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meggie3

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 26.04.2021
Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1
Hancock, Anne Mette

Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1


ausgezeichnet

Spannende Ermittlungen

Heloise Kaldan ist Investigativ-Journalistin bei einer Kopenhagener Zeitung und steht wegen einer fehlgeschlagenen Enthüllung schwer in der Kritik. Als sie wieder in der Redaktion ist, findet sie in ihrem Postfach einen Brief von einer Frau, die behauptet, eine gesuchte Mörderin zu sein. Der Brief ist kryptisch und scheint von jemandem zu kommen, der einiges über Heloise weiß.
Etwa zeitgleich geht bei der Kopenhagener Polizei ein Hinweis zu der gesuchten Frau ein. Erik Schäfer und seine Kollegin Lisa Augustin beginnen erneut an dem Fall zu arbeiten und auch Heloise fängt an, Nachforschungen anzustellen.

Ich bin ein großer Fan skandinavischer Krimis und Thriller und mich hat „Leichenblume“ nicht enttäuscht. Der Schreibstil lässt sich sehr gut lesen und mir hat gefallen, wie Stück für Stück die wahre Geschichte und die Hintergründe deutlicher geworden sind. Dies hat bei mir einen starken Sog erzeugt und mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Einige Stellen des Buches sind allerdings wirklich schwer auszuhalten. Die Charaktere wirken dreidimensional und sind spannend. Ich glaube, dass auch die Beziehung zwischen dem Kommissar Erik Schäfer und der Journalistin Heloise Kaldan noch Potenzial für die nächsten Bände bietet. Die journalistische Perspektive von Heloise und die klassische Ermittlungsarbeit durch die Polizei hat die Autorin sehr gut zusammengebracht und mich damit komplett überzeugt.

Ich finde die Kombination Journalistin und Kommissar an sich spannend, empfinde Krimis um solche Duos aber oftmals als etwas zu konstruiert. Dies habe ich im ersten Teil der Reihe um Heloise Kaldan und Erik Schäfer überhaupt nicht so empfunden und auch die doch sehr starken privaten Verflechtungen in den Fall habe ich als glaubwürdig empfunden. Ich hoffe sehr, dass die Beziehung zwischen Heloise und Erik im Nachfolgeroman genauso authentisch bleibt.

Bewertung vom 18.04.2021
Wo wir Kinder waren
Naumann, Kati

Wo wir Kinder waren


sehr gut

Fast ein Jahrhundert (Familien)geschichte

Der Roman besteht aus zwei sich abwechselnden Erzählsträngen. In der Hälfte der Kapitel wird die Familiengeschichte der Spielzeugproduzentenfamilie Langbein erzählt. Der Roman beginnt im Jahr 1910. In diesen Kapiteln ist es möglich, die Generationen bis kurz vor dem Mauerfall zu begleiten. In der anderen Hälfte der Kapitel räumen Eva, Iris und Jan, Erben und Nachfahren der Spielzeugproduzenten in der Gegenwart das Stammhaus aus. Raum für Raum arbeiten sie sich durch das Haus, sortieren, putzen und hängen ihren Erinnerungen an ihre Kindheit und die gemeinsame Zeit in dem Haus und mit den Verwandten nach.

Der Autorin ist es ausgezeichnet gelungen, mir fast ein Jahrhundert deutsche Geschichte aus Sicht einer Familie aus dem Spielzeuggewerbe in Thüringen näher zu bringen. Da ich erst deutlich nach der Wiedervereinigung geboren bin, habe ich selbst keinen Bezug zu dem Spielzeug aus Sonneberg. Die sich über die Jahrzehnte stark verändernde Spielzeugproduktion konnte ich mir dank der detaillierten Beschreibungen aber bildlich vorstellen. Besonders der technische Fortschritt und die sich damit verändernde Produktion war für mich sehr greifbar.
Das Festhalten an Prinzipien und der unbedingte Wille seitens der Langbeins das Familienunternehmen um jeden Preis zu halten, ist sehr gut transportiert worden. Die ProtagonistInnen scheinen authentisch und gerade die Perspektive der Charaktere aus den historischen Kapiteln habe ich gut nachvollziehen können.

