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Benutzername: 
eulenmatz
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2018
Für immer ist die längste Zeit
Fabiaschi, Abby

Für immer ist die längste Zeit


ausgezeichnet

MEINUNG:
Ich muss ehrlich sagen, dass meine Erwartungen an das Buch jetzt nicht übermäßig groß waren. Vor allem liegt das am Cover, welches relativ nichtssagend ist und nach einem typischen, möglicherweisen flachen Frauenroman schreit. Auch der Titel lässt keinen Rückschluss auf den Inhalt zu. Der Klappentext hat aber dennoch mein Interesse geweckt, weil ich wissen wollte, was mit Maddy wirklich passiert ist.

Jedes Kapitel ist in drei Perspektiven geteilt, in die von Maddy, Eve und Brady. Maddy ist tot und schaut sozusagen vom Himmel auf Eve und Brady hinab. Das fand ich anfangs etwas komisch, aber ich habe mich dann daran gewöhnt. Sie versucht immer wieder Einfluss auf ihre Lieben zu nehmen, aber man erfährt auch einiges über sie und lernt sie besser kennen. Die Autorin bedient sich darüber hinaus noch dem beliebten Mittel des Tagebuchs, welches Eve und Brady nach ihrem Tod Stück für Stück lesen. Man wird davon aber nicht erschlagen, sondern es gibt immer mal wieder einen kleinen Einschub, oft passend zur Situation.

Eve fand ich wirklich klasse und sie war auch der Faktor, der mich das Buch sehr schnell sehr mögen lies. Keine Frage, Eve hat ihre Mutter verloren und kämpf tagtäglich mit dem Leben, welches nicht mehr so ist wie vorher. Eves komplette Gefühlswelt steht Kopf. Dennoch ist sie unheimlich schlagfertig und sarkastisch, aber auch sehr klug und reif für ihre 17 Jahre. Die Autorin zeigt an ihr wunderbar, wieviel sich in einem Menschen ändert, wenn ein anderer stirbt.

Brady ist ein typischer Workaholic, der eigentlich zum größten Teil nur für seine Arbeit lebt. Maddy war Hausfrau und hat sich um alles inkl. Eve gekümmert. Was dabei alles auf der Strecke geblieben ist, merkt Brady leider erst jetzt nach Maddys Tod. Das waren solche Momente im Buch, wo man innehalten und sich selbst vor Augen halten sollte, wie schnell ein geliebter Mensch nicht mehr da sein kann und wie wenig Zeit man ihm gewidmet hat, weil scheinbar andere Dinge wichtiger waren. Unter Bradys Arbeit hat auch die Beziehung zu Eve gelitten. Beide müssen sich völlig neu aufeinander einstellen. Brady lernt Eve erstmal richtig kennen. Diese Annäherung war wirklich schön zu lesen, ohne dass sie ins Kitschige abgerutscht ist.

Generell fand ich das Buch zu keiner Zeit nicht kitschig und übertrieben, sondern habe es ausgesprochen gerne gelesen. Die Autorin spickt das ganze Buch mit so viel Weisheiten und Wortwitz, dass ich manches zweimal lesen musste, um auch nichts zu verpassen. Dadurch ist es kein Buch, was man mal eben so weg liest, sondern man sollte ihm verdienterweise genug Zeit widmen.

FAZIT:
Ein Buch, was viel mehr verspricht als Titel und Cover erahnen lassen mögen. Ein Buch, über Abschied, Trauer und Neuanfänge. Ein Buch, welches humorvoll und traurig zugleich ist. Eine klare Leseempfehlung dafür!

