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Novalie

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2022
Weil Kinder beide Eltern brauchen
Weimann-Sandig, Nina

Weil Kinder beide Eltern brauchen


ausgezeichnet

Gute Orientierungshilfe
Wenn sich ein Paar trennt, ist es oft schon schwer genug. Sind dann auch noch Kinder im Spiel, macht es das nicht gerade leichter.
Plötzlich hat jede einzelne Person im Umfeld eine Meinung dazu und weiß alles besser. Negative Gefühle wie Trauer, Schuld, Scham und Wut tauchen zeitgleich mit Freude, Hoffnung und Erleichterung auf und man muss sich selbst als Menschen neu kennenlernen.
Wie schafft man es mit einer Ehe abzuschließen, wenn der Ex-Partner trotzdem immer Teil des eigenen Lebens sein wird? Wie schafft man es, sich als Paar zu trennen und trotzdem gemeinsam gleichberechtigt Eltern zu bleiben?
Nina Weimann-Sandig ist Familiensoziologin und lässt neben Erfahrungsberichten von Kindern und Eltern auch ihre eigenen Erlebnisse miteinfließen. Sie präsentiert nicht wertend verschiedene Modelle mit ihren Vor- und Nachteilen und stellt sich klar gegen Vorurteile und veraltete Rollenbilder.
Der Titel hat mich anfangs etwas abgeschreckt, da bei den meisten Scheidungen in meinem Umfeld Gewalt im Spiel war. Die Autorin ist im Buch allerdings auf meine Sorgen eingegangen und hat sich dazu geäußert, dass in diesem Fall die Situation natürlich eine ganz andere ist.
Das Buch bietet alltagstaugliche Praxistipps, persönliche Erfahrungen, spannende Fakten, Zahlen und Berechnungshilfen für den Unterhalt sowie weiterführende Quellen.
Für Eltern, die sich gerade trennen, Bezugspersonen eines Trennungskindes oder Menschen, die mit Kindern arbeiten ist das Buch eine sehr gute Orientierungshilfe, die verschiedene Möglichkeiten aufzeigt, das Thema Trennung entstigmatisiert und Hoffnung macht.
Denn wie die Autorin so schön geschrieben hat: Familie ist kein Zustand, sondern ein Prozess.

Bewertung vom 24.10.2022
Mehr als wahrscheinlich
Watson, Sarah

Mehr als wahrscheinlich


ausgezeichnet

Jahreshighlight
Ava, CJ, Jordan und Martha sind Freundinnen und eine von ihnen wird die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten.
Aber wer?
Sie sind total unterschiedliche Charaktere, mit eigenen Hoffnungen und Ängsten, aber die Leidenschaft für gewisse Themen haben sie alle. Es könnte also jede sein.
Anfangs war ich ein bisschen überfordert mit den verschiedenen Leben, Hoffnungen, Ängsten und Familien und es wäre alles ein bisschen einfacher für mich gewesen, wenn nicht alle Frauen auf dem Cover schwarze Haare hätten. Aus ästhetischer Sicht ist das natürlich genial, aber ich musste schon ordentlich mitdenken, um die vier auseinanderzuhalten.
Die Freundschaft zwischen den vier verschiedenen Protagonist:innen wirkte auf mich absolut authentisch und ich konnte es jeder zutrauen, die erste Präsidentin zu werden. Ich liebe die Freundschaft der vier und, dass sie zueinanderstehen, obwohl sie total unterschiedlich sind.
Das Buch spricht richtig viele wichtige und aktuelle Themen an und ist trotzdem unfassbar unterhaltsam, spannend und berührend. Durch den Sprachstil bin ich auch nur so durch die Seiten geflogen.
Handlungstechnisch bleibt lange alles offen und ich hätte es selbst nicht besser konstruieren können. Das Ende war zwar logisch, aber trotzdem noch überraschend.
Es ist einfach so schön realistisch unperfekt und spiegelt unsere Welt richtig gut wider. Es ist herzzerreißend schön und hat mich restlos begeistert! Ich habe ein paar Tränchen verdrückt, weil es doch ein bisschen bittersüß ist, und irgendwie bin ich noch nicht bereit, diese Geschichte gehen zu lassen, aber ich habe die letzte Seite gelesen und muss jetzt lernen damit umzugehen.
Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 24.10.2022
Die Kunst des Fallens
McLaughlin, Danielle

