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Märchens Bücherwelt
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Wolfenbüttel

Bewertungen

Insgesamt 231 Bewertungen
Bewertung vom 09.01.2024
Das Flüstern der Gezeiten / Der Milchhof Bd.2
Kölpin, Regine

Das Flüstern der Gezeiten / Der Milchhof Bd.2


gut

Der 2.Teil der Milchhof Saga spielt während der Weimarer Republik und dem Beginn des NS-Regimes. Nachdem der 1.Weltkrieg beendet ist, spüren dennoch alle die Auswirkungen durch die Wirtschaftskrise und die Sanktionen, die Deutschland auferlegt wurden. Gemeinsam mit ihrer Tochter Alea kämpft Lina um das Überleben und Fortbestehen des Milchhofs und immer wieder steht sie neuen Herausforderungen gegenüber, denn es gibt immer noch Menschen, die auf Rache aus sind und nichts auslassen, um Lina zu schaden.

Es hat Spaß gemacht, an die Friesische Wehde zurückzukehren, mitzuerleben, was sich alles verändert hat, wie weit die Fortschritte auf dem Milchhof sind und auch die Kinder der Hauptprotagonisten erwachsen werden und ebenfalls Kinder bekommen. So manche Entwicklung hat mich überrascht und leider gibt es auch hier einiges an Schicksalsschlägen.

Für Lina gilt immer noch, dass aufgeben keine Option ist und ich fand es erstaunlich, wie diese tapfere Frau gegen all die Ungerechtigkeiten, die Bedrohungen und Niederlagen kämpft, immer wieder aufsteht und sich nicht unterkriegen lässt.

Die bedrohliche Entwicklung des NS-Regimes hat die Autorin hier gut eingebunden, man spürt die Sorge und Bedenken aller, die Chancenlosigkeit, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, die einem das Herz zerreißen, während Menschen sich von dem verdrehten gefährlichen Gedankengut blenden lassen und zeigen, zu was sie fähig sind. Wenn Hass das Denken beeinflusst.

Die Handlung ist in zwei Teile geteilt und es gibt ein paar Zeitsprünge. Obwohl man die Charaktere mittlerweile kennt, besonders mit dem typisch friesischen Dialekt und gebannt mitverfolgt, was aus ihnen wird, welche Entscheidungen sie treffen und welches Problem wieder gemeistert werden muss, fehlt mir dennoch zeitweise die Tiefe und der Zugang zu den Charakteren, es wirkt zeitweise etwas unpersönlich und trocken.

Einiges kann man schon erahnen, dennoch steigt der Spannungsbogen gerade ab der zweiten Hälfte des Buches, die Ereignisse überschlagen sich förmlich und ruhige Zeiten liegen für den Milchhof weit entfernt.

Jetzt bin ich auf das Finale gespannt, was während des 2.Weltkriegs alles passiert ist und wie sich das auf den Milchhof auswirkt.

Eine interessante Reihe mit viel Dramatik, Schicksalsschlägen und mutigen Frauen, die tapfer und unermüdlich für das kämpfen, was ihnen am Herzen liegt – das Unternehmen und die Liebe.

Bewertung vom 01.01.2024
Das Buch der letzten Briefe (eBook, ePUB)
Barrett, Kerry

Das Buch der letzten Briefe (eBook, ePUB)


sehr gut

Inhalt: London 1940: Die Idee der Londoner Krankenschwester Elsie Watson, ein Buch mit Abschiedsworten in Form von Gedichten, Zeichnungen oder Briefen unter den Kriegsverletzten rumgehen zu lassen, stößt auf gute Resonanz. In diesem Buch sind Schicksale und Eintragungen hinterlegt, die Elsies Leben für immer verändern werden.

Etliche Jahre später stößt die junge Stephanie in dem Pflegeheim, in dem sie arbeitet auf dieses besondere Buch von Elsie - ein Buch, das sie veranlasst, Nachforschungen zu dieser mutigen Krankenschwester anzustellen und merkt, was dieses Erinnerungsbuch auch bei ihr verändert.

Eine einfühlsame, bewegende Geschichte die auf zwei Zeitebenen spielt und immer im Wechsel aus der Sicht von Elsie und Stephanie erzählt wird.

