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Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 154 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2022
Ein erhabenes Königreich
Gyasi, Yaa

Ein erhabenes Königreich


gut

Yaa Gyasi schreibt in ‚Ein erhabenes Königreich‘ über das Leben von Gifty, die zwischen Glaubensfragen und ihrer wissenschaftlichen Arbeit ihren Weg und ihr Selbst sucht.
Ihr Vater ist verschwunden als sie klein war, ihren Bruder hat sie an seine Drogensucht verloren und ihre Mutter ist depressiv.
Der Schreibstil hat mir wie in Gyasi‘s ersten Buch sehr gut gefallen, sie schreibt einfühlsam und nahbar und erweckt die Charaktere zum Leben. Die Thematik fand ich allerdings sehr düster und bedrückend und der dauerhaften Thematisierung Gottes konnte ich wenig abgewinnen. Auch die Beschreibungen der Labortätigkeit als Neurowissenschaftlerin sind sehr ausführlich und für mich als Fachfremde uninteressant und teilweise zu brutal.
Zusammenfassend hat mir der Stil sehr gut gefallen, auch das Cover fand ich sehr schön und hochwertig gestaltet. Wer die Thematik interessant findet, ist hier auf jeden Fall richtig.

Bewertung vom 13.03.2022
Unsichtbare Frauen
Criado-Perez, Caroline

Unsichtbare Frauen


ausgezeichnet

Caroline Criado-Perez schreibt in ‚Invisible Woman‘ über die bestehende Datenlücke zu Frauen, der Gender Data Gap, die dazu führt, dass unser alltägliches Leben nicht auf die Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet ist. Dies führt zu Benachteiligungen in jedem Lebensbereich: Gesundheit, Infrastruktur, Politik, Gesetzgebung, Steuersystem, Design von Produkten und Dienstleistungen, Bezahlung und und und.
Trotz des wissenschaftlichen Inhalts ist das Buch nicht langatmig sondern lebensnah geschrieben. Man lernt viel Neues, wird auf Dinge aufmerksam und merkt, wie viel noch zu tun ist, bis sich Geschlechtergerechtigkeit einstellen wird.
Ich kann dieses Buch auf jeden Fall empfehlen!

Bewertung vom 11.03.2022
Für diesen Sommer
Klönne, Gisa

Für diesen Sommer


sehr gut

Das Buchcover verspricht einen sommerlichen Roman, was es definitiv ist, wenn auch die angesprochenen Themen eher schwerer sind.
Als Franziska an den Ort ihrer Herkunft zurückkehrt, um ihren alten und kranken Vater zu pflegen, werden dadurch alte Wunden wieder aufgerissen. Das Leben und die Gefühle des Vaters Heinrich sind geprägt durch seine Kindheit während des Krieges und die Sorge und Liebe um seine verstorbene Frau Johanne. Während Franziska sich immer eingesperrt fühlte in ihrem Elternhaus und jede Gelegenheit nutzte, anders zu sein und auszubrechen.
Einfühlsam und eindrücklich schildert die Autorin durch Rückblenden die Geschichten und Erlebnisse die Franziska und ihren Vater beeinflusst haben und verwebt sie mit der Gegenwart und den ungelösten Konflikten, die zwischen ihnen stehen. Dieser Generationenkonflikt ist sowohl ein persönlicher, als auch politischer Natur. Etwas schwierig fand ich beim lesen, dass man zu Anfang eines jeden Absatzes nicht wusste in welcher Zeit man ist oder um wen es geht. Inhaltlich hat mir die Geschichte gut gefallen, da man Vater und Tochter nahe kommen konnte und ich mich vor allem in Franziskas Beweggründe gut hineinversetzen konnte.
Ein ‚leichter‘ Sommerroman ist das Buch allerdings nicht, da es um Familienkonflikte, Kindheitstraumata, Trauer und Tod geht. Das Ende fand ich sehr stimmig und passend.

