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Der Medienblogger
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- Alles rund um Medien Für alle Serienjunkies, Leseratten, Kinoliebhaber, Eurovisionfans und Lautaufdreher genau das Richtige. Website: http://medienblogger.wixsite.com/jstreb.

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 02.04.2019
ESCAPE - Wenn die Angst dich einholt (eBook, ePUB)
Laurin, Nina

ESCAPE - Wenn die Angst dich einholt (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Psychothriller bezeichnet per definitionem ein Subgenre des Literaturgenres Thriller. Von seiner Übergattung unterscheidet er sich insofern, dass der sich zwischen den Hauptfiguren entfaltende Konflikt „eher geistig oder emotional als physisch“ ist. Im April vergangenen Jahres erschien im Knaur-Verlag der Debütroman der kanadischen Autorin Nina Laurin, der auf Deutsch den sperrigen Titel „Escape – Wenn die Angst dich einholt“ trägt. Welche Charakteristika das vorliegende Werk seiner auf dem Cover prangenden Gattung erfüllt und ob die Lektüre der aufzuwendenden Lesezeit würdig ist, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Bereits in den ersten Kapiteln, in denen sich die vielschichtige Handlung wie ein gigantischer Schmetterling seine gewaltigen Flügel entfaltet, stellt Laurin eindrücklich unter Beweis, dass sie schreiben kann. Dabei legt sie eine ununterbrochen, ja, fast penetrant permanent düstere Atmosphäre an den Tag und labt sich in der morbiden Neugierde ihres Lesepublikums.

Leider ist es bei Psychothrillern der Fall, dass oft als Mittel zum Zweck kühle Distanz zwischen Leser und Figuren herrscht. Diesen Eindruck habe ich in dieser Lektüre nicht. Die personale Ich-Erzählperspektive ermöglicht uns einen intensiven Blick in das Innenleben der Protagonistin, die mit den emotionalen Auswirkungen ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat und sich gleichzeitig der aktuellen Bedrohung ausgesetzt fühlt. Da benötigt es nicht einmal ein Übermaß an Empathie; man kann im Anbetracht der ernsten Lage nur bruchstückhaft nachempfinden, wie es der Hauptfigur ergehen muss. Einige zu impulsiv getroffene Entscheidungen, die jeglicher Logik entbehren, werfen mich jedoch teilweise aus dem spannenden Trip heraus.

Wenn ich behaupte, das vorliegende Buch ist ein wahres Suchtmittel, dann stimmt das hier auf zweierlei Ebenen – die Protagonistin verliert sich im Verlauf der Handlung immer mehr in ihrem Trip, den sie als Fluchtweg aus der schrecklichen Realität aufsucht, aber auch das Lesen der Lektüre gleicht einer Droge, der man nicht entziehen kann. Zahlreiche, unvorhergesehene Plot-Twists, die geschickt in die Geschichtenstränge eingewoben sind, garantieren ein abwechslungsreiches Lesevergnügen, bei dem man als Genre-Fan auf seine vollen Kosten kommt.

Die wenigen Nebenfiguren, die in dem Handlungsgebilde integriert werden, erfahren nötige emotionale Tiefe und Glaubwürdigkeit, als dass sie beim Fortschreiten der Geschichte ihren rechtmäßigen Teil leisten und nicht hinderlich sind. Jedoch bleiben einige Motivationen und Beweggründe zu sehr im Hintergrund. Einen größeren Fokus auf die Figuren „außerhalb des Scheinwerferkegels“ und mehr Erzählzeit zum Ausarbeiten dieser, so wie es bei der Protagonistin einwandfrei funktioniert, wäre definitiv wünschenswert gewesen.

Schön finde ich, beobachten zu können, wie sich das Werk von Kapitel zu Kapitel in seiner Dramatik, Bedrohlichkeit, Dynamik steigert. Man versinkt wie die Protagonistin in den unendlichen Weiten des Wahnsinns und wird sog-artig in die Tiefe der kippenden Handlung gezogen. Eine leicht überraschende und zufriedenstellende Auflösung beendet ein atmosphärisches Lesevergnügen der Bestklasse.

„Escape – Wenn die Angst dich einholt“ kann alles einhalten, was der Klappentext verspricht. Es ist ein abwechslungsreicher und mitreißender Psychothriller, der durch seine durchweg düstere Atmosphäre brilliert.

