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ulrikerabe
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 195 Bewertungen
Bewertung vom 26.08.2019
Geblendet / Jenny Aaron Bd.3
Pflüger, Andreas

Geblendet / Jenny Aaron Bd.3


gut

Jenny Aaron ist zurück. Und sie steht vor der vielleicht wichtigsten Entscheidung ihres Lebens. Denn eine Therapie könnte ihre Sehfähigkeit wieder herstellen. Doch die „Abteilung“ braucht sie dringender denn je.
Mit „Geblendet“ schließt Andreas Pflüger seine Trilogie um die blinde Polizistin Jenny Aaron ab. Es empfiehlt sich jedenfalls die beiden vorangehenden Bücher Endgültig und Niemals zu kennen. Für mich ist dieser letzte Band der bedächtigste der Reihe. Das hört sich vielleicht seltsam an, denn gefühlt sterben hier die meisten Personen. Doch der Zwiespalt, in dem Jenny Aron steckt wird mit so einer Feinheit und fast zärtlich herausgearbeitet. Lange ist der Leser nur mit Jenny und ihren Überlegungen zusammen. Sie hadert, ist verletzlich mit sich selbst nicht im Reinen. Aber man rückt auch den anderen Mitglieder der Abteilung, dieser speziellen Einheit, näher, sieht die Menschen unter der gepanzerten Kampfausrüstung. Es ist diesmal nicht nur „Jungsquatsch“, wie es oft so treffend für die ersten beiden Teile heißt. Die starke Frau, Jenny, bekommt in Geblendet mit Malin eine ebenbürtige Gegnerin. Der Autor spielt mit Bildern und Spiegeln, Spiegelbildern.
Sprachlich ist dieser Thriller wieder ein Hochgenuss. Philosophisch, tiefgründig und dann wieder kurz und bündig. Es gibt vieles, was ich an Andraes Pflügers Art zu schreiben mag. Diese kleinen Aufzählungen, die fast schon ein Markenzeichen sind, gibt es hier natürlich auch wieder. Mit dieser Reihe hebt sich Pflüger so wohltuend vom Einheitsbrei am Thrillermarkt ab, dafür gibt es ein ganz großes Lob und Dankeschön von mir.

Bewertung vom 26.08.2019
Der Gesang der Flusskrebse
Owens, Delia

Der Gesang der Flusskrebse


ausgezeichnet

Es ist 1969, als Case Andrews tot im Marschland aufgefunden wird. Unfall, Selbstmord, Fremdverschulden? Der Tod des jungen Mannes gibt Rätsel auf. Wie kam der Ehemann, Frauenheld, Footballstar, Erbe des örtlichen Autohauses ums Leben.
So beginnt das Buch „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens und doch ist das Buch kein Kriminalroman. Denn nach dem Prolog befinden wir uns Jahre zuvor im Marschland rund um den kleine fiktiven Küstenort Barkley Cove. Die kleine Kya Clark ist sechs Jahre alt, als ihre Mutter die Familie verlässt. Nach und nach gehen auch die größeren Geschwister, lassen die jüngste bei einem Vater zurück, der trinkt und gewalttätig ist. Als der Kriegsveteran eines Tages auch nicht mehr heimkehrt, ist Kay nur mehr sich selbst überlassen. Das Mädchen wird zur Überlebenskämpferin. Aufgewachsen in der Abgeschiedenheit der Salzwiesen und Marschen, ohne Schulbildung und Auskommen, kennt Kya das Land um die ärmliche Hütte, in der sie wohnt. Sie ist lebt von dem, was ihr die Natur abgibt, Fische, Muscheln. Der schwarze Jumpin und dessen Frau Mabel greifen Kya immer wieder unter die Arme. Aber von den Menschen in Ort, den Kya meidet, wird sie nur geringschätzig das „Marschmädchen“ genannt. Bis zwei junge Männer, Tate Walker, und später Chase Andrews in Kyas Leben treten.
Der Gesang der Flusskrebse ist sprachlich hinreißend. Die Protagonistin Kya, ihre Liebe zur Natur, ihr starker Wille öffneten mir beim Lesen das Herz. Es war so einfach mit Kya mitzufühlen. Delia Owens erzählt aber nicht nur von einer Art Robinsonade. Sie erzählt auch vom Hochmut und er Arroganz, der Menschen, die sich als etwas Größeres erachten, nur weil Jahrzehnte lang andere vor ihnen knieten. Die Protagonistin wandelt sich im Verlauf dieses Romans von der kleinen verlassen Kya zu einer unabhängigen Frau, die den Titel „Marschmädchen“ mit Stolz zu tragen weiß. Mit der Veränderung Kyas ändert sich auch die Handlung, von einer „Ode an die Natur“ zu einem mitreißenden Gerichtsdrama.
Kyas Geschichte berührt ohne kitschig zu sein. Kya ist ein Charakter, der man alles im Leben wünscht und alles verzeiht. Es ist eine großartige Geschichte über das Erwachsenwerden, eine Liebesgeschichte, oft traurig, aber nicht trostlos. Dieses Buch ist für mich ein Herzensbuch und eine wahrhaftige Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.08.2019
Dunkelsommer
Jackson, Stina