Bewertung vom 06.03.2018
Schlüssel 17 / Tom Babylon Bd.1
Raabe, Marc

Schlüssel 17 / Tom Babylon Bd.1


ausgezeichnet

MEINUNG:
Thriller, die in meiner Heimat Berlin spielen sind für mich grundsätzlich interessant. Ich habe mich zugegebenermaßen aber auch von den vielen guten Meinungen zu dem Buch leiten lassen und habe es nicht bereut.
In die Handlung wird ohne große Zögern eingestiegen. Zum größten Teil spielt sie in der Gegenwart, aber es gibt auch einige Rückblenden, die darüber Aufschluss geben, was in der Vergangenheit passiert bis Toms Schwester Viola verschwand. Diese Teile waren schon notwendig und ein geschicktes Mittel, um den Leser über die Vergangenheit nicht im Dunkeln zu lassen, aber ich fand sie nicht ganz so spannend und war froh, dass es davon nur ein paar gab.
Tom ist ein vielschichtiger, komplexer Mensch, der von seiner Schwester quasi besessen ist bzw. dem Gedanken daran, dass sie noch lebt und dass er sie eines Tages findet. Das erneute Auftauchen des Schlüssel 17, daher auch der Name des Romans, versetzt Tom in einen neuen Hoffnungszustand, welcher ihn auch Grenzen überschreiten lässt, welche er seiner Rolle als Polizist nicht überschreiten dürfte. In der Regel hat so etwas Konsequenzen. Sein Glück ist, dass auch sein Vorgesetzter, Mortimer, in dem Fall seine eigenen Interessen verfolgt.
Tom und Sita werden gezwungenermaßen zu einem Team, weil sie sich quasi gegenseitig erpressen mit Dingen, die besser nicht ans Tageslicht kommen sollten. Auch Sita hat ihr Päckchen zu tragen und ist froh über einen Neuanfang bei der Polizei. Sie bewahrt an manchen Stellen die nötigen kühlen Kopf, wo sich Tom von seinen Gefühlen leiten lässt. Beide kommen aber letztendlich gut miteinander aus und lassen auch ein gewisses Vertrauen zu.
Der Thriller ist sehr komplex aufgebaut und man hat anfangs noch überhaupt keine Ahnung in welche Richtung es gehen könnte und vor allem, wer da alles involviert ist bzw. sein könnte. Die Spuren führen auf jeden Fall in die Vergangenheit und geben ein wohl relativ grausiges Kapitel Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre preis, auch mit Spuren in die DDR, welche vom Autor aber völlig wertfrei in den Roman integriert werden. Am Ende werden so einige Fragen geklärt, aber nicht alle. Ich hoffe, dass es hier im zweiten Band weitergehen wird. Die Spannung war in zum Teil schwankend. An manchen Stellen gab es ein paar Längen, die aber nicht weiter in Gewicht gefallen sind.

FAZIT:
Für mich ein grandios, konstruierter Thriller, der Lust auf mehr macht. Es gab einige ungeklärte Fragen am Ende, die mich aber brennend interessiert hätten. Ich hoffe, dass die Antworten vielleicht in Band 2 kommen.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.02.2018
Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente
Bognanni, Peter

Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente


ausgezeichnet

MEINUNG:
Das Buch war mir zwar schon aufgefallen und ich bin grundsätzlich großer Fan von den Büchern aus dem Hanser Verlag, aber so richtige Erwartungen hatte ich an die Geschichte nicht, denn ich konnte mir nicht so richtig vorstellen, wohin die Geschichte geht. Letzten Endes war ich sehr begeistert von dem Buch.
Gleich zu Anfang des Romans flieht Tess aus ihrem Internat in New York zu ihrem Vater, zu dem sie seit zwei Jahren keinen richtigen Kontakt mehr hatte nach Minnesota. Auch Jonahs Tod ist klar. Für Tess ein furchtbarer Zustand, der sie schnell auf dumme Gedanken kommen lässt. Dass Tess plötzlich bei ihrem Vater auftaucht, ist für diesen erstmal ein Schock, dennoch ist es absolut liebenswert, wie sich die beiden wieder annähern. Tess ist ein sehr ehrlicher, sensibler und kluger Mensch. Trotz der Trauer, die sie um Jonah verspürt, ist sie in der Lage einige Situation und Zustände mit wenigen Worten sofort zu durchschauen. Ich mochte ihre schlagfertige Art sehr, die trotz der immer unterschwelligen Traurigkeit, nicht verloren gegangen ist. Oft musste ich darüber schmunzeln.
Das Thema Abschied nehmen hat der Autor sehr klug eingebettet, denn Tess‘ Vater baut sich gerade ein neues Standbein als Bestatter auf. Tess‘ wird zu seiner Partnerin und erkennt schnell, dass auch der Abschied von Jonah etwas Notwendiges ist, um weitermachen zu können, was sich als gar nicht so leicht erweist, denn Tess merkt schnell, dass sie Jonah gar nicht richtig gekannt hat. Der Tod und dass was danach kommt ist ein Thema mit dem sich die meisten Leute sicher lieber nicht beschäftigen wollen, aber Peter Bognanni gelingt es dieses ernste Thema humorvoll und dennoch ohne Verlust der Sensibilität dem Leser zu vermitteln, gibt ihm die Chance selbst darüber nachzudenken. So ging es mir zumindest damit. Er nimmt der Thematik ein bisschen die Schwere.
Der Titel des Buches ist sicherlich von einer Aussage von Tess abgeleitet: „Unser ganzes Leben ist ein Haufen unvollkommener Momente. Und genauso unvollkommen ist die Liebe, die wir für andere empfinden. Und ehe wir uns versehen, ist alles vorbei. Und vielleicht sollten wir dieses kurze, unvollständige Glück feiern. Denn wenn irgendwann alles zu Ende geht, sind die Erinnerungen daran vielleicht alles, was uns bleibt.“ Das ist so schön gesagt und dem kann ich auch wenig hinzufügen.