Durch einige Schwächen, die das ansonsten makellose Erscheinungsbild des Werks trüben, vergebe ich hier sehr gute vier von fünf möglichen Sternen, mit deutlicher Tendenz nach oben.

Bewertung vom 21.03.2019
Ghostseer / Black Forest High Bd.1
MacKay, Nina

Ghostseer / Black Forest High Bd.1


gut

Das vor einem Jahr erschienene Buch „Teenie Voodoo Queen“ bezeichnete ich damals als „skurril und eines der sonderbarsten Bücher, das ich bisher gelesen hatte“. Nun veröffentlicht das ehemalige Model, die Marketing Managerin und gleichzeitig erfolgreiche Autorin Nina MacKay ihren neuen Roman, der den sperrigen Titel „Black Forest High – Ghostseer“ trägt. Ob diese Lektüre der hohen Erwartungshaltung, mit der ich ihr gegenüber getreten bin, erfüllen kann, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Der sonst so vor Sarkasmus triefende Schreibstil der Schriftstellerin äußert sich hier um einiges sachlicher und nüchterner, als ich es zunächst erwartet hätte. Das ironische Augenzwinkern, das ich aus Geschichten aus ihrer Feder gewohnt bin, bleibt hier oftmals aus. Die eigene, charakteristische Handschrift der Autorin konnte ich nur bedingt in vorliegendem Werk vorfinden: Bei der Ausarbeitung der einzelnen Charaktere tobt sich MacKay jedoch einmal mehr kräftig aus. Die Hauptfigur Seven schält sich von üblichen Klischeerollen gekonnt ab. Zwar erinnert sie mich stark an die Protagonistin von „Teenie Voodoo Queen“, Dawn Decent; die Mentalität, zu sich und seiner eigenen Person zu stehen, unabhängig von äußeren Umständen, gefällt mir aber nach wie vor gut.

Über die anderen Figuren, die essenziell für das gesamte Ensemble und das Fortschreiten der Handlung sind, lässt sich keine allgemein gültige Aussage treffen: Das Einhauchen von Leben durch das Papier gelingt hier unterschiedlich gut. Der Freundeskreis, der recht schnell zu Beginn des Buchs zu unserer Heldin stößt und sie durchweg begleitet, kann durchaus überzeugen und durch nicht viel, aber genügend emotionale Tiefe, mit der er etabliert wird, zu einzelnen, liebenswerten Figuren aufsteigen. Leider gibt es auch die fest gelegten Standardrollen, wie die arrogante Zicke, und die Autorin verstrickt sich bereits auf den ersten Seiten in eine überflüssige, austauschbare und hundertprozentig vorhersehbare Romanze, die die Gesamthandlung sogar aufhält, statt sie durch einen interessanten Aspekt zu bereichern. Dabei stützt sie sich auf zahlreiche Rollenklischees, die die Originalität des eigenen Werks infrage stellen. Die zueinander gerichteten Gefühle, die zustande kommen, werden dabei keineswegs nachvollziehbar, sondern gar kindisch naiv und jeglichen feministischen Strömungen entgegengerichtet dargestellt – das hätte nicht sein müssen!

Zudem lässt sich die Autorin, für meinen Geschmack, viel zu wenig Zeit, die Welt, in der sie ihre Handlung erzählen möchte, erst einmal zu etablieren. Man fühlt sich als Leser völlig alleingelassen in dieser fremden Umgebung. Das könnte zwar den verwirrten Gemütszustand der Protagonistin, die wir durch das Buch begleiten, verdeutlichen und nachvollziehbarer gestalten, sorgt jedoch ausschließlich dafür, dass letztendliche Bedrohungen und die dahinter steckenden Motive nur teilweise verständlich erscheinen. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich geplante Fortsetzungen entwickeln und ob dem Lesepublikum mit der Zeit ein Gefühl von Geborgenheit in dem Ambiente gewährt werden kann.

Bis auf die markanten Schwachstellen, die diese Lektüre durchaus aufweisen muss, wird dem Leser in vorliegendem Werk kurzweilige und spannende Unterhaltung geboten. Die Schule Black Forest High ist ein interessanter Ort, den ich gerne selbstständig erkunden würde. Das Szenario bekommt durch einige nette, individuelle Ideen seinen eigenen Reiz, den es von anderen Genrevertretern unterscheidet. Das angemessene und zügige Erzähltempo gewährt einen flüssigen Einstieg in das Geschehen, sorgt dafür, dass sich das Leseabenteuer recht schnell beenden lässt und keinen großen Zeitaufwand erfordert.