Die Kunst des Fallens


gut

Die kleinen Herausforderungen des Lebens
Im Leben der Kuratorin Nessa geht es rund. Ihre Ehe steckt in einer tiefen Krise, ihre Tochter ist voll und ganz in der Pubertät angekommen und bei der Arbeit taucht plötzlich eine Frau auf, die behauptet an einem wichtigen Kunstwerk mitgearbeitet zu haben und übergangen worden zu sein, wodurch das Image des Künstlers, den Nessa verehrt, zu bröckeln beginnt. Als wäre das nicht genug, tritt auch noch jemand aus ihrer Vergangenheit in ihr Leben, der neben unschönen Erinnerungen auch die Wahrheit über eine Lüge in Nessas Leben bringt.
Die Idee fand ich richtig vielversprechend. Ich habe darauf gehofft, dass nach und nach Kleinigkeiten in Nessas Leben schiefgehen, die sie in Summe dazu bringen, durchzudrehen oder ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe erwartet, dass sich die Spannung nach und nach aufbaut, bis ich als Leserin selbst nicht mehr weiß, wo hinten und vorne ist.
Stattdessen war das Buch sehr ruhig und für meinen Geschmack manchmal etwas langweilig. Die Handlung plätschert eher dahin und mir hat ein großes Finale, oder ein Spannungshöhepunkt gefehlt. Ich habe auch einen großen Plottwist erwartet, der die Handlung noch einmal gedreht hätte, aber leider kam er nicht.
Die Protagonistin war mir unsympathisch und ich hatte das Gefühl, dass sie selbst nicht wusste, was sie überhaupt will oder ihr vieles einfach gleichgültig war. Mir persönlich hätte ein anderer Ansatz etwa mit verzweifeltem Humor, oder zumindest etwas Spannung besser gefallen.
Nachdem ich zwei Monate gebraucht habe, um das Buch zu beenden, weiß ich nun, dass ich mit falschen Erwartungen an das Buch herangegangen bin. Wer allerdings ein ruhiges Buch über alltägliche Herausforderungen ohne große Überraschungen lesen will, wird das Buch wahrscheinlich mögen.

Bewertung vom 22.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


sehr gut

Realistische Schicksale

Nachdem ich das letzte Buch der Autorin geliebt habe, war ich richtig neugierig, was für Geschichten sie noch zu erzählen hat.
Durch die verschiedenen Kurzgeschichten erhält man einen guten Überblick über das Leben verschiedener koreanischer Frauen, in dem man trotz der Kürze, alle relevanten Informationen bekommt, um daraus etwas mitnehmen zu können.
Sämtliche Geschichten handeln von der Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft und erzählen von realistischen Schicksalen, die auf mich sehr lebensnahe wirken. Aus einzelnen Geschichten hätte man auch leicht ein ganzes Buch schreiben können.
Die unterschiedlichen Geschichten waren teilweise sehr ergreifend und trotz der kulturellen Unterschiede in den meisten Fällen nachvollziehbar. Manche waren phänomenal und ich habe sie gleich mehrmals gelesen, andere haben mich nicht wirklich angesprochen und eine Geschichte habe ich tatsächlich nicht wirklich verstanden. Das liegt aber wahrscheinlich daran, dass mir die Kultur noch etwas fremd ist.
Der Schreibstil und die Wortwahl sind sehr elegant, die Themen wichtig und aktuell, und die Personen wirken authentisch.
Ich habe das Lesen sehr genossen.