Dunkelsommer


ausgezeichnet

Vor drei Jahren verschwand die damals 17-jährige Lena an einer Bushaltestelle spurlos. Seither ist ihr Vater Lelle auf der Suche nach dem Mädchen. Seine Ehe mit Anette ging in die Brüche. Er selbst verfällt immer mehr dem Alkohol. Dann zieht Meja mit ihrer Mutter in das Dorf im schwedischen Norden. Lelles und Mejas Lebenswege kreuzen sich.
Stina Jackson hat für ihren Roman „Dunkelsommer“ die Auszeichnung als bester schwedischer Spannungsroman erhalten. Und das zu recht! Dunkelsommer ist eine grandios erzählte Geschichte über Verlust und Obsession, über die dunklen Seiten im Menschen.
In den hellen schwedischen Mittsommernächten liegt viel im Verborgenen. Seit Lenas Verschwinden traut Lelle niemandem. Die Suche nach seiner Tochter hält ihn aufrecht. Zwar gibt er beinahe sich selber auf, aber niemals die Liebe zu seiner Tochter. Genauso verzweifelt wie Lelle sich nach einer intakten Familie sehnt, strebt die junge Meja nach Beständigkeit und einem Ausbruch aus der CO-Abhängigkeit zu ihrer psychisch labilen und alkoholkranken Mutter. Je mehr in diese Geschichte eintaucht umso mehr ahnt man, in welche Richtung sich die Ereignisse entwickeln. Man hofft so sehr für Lena und für Meja, dass man falsch liegt.
Stina Jackson konstruiert den Handlungsverlauf sehr geschickt. Nach knappen zwei Dritteln erfährt die Handlung eine Zäsur, ab da verläuft de4r Handlungsbogen geradewegs nach oben.
Mir gefiel, dass dieses Buch nicht als Thriller sondern als (Spannungs)roman geführt wird. Die stark melancholische Stimmung, die Innenschau der Protagonisten, ihre Trauer, Hoffnung und Ziele, die Abgründe und vermeintlichen Idyllen machen einen Großteil dieses Buches aus.
Eine vielversprechende Autorin, eine gelungenes Debüt. Bemerkenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2019
R.I.P. / Kommissar Huldar Bd.3
Sigurdardóttir, Yrsa

R.I.P. / Kommissar Huldar Bd.3


sehr gut

Die 16-jährige Stella wird in dem Kino, in dem sie jobbt, brutal überfallen, geschlagen und entführt. All das passiert vor den Augen der Öffentlichkeit, denn der Täter schickt per Snap Chat Beiträgen Stellas Kontakte. Vor laufender Kamera muss sich Stella entschuldigen. Wofür, wir wissen es noch nicht. Bei der Befragung von Stellas Freundinnen stellt sich heraus, dass Stelle – „leader of the pack“ – nicht nur das allseits nette beliebte Mädchen war, sondern ganz massiv Mobbing gegen eine Mitschülerin betrieben hat. Nach dem Verschwinden eines weiteren Jugendlichen werden die Zusammenhänge für die ermittelnden Polzisten klarer.
R.I.P. ist nun schon der dritte Band um den isländischen Kommissar Huldar und die Kinderpsychologin Freyja Und wieder wartet die Autorin Yrsa Sigurdardottir mit einem brutalen und atmosphärischen Island-Thriller auf. Mit Mobbing in all seinen Facetten widmet sie sich einem aktuellen Thema und bleibt ihrer Linie treu, Vergeltung üben zu lassen. Auch die privaten und beruflichen Querelen zwischen Huldar und Freyja oder seiner Vorgesetzten Erla nehmen wie gewohnt viel Raum ein, auch wenn sie mit den eigentlichen Ermittlungen wenig zu tun haben. Alles in allem ist R.I.P. professionelle Thrillerunterhaltung. Aufgrund einiger Einschübe weiß der Leser mehr als die Ermittler und es dauert eine Weile, bis alle Stränge zusammengeführt wurden. Die Auflösung fand ich nachvollziehbar. Der offengehaltene Schluss sorgte bis zum Schluss für Spannung.