Trotz der Tatsache, dass ich im direkten Vergleich zu „Teenie Voodoo Queen“ und durch meine hohe Erwartungshaltung an das Buch etwas enttäuscht zurückgeblieben ist, kann ich jedem Leser, der sich von dem Klappentext angesprochen fühlt, „Black Forest High“ weiterempfehlen.

Bewertung vom 12.03.2019
Ghost Writer
Gruber, Andreas

Ghost Writer


sehr gut

Ein Buch, bestehend aus neunzehn Kurzgeschichten – „Ghost Writer“ ist eine breit gefächerte Ansammlung an als „unheimlich“ betitelten Gruselgeschichten des österreichischen Schriftstellers Andreas Gruber. Er bedient sich in dem Band vielfältigster Register der Genre Horror, Fantasy und Thriller, in denen er vorrangig schreibt, und liefert eine bunte Bandbreite an mysteriösen, unzusammenhängenden Handlungen in unterschiedlichen Zeitebenen. Welche Versprechen, die der Klappentext gibt, das Buch letztendlich einhalten kann, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Da sich kein roter Faden durch die Aneinanderreihung der einzelnen Erzählungen zieht, d.h. jede unabhängig voneinander gelesen werden kann und auch alleinstehend funktioniert, ist es hier recht schwer, klare bewertende Worte zu finden, die sich auf das gesamte Produkt beziehen. Doch eins ist auch nach Beenden dieser Lektüre erneut bewiesen: Andreas Gruber kann zweifelsohne schreiben. Er schafft es mittels weniger Worte, eine mitreißende Stimmung aufzubauen, die das Lesepublikum schnell mitzureißen weiß.

Die dichte Atmosphäre entführt dich in vielfältige Szenarien, die der Autor geschickt innerhalb weniger Seiten zu etablieren weiß. Er entwirft eine Vielzahl an spannenden Figuren, die man gerne für den Lauf einer Kurzgeschichte begleitet. Klar, dass er dabei nicht die charakterliche Tiefe erreichen kann wie in einem kompletten Roman, die Motive der auftretenden Personen erscheinen aber größtenteils nachvollziehbar und verständlich.

Durch die unterhaltsamen Vorwörter vor jeder neuen Episode wird die Leserschaft gelungen auf die neue Handlung eingestimmt und erhält zudem interessante Hintergrundinformationen über die Entstehungsgeschichte der jeweiligen Geschichte; welche Materialien ihm als Inspiration gedient haben, welche eventuell sogar wahren Fakten in dem erdachten Korsett stecken, wie er auf die Grundidee dahinter gekommen ist. Das vereinfacht das Lesen stark, da man so weiß, auf was man sich einlässt, wenn dies der Titel nicht preisgibt.

Jedoch weiß nicht jede Kurzgeschichte so zu überzeugen wie die vorherige. Einige strotzen nur vor Kreativität, andere wirken geradezu unmotiviert verfasst und kopiert von ähnlichen Werken: sei es aus der fehlenden Individualität, an nicht genutztem Potential, an fehlender Spannung. Umfassend gesagt, ist das Verhalten der Spannungsniveaukurve unausgeglichen und gekennzeichnet durch sein unregelmäßiges Steigungsverhalten. Es ist wirklich schwierig, über ein ganzes Buch zu berichten, das eigentlich aus eigenständigen Geschichten besteht.

Letztendlich lässt sich sagen, dass ich „Ghost Writer“ für diejenigen, die sich von der äußerlichen Gestaltung und dem, was der Klappentext verspricht, angesprochen fühlen, definitiv weiterempfehlen kann. Die Lektüre bietet abwechslungsreiche und kurzweilige Unterhaltung, die sich durch die praktische Formulierung in Kurzgeschichtenformat auch für Zwischendurch eignet. Mein Interesse gegenüber den anderen Geschichtenbänden des Autors ist auf jeden Fall geweckt!

„Ghost Writer“ verspricht authentische und kurzweilige Unterhaltung im Kurzgeschichtenformat.

Ich vergebe gerne (noch) sehr gute vier von fünf mögliche Sterne, mit Tendenz nach unten.