FAZIT:
Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente ist eine wundervolle Geschichte über Abschied nehmen, aber auch über Zueinander finden und neue Wege beschreiten. Es ist ein Buch über Freundschaft und Liebe. Vom Stil her hat es mich sehr an John Green erinnert, nur dass ich es besser fand als seine letzten Romane (Das Schicksal ist ein mieser Verräter mal ausgenommen).
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 01.02.2018
Die Vergessenen
Sandberg, Ellen

Die Vergessenen


sehr gut

Auch wenn Ellen Sandberg draufsteht, ist Inge Löhnig drin. Ich bin seit Jahren bekennender Fan ihrer Kommissar-Dühnfort-Reihe und bin auf das Buch nur durch Zufall gestoßen. Ich kann die Gründe der Autorin, warum sie ein Pseudonym gewählt hat durchaus passieren, aber mir wäre der Roman fast sprichwörtlich durch die Lappen gegangen, wenn ich nicht durch Zufall gelesen hätte, dass es sich um Inge Löhnig handelt.
Ellen Sandberg hat hier einen Roman über ein Kapitel zur Zeit des Nationalsozialismus geschrieben, welches mir in der Literatur bisher noch nicht so häufig begegnet ist und von dem ich glaube, dass es auch sonst nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient hätte. Der Roman beschäftigt sich mit Euthanasie. Euthanasie steht für Sterbehilfe, steht aber im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus für die systematische Ermordung von Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen.
Die Vergessenen ist ein Roman auf zwei Zeitebenen und aus drei Perspektiven. Die Gegenwart wird abwechselt aus der Sicht von Vera Mändler und Manolis Lefteris erzählt und in der Vergangenheit lässt und Kathrin Mändler, die Tante von Vera, an den Ereignissen der Vergangenheit teilhaben. Vera kommt den Spuren der Vergangenheit ihrer Tante auf die Spur als die einen Schlaganfall erleidet. Vera ist Journalistin und erhofft sich hier eine brisante Enthüllungsstory. Manolis hat den Auftrag in diesem Zusammenhang unbekannte Akten aufzutreiben, bevor sie Vera in Hände fallen, denn sie enthalten brisantes Material, welches Manolis‘ Auftraggeber tunlichst vernichten will.
Wirklich spannend war vor allem, wer der geheimnisvolle Auftraggeber ist, denn es schien so, dass alle Täter gestorben wären. Auch die Rolle von Kathrin ist ein zentrales Thema. Ellen Sandberg zeigt hier, dass eine Person immer mehrere Seiten hat und manche Gefühle nur schwer miteinander vereinbar sind. Ich mochte ihre Darstellung von Kathrins Zerrissenheit. Auch Manolis war ein interessanter Charakter. Auch er war geprägt von einem Trauma, welches eigentlich gar nicht seines eigenes war, sondern das von seinem Vater. Die Autorin hat hier einen kleinen Nebenschauplatz aufgemacht, der interessant war, aber für mich auch manchmal etwas zu viel war. Vera empfand ich als relativ farblos. Sie war für mich vor allem die Mittelsperson, die die Geschehnisse aufdeckt.
Was mir auch noch sehr gut gefallen hat, war die sehr gute Recherche und den Informationsgehalt, den der Roman zum Thema Euthanasie und den geschichtlichen Hintergründen bietet. Ohne sich hier zusätzlich noch einiges durchlesen zu müssen, wurde man hier gut in das Thema eingeführt.