Bewertung vom 24.07.2019
Harz
Riel, Ane

Harz


ausgezeichnet

Eine kleine dänische Insel, eigentlich ein wunderbarer Ort zum Leben. Der „Kopf“ der Insel ist durch eine schmale Nehrung, dem „Hals“ mit dem Rest der Insel verbunden. Dort am Kopf, in dieser Abgeschiedenheit wächst Jens Haarder mit seinem älteren Bruder Mogens und den Eltern Silas und Else auf. Den frühen Tod des Vaters verwindet der sensible und eigenbrötlerische Junge kaum. Später gründet Jens mit Maria, der Pflegerin seiner Mutter seine eigene kleine Familie. Doch es ist wieder ein schwerer Verlust, der Jens vollkommen aus der Bahn wirft.
Nicht jeder Thriller braucht reißerische Effekte. In Ane Riels Thriller „Harz“ reicht der kleine private Wahnsinn eines Mannes, der in seiner selbst gewählten Isolation immer mehr in seiner eigenen verkehrten Welt lebt und alle mitnimmt, die er liebt.
„Nein, er konnte nichts entbehren. Was ihn verließ, kam nicht zurück. Und darum verließ ihn nichts.“

Es ist eine obsessive, fehlgeleitete Liebe, die Jens Haarder die Grenzen zwischen Freund und Feind, zwischen Normalität und Wahn nicht mehr erkennen lässt. Hier wird eine Besessenheit beschrieben, die durchaus im Bereich des Möglichen liegt, was viel stärker auf mich wirkt als haarsträubende Killerstorys.
Die Autorin erzählt die Geschichte teilweise aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Kindheit und Jungend von Jens wird von einem durchaus neutralen und beobachtenden Erzähler geschildert. Aber auch die sechsjährige Tochter Liv berichtet aus ihrer kindlich naiven Sicht, eine Perspektive die das ständig ansteigende Grauen noch mehr vorantreibt. Was uns Liv nicht erzählen kann, wird oft durch Briefe der Mutter an das Kind ergänzt.
„Harz“ ist ein Thriller, der eine ganze Palette an Gefühlen erzeugt, man wünscht und hofft ganz stark, dass Liv, dieses kleine Leben, gerettet werden kann. Es ist unglaublich in seiner Eindringlichkeit. Die Grausamkeiten Mensch und Tier gegenüber sind verstörend und trotzdem führt einen die Autorin auf seltsam behutsame Weise durch diese beklemmende Tragödie.

Bewertung vom 23.07.2019
Die Gärten von Monte Spina
Scriverius, Henrike

Die Gärten von Monte Spina


weniger gut

Toni Andersen hat ihren Mann Leon bei einem Autounfall verloren. Als sie das Angebot erhält für den reichen Unternehmer Max Bror auf dessen Insel Monte Spina als Gärtnerin zu arbeiten, nimmt sie diese Chance zu einem Neubeginn wahr.
Die Gärten von Monte Spina von Henrike Scriverius ist ein Schicksalsroman mit ganz einfacher Rezeptur. Man nehme: eine Frau, einen Schicksalsschlag, eine abgelegene Insel, ein Mann mit Vergangenheit und ein ungeheures Ereignis, das die beiden miteinander verbindet. Genauso wie sich das anhört, liest sich das Buch auch. Allein das Ende wartet mit einer kleinen Überraschung auf.
Henrike Scriverius ist selbst Landschaftsarchitektin, aber die Sprache die sie Toni Andersen sprechen lässt, ist keine blumige. Sehr flapsig kommen die Dialoge daher. Für die Gärten von Monte Spina hätte sie sehr viel kreativen Spielraum. Eine kleine Insel, vorgelagert zu Lanzarote, das schreit ja geradezu nach opulenten Landschaftsbeschreibungen. Aber da hält die Autorin es wohl mit Thomas Bernhard, der Naturbeschreibungen für Unsinn hielt. Dafür lesen wir reichlich über Stringtangas und Nagellack der Sekretärin Louise und von den schlabberigen Shorts und ungezähmten Locken Tonis.
Seichte Unterhaltung, die vor allem im Sommer keine Abkühlung bringt.