Bewertung vom 17.10.2022
Midnight Princess 1: Wie die Nacht so hell (MP3-Download)
Lionera, Asuka

Midnight Princess 1: Wie die Nacht so hell (MP3-Download)


sehr gut

Unterhaltsames Jugendbuch mit naiver Protagonistin
Vanya hat eine magische Gabe und wird von ihren Eltern versteckt. Um ihnen zu beweisen, dass sie auf sich selbst aufpassen kann und keinen Mann braucht, will sie ins Land ihrer Feinde reisen und landet am Hof der ewigen Mitternacht.
Klingt nicht sonderlich klug. Ist es auch nicht.
Sie ist eindeutig jung und unerfahren. Sie handelt kindisch und hat bei allem Respekt ein paar sehr, sehr unreife Ideen. Ansonsten ist sie aber sehr liebenswert und ich habe ihre Geschichte gern verfolgt.
Kenric war ein interessanter Charakter, aber manchmal hat mich sein Selbstmitleid etwas genervt. Die beiden reden auch eher aneinander vorbei, als miteinander und ich hoffe, dass die Kommunikation im zweiten Teil etwas besser klappt.
Inhaltlich war der Hauptteil dieses Bandes das World-Building, das mir für ein Jugendbuch sehr gut gefallen hat. Ich liebe die Geschichte der Länder, ihre kulturellen Unterschiede und all die Kleinigkeiten, die sie voneinander unterscheiden. Gerade am Anfang gab es dadurch aber einige Wiederholungen, die ich in Schriftform wahrscheinlich queergelesen hätte, beim Hörbuch aber aushalten musste. Ich mochte vor allem die bildhafte Sprache, aber an Spannung hat es mir doch ein bisschen gefehlt.
Die Stimmen der Sprecher:innen waren anfangs gewöhnungsbedürftig, weil sie viel älter klangen, als die Charaktere handelten, aber es war angenehm zuzuhören.
Der erste Teil ist eine unterhaltsame, etwas vorhersehbare Geschichte, hat aber wirklich Potential und ich freue mich schon auf den zweiten Teil.

Bewertung vom 12.10.2022
Love on the Brain - Das irrationale Vorkommnis der Liebe (eBook, ePUB)
Hazelwood, Ali

Love on the Brain - Das irrationale Vorkommnis der Liebe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jahreshighlight

Ali Hazelwood hat es geschafft, mich für New Adult zu begeistern. Sie nimmt Klischees und interpretiert sie in einem frischen Kontext neu. Sie schreibt über Frauen, mit denen ich mich identifizieren kann, die ähnliche Erfahrungen wie ich haben und die mich trotzdem noch überraschen können.
Bee ist Neurowissenschaftlerin und ein absoluter Fan von Marie Curie. Mit Liebe hat sie aber nicht wirklich etwas am Hut. Für ein berufliches Projekt muss sie schließlich mit ihrem akademischen Erzfeind Levi zusammenarbeiten und dann geht es natürlich drunter und drüber.
Ich habe Bee einfach geliebt! Sie ist verpeilt, sympathisch, hat bunte Haare, liebt Katzen und Marie Curie und ist Wissenschaftlerin. Die Nebencharaktere haben einen guten Kontrast zu ihr gebildet und waren auf ihre eigene Art und Weise etwas verschroben. Allein die alltäglichen Unterhaltungen und zwischenmenschlichen Interaktionen haben mich zum Lächeln gebracht.
Wie auch in Ali Hazelwoods letztem Buch, wird hier das akademische Umfeld und Frauen in Männerdomänen angesprochen. Gerade dieser Punkt berührt mich emotional sehr, weil es einfach so realistisch abgezeichnet ist, und mit dem übereinstimmt, was ich schon erlebt habe. Dieser reflektiert feministische Ansatz macht das Buch für mich wie zu einem Zuhause.
Die Handlung an sich ist etwas vorhersehbar und es werden natürlich einige Klischees erfüllt. Ich hatte beim Lesen aber so viel Spaß, dass mich das ehrlicherweise nicht gestört hat.
Sprachlich brilliert Ali Hazelwood mit Wortwitzen, Fachbegriffen, treffenden Vergleichen und einer unschuldigen Prise Kitsch, wegen der ich ein paar Tränchen verdrückt habe.
Die Übersetzung ist auch gut gelungen, auch wenn natürlich nicht alle Wortwitze sinnvoll übersetzt werden konnten, ist es auch auf Deutsch ein sehr unterhaltsames Buch.
Ich habe das Buch sehr geliebt und bin ein bisschen traurig, dass die Protagonist:innen nicht echt sind.
Ich kann das Buch allen empfehlen, die gerne eine lockere, humorvolle Geschichte über zuckersüße Menschen im wissenschaftlichen Kontext lesen wollen und keine Angst vor Klischees haben.