Während Stephanie aufgrund ihrer Tätigkeit als Pflegehelferin und Baraushilfe versucht, mithilfe eines Historikers, der Heimbewohner und ihrer Freundin mehr über Elsies Vergangenheit, ihre Erlebnisse und die Eintragungen im Buch herauszufinden, wird einem genau diese Geschichte von Elsie selbst erzählt, bis alles zusammenläuft.

Mir gefiel der Part von Elsie sogar noch ein bisschen besser, weil sie so eine mutige, tapfere und hilfsbereite Person ist, die trotz dem, was sie erlebt, immer weiter gekämpft hat und auch ihre Liebesgeschichte samt den Eintragungen des Buches so unglaublich berührend sind.

Stephanie war mir manchmal zu sprunghaft, erst sprüht sie vor Ideen und Enthusiasmus, um im nächsten Moment aufgrund von Selbstzweifeln alles wieder hinschmeißen zu wollen. Auch die Gründe dafür waren nicht immer ganz einleuchtend. Dennoch fand ich die Nachforschungen, gerade mit den Heimbewohnern großartig und sehr amüsant.

Es ist wie ein Zusammenfügen von Puzzlestücken, um am Ende das große Finale zu erleben, ein Gesamtbild, das emotional, beeindruckend und überraschend ist- und zwar bei beiden Frauen.

Insgesamt eine warmherzige Geschichte, deren Grundidee auf Tatsachen beruht.

Deshalb eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 30.12.2023
Der Schacherzähler
Pinnow, Judith

Der Schacherzähler


ausgezeichnet

Wie war das: Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie... Nein, ich empfehle ganz einfach dieses Buch zu lesen. Es könnte zwar zu unerwarteten emotionalen Gefühlsausbrüchen, Druck auf die Tränendrüsen und Herzschmerz kommen, was aber spätestens am Ende der Geschichte geheilt sein wird.

Die Anwendung empfehle ich wie folgt: Man nehme einen knurrigen alten Mann, Oldman genannt, einen kleinen neunjährigen Jungen namens Janne und seine unperfekte und doch so großartige Mami Malu. Diese Kombi in Verbindung mit dem Beginn eines Schachspiels im Park und den Folgen der Begegnung mixe man mit weiteren liebenswerten Charakteren und einem Wohlfühlcafé, das ganz Bad Altbach kennt und liebt und genieße es, am besten mit einer Tasse Kaffee und einer Zimtschnecke, Bananenbrot oder einem Stück Käsekuchen.

Währenddessen erzählen Dir Janne, seine Mom, ihr Arbeitgeber Hinnerk und ihre Freundin Liv etwas über Geheimnisse, Hoffnungen, Wünsche, Träume, das Großwerden und die Begegnung mit einem alten Mann, dessen Geschichte, Rückblicke in seine Vergangenheit und die Liebe zum Schach alles verändern wird.
Ich hab es übrigens schon ausprobiert und kann nur sagen: Ich habe von Anfang bis Ende gefühlt, gelitten, geliebt, gelacht und es genossen. Ich war sofort drin in der Geschichte, der kleine Janne ist mir mit seinen kindlichen Gedankengängen und seinen Empfindungen so ans Herz gewachsen. Gehänselt und von den Lehrern als Störfaktor bezeichnet, kann man nicht anders, als ihn einfach liebgewinnen und schützen zu wollen, weil er sich doch so bemüht, unter dem Radar zu bleiben. Ebenso wie seine alleinerziehende Mama, die ihren Sohn trotz aller Schwierigkeiten und privater Umstände so liebt wie er ist und ihn zu einem tollen Jungen erzieht.

Durch die Ich-Perspektive taucht man noch mehr in ihre Gefühlswelten ein, nur über Oldman wird aus der Beobachter-Perspektive erzählt. Eine tolle Kombi, die es noch spannender, interessanter und so unglaublich schön macht.
Wirklich alle Charaktere sind großartig beschrieben, mit all ihren Macken, Fehlern, Besonderheiten und liebenswerten Eigenschaften.

Es ist ein Wohlfühl-Herzensbuch, es bietet so viel an Tiefgang, es stimmt nachdenklich, passt so hervorragend in unsere Zeit und zeigt, was echte Freundschaften ausmachen, unabhängig vom Alter. Die Nachwirkungen des Buches sind großartig und ich kann nur jedem sagen, diese Risiken und Nebenwirkungen sind es 100% wert. Ein unvergessliches warmherziges Buchhighlight, bleibt im Kopf, geht ins Herz und wird dortbleiben.