Bewertung vom 23.07.2019
Auris / Jula Ansorge Bd.1
Kliesch, Vincent

Auris / Jula Ansorge Bd.1


weniger gut

Matthias Hegel hat das absolute Gehör. Der phonetische Forensiker ist ein gefragter Berater der Polizei und konnte mit seinen Fähigkeiten schon oft dazu beitragen Kriminalfälle zu lösen. Umso unglaublicher ist es, als Hegel eines Tages den brutalen Mord an einer Obdachlosen gesteht, verhaftet und verurteilt wird.
Jula Ansorge ist Radiojournalistin und betreibt einen Podcast für True Crime Fälle. Durch ein familiäres Schicksal angetrieben, fühlt sie sich berufen, den Fall Hegel wieder aufzurollen, da sie von der Unschuld des Mannes überzeugt ist. Immer tiefer verstrickt sie sich in die Ermittlungen und gefährdet dabei nicht nur ihr eigenes Leben.
Auris ist ein Thriller nach einer Idee von Sebastian Fitzek, umgesetzt von Vincent Kliesch Und so liest es sich auch. Es ist ein sehr wendungsreicher Krimi, sprachlich einfach gehalten, durchaus spannend aber voll logischer Unschärfen. Mir gefiel an sich die Idee, einen Protagonisten einzusetzen der über außerordentliche Sinneswahrnehmungen verfügt. Allerdings hätte ich mir zu dem Thema forensische Phonetik mehr interessante Einzelheiten gewünscht. Dazu hätte es allerdings mehr an Recherche bedürft. Da war es einfacher eine ziemlich penetrante und nervtötende Journalistin in den Mittelpunkt zu stellen.

Der Schluss des Thrillers bietet einen Cliffhanger. Man darf also eine Fortsetzung erwarten. Ich werde darauf allerdings nicht warten.

Bewertung vom 23.07.2019
Auf Erden sind wir kurz grandios
Vuong, Ocean

Auf Erden sind wir kurz grandios


ausgezeichnet

„Little Dog“ ist ein Junge vietnamesischer Abstammung. Er wächst mit der psychisch labilen Großmutter Lan und seiner Mutter Rose in Hartford, Connecticut, auf. Die Mutter ist Analphabetin, überarbeitet. Das Leben der Familie ist geprägt von Armut und Alltagsrassismus
„Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist ein Brief, den der Sohn schreibt. Ein sehr langer Brief, an eine Mutter, die nicht lesen kann. Er schreibt über seine Kindheit und Jugend, aber auch über das Leben von Großmutter und Mutter während des Krieges in Vietnam. Die Männer in dieser Familie stehen für Krieg und Gewalt, namenlose Soldaten, schlagende Ehemänner. Rose ist das Produkt dieses Krieges, ein Überbleibsel. In Amerika, entwurzelt, ohne Sprachkenntnisse bleibt ihr oft nur die Sprache der Gewalt, um ihren Sohn zu erziehen. „Du weißt ja, dass in dem Dorf, wo Lan aufgewachsen ist, ein Kind, meist das kleinste oder schwächste der ganzen Schar, nach den schändlichsten Dingen benannt wird…“ „Little Dog“ ist ein sehr schmächtiger Junge, in einem „queeren Körper“, wie er selber über sich sagt. So gesehen ist es noch liebevoll, wie ein kleiner Hund gerufen zu werden.
Ocean Vuong debütiert mit diesem Roman auf einzigartige Weise. Es ist kein einfacher Text, inhaltlich, stilistisch und sprachlich. Der Autor lässt seinen Protagonisten erzählen, kurz und grandios, er zeigt wie schmal der Grat des Lebens ist, wie nahe sich gegensätzliche Gefühle sein können: Liebe und Hass, Schläge und Zärtlichkeit, Sprache und Verstummen, Verlangen und Verzweiflung.
Er schreibt über Wurzeln und Heimat, über ein (Über)leben in der Fremde, die zur Heimat werden soll, während die Herkunft fremd wird.
Sprache, Fremdsprache, Muttersprache, das sind ganz wesentliche Elemente in diesem Buch. Ocean Vuong ziseliert manches Mal ganz kleine Feinheiten, und manches Mal wirft er Wort, wie Felsbrocken, hart und wuchtig in den Text.
„Ich schreibe, weil man mir gesagt hat, niemals einen Satz mit weil zu anzufangen. Aber ich wollte keinen Satz bilden – ich wollte freikommen. Weil Freiheit, so heißt es, nur der Abstand zwischen dem Raubtier und seiner Beute ist.“ In Little Dogs Vorfahren steckt noch der Krieg.Er selbst sucht nach Freiheit, nicht nur eine physische, sondern auch die Freiheit zu denken was, zu lieben wen, zu sein wer und wie man will. …und es manchmal zum frei sein reicht, wenn man die Gitterstäbe des Käfigs, der einen umschließt nicht sieht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.07.2019
Mord am Mandela Square (eBook, ePUB)
Boll, Matthias

