Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Books of Tigerlily
Wohnort: 
Saarbrücken

Bewertungen

Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 04.02.2023
Das Elixier der Lügen / Silver & Poison Bd.1
Lück, Anne

Das Elixier der Lügen / Silver & Poison Bd.1


sehr gut

Vorab ein großes Lob an den Verlag für die wunderschöne Gestaltung dieses Buches, sowohl Cover als auch das übrige Design haben es mir sehr angetan. Das Buch zieht in der Buchhandlung sicherlich die Aufmerksamkeit vieler Leser auf sich.

Mich konnte Silver & Poison aber auch inhaltlich voll überzeugen. Das Worldbuilding ist düster und geheimnisvoll, die Magieelemente fügen sich perfekt ins New York als Urban Fantasy Setting ein. Ich hätte mir hinsichtlich des Fantasyelements vielleicht etwas mehr Informationen gewünscht, um noch mehr über die Magier und die Quelle zu erfahren.

Avery hat mir als Charakter sehr gut gefallen, sie ist sehr zugänglich und zeigt sich sehr menschlich mit Schwächen, Ecken und Kanten. Der Handlungsstrang hinsichtlich ihrer Vergangenheit und Herkunft hat mich komplett mitgenommen, ich hoffe, dass er im zweiten Teil auch eine Rolle spielen wird.

Die Handlung rund um Detective Hayes und die sich zart entfaltende Lovestory hat mir sehr gut gefallen. Hier wird ein passendes Tempo eingeschlagen und es gibt die ein oder andere Überraschung.

Mit einer solchen kann die Autorin am Ende aufwarten, die ich so nicht kommen gesehen habe. Hierdurch hat mich das Buch dann völlig von sich überzeugt und ich würde am liebsten direkt mit Band 2 weiterlesen.

Bewertung vom 04.02.2023
Lightlark Bd.1
Aster, Alex

Lightlark Bd.1


sehr gut

Um dieses Buch gab es ja bereits vor seinem Erscheinen einen sehr großen Hype im Netz, der sich auch nach der Veröffentlichung gehalten hat. Obwohl ich mit solchen Hypes mittlerweile vorsichtig bin, musste ich bei Lightlark meiner Neugier einfach nachgeben.

Ich wurde tatsächlich positiv überrascht. Das Setting und auch die Idee des Centennials hat mir sehr gut gefallen, vielleicht hätte ich mir etwas mehr Hintergrundinformationen und Erklärungen gewünscht, um dem Worldbuilding noch mehr Tiefe zu verleihen.

Isla ist eine einnehmende Protagonistin, die der klassischen Fantasyheldin entspricht. Auch sie hätte mir können vielleicht etwas mehr edgy sein können, ich bin ihr aber auch so gerne durch die Handlung gefolgt. Ich habe mit ihr mitgefiebert, welchen anderen Charakteren man trauen kann und welchen nicht. Neben den Bedrohungen durch ihre Mitstreiter muss sich Isla auch noch anderen Aufgaben und Herausforderungen stellen, hier konnte mich die Handlung das ein oder andere Mal überraschen und war stets kurzweilig und unterhaltsam.

Das Starke und wohl auch Außergewöhnliche ist die wirklich krasse Wendung am Ende, die ich so nicht vorhergesehen habe. Sie hat mich ebenso überrumpelt wie Isla und ich bin ehrlich gesagt diesbezüglich etwas zwiegespalten. Einerseits nötigt mir dieser Twist der Autorin großen Respekt ab, andererseits hätte mehr Tiefgang im Vorfeld den Effekt für mich noch verstärkt.

Insgesamt ein amüsanter, spannender Fantasyauftakt, ich werde sicherlich auch die übrigen Bände lesen!

Bewertung vom 22.01.2023
Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2
Bardugo, Leigh

Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2


ausgezeichnet

Leigh Bardugo zählt zu meinen liebsten Autorinnen und "Das neunte Haus" gehörte 2020 zu meinen Jahreshighlights. Ganz klar, dass die Freude über aber auch die Erwartungshaltung an die endlich erschienene Fortsetzung "Wer die Hölle kennt" riesig waren.

Obwohl der erste Band also schon etwas länger her ist, fiel es mir sehr leicht, mich wieder schnell im Buch und der Handlung zurechtzufinden. der Schreibstil der Autorin sowie ihr Detailreichtum trugen hierzu sicherlich einiges bei, aber auch bei den bereits bekannten Charakteren war es wie ein Wiedersehen mit alten Freunden.