Bewertung vom 11.03.2019
Der Sonne nach
Clima, Gabriele

Der Sonne nach


gut

Der „Roadmovie“ definiert ein Filmgenre, in dem oftmals eine Reise als Metapher für die Suche nach Freiheit und der eigenen Identität des Protagonisten dargestellt wird. Spätestens mit Herrndorfs „Tschick“ hat sich auch in Deutschland der Roadmovie-Roman durchgesetzt und erfreut sich großer Beliebtheit. Mich persönlich, der sich in einer Selbstfindungsphase kurz vor dem Einschreiten ins Berufsleben befindet, spricht dieses Buchgenre stark an, da oftmals die Stärke dieser Romane darin liegt, dem Leser ein locker-lebendiges Lebensgefühl, gleichzeitig aber auch Stoff zum Nachdenken mitzugeben, mit dem ich mich identifizieren kann. Vor nur wenigen Tagen ist im Hanser Literaturverlag ein ganz spezieller Genrevertreter erschienen: „Der Sonne nach“ behauptet von sich selbst, das „Ziemlich beste Freunde“ für Jugendliche zu sein und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Inklusionsdebatte zu bieten – welche Versprechen das Buch halten kann, das erfährst du in der folgenden Rezension.
Das Cover von „Der Sonne nach“ kann mich von der ersten Sekunde, in der ich dieses Buch in Händen halte, an begeistern. Eine zwar dezente, dennoch auffällige Farbwahl unterstreicht eine herzerwärmende Fotographie der beiden Protagonisten, die Huckepack tragend durch das Meer waten. Eine perfekte Wahl, die den Inhalt des Buchs gelungen darstellt, und zudem auch als alleiniges Motiv gut funktioniert. Das Äußere eines Buchs sollte zwar nie in die Bewertung mit einfließen, aber das bloße Lob daran erschien mir hier einer Erwähnung wert.
Kommen wir zum Inhalt: Für nur hundertfünfzig Seiten Buchlänge erscheint ein angesetzter Preis von vollen vierzehn Euro recht happig. Da muss die Geschichte schon einiges hergeben, um das zu investierende Geld zu rechtfertigen. Autor Gabriele Clima hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der der Leserschaft es ermöglicht, rasch in den Lesegenuss zu starten und ihn innerhalb weniger Stunden zu beenden. Er thematisiert in seinem Werk so viele wichtige zielgruppenrelevante Streitfragen, dass das Lesen der Lektüre für eine Schulklasse der Stufen 8 bis 10 sicherlich denkbar ist und eine erzieherische Funktion erfüllen kann.
Dennoch bin ich, und das muss ich an dieser Stelle ehrlich zugeben, nach dem Beenden des Romans ein wenig enttäuscht zurückgeblieben. Das liegt weder daran, dass der Autor nicht schreiben könnte noch daran, dass ich die wichtigen Werte, die er seinem Lesepublikum mit auf den Weg gibt, nicht zu schätzen wüsste. Es ist tatsächlich die kurze Lauflänge des Buchs, die einige Probleme mit sich zieht:
Es gelingt hier nur bedingt, die beiden Hauptfiguren, um deren Beziehung zueinander das Buch handelt, zu etablieren. Ihre charakterlichen Unterschiede werden deutlich dargestellt und genau die machen ihre gemeinsame Reise ja so interessant. Dennoch erfahren weder Andy noch Dario die emotionale Tiefe, die sie hätten bekommen können. Man nimmt sich zum Beispiel viel zu selten die Zeit, die enorme innere Entwicklung, die Dario, aus deren Ich-Perspektive der Roman nun einmal größtenteils verfasst ist, durchschreitet, näher darzustellen und gedankliche Vorgänge zu vertiefen. Dadurch wirkt der Fortschritt der Handlung viel zu oft konstruiert und hinter einer künstlichen Fassade verborgen. Der Roadmovie-Roman lebt davon, dass man als Leser die Möglichkeit bekommt, facettenreiche Identifikationsfiguren auf einer persönlichen und intimen Reise zu begleiten – und da gehört meiner Meinung nach die innere Handlung zweifelsohne dazu!
Auch fehlt mir an vielen Stellen das gewisse Etwas, das die Lektüre von anderen Genrevertretern unterscheidet. Natürlich berührt die Tatsache, dass die Grundhandlung an einen ähnlichen, realen Vorfall angelehnt ist, auch einen ewigen Kritiker wie mich (weshalb ich an dieser Stelle sehr zum Lesen des Nachworts raten möchte). Dennoch folgt die Handlung vielen Stereotypen und schon oft gehörten Wegen, mit denen sie sich größtenteils selbst von eigener Individualität abhält.