Mord am Mandela Square (eBook, ePUB)


weniger gut

Eigentlich sollte Frank Sattler Pia, die Tochter seines Freundes, in Johannesburg vor Schwierigkeiten bewahren. Aber ehe er es sich versieht steckt der deutsche Chemiker mittendrin in einem südafrikanischen Kriminalroman.
Ermordete Mitglieder einer NGO, Immobilienspekulation, chinesische Auftragskiller, Militärgeheimnisse und ein gestohlener Torpedo. Der Krimi wartet mitunter mit sehr turbulenten, und auch spannenden Momenten auf. Doch die Handlung und der Verlauf der Geschehnisse wirken größtenteils arg konstruiert und herbeigezogen. Da gibt es schnell ein paar Schießereien und wilde Verfolgungsjagden. Auch wartet der Wissenschaftler mit bemerkenswerten Selbstverteidigungstechniken auf, die man ihm so gar nicht zugetraut hat. Alles in allem wirken sämtliche Akteure etwas fehlbesetzt. Auch die Sprache des Krimis konnte mich nicht wirklich begeistern.
Das Cover des Buchs ist ein echter Hingucker, davon sollte man sich aber nicht verleiten lassen. Mord am Mandela Square ist schon der fünfte Band des Autors Matthias Boll, selbst Naturwissenschaftler, mit dem Protagonisten Frank Staller. Das spielt allerdings keine Rolle, der Autor verlangt kein Vorwissen vom Leser, was ich sehr begrüßenswert finde. Trotzdem werde ich mich mit den weiteren Bänden wohl nicht beschäftigen.

Bewertung vom 10.07.2019
Die Lotosblüte
Sok-Yong, Hwang

Die Lotosblüte


weniger gut

Noch als sehr junges Mädchen wird Chong von ihrer Stiefmutter verkauft. Sie wird aus ihrer Heimat Korea nach China verschifft, wo sie zunächst Konkubine eines 8o-jährigen wird. Ihr wird kurzerhand ein neuer Name verliehen, aus Chong wird Lenhwa, chinesisch für Lotosblüte. Nachdem Tod ihres Herrn wird sie von Bordell zu Bordell, von Mann zu Mann weitergereicht. Mit jedem neuen Schauplatz erfindet sich Chong neu, wird Geliebte eines Engländers in Singapur und schließlich sogar Ehefrau eines japanischen Fürsten.
Die Lotosblüte ist ein sehr ausladender Roman über ein Frauenschicksal zur Zeit des Opiumkrieges. Macht – und rechtlos, aber nicht immer wehrlos, begleiten wir Chong auf ihrem Lebensweg. Schwülstige Erotikszenen wechseln mit brutaler sexueller Gewalt. Das geschilderte (vermeintliche?) Lusterleben der Frau als Ware schien mit nicht glaubhaft und ließ sich im Zusammenhang mit Zwangsprostitution nicht in Einklang bringen. Mir scheint viel eher, dass sich tragische Schicksalsroman mit expliziten Schilderungen von Geschlechtsverkehr noch einmal besser verkaufen sollen.
Der historische Rahmen in diesem Buch ist durch vielerlei Hinweise zwar klar abgesteckt, doch die zeitlichen und lokalen Gegebenheiten darf man sich entweder selbst recherchieren oder bleiben im Ungewissen.
Gegen Ende des Buches werden auch die Zeitsprünge immer länger, die Handlung verliert sich ich politischen und kriegerischen Kleinigkeiten. So bekam der Begriff „querlesen“ für mich bei diesem Buch eine neue Dimension.