Bewertung vom 04.10.2022
Es gibt ein Sterben nach dem Tod
Kruse, Tatjana

Es gibt ein Sterben nach dem Tod


sehr gut

Ein Geist, der Ermittlungen über die eigene Ermordung anstellt muss doch eigentlich ein deprimierender Handlungsrahmen sein. Nicht so, mit Börnie und ihrer Crew.
Das Buch ist ziemlich kurz, wodurch sehr viel Stoff in wenige Seiten gequetscht werden. Zeitweise passiert richtig viel auf einmal und ich hatte lange absolut keinen Schimmer, worauf die Handlung hinauslaufen würde.
Die Charaktere sind eher stereotypisch dargestellt. Das ist allerdings so eindeutig, dass ich mich überhaupt nicht aufregt habe. Sie waren tatsächlich fast schon Karikaturen von sich selbst, was irgendwie auch etwas hat.
Gerade der Protagonistin fehlt es aber etwas an Feingefühl, und bei ein paar Aussagen hat es mir doch die Fingernägel aufgerollt. Sie ist einfach sehr weit von meiner Lebensrealität und dem, was ich mir von zwischenmenschlichen Beziehungen erwarte, entfernt. Aber mir müssen auch nicht alle sympathisch sein.
Die Geschichte erinnert mich ein bisschen an die Träume, die ich in meiner Jugend hatte, als ich zu lange feiern war. Es ist abstrakt, unterhaltsam, verwirrend und man sollte dabei nicht zu viel nachdenken.
Dabei ist das Buch sehr leicht zu lesen. Man kann es auch locker lesen, wenn man Kopfweh hat, weil das Buch (zumindest mir) am meisten Spaß macht, wenn man nicht zu viel denkt, sondern das Buch einfach wirken lässt. Mit Bauchweh sollte man aber die Finger davonlassen, weil das Buch die Lachmuskeln zeitweise stark beansprucht.
Tatsächlich konnte mich das Buch richtig überraschen. So etwas habe ich einfach noch nie zuvor gelesen und das bedeutet mir sehr viel.

Bewertung vom 02.10.2022
Anton will Prinzessin sein
Löwe, Kerstin

Anton will Prinzessin sein


ausgezeichnet

Zuckersüße Geschichte
Anton will eine Prinzessin sein. Auch wenn Ella ihm ganz viele andere Verkleidungen vorschlägt, bleibt Anton dabei. Er will eben einfach eine Prinzessin sein.
Ich liebe Bücher die Stereotype brechen und Kindern mehr Möglichkeiten in Leben bieten. Als Kind haben mir die strengen Geschlechterrollen schon die Luft zum Atmen genommen und ich freue mich extrem, dass sich das langsam etwas auflockert.
Ich fand das Buch zuckersüß! Die Sätze sind kurz und leicht verständlich, die Schriftart groß genug zum Mitlesen und die Bilder sind kindgerecht, bunt und bieten eine Menge zu entdecken.
Die Tatsache, dass Ella Anton zuerst in ein stereotyp-männliches Kleidungsstück stecken will, und Anton sich sehr durchsetzen muss, um zu bekommen, was er will, hat mir ein bisschen das Herz gebrochen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das wahrscheinlich die Realität vieler Kinder treffend darstellt. Und wahrscheinlich wäre das Buch sehr kurz, wenn Anton Ella sage würde, dass er eine Prinzessin sein will und Ellas Reaktion darauf „Okay“, wäre.
Ich finde es richtig schade, dass es solche Bücher zu meiner Zeit noch nicht gegeben hat.
Solche Vorbilder können das Selbstbild und das Leben der Kinder nachhaltig verändern.
Von mir gibt es von Herzen eine ganz große Empfehlung!

Bewertung vom 02.10.2022
Aufklärung von Anfang an
Kolb, Christiane

Aufklärung von Anfang an


ausgezeichnet

Wie war das nochmal mit Bienchen und Blümchen?