Die Charaktere sind gewohnt vielfältig und nahbar gezeichnet, jeder von ihnen hat mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen. Insbesondere Alex Stern sticht hier hervor, die im zweiten Teil eine Weiterentwickelung durchmacht. Sie konnte mich oft überraschen - ebenso wie die Handlung, bei der Leigh Bardugo einiges in der Hinterhand hatte, um mich auf die falsche Fährte zu führen. Besonders herauszuheben ist ihre Darstellung der Hölle, die einfach perfekt zum gesamten Rahmen gepasst hat und einigen Lesern einen kleinen Schauer verursachen kann.

Durch den gelungenen Mix der erschaffenen Welt mit dunkler Grundstimmung, unaufdringlichen Fantasyelementen, den mysteriösen Mordfällen und den schrägen Charakteren zieht dieses Buch sicherlich auch Leser an, die sonst eher nicht zu Fantasy greifen.

Leigh Bardugo ist hier wieder eine geniale Mischung gelungen, bei denen der Leser durch tiefgründige, ambivalente Charaktere, detailverliebtes Worldbuilding, düsterer Atmosphäre und nervenaufreibender Handlung mit Horrorelementen völlig auf seine Kosten kommt.

Das Finale ist unerwartet atemberaubend und ließ mich verzweifelt weiterblättern, ein absoluter Cliffhanger hat mich atemlos zurückgelassen. Ich hoffe auf ein baldiges Erscheinen auf Band 3 und kann diese Reihe wirklich jedem ans Herz legen.

Bewertung vom 15.01.2023
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
Weber, Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?


ausgezeichnet

Das Buch greift ein Thema auf, das mich doppelt interessiert - zum einen, da ich ebenfalls (wie im Buch thematisiert) während der Pandemie gekündigt habe und zum anderen, weil ich nun auch beruflich mit dem Thema Arbeit zu tun habe.

Das Buch ist sehr übersichtlich gegliedert und gut recherchiert, im Anhang befindet sich ein Literaturverzeichnis. Sehr gut gefallen hat mir, dass die Autorin ganz brandaktuelle Themen aus den letzten Jahren aufgegriffen und verarbeitet hat, das Buch ist also absolut auf dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und gesamtgesellschaftlich uptodate.

In einem ersten Abschnitt greift die Autorin genau diesen Ist-Zustand der heutigen modernen Arbeitswelt auf. Sie beleuchtet die Entwicklungen der letzten Jahre, auch befeuert durch die Pandemie, den demographischen Wandel und die Gen Z. Ich selbst merke im Berufsleben, dass die Arbeitswelt gerade sehr in Bewegung ist und wir vielleicht am Beginn großer Veränderungen der Arbeitswelt stehen. In diesem Abschnitt werden diese Entwicklungen sowie die unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Akteure am Arbeitsmarkt beleuchet.

Dem ersten Teil schließt sich ein zweiter Abschnitt mit verschiedensten Fragestellungen zu den unterschiedlichsten Aspekten der neuen Arbeitswelt an. Diese sind kurzweilig und dennoch sehr informativ und einnehmend geschrieben, sodass man der Autorin gerne bei diesen Gedankengängen folgt und auch folgen kann. Durch die vielen Bezüge zu unser aller alltäglich Leben weiß sie, zu catchen und das Buch liest sich auch nicht wie ein zu trockenes Sachbuch.

Der Schreibstil von Sara Weber ist sehr angenehm und man merkt schnell, dass sie weiß, wovon sie schreibt und die nötige Expertise hat. Gerade die Denkanstöße von ihr bilden einen Ausblick von Änderungen der Arbeitswelt und deren Auswirkungen auch auf andere Lebensbereiche. Das Buch bildet sicherlich keinen persönlichen Lebensberater, als Leser kann man aber sicherlich viele gute Ansätze für sich selbst und die eigene Gestaltung des Arbeitsalltags mitnehmen.

Ein Buch, dass die aktuelle Lage in der Arbeitswelt und die Entwicklungen der letzten Jahre zusammenfasst und zugänglich erklärt, sowie Denkansätze für eine neu ausgerichtete, moderne Arbeitswelt bietet. Ein Buch, dass sich brandaktuell anfühlt und wirklich zur perfekten Zeit kommt - wie die große Kündigungswelle oder viele Tarifabschlüsse mit Entlastungsaspekten zeigen, ist die Arbeitswelt in Bewegung und Sara Weber hat diesbezüglich den Nagel auf den Kopf getroffen. Wer sich mit diesen Themen beschäftigt, muss dieses Buch lesen!