Bewertung vom 29.12.2023
Träume aus Karamell
Bastin, Luise

Träume aus Karamell


sehr gut

Der erste Teil der Bonbon-Saga über die noch heute berühmten Werthers Sahnebonbons. Passend für alle Naschkatzen und Schleckermäulchen.

Die schicksalhafte Begegnung des Geschwisterpaares Fritz und Anne mit dem Bonbonhersteller Anton Leyen legt den Grundstein für die ideenreiche Erweiterung der bekannten Bonbonfabrik. Während Fritz als Zuckerbäcker und Anne aufgrund der Backkünste ihrer verstorbenen Großmutter an neuen Kreationen arbeiten, scheint es jemand auf das erfolgreiche Unternehmen abgesehen zu haben. Es folgt eine Reihe von Sabotageakten, die teilweise lebensbedrohlich sind. Auch wenn die Kurzbeschreibung nicht ganz zu dem Inhalt passt, weil es etwas anders verläuft, fand ich den Roman sehr unterhaltsam, mit viel Einblick in die Kunst dieses besonderen Handwerks, was weltweit große Abnehmer findet.

Auf verständliche Weise erhält man nicht nur Aufschluss zur Herkunft und Verarbeitung der Zuckerrübe und des daraus entstehenden Zuckers und dessen Weiterverarbeitung, sondern gleichzeitig auch ein paar Informationen in die zeitgleich bestehenden Unternehmen Dr.Oetker und Stollwerck.

Die Charaktere sind sehr vielschichtig, besonders Anton mit seiner etwas verpeilten, hektischen und etwas überschwänglichen Art brachte mich immer wieder zum Schmunzeln. Während immer neue Ideen umgesetzt werden, geht es auch auf dem romantischen Wege für einige zwar ziemlich spontan, dennoch irgendwie lustig voran.

Getrübt werden die harmonischen Abläufe allerdings immer wieder von Vorfällen, die sich keiner erklären kann, weil die Mitarbeiter schon so lange im Betrieb arbeiten und die Gründe unverständlich sind. Es gibt Verdächtigungen, aber der oder die Täter sind immer einen Schritt voraus. Die Auflösung kam für mich allerdings nicht ganz so überraschend, da hätte ich mir doch ein wenig mehr Spannung und Dramatik gewünscht. Obwohl mir die Geschichte gefallen hat, plätscherte es zeitweise öfter mal dahin.

Während des Lesens kann man sich sowohl die Arbeit, die Personen und auch das Geschehen bildhaft vorstellen, während man immer diesen speziellen Karamellgeruch in der Nase hat und fast schon schmecken kann. Und obwohl ich eigentlich gar kein Sahnebonbonfan bin, war es eine interessante historische Reise, die bis zum Beginn des 1.Weltkrieges reichte.

Ich bin schon gespannt, wie es im 2.Teil weitergeht, der dann zu Beginn des 2.Weltkrieges spielt.

Bewertung vom 28.12.2023
Die Brotbäckerin
Raiser, Nadja

Die Brotbäckerin


sehr gut

Den beiden Schwestern, Anna und Lisie wird nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters übel mitgespielt. Der hiesige Hofpfister Georg Huber ist neidisch auf ihre erfolgreiche Backstube und nutzt das Leid der beiden charmelos aus, verpackt in eine gemeine Intrige. Dazu benutzt er seinen engen Freund Jakob Hofbauer, der zerrissen ist zwischen seiner Verpflichtung gegenüber der Familie und der Sympathie gegenüber den Schwestern, die nichts von dem fiesen Spiel ahnen.

Liesis Leidenschaft zum Backen spürt man in jeder Sekunde, die sie in der Backstube verbringt. Das spürt auch Jakob, der ihre Gunst gewinnen und das Familienrezept stehlen soll. Da sie auch das Armenhaus versorgt, ist Aufgeben für sie keine Option, obwohl immer mehr Vorfälle beide Frauen in die Knie zwingen. Ihre einzige Chance ist ein Preisausschreiben für die Hochzeit des Prinzen, um als Brotbäckerin den königlichen Hofstaat zu überzeugen.