Im Vergleich zu den historischen Kapiteln habe ich den in der Gegenwart spielenden Erzählstrang als etwas schwächer empfunden. Dies hat auch dazu geführt, dass sich für mich leider keine richtige Dynamik und Spannung entwickelt hat.

Der Roman lässt sich sehr gut lesen, der Schreibstil ist angenehm und die Charaktere glaubwürdig und authentisch. Die unterschiedlichen Zeiten und Brüche sind vorstellbar beschrieben und ich habe beim Lesen viel gelernt. Einzig habe ich ein wenig Spannung vermisst. Ein wirklicher Sog hat sich für mich leider nicht entwickelt.

Bewertung vom 18.04.2021
Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
MacDonald, Andrew David

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz


ausgezeichnet

Schöner, berührender Roman

Zelda ist 21 Jahre alt und hat eine Fetale Alkoholspektrumstörung. Ihre Woche ist fest durchgeplant, Regeln und feste Strukturen helfen ihr. Sie hat einen Freund, der ebenfalls eine FAS hat. Zelda ist Expertin für alles, was mit Wikingern zu tun hat. Ihr Vater spielt in ihrem Leben keine Rolle und ihre Mutter ist an Krebs gestorben. Gemeinsam mit ihrem Bruder Gerd lebt sie in einer eher schwierigen Gegend. Gerd studiert Wirtschaft und kümmert sich um seine Schwester so gut er kann. Als er zunehmend unter Druck gerät, in kriminelle Machenschaften verwickelt wird und sein Studium vernachlässigt, greift Zelda ein. Dabei wird sie selbstständiger und auch Themen wie die eigene Sexualität und Selbstbestimmung spielen eine Rolle.

Die Protagonistin ist eine liebenswürdige Heldin, deren Entwicklung authentisch beschrieben wird. Auch Gerd und dessen (Ex-)Freundin Anni, die von Zelda AK47 genannt wird, sind detailliert gezeichnete Charaktere. Natürlich werden Klischees bedient, dennoch werden einige auch aufgelöst und somit als Klischee und Überspitzung enttarnt.
Obwohl ich mich wenig für Wikinger interessiere, habe ich es als spannend und auch gut gemacht empfunden, wie der Autor Zeldas Liste auf dem Weg zur Legende wie einen roten Faden für den Roman nutzt.
Andrew David MacDonald gelingt es gut, Zeldas Wunsch nach eigener Sexualität und den Vorbehalten, die ihr Bruder hat, zu beschreiben. Generell hatte ich das Gefühl, in Zeldas Gedankenwelt komplett involviert zu sein und habe ihre Gefühle, Gedanken, Ideen und Handlungen als in den allermeisten Fällen authentisch und nachvollziehbar empfunden.

Als besonders erwähnenswert habe ich die Differenzierung des Autors wahrgenommen, der sehr deutlich macht, das FAS nicht gleich FAS ist. Gleichzeitig ist deutlich geworden, wie hilfreich und wichtig bestimmte Institutionen sind (wie das Stadtteilzentrum mit entsprechenden Angeboten in dem Roman).

Während mich Buchtitel und Cover zunächst eher wenig angesprochen haben, hat mich der Schreibstil und die Geschichte überzeugt. Die ProtagonistInnen sind detailliert beschrieben und haben mich in den Bann gezogen.

Bewertung vom 10.04.2021
Hensslers schnelle Nummer Bd.1
Henssler, Steffen

Hensslers schnelle Nummer Bd.1


ausgezeichnet

Ansprechende Rezepte

Das Kochbuch beinhaltet 100 Rezepte, die den Anspruch haben, schnell und einfach zubereitet werden zu können. Aufgeteilt ist das Buch in die Kategorien „Kartoffeln“, „Fisch & Meeresfrüchte“, „Fleisch“, „Gemüse“, „Pasta“, „Salate“, „Für Zwischendurch“ und „Desserts“. Zu jedem Rezept ist angegeben, wie viele Zutaten zuzüglich einiger Grundzutaten wie Öl oder Salz benötigt werden, die Zubereitungszeit und ob es sich um ein vegetarisches Gericht handelt.