Bewertung vom 28.02.2022
Via Torino
Leuthner, Aja

Via Torino


sehr gut

In ‚Via Torino’ erzählt die Autorin die Geschichten dreier Generationen, die ihre eigenen Wege gehen möchten.
Eleonora schließt sich Ende der 60er gegen den Willen ihres konservativen Elternhauses in Italien den Arbeiterstreiks an und lernt dabei ihre große Liebe kennen.
Ihre Tochter Rosalia erlebt in den 90ern eine schicksalhafte Begegnung, die ihr weiteres Leben prägen wird. Im Jetzt ist Milena, Rosalias Tochter, auf der Suche nach ihrem Vater, den diese immer totgeschwiegen hat.
Leider nimmt der Klappentext schon sehr viel von der Geschichte vorweg, dennoch sind die Einzelheiten auch mit dem Wissen um das spätere Geschehen spannend gewesen.
Durch die verschiedenen Zeitebenen konnte man jede der Frauen auf ihre Art und in ihrem Jahrzehnt kennenlernen, besonders Eleonoras Jugend wurde ausführlich geschildert. Wohingegen Milenas Anteil hätte vielschichtiger sein können, da ihr Charakter fast ausschließlich auf die Suche nach ihrem Vater reduziert wurde. Rosalias Beweggründe und Verhalten empfand ich als wenig nachvollziehbar und egoistisch, dafür die anderen Personen umso nahbarer und realistisch.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, ein schön sommerlicher Familienroman, der Lust auf Italien macht.

Bewertung vom 24.02.2022
Kaffee und Zigaretten
Schirach, Ferdinand von

Kaffee und Zigaretten


sehr gut

Eine Sammlung aus persönlichen Erinnerungen, kuriosen Geschichten, außergewöhnlichen Zusammenhängen, Gedanken, Gefühlen und wie immer bei von Schirach - interessanten Fällen und Menschen.
Der nüchterne und dennoch intime Stil gefiel mir sehr gut.
Einen roten Faden konnte ich zwischen den Kapiteln allerdings nicht entdecken, daher einen Stern Abzug.

Bewertung vom 21.02.2022
Die Feuer
Thomas, Claire

Die Feuer


gut

Was bei ‚Die Feuer‘ als erstes ins Auge fällt, ist das wunderschön gestaltete Cover.
Inhaltlich gesehen geht es um die drei Frauen Margot, Ivy und Summer, die unabhängig voneinander das gleiche Theaterstück besuchen während in Australien die Buschfeuer brennen. Jedes Kapitel ist einer Protagonistin gewidmet und ihre Geschichten und Gedanken verweben sich mit den Beschreibungen des Theaterstücks.
Die Erzählweise empfand ich als sprunghaft und zeitweise hektisch, da die Story zwischen Erinnerungen, Gedanken zur aktuellen Lebenslage, dem Weltgeschehen und dem Theaterstück hin- und her springt, sodass man manchmal nicht weiß, welches Thema eigentlich gemeint ist.
Die Charaktere reflektieren durch das Stück auch ihr eigenes Leben, man hat durch die zeitliche Begrenzung des Stücks jedoch das Gefühl, nur einen Ausschnitt zu kennen.
Etwas wirr kam mir auch die Schilderung des Theaterstücks an sich vor, da man es nur aus der Perspektive der Frauen eingebettet in ihre Geschichte verstehen sollte.
Das Buch hat mich nicht nachhaltig beeindruckt oder weiter beschäftigt, der Stil ist bestimmt nicht jedermanns Sache.