Ich war wirklich gespannt, wie diese Geschichte umgesetzt wird. Man versteht den Wunsch der beiden Schwestern, das Familienunternehmen zu retten, denn das Verhältnis zu ihrem Vater war sehr innig.
Man erhält Einblick in die Backkunst, ein kräftezehrendes Handwerk, das meine Achtung davor noch gesteigert hat. Gleichzeitig ist es auch ein sehr sinnlicher Roman, denn je mehr Zeit gerade Liesie und Jakob verbringen, desto mehr Gefühle wachsen. Die intimen Szenen hätten für mich jetzt nicht sein müssen, um dem Roman trotzdem Ausdruck zu geben. Es entsteht ein Wettkampf mit der Zeit, Georgs Anforderungen steigern und ich hätte nie mit solch einem Verlauf gerechnet.
Die Charaktere sind sehr vielschichtig, mal versteht man ihre Handlung, dann wieder nicht, was auch beim Leser ein Wechselbad der Gefühle anrichtet.

Gleichzeitig gibt es noch eine zusätzliche Überraschung, die zwar irgendwie von Anfang an durchschaubar war, sich dennoch schön entwickelt hat. Auch die traditionellen Besuche im Armenhaus lassen Gänsehautmomente aufkommen.

Alles in allem ein angenehmer, spannender Roman, der sowohl Einblick in das Handwerk als auch das Zunftwesen und die damaligen Traditionen gibt. Die Einbindung von Prinzessin Therese und Prinz Ludwig als historische Persönlichkeiten und dem Fest, das heute als Oktoberfest bekannt ist, fand ich toll, obwohl es ein paar künstlerische Freiheiten gab. Die Krönung des Romans bieten dann noch drei besondere Rezepte.

Bewertung vom 27.12.2023
Das Rauschen der Brandung / Der Milchhof Bd.1
Kölpin, Regine

Das Rauschen der Brandung / Der Milchhof Bd.1


gut

Der Auftaktband der Milchhof Trilogie spielt zwischen 1890-1914 in der Friesischen Wehde an der Nordsee. Aufgrund eines dummen Fehlers kann sich die Bauerntochter Lina der Ehe mit dem cholerischen und egoistischen Thees nicht entziehen. Während die Privatmolkerei wächst und mit Derk Voigt ein talentierter, umsichtiger Obermaier eingestellt wurde, laufen hinter den Kulissen Intrigen, Sabotageakte und eheliche Krisen. Denn erst nach der Hochzeit kommt Lina hinter die Geheimnisse Thees, was sie erpressbar macht.

Doch Linas Liebe zur Molkerei, ein unbändiger Wille, das Erbe ihres Vaters weiterzuführen und sich nicht unterkriegen zu lassen, verhelfen ihr zu manch ungeahnten Ideen und Kräften und sie lernt mit der Zeit, sich ihrem Schicksal zu stellen, auch wenn ihre Gefühle für jemand ganz anderen schlagen.
Die Autorin versteht es, Sympathien und Antipathien zu schüren, eine unterhaltsame und dramatische Story zu kreieren. Aber auch Einblicke in die Milchwirtschaft, die Produktion und dem technischen Fortschritt machen es interessant.

Missverständnisse und langgehegter Groll und Eifersucht sorgen immer wieder dafür, dass Lina zwischen die Fronten gerät und ausbaden muss, was hinter den Kulissen angerichtet wurde.

Obwohl Lina für mich eine wirklich starke, ehrgeizige Frau ist, die trotz aller Umstände treu ihren Pflichten nachkommt und immer wieder aufsteht, empfand ich manche Reaktion dennoch unpassend und nicht immer nachvollziehbar. Auch Derk kam mir manchmal wie ein trotziger Junge vor, der sich aufgrund der Tatsache, dass er nicht bekommen kann, was er haben will in Situationen bringt, die rücksichtslos und unüberlegt sind. Andererseits gibt es aber auch gerade zum Ende Momente, wo er dann wieder wie ein gescholtener Junge in der Ecke steht und alles mit sich machen lässt. Das war zeitweise etwas ermüdend und hat ein paar Sympathiepunkte geraubt.

Alles in allem ist es eine kurzweilige, interessante Geschichte, mit dem so typischen friesischem Dialekt, der in die Zeit des Kaiserreichs abtaucht, in der es für Frauen sehr schwer war, unternehmerisch tätig zu sein. Doch mit Lina lernt man eine mutige, tapfere Frau kennen, die trotz vieler Schwierigkeiten und drohendem 1.Weltkrieg dem Schicksal eine Kampfansage macht.