[...]

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.03.2019
Stranger Things: Suspicious Minds - DIE OFFIZIELLE DEUTSCHE AUSGABE - ein NETFLIX-Original
Bond, Gwenda

Stranger Things: Suspicious Minds - DIE OFFIZIELLE DEUTSCHE AUSGABE - ein NETFLIX-Original


sehr gut

„Stranger Things“ ist zweifelsohne eine der momentan populärsten Serien und erfreut sich weltweit großer Beliebtheit. Eine dritte Staffel des Erfolgsrezepts steht ab dem vierten Juli diesen Jahres in den Startlöchern, die vierte und letzte ist schon bestätigt. Es blieb also nur eine Frage der Zeit, wann hier auf den Zug aufgesprungen wird und man aus dieser sprudelnden Quelle Einnahmen abzuzapfen versucht. Mit „Suspicious Minds“ liefert uns die US-amerikanische Autorin Gwenda Bond eine direkte Vorgeschichte zur Handlung von „Stranger Things“. Welche Stärken und eventuelle Schwächen die Lektüre aufzuweisen hat und was vorliegendes Werk als Ergänzungsmaterial zu einer, meiner Meinung nach, sehr stimmungsvollen und mitreißenden Serie taugt, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Mich überrascht es, dass sich das Buch für eine lange Zeitspanne sehr eigenverantwortlich zu entwickeln weiß. Man erzählt hier ganz bewusst eine eigenständige Handlung, die sicherlich auch Leser, die über keinerlei Vorwissen verfügen, genießen können. Deutliche Parallelen zur Serie werden erst im letzten Drittel des Buchs gezogen und es ist wahrlich ein schönes Gefühl, beobachten zu können, wie sich Handlungsstränge von Buch und Serie gelungen miteinander verbinden. Dass „Suspicious Minds“ aber auch zur alleinigen Funktionalität konzipiert wurde, rechne ich ihm hoch an.

Gwenda Bond schreibt angenehm flüssig und zieht ihre Leser recht schnell in ihren Bann. Dabei schafft sie es auf ganz unverkrampfte Art und Weise, dicht atmosphärische Stimmung zu erzeugen, die der Stimmung, die man aus der Serie kennt, stark ähnelt, das Original jedoch keineswegs nachzuahmen versucht.

Das facettenreiche Figurenensemble etabliert die Autorin schnell. Sie flößt ihren Charakteren die nötige emotionale Tiefe ein, dass ich sie als Leser nicht nur nachvollziehen und verstehen, sondern mich teilweise sogar mit ihnen identifizieren konnte. Der Antagonist wird mir persönlich zwar etwas zu einseitig dargestellt, bekommt jedoch durch einige Kapitel auch die Möglichkeit, seinen eigenen Standpunkt näher zu verdeutlichen. Zudem findet in dem Roman eine Liebesgeschichte ihren Platz, die durch ihre historische Bedingtheit hochgradige Dramatik verliehen bekommt, die mich überzeugen konnte. So effizient und stark erzählt kann eine Liebesgeschichte innerhalb einer Grundhandlung also sein!

Das Erzähltempo ist jedoch, und das finde ich etwas schade, unausgeglichen und sich stockend fortentwickelnd. Die Handlung dümpelt recht lange auf einem Spannungsniveau vor sich hin. Zwar wird es für das Lesepublikum nie langweilig, es fühlt sich jedoch so an, als würde es immer noch nicht so richtig losgehen. Im letzten Drittel kristallisiert sich ein mitreißendes Katz-und-Maus-Spiel heraus, das in einem gelungenen Cliffhanger endet, der zur Serie fortleitet, aber auch Platz für mögliche Fortsetzungen bereithält – sehr geschickt gelöst!

Für Fans der Serie „Stranger Things“ sei dieses Buch also auf jeden Fall weiterempfohlen! Man erfährt viele Hintergründe, die die Serienbasis noch nicht näher konkretisiert hat, und kann eine Geschichte genießen, die sich nach und nach elegant mit dem Original vereinigt.

„Stranger Things: Suspicious Minds“ ist eine gelungene Vorgeschichte, die ihrem Original oft gerecht wird, aber auch als eigenständige Handlung funktioniert.

