Kurkow, Andrej

Samson und Nadjeschda


sehr gut

Kiew. Wir schreiben das Jahr 1919 und befinden uns inmitten der Wirren der Russischen Revolution. Samsons Vater wird auf offener Straße von einem Rotarmisten getötet und Samson verliert ein Ohr, das er fortan aufbewahrt – es wird ihm gute Dienste leisten. Er beginnt seinen Dienst bei der neu gegründeten sowjetischen Polizei und lernt die patente Nadjeschka kennen. Schon sein erster Fall gibt ihm Rätsel auf….
Kurkow schildert eindrucksvoll ein spannendes und aufwühlendes Kapitel innerhalb der ukrainischen Geschichte. Er lässt den / die Leser*in eintauchen in eine unruhige, von Chaos, Willkür und Unsicherheit geprägte Zeit. Dabei baut er einige fantastische Elemente in die Geschichte mit ein, sodass die Lektüre immer spannend und unterhaltsam bleibt.
Bei aller Phantastik und den teils grausamen Ereignissen ist Kurkows Stil nüchtern und sachlich. Er wirft einen liebevollen Blick auf seine Figuren und ihm gelingen überzeugende Charaktere, die man so schnell nicht vergisst.
Fazit: Wer einen etwas ungewöhnlichen Krimi vor realem historischen Hintergrund, kombiniert mit leicht grotesken Elementen und überzeugenden Charakteren lesen möchte, dem sei Kurkows Roman wärmstens empfohlen.

Bewertung vom 19.07.2022
Die Schattensammlerin - Dichter und Dämonen
Orgel, T. S.

Die Schattensammlerin - Dichter und Dämonen


ausgezeichnet

Wir schreiben das Jahr 1830 und befinden uns in Frankfurt am Main. Die Angestellte Millicent Wohl wird Zeugin eines brutalen Raubüberfalls, bei dem, wie sich später herausstellt, Schillers Schädel gestohlen wird. Die lokale Polizei scheint weder Interesse noch die Befähigung zu haben, den Fall zu verfolgen. Da schaltet sich Goethe in den Fall ein. Er schickt seinen Adjutanten, den geheimnisvollen Abaris vor, der sich zusammen mit Milli auf die Tätersuche macht. Das ist nur der Anfang einer wendungs-, anspielungs- und beziehungsreichen Ermittlung, die Unglaubliches zutage fördert….
Um das Fazit vorwegzunehmen: Selten habe ich mich in letzter Zeit durch ein Buch so gut unterhalten gefühlt. Das renommierte, mit zahlreichen Auszeichnungen bedachte Autorenduo hat einen wunderbaren, intelligenten und spannenden Roman geschaffen, der die Grenzen zwischen historischem Roman, Okkult-Thriller, Krimi, Fantasy und vielleicht noch anderen Genres verschwimmen lässt. Ein stimmiges historisches Setting, witzige Dialoge, interessante Charaktere, eine wendungsreiche Handlung und eine schöne, überaus angenehm zu lesende Sprache garantieren ein Lesevergnügen erster Klasse.
Die Autoren verfügen über ein profundes Wissen im Bereich der Literatur und Geschichte, das sie mal eben so unter der Hand in den Roman einfließen lassen. Es gibt zahllose Bezüge zu historischen Ereignissen und Personen, aber auch zu Filmen, Büchern, Mythen und literarischen Topoi, die die Lektüre des Romans auch zu einem intellektuellen Vergnügen werden lassen. Dabei protzt der Roman nie mit seiner Gelehrsamkeit, sondern bindet diese Bezüge geschickt und witzig in die Haupthandlung mit ein.
Unter den Charakteren ist natürlich besonders Goethe hervorzuheben. Wir lernen den Dichterfürsten als etwas grummeligen, unter elenden Zahnschmerzen leidenden Dichter in der Schaffenskrise und als eine Art Sherlock Holmes kennen. Aber auch seine beiden „Ermittler“ sind der Erwähnung wert. Die clevere Milli ist eine der sympathischsten Frauenfiguren, die mir in letzter Zeit literarisch begegnet ist und der geheimnisvolle Abaris ist ebenfalls ein Charakter, den man nicht so schnell vergisst.
Fazit: Ich habe das Buch mit größtem Vergnügen und viel Gewinn gelesen und kann es deshalb ausnahmslos empfehlen – auch Leser*innen, die sich von dem etwas gruselig anmutenden Cover und den „Dämonen“ im Untertitel vielleicht nicht unbedingt angesprochen fühlen.
Übrigens ging dem Buch ein Hörspiel / Hörbuch voran, das wortgleich mit dem Roman und ebenfalls sehr zu empfehlen ist. Die ausgezeichneten Sprecher machen das Hörbuch zu einem ganz eigenständigen Vergnügen auf akustischer Ebene.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2022
NEW YORK - Wie es keiner kennt
Kaufman, Susan