Ich habe bisher kein TV-Format von Steffen Henssler verfolgt und hatte auch nicht das Gefühl, ein Buch über Steffen Henssler in den Händen zu halten. Es gibt einige Bilder des Kochs, aber im Fokus sind die Rezepte. Die Idee einfach und schnell zubereiteter und trotzdem abwechslungsreicher und nahrhafter Speisen finde ich für den Alltag gut. Die Aufteilung in die Kategorien habe ich als sehr sinnvoll empfunden, positiv hervorzuheben finde ich die eigene Kategorie „Kartoffeln“.
Die Bilder sind sehr ansprechend und appetitanregend. Ich esse wenig Fleisch und scheue in der Regel die Zubereitung, habe aber bei einigen der Rezepte mit Fleisch durchaus Lust, diese zuzubereiten. Die Beschreibungen der einzelnen Zubereitungsschritte sind knapp und aussagekräftig, also genau so, wie ich es in einem Rezept haben möchte. Die Seiten sind sehr übersichtlich gestaltet, die Tipps hilfreich. Beim Kochen bleibt das Buch problemlos aufgeschlagen liegen.

Nach Ausprobieren einiger Rezepte scheint mir die angegebene Zeit etwas knapp bemessen. Die Menge der Zutaten ist für zwei Personen angegeben und wirkt durchaus reichlich. Ansonsten finde ich es super, dass die Grundmenge für zwei Personen berechnet ist und nicht wie so oft sonst für vier Personen. Verdoppeln finde ich generell einfacher, als wenn ich halbieren muss und dann Mengen brauche, die oft nicht zu kaufen sind (z.B. einen halben Blumenkohl).

Einige Rezepte empfinde ich als doch etwas zu aufwendig für ein „schnelles“ Essen, trotzdem würde ich das Kochbuch empfehlen. Die Rezepte sind übersichtlich gestaltet und die Bilder ansprechend.

Bewertung vom 28.03.2021
Unter Wasser Nacht
Hauff, Kristina

Unter Wasser Nacht


gut

Zu hohe Erwartungen?

Nach dem Tod ihres Sohnes Aaron leben Sophie und Thies weiter auf einem Hof im Wendland, im Nebenhaus wohnen Inga und Bodo mit ihren Kindern Jella und Lasse. Die vor Aarons Tod sehr eng befreundeten Paare haben sich seit dem Verunglücken von Aaron voneinander entfernt, genauso wie sich auch Aarons Eltern fremd geworden zu sein scheinen. Als dann die geheimnisvolle Mara auftaucht, die auf fast alle Protagonisten einen ungeheuren Einfluss hat, kommt langsam heraus, was am Fluss mit Aaron wirklich passiert ist.

Mich hat dieser Roman vom Cover und von der Inhaltsbeschreibung her sehr gereizt und so bin ich mit entsprechend hohen Erwartungen gestartet. Die ersten Kapitel haben mich auch überhaupt nicht enttäuscht, die Beschreibungen der Flusslandschaft und des heimeligen Hofs haben mir fast das Gefühl gegeben, vor Ort zu sein. An irgendeinem Punkt hat mich der Sog des Buchbeginns aber verloren. Vermehrt habe ich mich in einigen Kapiteln schwergetan, die handelnden Personen zu verstehen und ihre Handlungen nachzuvollziehen. Während ich die Protagonisten zu Beginn noch als durchweg spannend empfunden habe, hat dies bei einigen leider auch nachgelassen. Vor allem die Charaktere Mara und Thies haben bei mir immer mehr unbeantwortete Fragen aufgeworfen. Auch die häufigen Perspektivwechsel haben mit der Zeit eher den Lesefluss gestört als dass sie wie zu Beginn die Spannung gesteigert hätten.

Irgendwann waren es mir dann auch etwas zu viele Zufälle, die Geschichte um Mara ist mir zu konstruiert und hat mich eher von dem eigentlich sehr spannenden Thema des Umgangs mit dem Tod des Kindes abgelenkt. Die Herangehensweise an die Frage, wie unterschiedlich mit einem großen Unglück umgegangen werden kann, hat mir aber trotz einiger Abstriche gut gefallen. Auch hat mich der Schreibstil genauso wie die Charakterbeschreibungen der meisten Protagonisten sehr überzeugt.