Kinder und Sexualität sind Themen, die in den Augen vieler nicht zusammengehören. Umso gespannter war ich auf ein Aufklärungsbuch, das Ideen liefert, wie man diese Themen mit Kindern besprechen kann.
Anfangs habe ich mir Sorgen gemacht, dass das Buch sich, wie der Aufklärungsunterricht in der Schule hauptsächlich um Fortpflanzung dreht. Aber der Untertitel verrät schon, dass so viel mehr in diesem Buch steckt. Es geht darum Grenzen zu setzen, ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln und den Umgang mit Scham. Letztendlich bietet das Buch auch einige Reflexionshilfen über den Umgang mit Sexualität in der eigenen Kindheit.
Das Buch geht auf verschiedene Entwicklungsschritte der Kindheit ein und erklärt, was für Situationen in welcher Altersstufe vorkommen könnten. Es bietet Formulierungshilfen, altersgemäße Ressourcen und jede Menge Quellen, um sich weiterzubilden.
Was mir kurz sauer aufgestoßen ist, ist, dass „schwul“ als Beleidigung bezeichnet wird. Allerdings bezieht sich diese Aussage auf das Verhalten von Kindern am Schulhof, wo das möglicherweise manchmal so verstanden wird, obwohl den meisten Kindern mittlerweile auch klar ist, dass das keine Beleidigung ist.
Ansonsten vermittelt das Buch einen wertfreien, feministischen und offenen Ansatz. Es geht auch kurz auf intergeschlechtliche und trans Menschen ein. Gegen Ende gibt es auch Erklärungen von verschiedenen Begriffen die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierungen beschreiben, mit denen Kinder ihre Eltern konfrontieren könnten.
Das Buch bietet einen guten Rahmen, bei dem man sich rauspicken kann, was man im speziellen Fall gerade braucht. Es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Buch und konnte mich eindeutig positiv überraschen.

Bewertung vom 26.09.2022
Die kranke Frau
Cleghorn, Elinor

Die kranke Frau


ausgezeichnet

Körper und Macht
Es gibt Bücher, die sind so gut, dass man sie innerhalb eines Tages weg liest und dann gibt es Bücher, die sind so gut, dass man sich Zeit dafür nehmen muss.
Die kranke Frau ist ein phänomenales und augenöffnendes Buch, das mich an manchen Stellen sehr aufgewühlt hat. Der Inhalt vom Buch hat mich wütend gemacht, mich frustriert und mir teilweise das Gefühl gegeben, komplett hilflos zu sein. Ich konnte immer nur ein paar Seiten auf einmal lesen, bevor mein Blutdruck wieder zu hoch war.
Denn noch immer werden Frauen und ihre Leiden nicht ernst genug genommen. Bei denselben Symptomen bekommt ein Mann eher Schmerzmittel und eine Frau Beruhigungsmittel. Was sagt das über unsere Stellung in der Gesellschaft aus, wenn der Schmerz leidender Männer eher gestillt wird und leidende Frauen eher ruhiggestellt werden? Oder wenn Krankheitssymptome bei Frauen schneller auf die Psyche geschoben werden?
Unter dieser Doppelmoral leiden noch immer richtig viele und ich kenne selbst einige, die wegen sexistischer Vorurteile beinahe gestorben wären. Auch die Autorin berichtet aus ihrer persönlichen Erfahrung und beschreibt die Entwicklung der weiblichen Gesundheit von der Antike bis in die heutige Zeit.
Mich hat es komplett überrascht, wie intersektional das Thema ist und wie eigentliche Fortschritte in der Medizin wieder für ideologischen Missbrauch herhalten müssen. Es wird sehr gut aufgezeigt, wie verschiedene Vorurteile einander bedingen und aufrechterhalten, sodass eine wissenschaftliche Argumentation kaum mehr möglich ist. Und dann kommt in manchen Fällen noch die Religion dazu.
Manchmal war es wirklich sehr frustrierend, aber das macht das Buch umso wichtiger.
Für mich war es ein absolutes Highlight, mit vielen Quellen um weiter zu recherchieren, über ein Thema das leider noch immer viel zu aktuell ist.