3,5 Sterne

Nun freue ich mich schon auf Teil 2, der die Familiengeschichte zwischen dem 1. und 2.Weltkrieg weitererzählt.

Bewertung vom 02.12.2023
Atretes - Flucht nach Germanien
Francine Rivers

Atretes - Flucht nach Germanien


gut

Mit diesem Teil endet die Trilogie über die ersten Christen zur Zeit der Eroberung Jerusalems. Die Gefangennahme Atretes, eines germanischen Kriegers aus dem Stamm der Chatten, hat man ja im 1.Band schon verfolgen können. Nach seiner Zeit als berühmter Gladiator in den Arenen Roms und Ephesus will er gemeinsam mit seinem Sohn Caleb wieder in seine Heimat zurück. Durch eine Intrige glaubte er lange Zeit, sein Sohn wäre tot, doch die Judenchristin Hadassa gab ihn in die Obhut der Christin und Witwe Rizpa, die dem kleinen wie eine Mutter geworden ist.

Da Atretes in der Gefahr schwebt, trotz seiner erlangten Freiheit wieder in als Gladiator verdingt zu werden, ergreifen sie die Flucht in Richtung Heimat.

Die Wut und die Unzufriedenheit hat man bereits im 1.Teil spüren können. Atretes ist ein stolzer Krieger aus einem Stamm, der den Gott Tiwaz verehrt. Sein Hass auf die Römer, die ihm das Leid als Gladiator, die Einsamkeit, die Selbstverachtung angetan haben ist groß. Das spürt man im Laufe dieser Geschichte auch ganz deutlich. Es ist schwer für ihn Vertrauen zu fassen, selbst Rizpa, die sich liebevoll um seinen Sohn kümmert, kriegt das oft zu spüren. Doch die aufkeimenden Gefühle zwischen beiden sind stark und Rizpa und deren Begleiter Theophilus versuchen durch das, was sie in den Schriften gelernt haben, Atretes zum Umdenken zu lenken, sein Herz zu erreichen, ihm zu zeigen, was es ausmacht, Gott zu vertrauen und nicht auf die eigene Stärke. Hass mit Liebe zu ersetzen, selbst zu spüren, wie das Opfer von Jesus auch für ihn gilt.

Insgesamt fand ich die Geschichte interessant, die Reise ist abwechslungsreich, voller Gefahren, Zweifel und Anspannung. Die Entwicklung Atretes ist mühsam, weil er sehr impulsiv und immer in Verteidigungs- u. Angriffsstellung ist. Allerdings muss ich sagen, dass es ein paar Passagen und Aussagen gab, die mir einfach zu übertrieben und unrealistisch waren, auch wenn es zur Zeit der Apostel vereinzelt Wunder gab.

Ebenso die sehr ausführlich erzählten okkulten Praktiken einer Stammespriesterin waren mir zu heftig, zu dramatisch und wirkten zu eingeschoben, um der Geschichte noch etwas Spannung zu verpassen. Auch wenn Aberglaube zur damaligen Zeit sehr ausgeprägt war, aber die Andeutung hätte vollkommen gereicht, ebenso wie einige andere Wunder, die dann auch noch erfolgten, die ich nicht passend und normal fand.

Das hat mir die Freude am Buch und mit der Reihe leider etwas genommen und mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, auch wenn es insgesamt schon interessant ist, die Ära der ersten Christen, ihren Mut, ihren Glauben und ihr Vertrauen erleben zu können, was die Autorin sehr bildhaft und eindrucksvoll gemacht hat.

Der Schluss war etwas im Zeitraffer zusammengefasst, wirkte etwas gezwungen und nicht ganz rund, wo für mich ein paar Details fehlten, gerade wenn eine sonst großartige Reihe endet. Etwas schade, denn der Schreibstil und die Art der Autorin gefällt mir sonst wirklich gut und ich werde sicher noch weitere Bücher von ihr lesen.

Bewertung vom 30.11.2023
Als die Welt uns gehörte
Kessler, Liz

Als die Welt uns gehörte


ausgezeichnet

Dieses Buch ist Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises 2023 und das ist absolut verdient. Das Buch ist so genial, ich bin immer noch sprachlos und habe das Thema Holocaust speziell für junge Leute noch nie auf so einzigartige bewegende Weise gelesen und gehört.