FAZIT:
Für mich ein wirklich sehr gut ausgearbeiteter Roman zu einem Thema, welches wirklich wichtig ist und nicht in Vergessenheit geraten sollte. Bis auf ein paar kleine Schwächen ein außerordentlich tolles Leseerlebnis, welches ich gerne weiterempfehle.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.01.2018
Woman in Cabin 10
Ware, Ruth

Woman in Cabin 10


weniger gut

MEINUNG:
Die Kreuzfahrt-Thematik ist momentan, so zumindest mein Eindruck, ein relativ beliebtes Thema. So greift es auch Ruth Ware auf und verarbeitet auch genau das Thema, welches auch rechtlich gesehen ein spannendes Feld bietet, nämlich Mord/ Tod / Verschwinden von Personen während Kreuzfahrten.

Unsere Protagonistin, Lo Blacklock, landet durch einen glücklichen Zufall als Reisejournalistin auf einem Luxuskreuzfahrtschifft eines reichen Engländers. Lo ist eine relativ instabile Person mit diversen (psychischen) Problemen. Nun muss nicht jede Protagonistin in einem Thriller stark und tough sein, aber mit Lo konnte ich mich nur schwer anfreunden. Lo ist Anfang 30 und verhält sich aber wie eine Anfang 20jährige. Sie ist unsicher, naiv, kopflos und versucht das Ganze dann irgendwie auch noch mit Alkohol zu lösen. Ich bin generell kein Fan von übermäßigen Alkoholkonsum in Büchern. Man muss der Autorin zu Gute halten, dass sie Lo dann aber auch nach einer durchzechten Nacht leiden lässt. Besonders schwierig und nicht nachvollziehbar wird Los Verhalten als der vermeintliche Mord passiert, denn auch hier reagiert sie wenig besonnen und bringt sich selbst in Gefahr.
Neben Lo gibt es noch weitere Gäste auf dem Schiff sowie Angestellte als auch den Inhaber, Lord Bullmer und seine Frau. Bis zum Schluss des Romans blieben viele für mich leider ausschließlich Namen auf dem Papier. Ich konnte fast zu niemanden eine Verbindung aufbauen, da sie in meinen Augen einfach viel zu blass geblieben sind, obwohl alle verdächtigt sein könnten und dass genau den Reiz der Geschichte ausmachen könnte. Leider führt die Autorin aber viel zu viele Personen ein und prägt deren Charaktere wenig bis gar nicht aus. Mir fiel es schwer die ganzen Namen auseinander zu halten.

Ein weiteres Problem in diesem Buch ist die Spannung, denn diese ist wenig bis gar nicht vorhanden. Das Buch zieht sich ungefähr zwei Drittel und beglückt den Leser mit den diversen Ausführungen über das Leben auf einem Kreuzfahrtschiff, Los Seelenleben und ein bisschen Klatsch, Tratsch und Small Talk mit den anderen Gästen. Ungefähr 100 Seiten vor Schluss kommt dann eine Wendung, die ich zwar nicht vorhergesehen habe, die aber in meinen Augen viel zu früh war. Ich habe mich an der Stelle gefragt, was da jetzt noch alles passieren soll. Leider wird die Handlung, wenn man davon überhaupt noch sprechen, hier relativ eintönig.

Dann kommt ganz abrupt das Ende und letzte Fragen und Ereignisse werden fast kaum richtig geklärt, sondern es wird einem lediglich das Ergebnis präsentiert. Auch hier hatte ich wieder Probleme zu folgen. Ganz nett an dem Buch waren, die Einschübe zwischen den Kapiteln. Hier waren verschiedenen E-Mails, Zeitungsartikel etc. abgedruckt, die schon die Gegenwart darstellten. Sie erzeugten für mich den einzigen Punkt, der mich zum Weiterlesen animierte.