Bewertung vom 13.02.2022
Worauf wir hoffen
Mirza, Fatima Farheen

Worauf wir hoffen


ausgezeichnet

Als Hadia heiratet, kommt die ganze Familie zusammen, auch ihr lang verschwundener Bruder. Dadurch werden bei allen Gefühle aufgewirbelt, die lange verdrängt waren.
Die Geschichte wird auf verschiedenen Zeitebenen erzählt, welche die Gefühle und Erfahrungen von Hadia und ihrem Bruder, sowie der Mutter Laila in den Vordergrund stellen.
Der Schreibstil ist einfühlsam und intensiv und man kommt den Protagonisten ganz nah. Auch der islamische Glauben und die Rituale der Familie werden beschrieben, was ich sehr interessant fand.
Ich kann das Buch nur empfehlen, es regt zum nachdenken an und hat mich auch nach dem lesen noch beschäftigt da die Geschichte so intensiv war.

Bewertung vom 09.02.2022
Die Gezeiten gehören uns
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


ausgezeichnet

Die junge Eulabee und ihre Freundinnen verbringen ihre Teenagerjahre im San Francisco der 80er, besonders sie und ihre beste Freundin Maria Fabiola sind unzertrennlich. Als eines Tages auf dem Schulweg etwas passiert, entsteht Uneinigkeit und die Gruppe wird entzweit.
Man begleitet die Protagonistin in ihrem Alltag und ihren jugendlichen Gedanken, sie beschreibt den Druck, dazuzugehören, die Dynamik der Freundschaften und wie sie ihre beste Freundin wahrnimmt. Die Eindrücke ihrer Umwelt sind so zutreffend beschrieben, wie man es von einem 13-Jährigen Mädchen gar nicht erwartet, wodurch man sich aber sehr nah an den Figuren fühlt, da sie so lebendig wirken.
Die Geschichte ist spannend geschrieben und vielschichtig aufgebaut, der Schreibstil macht es einfach zu folgen und ist dennoch raffiniert. Das Ende bildet einen guten Abschluss und doch hallt die Erzählung nach.

Bewertung vom 07.02.2022
Nächste Ausfahrt Zukunft
Yogeshwar, Ranga

Nächste Ausfahrt Zukunft


gut

In „Nächste Ausfahrt Zukunft“ blickt Ranga Yogeshwar auf unsere Welt und die technischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten, die sie jetzt und in Zukunft zu bieten hat.
Thematisch reicht dies von Digitalisierung, physikalischen Erkenntnissen, Datenschutz, wissenschaftlicher Arbeit, den Medien bis hin zu Klimaschutz und Zukunftstechnologien.
Die wissenschaftlichen Zusammenhänge werden häufig anhand von Anekdoten oder Geschichten aus seinem Leben erklärt.
Das Buch ist einfach zu lesen, unterhaltsam und es bleibt bestimmt bei jedem etwas hängen. Allzu viel über die Zukunft habe ich jedoch nicht erfahren, es ist eher eine Sammlung aktueller Erkenntnisse.

Bewertung vom 02.02.2022
Menschliche Dinge
Tuil, Karine

Menschliche Dinge


ausgezeichnet

Die Farels sind eine scheinbar perfekte Familie, doch unter der Oberfläche ist nichts, wie es nach außen scheint. Der Vater Jean hadert mit dem Älterwerden, die Mutter Claire ist neu verliebt und Alexandre, der Sohn, zerbricht unter dem Druck seiner Eltern und dem Bild, was sie abgeben möchten. Die Fassade beginnt zu bröckeln, als eine Tragödie geschieht.
Karine Tuil lässt die Leser in die Gefühlswelten der Familie eintauchen, ihre Zerissenheit spüren und ihre Kämpfe beobachten. Wirklich sympathisch wirkt dabei niemand, aber das hat mich beim lesen nicht gestört.
Der Gerichtsprozess wird nüchtern geschildert, und man weiß nicht wem oder was man glauben soll. Die Erzählweise ist nicht wertend, sondern beschreibt eindringlich die Vorfälle und kommt den 3 Protagonisten dabei ganz nah.
Vor dem Hintergrund der MeToo-Debatte und zahlreicher öffentlicher Verfahren in den letzten Jahren, die teilweise auch direkt angesprochen werden, zeigt das Buch eine menschliche Sicht auf den Täter, ohne seine Taten schön zu reden.