Schlussendlich befürchte ich, dass meine Erwartungen an den Roman zu hoch oder vielleicht einfach falsch waren.

Bewertung vom 28.03.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


sehr gut

Guter Auftakt mit kleinen Schwächen

John Adderley kehrt nach einem Undercovereinsatz des FBIs und vielen Jahren in den USA unter neuer Identität zurück in sein Geburtsland Schweden. Dort wird er als Ermittler in eine Cold Case Einheit eingeschleust, die sich mit einem zehn Jahre zurückliegenden Vermisstenfall befasst. Bei der Vermissten handelt es sich um die junge Frau Emelie, die Tochter einer reichen Unternehmerin. Hauptverdächtiger damals wie heute ist Johns Halbbruder Billy.

Der Kriminalroman entwickelt sich langsam, wird aber zunehmend spannender. Der Schreibstil lässt sich sehr gut lesen und auch die Zeitsprünge zwischen 2009 und 2019 habe ich als passendes Stilmittel wahrgenommen. Die Ermittlungsarbeit wird detailliert geschildert und auch die Frustration der ErmittlerInnen ob einiger Stolpersteine wird stark beschrieben. Interessant sind auch die Passagen zum Ablauf eines Undercovereinsatzes, dem dazugehörenden Gerichtsprozess und der anschließenden Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm. Die Bürde, die damit verbunden ist, wird sehr eindrücklich dargestellt. Auch die Belastungen für Billy, der heute wie damals erster Hauptverdächtiger ist, werden überzeugend transportiert.

Leider hat mich aber die Charakterbeschreibung des Protagonisten John nicht komplett überzeugen können. Immer wieder konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, welche Beweggründe ihn zu bestimmten Handlungen getrieben haben, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zu seiner Mutter und seinem Halbbruder. Viele andere Charaktere konnten mich hingegen vollkommen in den Bann ziehen, so habe ich zum Beispiel die Entwicklung von Heimer, dem Vater von Emelie, sehr spannend gefunden. Insgesamt hat mich die Beschreibung des Binnenverhältnisses der Familie von Emelie überzeugt.

Die Autoren überraschen mit zahlreichen Wendungen und ich war zwischendurch unsicher, ob der Roman nicht thematisch etwas überfrachtet wird. Die Auflösung am Ende war dann leider nicht mehr ganz unvorhersehbar. Dennoch ist der Krimi sehr unterhaltsam und ein vielversprechender Auftakt der Reihe um den ehemaligen FBI-Agenten John.

Bewertung vom 28.03.2021
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Schröder, Alena

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid


ausgezeichnet

Sehr unterschiedliche Frauenfiguren

Hannah findet einen Brief einer Anwaltskanzlei bei ihrer Großmutter, indem von verschollenen Kunstwerken die Rede ist. Ihre Großmutter Evelyn möchte mit dem Brief nichts zu tun haben, hindert ihre Enkelin aber nicht daran, sich der Sache anzunehmen. Hannah selbst kämpft etwas halbherzig mit ihrer Germanistikpromotion und der Frage, inwieweit sie ihre Schwärmerei um ihren Doktorvater noch vor sich selbst rechtfertigen kann und wer sie überhaupt ist und sein will.

Der Roman erzählt in einigen Kapiteln die Geschichte von Senta, Evelyns Mutter, beginnend in den Zwanzigerjahren und die von Evelyns Kindheit und Erwachsenwerden bis in die Kriegsjahre. Die anderen Kapitel spielen in der heutigen Zeit und befassen sich mit Hannahs Leben und ihren Nachforschungen. So werden doch recht viele Themen und Handlungsstränge angerissen, ohne dass ich jedoch das Gefühlt hatte, dass es zu oberflächlich oder aber zu viel wäre.