FAZIT:
Für mich leider kein Thriller, wenn das Buch überhaupt so bezeichnen kann, der mich überzeugte. Leider für mich stellenweise wirklich absurd, wenig ausgereift und wenig spannend. Es fällt mir schwer diesen Thriller wirklich ernst zu nehmen, obwohl hier Dinge passieren, die wirklich schlimm sind.
Ich vergebe 2,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.01.2018
Böses Kind
Krist, Martin

Böses Kind


sehr gut

MEINUNG:
Bisher habe ich noch nichts von Martin Krist gelesen. Er stand aber schon länger auf meiner Liste potentieller deutscher Krimi-/Thrillerautoren. Besonders sympathisch ist mir hier, dass seine Romane in Berlin spielen, wo ich ja auch herkomme. Böses Kind ist der erste Fall für Henry Frei, d.h. es werden noch weitere Bände folgen, was mich sehr freut.
Henry Frei und Louisa Albers sind in dieser neuen Reihe die ermittelnden Kommissare. Henry Frei ist recht speziell und liegt viel Wert auf Ordnung und Pünktlichkeit. Man kann ihm gut und gerne schon als Pendant bezeichnen, aber mir gefallen solche eigenwilligen Charaktere und auch Henry Frei war mir sympathisch. Louisa Albers ist eine junge Mutter, die versucht Job und ihren Säugling unter einen Hut zu bekommen. Auch wenn es manchmal Unstimmigkeiten gibt, ergänzen sich beide gut als Team.
Das Buch startet ohne große Vorgeplänkel gleich im Geschehen und man verfolgt die Ermittler gleich hautnah. Die Kapitel wechseln sich immer ab zwischen der Sicht von Frei und Suse, der Mutter, deren Tochter Jacqueline verschwunden ist, wobei es sich nicht um einen Ich-Erzähler handelt. Der Spannungsbogen wird konstant aufgebaut und man hetzt förmlich durch die Kapitel. Das ich auch mein einziger, minimaler Kritikpunkt: Die Kapitel sind sehr kurz und erzeugen damit schon einen fast zu gehetzten Lesefluss. Doch das ist fast Jammern auf hohem Niveau. Gut gefallen haben mir noch so einige Anspielungen aus Freis Vergangenheit und eine parallele Mordserie, die Stoff für weitere Teile bietet.

FAZIT:
Ein wirklich vielversprechender Start in eine neue Krimireihe aus der Feder eines deutschen Autors. Spannung pur! Der 2. Band soll im Mai erscheinen, worauf ich mich schon freue.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 11.12.2017
Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
Green, John

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken


sehr gut

Ich habe von John Green bereits Das Schicksal ist ein mieser Verräter und Eine wie Alaska gelesen. Ersteres hat mir unfassbar gut gefallen und auch den Film fand ich sehr gelungen. Eine wie Alaska hat mich dann nicht mehr so richtig vom Hocken gehauen und es war erstmal vorbei mit John Green und mir. Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken hat dann aber wieder mein Interesse geweckt und es hat mich nicht enttäuscht.
Der Roman wird aus der Sicht der 16-jährige Aza Holmes erzählt. Recht schnell merkt man, dass Aza anders ist. Aza ist oft gefangen in ihren Gedanken. Dazu braucht es nur einen kleinen Auslöser und sie bekommt zwanghafter Gedankengänge erkranken zu können und bearbeitet dafür immer ihren Daumen. John Green hat diese Art von psychischer Erkrankung in Form einer Zwangsstörung hier in meinen Augen sehr gut recherchiert und sensibel verarbeitet. Natürlich leidet auch Azas Umfeld darunter, aber man akzeptiert Aza so wie sie ist. Vor allem Azas Freundin Daisy geht wirklich klasse damit um. Natürlich haben die beiden auch Reibungspunkte, denn Aza vergisst manchmal, dass sich die Welt nicht nur um sie dreht.
Die Such nach dem Milliardär ist eigentlich fast nebensächlich, aber dennoch ein wichtiges Schlüsselereignis für Russels Picketts Söhne. Über diesen doch tragischen Zustand lernt Aza Picketts älteren Sohn Davis kennen und mögen. Azas Krankheit macht es ihr aber schwer eine richtige Beziehung aufzubauen, obwohl Davis sehr verständnisvoll damit umgeht und immer ihre Grenzen wahrt. Ich fand die beiden sehr süß zusammen. Die Liebesgeschichte nimmt aber nur einen zweitrangigen Platz ein neben Aza selbst und ihrer Freundschaft zu Daisy.Es gibt kein klassisches Happy End, aber auch kein Ende, welches den Leser unzufrieden zurücklässt.