Bewertung vom 28.12.2022
Anatomy
Schwartz, Dana

Anatomy


sehr gut

Wieder einmal ein Buch mit einem gewissen Hype, dem auch ich nicht wiederstehen konnte - mich spricht dieser Mix aus historischem Setting und taffer Protagonistin total an.

Das Setting ist wirklich sehr gelungen, ist doch das historische Edinburgh düster und schaurig und dennoch authentisch umgesetzt. Es hat beim Lesen ein ähnliches Feeling wie die klassischen Schauerromane ausgelöst und passte für mich so auch perfekt zur dunklen Jahreszeit.

Wie in diesen Schauergeschichten geht es auch hier nämlich nicht mit rechten Dingen zu und es geschehen mysteriöse und grausame Dinge, die der Leser auch nicht direkt durchschaut. Die Mysteryelemente - vor allem am Ende - haben mich richtig überraschen können und machen Lust auf die Fortsetzung.

Die Handlung ist durchgängig spannend und gepaart mit historischen Bezügen zur Entwicklung der Medizin von abergläubischen Behandlungen hin zu wissenschaftlichen Methoden. Dies hat mir richtig gut gefallen.

Gespiegelt wird dieser Hintergrund durch die Protagonistin, die sich selbst auf dem Feld der Medizin beweisen will. Hierdurch wird auch aufgezeigt, welchen Hindernissen sich Frauen mit Ambitionen in der damaligen Gesellschaft ausgesetzt sahen. Kleiner Minuspunkt diesbezüglich, da es bei unserer Heldin in dieser Hinsicht vielleicht eine Spur zu glatt läuft.

Bewertung vom 11.12.2022
Book of Night
Black, Holly

Book of Night


sehr gut

Holly Black gehört für mich zu den Autorinnen, die immer wieder mit großartiger, frischer Fantasy aufwarten können. So verspricht auch ihr neuestes Buch "Book of Night" eine neuartige und zugleich düstere Urban Fantasy für Erwachsene.

Den Einstieg ins Buch fand ich etwas ambivalent, da zum einen sich die Ereignisse schnell überschlagen und man als Leser direkt in die Handlung geworfen wird, was ich sehr gelungen fand. Dennoch hätte ich mir im Bezug auf die neuartige Fantasyidee der Schatten ein paar Hintergrundinformationen mehr gewünscht, da es mir zu Beginn etwas schwerer fiel, mich darin zurechtzufinden. Dies legte sich aber mit fortschreitender Handlung und ich könnte mir vorstellen, dass sich die geplante Fortsetzung intensiver mit der Magie der Schatten beschäftigt.

Die Handlung konnte mich durchweg überzeugen, denn trotz einer kleinen Länge im Mittelteil konnte sie mich überzeugen und mitnehmen. Dadurch, dass einige Rückblenden eingebaut sind, die diverse Hintergründe der Protagonisten beleuchten, erhält die Story auch die richtige Tiefe.

Die Autorin hat eine düstere und geheimnisvolle Atmosphäre geschaffen, die perfekt zum Genre Urban Fantasy passt. Der Leser blickt hier in manchen fantastischen und menschlichen Abgrund. Passend hierzu wurden Charaktere konstruiert, die fernab von gängigen Fantasyklischees auch selbst viele eigene Abgründe und Schwächen aufweisen und dafür umso menschlicher wirken. Es passt also, dass dieses Buch eher für ältere Leser geschrieben worden ist.

Richtig überzeugt hat mich Holly Black mit den letzten 100 Seiten, in denen sie einfach Vollgas gibt. Die Storyline wurde hier so spannend, dass ich das Ende des Buches in einem Rutsch verschlungen habe. Die Ereignisse überschlagen sich und gipfeln in einem tollen Showdown mit einem kleinen Cliffhanger. Das Ende ist wirklich grandios geschrieben, denn zum einen ebnet es den Weg für eine Fortsetzung und gleichzeitig ist es so stimmig, dass der Leser mit dem Ausgang des Buches versöhnt ist.