Der Autorin gelingt es herausragend, die Geschichte von sehr verschiedenen Frauen zu erzählen, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben und doch durch den Stammbaum verbunden sind. Der Roman befasst sich mit Schuld und Vergebung, mit Erinnern und Nichterinnern wollen. Dies tut er auf ungezwungene Weise mit einer sprachlichen Leichtigkeit, die einerseits zum Nachdenken anregt und andererseits das Lesen zu einem Vergnügen macht.
Zwischenzeitlich skeptisch war ich im Hinblick auf Hannahs Entwicklung, die schon fast besessen von ihrem Doktorvater ist, sich aber durchaus über die Situation bewusst ist. Ich bin sehr froh, dass der Roman nicht zu kitschig geworden ist, sondern Hannah schlussendlich eine doch realistische und für mich als Leserin nachvollziehbare Entwicklung nimmt.

Die Rolle von Hannahs Mutter wird eher am Rand thematisiert und schien mir auch der eindimensionalste Charakter des Romans zu sein. Alle anderen Charaktere habe ich als sehr detailliert und authentisch beschrieben wahrgenommen.

Insgesamt hat mir dieser Roman sprachlich und von der Geschichte her sehr gut gefallen. Der Titel ist zwar absolut ungewöhnlich, macht aber nach Lesen des Buches Sinn und ist meinem Empfinden nach gut gewählt.

Bewertung vom 28.03.2021
Genug
Dalsgaard, Louise Juhl

Genug


sehr gut

Fragmente

In dem Roman „Genug“ geht es um eine junge Frau, die unter der psychischen Störung Anorexia nervosa leidet. Beschrieben wird ihre Entwicklung, vom Hineingleiten in die Störung bis zu den unterschiedlichen Therapien.

Aufgebaut ist der Roman sehr ungewöhnlich. Die Abschnitte scheinen nicht immer inhaltlich zusammenzuhängen, es sind manchmal nur kurze Gedanken oder schriftlich festgehaltene Fragmente und Erinnerungen an die Kindheit. Zwischendurch gibt es Arztberichte oder -protokolle, die sehr nüchtern den Zustand und die Kämpfe der Patientin mit sich und der Behandlung beschreiben. Zusammengehalten werden die Abschnitte durch die Sprache, die je nach Inhalt angepasst ist. Mal etwas derber, dann wieder philosophisch intellektuell oder sachlich in den Berichten des Sozialdienstes oder der Ärzte und Therapeuten. Viele Abschnitte lassen sich flüssig herunterlesen, bei anderen bin ich hängengeblieben und habe sie mehrmals gelesen. Manchmal aufgrund des berührenden Inhalts, manchmal aufgrund der sprachlichen Mittel.

Das Werk, das Louise Juhl Dalsgaard geschaffen hat, ist voll von Poesie. Es ist absolut ungewöhnlich und hat mich zugegebenermaßen etwas ratlos zurückgelassen. Ich habe es als ein Lesen zwischen den Extremen empfunden. Manchmal konnte ich mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen und habe ihre Gedanken als sehr nachvollziehbar wahrgenommen, in anderen Abschnitten war sie mir ein einziges Rätsel. Auch sprachlich habe ich einige Abschnitte als großartig empfunden, mit anderen bin ich überhaupt nicht zurechtgekommen. Generell würde ich mein Empfinden beim Lesen als ambivalent beschreiben, meistens aber als positiv ambivalent. Einige Fragen sind für mich am Ende offen geblieben, ob das schlimm oder ein negativer Kritikpunkt ist, kann ich gar nicht wirklich sagen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass „Genug“ ein ungewöhnlicher Roman ist, dessen Inhalt auch nach Zuklappen des Buches lange nachhallt.

Bewertung vom 22.03.2021
Kleine Wunder um Mitternacht (eBook, ePUB)
Higashino, Keigo

Kleine Wunder um Mitternacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wunderbar geschriebener Roman

Drei Kleinkriminelle begehen einen Überfall und müssen anschließend für den Rest der Nacht untertauchen. Sie wählen einen alten, verlassenen Gemischtwarenhandel als Versteck aus. Schon bald stellen sie fest, dass etwas mit dem Haus nicht stimmt und Briefe von Ratsuchenden durch den Briefschlitz gesteckt werden. Sie beginnen sich mit den Problemen der Schreibenden zu befassen und zu antworten.