FAZIT:
John Green konnte mich mit diesem Buch wieder überzeugen. Es fehlt irgendwie nur so das gewisse Etwas, damit mich das Buch vollends vom Hocker gerissen hätte. Es war eine tolle Geschichte und mir gefiel John Greens einfühlsame Art der Erzählung und dem Umgang mit Azas Erkrankung. Es ist wichtig, dass solche Themen in der Literatur aufgegriffen werden.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 23.10.2017
Und es schmilzt
Spit, Lize

Und es schmilzt


sehr gut

Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt. Mit diesem Spruch auf dem Schutzumschlag wird das Buch beworben. Häufig ist ein solcher Aufkleber einerseits ein Kaufanreiz und andererseits häufig völlig übertrieben. Bei Und es schmilzt trifft er (leider) komplett zu. Mich hat das Buch genau deswegen und wegen des relativ wenig aussagekräftigen Klappentext neugierig gemacht. Um es gleich vorweg zu nehmen, dass Buch ist nichts für Zartbesaitete. Da man es nicht sofort erahnt, möchte ich das als Warnung mitgeben.
Ich habe das Buch mit Unterstützung des Hörbuchs gelesen, was wirklich ganz gut war, denn in der Geschichte passiert lange nicht wirklich etwas. Man muss hier wirklich Durchhaltevermögen beweisen. Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen aus der Sicht von Eva. Mir fiel es anfangs schwer da richtig durchzusehen, denn es gibt Kapitelüberschriften und innerhalb dessen gibt es Uhrzeiten, die die Gegenwart signalisieren und Daten, die die Vergangenheit darstellen. Innerhalb der Gegenwart blickt Eva aber immer auch noch ab und an in die Vergangenheit. Es hat ein wenig gedauert bis ich mich zurecht fand.
Auch wenn Lize Spits Erzählweise sehr nüchtern ist, schließt man Eva und auch ihre Geschwister schnell in Herz, denn ihre familiäre Situation ist ziemlich schwierig. Besonders die Mutter hat starke Alkoholprobleme und der Vater denkt an Selbstmord, was Eva auch wissen lässt. Beide sind mehr mit sich und dem Tod von Evas Zwillingsschwester beschäftigt als mit ihren noch lebenden Kindern. Besonders an Evas jüngerer Schwester geht das nicht spurlos vorüber, die immer mehr starke Neurosen entwickelt und an einer Essstörung leidet. Das Schlimme ist, dass einige Leute im Dorf etwas ahnen, aber nicht unternehmen, damit die Kinder aus dieser Situation heraus kommen. Das Wegschauen ist in meinen Augen ein zentrales Thema in diesem Buch.
Eva hat zwei Freunde, Pim und Laurens, mit denen sie immer abhängt. Zwei Jungs, die mir von Anfang an wenig sympathisch waren. Eva erschien mir immer eher wie ein Anhängsel der beiden. Sie wollte irgendwo dazugehören. Das ist für mich auch am Ende die einzige Erklärung, um die Katastrophe ganz am Schluss ansatzweise verstehen zu können. Im Sommer 2002 erfinden sie zusammen ein Spiel. Eva denkt sich ein Rätsel aus und die Jungs laden Mädchen nach einem selbsterdachten Bewertungssystem ein, welche dann das Rätsel lösen sollen. Tun sie dies nicht, müssen sie tun, was die Jungs von ihnen verlangen. Nun sind Pim und Laurens aber keine kleinen Jungen mehr, sondern befinden mitten in der Phase ihrer beginnenden Sexualität. Eva spielt bei dem Ganzen solange mit, bis es ihr zum Verhängnis wird.
Dieser Moment kommt relativ spät im Buch, hat mir aber innerliche Schmerzen verursacht, weil ich es in der Grausamkeit nicht erahnt habe. Ich weiß gar nicht, ob die Tat an sich oder das Danach schlimmer waren, denn wieder wird weg gesehen und verschwiegen. Mal abgesehen davon, dass es mir bis heute schwer fällt zu verstehen, warum Eva das hat mit sich machen lassen, ist die Hilflosigkeit das Schlimmste. Am liebsten wollte ich sie in die Arme nehmen und nicht wieder los lassen. Doch niemand ist für sie da, obwohl es offensichtlich ist, dass sie Hilfe braucht.