Mir hat Holly Blacks neuestes Werk insgesamt sehr gut gefallen und sie konnte mich mit ihrer unverbrauchten Fantasyidee komplett abholen. Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 01.12.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Kai Meyer hat mit seinen Büchern meine Jugendzeit geprägt und dadurch auch stark beeinflusst, wie sich mein Lesegeschmack entwickelt. Nun konnte mich sein neuestes Buch ebenso begeistern wie die Bücher aus Kindertagen.

Nach ein paar Seiten schon erging es mir wie früher und ich war komplett gefangen von der Geschichte, die Kai Meyer in diesem Buch erzählt. Ich habe sogar bis in die späten Abendstunden gelesen, weil ich das Buch unbedingt beenden wollte – das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Der Autor baut eine unglaubliche Spannung auf, das Buch ist ein richtiger Pageturner.

Der Autor zeigt nicht nur beim Aufbau sein wahres Können. Obwohl das Buch aus mehreren Perspektiven auf drei unterschiedlichen Zeitebenen spielt, kann man als Leser der Handlung wunderbar folgen, die Perspektivwechsel sind überzeugend gesetzt und holen den Leser mit.

Auch die Charaktere konnten mich überzeugen, sind sie doch alle zugänglich gezeichnet und bieten einen authentischen Einblick in das Geschehen der jeweiligen Zeit. Die Protagonisten wachsen dem Leser schnell ans Herz und man möchte mit ihnen gemeinsam herausfinden, was es mit dem mysteriösen Buch auf sich hat.

Kai Meyer erzählt seine Geschichte mit viel Detailverliebtheit sowie Bild- und Sprachgewalt. Jeder Seite merkt man an, wie gründlich hier recherchiert worden ist und mit wie viel Liebe diese Geschichte entstanden ist. Hier wurde sich intensiv mit der deutschen Geschichte und den Begebenheiten in Leipzig auseinandergesetzt.

Der Autor verknüpft in seinem Buch Erzählstränge unterschiedlicher historischer Geschehnisse gekonnt zu einer runden Erzählung, in deren Mittelpunkt das graphische Viertel und seine Bewohner stehen. Kai Meyer setzt damit etwas in Szene, was alle Leserinnen und Leser verbindet, nämlich die Liebe zu Büchern in den unterschiedlichsten Formen sowie die Instrumentalisierung von Büchern und Wissen. Inhaltlich bewegt sich das Buch auf ebenso hohem Niveau wie vom Aufbau her, denn es ist einfach genial geplottet und konnte mich immer wieder mit seinen Entwicklungen richtig vom Hocker reißen.

Ein rundum gelungenes, großartiges Buch, dass für mich zu den besten Büchern dieses Jahres zählt. Kai Meyer zeigt einmal mehr, wieso er zu den ganz großen deutschen Autoren zählt.

Bewertung vom 11.11.2022
The Other Side of the Sky - Die Göttin und der Prinz
Kaufman, Amie;Spooner, Meagan

The Other Side of the Sky - Die Göttin und der Prinz


sehr gut

Da ich vom Autorenduo bereits die These broken Stars-Reihe sehr geliebt habe, musste ich natürlich auch den neuen Reihenauftakt der beiden Autorinnen lesen.

In the other Side of the Sky treffen eine Welt voller Magie und Mythen auf eine futuristische, technisch hochgerüstete Welt in den Wolken. Besonders schön wurde dieser Kontrast nicht nur durch das außergewöhnliche Worldbuilding hervorgehoben, sondern durch unsere beiden Protagonisten Nimh und North. Indem sie sich und ihre beiden gegensätzlichen Welten immer besser kennenlernen erkennen sie, dass sie zum einen nicht so viel trennt wie angenommen und dass sie nur gemeinsam stark sind.

Denn sie müssen sich einigen Gegnern und Bedrohungen entgegenstellen. Die Handlung wird schnell vorangetrieben, es wird dem Leser hier auf keinen Fall langweilig. Besonders gelungen fand ich das für mich unvorhergesehene Ende, dass viele Optionen für den Folgeband eröffnet.

Bewertung vom 10.11.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


ausgezeichnet

Durch die vielen positiven Stimmen und nicht zuletzt die Nominierung zum deutschen Buchpreis 2022 haben mich so neugierig auf dieses Buch gemacht, dass ich es nun auch lesen musste! Und ich muss sagen, dass die Lobeshymnen auf dieses Buch mehr als gerechtfertigt sind.