Erstmal zum Inhalt: Die jungen Freunde Leo, Max und Elsa verleben eine tolle Kinderzeit – ein gemeinsames Foto auf dem Riesenrad im Prater Wiens aufgenommen wird sie noch lange an diese unbeschwerten Momente erinnern. Doch schon bald stehen die Zeichen auf Sturm, denn der Aufschwung der Nationalsozialisten stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Elsa und Leo sind Juden, Max Vater erwartet strengsten Gehorsam und Einsatz für Hitler.

Der Roman ist so authentisch, teilweise basierend auf eigener Familiengeschichte der Autorin, was mich von der ersten bis zur letzten Sekunde mitgerissen, gefangen genommen, durchgerüttelt, zerrissen und doch so unendlich tief berührt hat.

Den Holocaust aus der Sicht von so unbeschwerten heranwachsenden Kindern erzählt zu bekommen, im Hörbuch von verschiedenen Sprechern, die das auf so perfekte, den Kindern angepasste Weise transportiert haben, hat mich einfach nur sprachlos gemacht, gleichzeitig aber auch so viel Gefühle, Emotionen, Tränen ausgelöst. Leo und Elsa erzählen aus der Ich-Perspektive, hinzu kommt noch ein Erzähler, der immer was zum weiteren Verlauf wiedergibt und Max aus der Beobachter Perspektive.

Die Autorin hat es geschafft, diese dunkle Zeit und das Leben der drei Freunde auf eine Art zu erzählen, die zugleich sanft, fröhlich, gefühlvoll ist und andererseits ungeschönt die unaufhaltbare dunkle Weltgeschichte mit der Gedankenwelt der Kinder verknüpft, die ein Opfer der Perfidität wurden und nicht verstehen konnten, warum Erwachsene erwarten, dass Kinder auf einmal zu Feinden werden sollen.

⬇⬇⬇⬇ (weiter im Kommentar)
16 Sek.
maerchens.buecherwelts Profilbild
Der Verlauf ist nicht eine Sekunde vorhersehbar, mit den Wendungen und vor allem mit dem Ende habe ich überhaupt nicht gerechnet und trotzdem ist diese Geschichte jede einzelne Träne wert, weil sie besonders junge Menschen animiert, feinfühliger, aufmerksamer zu werden, Dinge zu hinterfragen und sich nicht vom Gruppenzwang verändern zu lassen. Aufgrund dieses großartigen Hörbuches habe ich mir das Buch auch noch gekauft.

Für mich nicht nur ein Jahreshighlight, es ist ein unvergessliches Buch und hervorragende Lektüre für den Unterricht. Das Buch bleibt im Kopf und geht mitten ins Herz, auch wenn es zeitweise zerreißt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2023
Bevor die Welt sich weiterdreht
Brosch, Luca

Bevor die Welt sich weiterdreht


sehr gut

An dem unscheinbaren Schweizer Bergkurort Davos tobt ein Agentenkrieg mitten im ersten Weltkrieg. Geheimagenten aus aller Welt versuchen, auf ihre eigene Weise die Lage für sich zu bestimmen, doch keiner weiß, wer zu wem gehört und wer ein falsches Spiel treibt. Zwischen diese Fronten gerät die junge Krankenschwester Johanna Gabathuler, deren Vater das berühmte Curhaus Cronwald gehört. Im Kampf um das Leben ihrer unehelichen Tochter, muss sie sich den Mächten der Geheimdienste fügen und erlebt, wie grausam das Spiel um Macht und Ruhm verlaufen kann.

Ein historischer Spionage-Thriller , spannend bis zur letzten Minute, der Spannungsbogen dehnt sich bis zum letzten Satz, unglaublich und faszinierend.