NEW YORK - Wie es keiner kennt


ausgezeichnet

Der erste Eindruck: Der Bildband „New York wie es keiner kennt“ hat ein handliches Format und ein sehr stabiles Cover, das sich trotzdem weich anfasst. Den Name der Autorin und der Titel sind in strahlend weißen, glänzenden Reliefdruck aufgesetzt – schon vom Äußeren her macht es einen ausgesprochen wertigen Eindruck. Auf den festen Hochglanzseiten kommen die wunderschönen, gestochen scharfen Fotos besonders gut zur Geltung.
Das Buch ist ganz übersichtlich unterteilt in die verschiedenen Stadtteile, die jeweils mit einem kurzen Text eingeführt werden. Dieser informiert über den Stadtteil, seine Atmosphäre und seine Highlights, enthält aber auch ganz persönliche Erfahrungen und Erlebnisse der Autorin. Es folgen wunderschöne Aufnahmen von blumengeschmückten Häuserfassaden, lauschigen Parks, gemütlichen Cafés, netten Bistros und originellen Läden, die zu dem jeweiligen Stadtteil gehören. Am Ende jedes Kapitels gibt es einen handgezeichneten Stadtplan, auf der die Autorin ihre jeweiligen Lieblingsorte vermerkt hat. So ist es ganz einfach, die erwähnten Orte und Lokalitäten zu finden.
Der Name des Buchs hält, was er verspricht. Bei New York denkt man an hypermoderne Hochhäuser und Glitzerfassaden, an weltberühmte Sehenswürdigkeiten und Hektik. Susan Kaufman zeigt nun ein ganz anderes, europäisch anmutendes New York, das Lust auf Entdeckungen macht. Manches Foto könnte direkt in Paris, Rom oder London aufgenommen sein. Jede einzelne Fotografie strahlt Charme und Wärme aus und lädt zum Betrachten, Entdecken und Staunen ein. Frühling, Sommer, Herbst und Winter – New Yorks kleine Stadtteile bieten zu jeder Jahreszeit tolle Fotomotive.
Fazit: Ein wunderschöner Bildband über New York, der Lust macht, die Koffer zu packen und in das nächste Flugzeug nach NYC zu steigen. Architekturfans, New York-Liebhaber und solche, die es werden wollen, kommen bei diesem liebevoll gestalteten Buch voll und ganz auf ihre Kosten.

Bewertung vom 13.07.2022
Beifang
Simons, Martin

Beifang


ausgezeichnet

Der Ich-Erzähler Frank Zimmermann dümpelt so durchs Leben. Er ist Anfang Vierzig, hat eine gescheiterte Beziehung hinter sich, einen Sohn, zu dem er kaum Kontakt hat und keine wirkliche berufliche Zukunft. Seine Beziehung zu einer verheirateten Frau scheint schon von Anfang an aussichtslos. Als seine Eltern beschließen, ihr Haus zu verkaufen, fährt Frank ins Ruhrgebiet, wo er aufgewachsen ist, um vielleicht einige Erinnerungsstücke mitzunehmen. Das ist der Ausgangspunkt für eine Spurensuche nach seiner Familiengeschichte. Da der Vater eher wortkarg ist, nimmt Frank Kontakt zu den elf Geschwistern seines Vaters auf und erfährt Unglaubliches…
Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Auf gerade mal 234 Seiten entwirft der Autor eine Familiengeschichte von Menschen am Rande der Gesellschaft. Ihr Leben ist geprägt von Armut, Grausamkeit, Empathielosigkeit, dem Kampf ums Überleben, aber auch von Stolz. Trotz des deprimierenden Themas ist der Ton des Autors leicht, manchmal sogar witzig, niemals larmoyant und vor allen Dingen sehr präzise. Er schreibt so lebensnah und überzeugend, dass ich mir immer vor Augen halten musste, dass es sich um ein fiktionales Werk handelt – inwieweit es autobiographisch ist, kann ich nicht beurteilen.
Neben der Schilderung prekärer Lebensverhältnisse und einem Stück deutscher Nachkriegswirklichkeit geht es in diesem Buch auch um die Annäherung an den Vater, um das Schweigen zwischen den Generationen und das Bemühen, nicht dieselben Fehler zu wiederholen wie die Elterngeneration. Wie der Sohn versucht, Kontakt mit dem wortkargen, innerlich verhärteten Vater aufzunehmen, hat mich sehr bewegt. Wie kann man einen Menschen erreichen, der seine Gefühle tief in sich verschlossen hat, weil er nur überleben konnte, wenn er gut in sich versteckt, was gewesen ist? Ich denke, dass diese Problematik typisch ist für die Generation, die im Krieg oder kurz danach aufgewachsen sind.
Nicht zuletzt möchte ich die schöne Sprache erwähnen, die dem Autor eigen ist. Nüchtern, dabei gleichzeitig poetisch, präzise, dabei bildhaft und plastisch – der Roman ist auch sprachlich ein Genuss. Ich werde sicher noch mehr von diesem mir bislang unbekannten Autor lesen!