Ich habe ein bisschen gebraucht, um meine Meinung zu diesem Buch zu Papier zu bringen. Dieses Buch hat mich nachhaltig beschäftigt und mich emotional richtig mitgenommen. Das Buch spielt in den 1980er Jahren im Hunsrück, der ganz in der Nähe meines Wohnortes ist – hierdurch habe ich mich gerade im Hinblick auf das Setting und den teilweise verwendeten Dialekt sehr heimisch gefühlt.

Lügen über meine Mutter ist autofiktional, der Aufbau hat mir sehr gut gefallen. Durch die gegenwärtigen Einschübe, in dem die Erzählerin mit der Mutter die Vergangenheit kurz resümiert und reflektiert, wird die Handlung noch nachdrücklicher dargestellt und erhält eine noch persönlichere Note. Hierdurch kommt auch der Leser ins reflektieren über das Gelesene.

Und dieser Inhalt hat es wirklich in sich. Durch die kindliche Perspektive erhält man eine unschuldige Sicht auf ein Familiengefüge, wie es sich so in ähnlicher Form sicherlich überall in der Republik finden lässt. Und genau das macht das Buch so eindrücklich, da durch das Brennglas dieser Familienkonstellation gesellschaftliche Themen wie das Patriarchat und die Rolle der Frau dargestellt werden.

Ich konnte einige Aspekte im Buch wiederfinden, wie ich sie im eigenen Umfeld erlebt habe. Die aufopferungsvolle, dauernd sich abrackernde, schöne, dicke, distanzierte, ambivalente Mutter hat viele Emotionen in mir wach gerufen und bei vielen Szenen hätte ich die handelnden Personen am liebsten geschüttelt und ihnen Auswege aufgezeigt. Dass vor allem die Sicht des Vaters auf die Mutter die Sicht der erzählenden Ela eintrübt zeigt, wie sehr Frauenrollenbilder unsere Gesellschaft prägen.

Dieses Buch hat mir eine emotionale Achterbahnfahrt beschert und mich nachhaltig berührt. Lügen über meine Mutter ist ein Werk, das völlig zurecht für den Deutschen Buchpreis nominiert war und bei dem ich froh bin, es auch für mich persönlich entdeckt zu haben.

Bewertung vom 10.11.2022
Unschuld
Würger, Takis

Unschuld


ausgezeichnet

Ich bin seit „Noah“ großer Fan von Takis Würger, sodass ich seinem neuen Roman sehr entgegengefiebert habe. Bereits der Klappentext hat mich überzeugt und genau meinen Geschmack getroffen.

Takis Würger hat mit Unschuld wirklich einmal einen großen Wurf gelandet, denn er hat es geschafft, eine spannende Handlung mit den großen Themen und Problemfelder der amerikanischen Gesellschaft miteinander zu verschmelzen. Dabei gelingt ihm das durch das ganze Buch hinweg auf raffinierte, subtile Weise. Hier ist insbesondere hervorzuheben, wie gekonnt Takis Würger etwa die Opioidkrise oder die Waffengewalt in die Handlung einbaut. Der Autor schafft es so, den Kern der amerikanischen Seele zu erfassen, ohne zu stereotyp oder klischeehaft zu werden. Dass Takis Würger einige Zeit in den USA verbracht hat und auch für das Buch intensiv recherchiert hat, zahlt sich in der Glaubwürdigkeit seiner Erzählung aus.

Die Handlung konnte mich mitreißen, möchte man doch gemeinsam mit Molly herausfinden, was genau passiert ist. Ich hatte ziemlich schnell eine Idee, wohin sich das Buch entwickeln würde, das hat dem Leseerlebnis aber keinen Abbruch getan, im Gegenteil. Takis Würger konnte mich mit der Art der Umsetzung komplett abholen und überzeugen.

Neben dem Plot überzeugten mich vor allem die Charaktere. Molly ist eine vielschichtige Person mit menschlichen Schwächen und Gedankengängen, in die man sich als Leser sehr gut hineinversetzen konnte. In Kontrast steht die amerikanische Vorzeigefamilie, hinter deren Kulissen man nach und nach blicken kann.

Ein fein geplottetes Buch, dass durchweg überzeugen kann. Takis Würger beweist einmal mehr, dass er zurecht zu meinen Lieblingsautoren gehört.