Im weiteren Verlauf des Romans werden die Geschichten verschiedener Personen erzählt, die in irgendeiner Form mit Namiya Gemischtwaren in Verbindung stehen. Erst langsam werden die Zusammenhänge zwischen den Personen deutlich und bilden so erst gegen Ende des Buches ein Ganzes. Zu Beginn des zweiten Kapitels habe ich mich sogar kurz gefragt, ob es sich um Kurzgeschichten handelt, da eben erst mit der Zeit die Verknüpfungen offenbart werden. Als dann klar wurde, dass immer Zusammenhänge bestehen, hat dies bei mir für eine ganz besondere Spannung gesorgt.

Der Schreibstil hat mir ausgezeichnet gefallen und es ist mir überhaupt nicht schwergefallen, mich auf die doch ungewöhnliche Geschichte einzulassen. Die Personen werden so detailliert und dreidimensional beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, sie zu kennen und die Geschehnisse als direkte Zuschauerin zu erleben.

Keigo Higashino hat es in diesem Roman geschafft, Wunder und Merkwürdigkeiten sehr realistisch zu beschreiben. Obwohl ich mich mit fantastischen Inhalten oftmals schwertue, war dies bei „Kleine Wunder um Mitternacht“ überhaupt nicht der Fall. Die Sprache hat mich sofort in ihren Bann gezogen und die Charakterzeichnungen sind sehr überzeugend. Vor „Kleine Wunder um Mitternacht“ hatte ich noch keinen Roman von Keigo Higashino gelesen, jetzt möchte ich auf jeden Fall mehr von ihm lesen.

Bewertung vom 06.03.2021
Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1
Wortberg, Christoph

Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1


sehr gut

Spannender Auftakt der Trilogie

In München wird ein ertrunkener Mann in einem See gefunden. Weder die Rechtsmedizin noch die kriminaltechnische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass der Tod durch Fremdeinwirkung eingetreten ist. Die ermittelnde Beamtin Katja Sand und ihr Kollege Dorfmüller gehen trotzdem von einem Mord aus. Als es einen zweiten Todesfall gibt und die Ermittlungen voranschreiten, werden sie von höherer Stelle ausgebremst. Besonders Katja beißt sich an dem Fall fest und ist durch Argumente kaum aufzuhalten.

Neben den Ermittlungen geht es auch zu einem nicht geringen Anteil um die Protagonistin Katja Sand, insbesondere liegt der Fokus auf ihrer Beziehung zu ihrer Tochter und Mutter und dem Trauma, das sie erlebt hat. Auch nach Abschluss des Buches ist nicht klar, was Katja Sand vor der Geburt ihrer Tochter widerfahren ist, das ihr Leben und ihre Lebensentscheidungen so stark beeinflusst hat. Allein deshalb werde ich die beiden kommen Bände der Trilogie sicher lesen. Trotzdem war mir der Anteil rund um das Privatleben der Kommissarin etwas zu groß und dramatisch, ohne dass ich den Charakter wirklich fassen konnte.

Generell beschäftigt sich der Roman viel mit psychologischen Traumata, mit denen der Opfer, des Täters und eben auch dem der Ermittlerin. Christoph Wortberg gelingt es geschickt, viele Informationen zu der Thematik in die Handlung einfließen zu lassen, sodass dies nicht etwa der Spannung Abbruch getan, sondern im Gegenteil sogar Spannung erzeugt hat.
Sprachlich lässt sich der Thriller sehr gut lesen, mich hat er durchgängig gefesselt. Ganz überraschend kamen einige Wendungen für mich jedoch leider nicht. Die Protagonisten bekommen viel Raum. Besonders intensiv sind die Einschübe aus der frühen Kindheit des Täters, die sehr eindrücklich die Traumatisierungen eines Kleinkindes schildern.

„Trauma – Kein Entkommen“ ist der solide Auftakt zu einer Trilogie um eine Protagonistin mit Ecken und Kanten.