Johanna ist eine starke, mutige Frau, die bereits an der Westfront den Krieg von seiner schlimmsten Seite erlebt hat, dabei ihre große Liebe verlor und nun auf Ruhe in der Heimat hofft. Doch die Pläne ihres Vaters sehen anders aus, man spürt ihre Verzweiflung, weil die Hoffnung auf ein freies Leben mit ihrer kleinen Tochter und einer neuen Liebe mit jedem Schritt in weite Ferne rückt und sogar lebensbedrohlich wird.
Trotz der vielen Personen und deren Zugehörigkeit, woran man sich etwas gewöhnen muss, ist alles so ausdrucksstark und im Laufe der Zeit erhält man verschiedene Einblicke in deren Leben und Werdegang, was mich zeitweise sehr schockiert und gleichzeitig berührt hat. Es ist immer wieder interessant, wie erpressbar Menschen sind, besonders wenn es um das eigene oder das Leben eines geliebten Menschen geht. Aber trotz dieser Ausweglosigkeit hat mich begeistert, wie Johanna versucht, sich selbst und ihren Prinzipien treu zu bleiben.

Das Hörbuch ist mit der Sprecherin großartig besetzt, denn sie hat einen noch mehr in die Handlung gerissen und ein emotionales Feuerwerk hinterlassen. Obwohl man denkt, das Buch ist doch eigentlich eher Männerthema, haben die Frauen hier eine ganz starke Rolle gespielt und deshalb war die Wahl für Simone Terbrack genau passend. Unglaublich, wie sie den Leser fesselt und nicht loslässt, Sprechtempo, erzeugte Spannung, ausdrucksstarke verschiedene Charaktere und deren Persönlichkeit sind super getroffen.

Die Mischung aus Loverstory, Politthriller, Spionage und historischen Hintergründen ist großartig gelungen und es freut mich riesig, dass passend zu diesem Roman im Dez.23 auch eine TV Serie ausgestrahlt wird mit dem Titel Davos 1917 – dieses Buch wurde auf Basis der Drehbücher und in Zusammenarbeit mit dem Headautor der Serie geschrieben.

Ich kann den Roman wirklich empfehlen, durchgehend voller Twists, mit einem Ende, dass mir dann vollkommen den Boden unter den Füßen weggezogen hat, unerwartet, schockierend, brillant und absolut unerwartet.

Bewertung vom 28.11.2023
Rapha - Die Tore von Ephesus (eBook, ePUB)
Rivers, Francine

Rapha - Die Tore von Ephesus (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auch der 2.Band dieser außergewöhnlichen Reihe geht rasant und spannend weiter. Die schwerverletzte Judenchristin Hadassa wird von dem jungen Arzt Alexander gepflegt und assistiert ihm unter dem Spitznamen Rapha bei seiner Tätigkeit.

Trotz ihrer körperlichen Einschränkungen, verschleiert und am Stock gehend, wächst sie noch mehr in ihrem Vertrauen darauf, dass Gott sie gebrauchen kann und setzt sich voller Hingabe und Liebe für die Armen, Verletzten und Kranken ein.

Gleichzeitig macht sich Marcus voller Schuldgefühle und Kummer in Hadassas Heimat auf, um mehr über den besonderen Gott herauszufinden, für den sie bereit war zu sterben.

Die Entwicklung der beiden, ihren Werdegang und was sie erleben, hat die Autoren so brillant, so bildgewaltig, emotional und mit ganz viel Gänsehautmomenten erzählt.

Bei beiden findet ein unglaublicher Lernprozess statt, trotz Zweifel, trotz vieler Fragen und mancher Herausforderung, schaffen beide es, Antworten zu finden und über sich hinaus zu wachsen, ihre Ängste zu überwinden, das Herz zu öffnen, um zu verstehen und zu akzeptieren, warum etwas passiert und warum der Glaube so groß sein kann.

Die Art, wie die Autorin dies schildert, ist weder theatralisch noch kitschig oder unverständlich, sondern nachvollziehbar und mit ein paar wirklich ergreifenden Überraschungsmomenten.

Dieses Buch ist eine ganz starke Fortsetzung, die davon erzählt, dass niemand hoffnungslos ist, dass Sündenvergebung bei Gott etwas großartiges ist und jeder einzelne Mensch wertvoll für ihn ist.

Durch viele kleine Details und das Aufgreifen biblischer Vorbilder erlebt man eine Geschichte, die beeindruckt, die nachdenklich stimmt und das eigene Verhältnis zu Gott überdenken lässt. Wichtige Faktoren wie Vergebung, Demut, Liebe, Geduld und Hoffnung werden hier wunderbar verarbeitet und bilden ein spannendes historisches Epos, das man nicht mehr vergessen wird.

Lebendige, unvergessliche Geschichte hervorragend und mitreißend erzählt.