Und es schmilzt ist ein Buch, was einem viel abverlangt, auch noch lange nachdem man es beendet hat. Ein Buch über dessen Botschaft man sprechen sollte. Es lässt einen fassungslos, verstört und mit einem schalen Nachgeschmack zurück, in dem Wissen, dass solche Geschichten nicht weit von der Realität entfernt sind. Eine Empfehlung spreche ich nur mit der Warnung aus, dass man vorher wissen sollte, worauf man sich einlässt.

Bewertung vom 28.09.2017
Und du kommst auch drin vor
Bronsky, Alina

Und du kommst auch drin vor


gut

MEINUNG:
Als ich das Buch das erste Mal in den Händen hielt war ich überrascht über die rechte schmale Seitenanzahl von knapp 200 Seiten, aber aus Erfahrung weiß ich, dass dies nichts schlechtes heißen muss. Für mich war es mein erstes Buch von Alina Bronsky und ich mochte es.
Nach dem ersten Lesen und Aufschlagen des Buches musste sofort an Bücher denken, die ich so mit 12, 13 Jahren gelesen habe. Kim und ihre Freundin sind allerdings schon 15 Jahre alt. Bei Petrowna kann ich mir das vorstellen, aber Kim habe ich deutlich jünger geschätzt. Beide sind sehr unterschiedlich, aber wirklich unterhaltsame Charaktere. Kim Josephine, wie sie mit vollen Namen heißt, befindet sich mitten in der Trennung der Eltern. Ich habe etwas länger gebraucht, um zu bemerken, dass ihre Familie wohl auch recht wohlhabend ist. Zunächst habe ich mich gewundert, warum ihre Mutter nicht arbeiten geht, aber dann fielen immer mal wieder Seitenbemerkungen, dass sie das wohl auch nicht muss. Kim ist aber relativ auf sich allein gestellt und sie ist nicht die Hellste, was ich ausgesprochen amüsant fand. Ich finde es toll, dass die Autorin hier mal was etwas gewagt hat und nicht das übliche Supergirl geschaffen hat.
Kims Freundin Petrowna ist weitaus intelligenter und cleverer und vor allem zu allem eine Meinung, die sie auch gerne mitteilt. Kim schaut nicht nur wegen ihrer Größe von fast 1,80m häufiger zu ihr auf. Trotzdem empfand ich kein Ungleichgewicht zwischen den beiden. Gegen Ende des Romans gibt es zwischen den beiden ein paar Konflikte, die für mich etwas überraschend kamen.
Dreh- und Angelpunkt in dem Buch ist aber besagtes Buch, in welchem Kim ihr Leben wiedererkennt. Auch die Autorin nimmt in der Handlung eine wichtige Rolle ein, denn Kim versucht sie natürlich zu kontaktieren. Die erste Hälfte des Romans dümpelt so ein wenig vor sich hin, ist aber keineswegs langweilig. Alina Bronsky hat eine flüssigen, unterhaltsamen Lese – und Erzählstil. Sie schreibt auch relativ kurze Sätze, sodass das Buch wirklich ideal für Jugendliche ab 10 Jahren geeignet ist, wobei ich mir fast vorstellen könnte, dass das Buch junge Leser in Kims Alter, also um die 15 Jahre, schon nicht mehr anspricht. Dafür fehlt es einfach etwas an Tiefe und Komplexität.
Kim wird erst in der zweiten Hälfte aktiv und versucht ihr Leben zu ändern. Ich denke, dass der Roman hier aufzeigen wollte, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss und auch nur selbst etwas daran ändern kann. Trotzdem fehlte mir so ein bisschen der rote Faden im Buch und eine konkretes Ziel, denn plötzlich war es zu Ende, nachdem mal etwas Schwung in die Handlung kam. Das ist schade, denn die Idee und die Botschaft dahinter sind gut.

FAZIT:
Eine humorvoller, unterhaltsamer Jugendroman für zwischendurch, deren Protagonisten ich wirklich mochte, aber dessen Handlung leider etwas hinter meinen Erwartungen zurück blieb.

Bewertung vom 29.08.2017
So klingt dein Herz
Ahern, Cecelia

So klingt dein Herz


sehr gut

MEINUNG:
Ein neuer Roman von Cecelia Ahern gehört für mich eigentlich jedes Jahr dazu. Von den vielen Romanen, die bis jetzt von ihr erschienen sind, habe ich nicht alle, aber so einigen gelesen. Man muss diesen Büchern lassen, dass Ahern immer gute und vor allem einfallsreiche Ideen hat. Bis jetzt konnte ich noch feststellen, dass eines dem anderen von der Story her glich. Genauso erging es mir auch mit So klingt dein Herz, dass am Ende ganz anders war als erwartet.
Ohne viele Rumgeplänkel vorne weg ist man in der Story drin. Laura wird bei einem weiteren Dreh von Solomon und seiner Freundin Bo gefunden. Der Klappentext ließ mich annehmen, dass es sich hier um eine Art von Geschichte wie das Dschungelkind handelt. Also eine Person, die lange fernab der Sozialisation gelebt hat und nun Schwierigkeiten hat sich in dieser zurecht zu finden und auf diesem Weg dann von den beiden begleitet wird. Genau so eine Geschichte ist aber nicht und ich möchte den Verlauf der Geschichte auch in dieser Rezension nicht vorweg nehmen, wenn der Klappentext keinen Hinweis darauf gibt. Dennoch sollte erwähnt sein, dass der Klappentext sicher dazu einlädt Enttäuschungen hervor zu rufen, weil der Inhalt eben nicht dem Erwarteten entspricht. Vielleicht war es klug vom Verlag, vielleicht aber auch nicht.
Die Erzählperspektiven wechseln innerhalb der relativ langen Kapitel immer zwischen den Sichten von Bo, Laura und Solomon in der dritten Person. Bo bietet sehr viel Angriffsfläche sie unsympathisch zu finden. Sie ist sehr forsch, wittert hinter jedem eine Story und ist sich auch nicht zu fein ihre Ziele auf unbequeme Art durchzusetzen ohne Rücksicht auf Verluste, aber sie muss dafür auch ihre Konsequenzen tragen und lernt am Ende auch aus ihren Fehlern. Solomon, kurz Sol, ist ein sehr sensibler und sehr grüblerischer Mensch, der sich oft viel zu viel Gedanken macht. Zu Zuneigung zwischen ihm und Laura ist quasi ab der ersten Begegnung der beiden deutlich spürbar, obwohl Sol mit Bo zusammen ist. Dieses Ganze hin und her hat mich anfangs ziemlich genervt, denn Sol lässt den Leser ständig an den Gefühlen für Laura teilhaben, aber hat auch nicht den Mut Bo zu verlassen. Auch Bo ist nicht besonders glücklich, aber trennt sich auch nicht.
Laura ist wirklich ganz besonders, was natürlich besonders an ihrer Gabe liegt, die man irgendwie nur schwer greifen kann. Dennoch sind die Charaktere um Laura herum begeistert von den Lauten und Geräuschen, die sie imitiert. Bei vielen löst eine Reihe an Emotionen aus, die Cecelia Ahern zum Greifen nah beschreibt, ohne dass man sie selbst hört. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Buch, war auch ich verzaubert und habe die Magie, die Laura umgibt beim Lesen gespürt. Cecelia Ahern kann einfach schreiben und wundervolle Worte formulieren, die man sich am liebsten alle notieren möchte.

FAZIT:
Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Buch und der Erkenntnis, dass das Buch in eine ganze andere Richtung geht als gedacht, gefiel mir das letzte Drittel ausgesprochen gut. Die versprochene Magie und Verzauberung kam bei mir an. Auch das Ende war wirklich toll gewählt und für mich das einzig richtige.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.