Ich vergebe gerne vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 03.03.2019
Cainstorm Island - Der Gejagte
Golien, Marie

Cainstorm Island - Der Gejagte


sehr gut

Vielleicht hast du es mitbekommen: Meine zuletzt rezensierten Bücher, „Arena“ und „Ein wirklich erstaunliches Ding“, thematisieren beide die Entwicklung moderner Technik und gehen beide stark auf den Umgang mit sozialen Medien und den Druck, der daraus entsteht, ein. Vor einigen Tagen ist im dtv-junior-Verlag der Auftakt zu einer Jugendthriller-Reihe namens „Cainstorm Island“ erschienen. Auch hier geht es um eine Internetplattform, die durch Videos gespeist wird, die direkt durch die Augen der Filmenden aufgenommen werden. Klingt erst einmal abstrus? Ist es auch. Wie mir diese Lektüre gefallen hat und wem ich sie weiterempfehlen kann, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Die Wiesbadener Autorin Marie Golien legt mit „Der Gejagte“ einen temporeichen und überaus spannenden Debütroman hin, der mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte – sie macht in diesem Buch einfach verdammt viel richtig!

Mit einem direkt ab dem ersten Kapitel mitreißenden und temporeichen Schreibstil kann die deutsche Autoren-Newcomerin ihr jugendliches Lesepublikum mitreißen. Ich fühle mich schnell in die Geschichte integriert und werde schnell mit dem Figurenensemble und dem gesamten Szenario warm. Das ausnahmslos sehr hoch gehaltene Spannungsniveau nimmt zu keiner Zeit Abbruch. Golien schafft es geschickt, ihre Leser ständig durch neue Wendungen und kluge Geschwindigkeitsveränderungen am Ball zu behalten.

In nur knapp mehr als dreihundert Seiten entfaltet sich eine Handlung von großflächiger Tragweite, die durch ihre schillernde Vielfältigkeit hervorsticht. Zwar folgt das Buch einem bestimmten Muster, das der Titel „Der Gejagte“ schon verrät: Es geht eben um eine Jagd. Daraus speist der Roman seine akute Spannung. Dennoch fasziniert der Handlungsverlauf durch seine Unvorhersehbarkeit und Komplexität. Die Autorin strickt geschickt verschiedenste Elemente in ihr Werk mit ein, dass man schließlich von der schieren Überzahl an Antagonisten zu ersticken droht.

Das Figurenensemble kann im Großen und Ganzen ebenfalls überzeugen. Vor allem die Hauptfigur, der Protagonist Emilio, ist es, die durch ihre realistischen und authentischen Charakterzüge emotionale Tiefe bekommt und somit eine empathische Ebene zum Leser aufbauen kann. Die Figurenentwicklung erscheint glaubwürdig, seine Motive und Beweggründe nachvollziehbar. Einzig und allein die Liebesgeschichte ist es, die ein wenig fehl am Platz wirkt. Dafür fehlt es den eher im Hintergrund bleibenden Figuren zu viel an Plastizität, als dass sie sich der drohenden Eindimensionalität entziehen können. Auch skizziert die Autorin v.a. die Antagonisten etwas holzschnittartig und aufgeblasen, dass es fast klischeehaft anbiedernd wirkt. Sie versucht mit allen Mitteln, die aufkommenden sozialen Unterschiede kontrastreich drastisch darzustellen. Dabei schießt sie, meiner Meinung nach, ein wenig über ihr Ziel hinaus. Nicht zu sehr, um dem stetigen Lesefluss Abbruch zu tun, aber der Kritikpunkt schien mir dennoch einer Erwähnung wert zu sein.

Das Szenario, in dem sich die Autorin austobt, ist geschickt ausgewählt und entspricht soweit dem Nerv der Zeit. Zwar wirkt die technische Entwicklung, die hier stark thematisiert wird, ein wenig zu utopisch. Dennoch: Das geschickte Spiel mit den Gefahren der modernen Erfindungen und den tatsächlich realen Gefahren zieht den Leser in seinen Bann. Man merkt hier einfach, welche Freude Golien am Schreiben besitzt.

Insgesamt liegt hier ein geschickter und mitreißender Jugendthriller vor, der seiner Leserschaft auch viele akute Probleme der heutigen Gesellschaft anspricht und ein erschreckendes Zukunftsbild präsentiert, das so unwahrscheinlich aber gar nicht erscheint. Durch einen gemeinen Cliffhanger auf den letzten Seiten des Buchs ist mein Interesse gegenüber geplanten Fortsetzungen definitiv geweckt.

„Cainstorm Island – Der Gejagte“ ist ein äußerst gelungener Debütroman und gleichzeitig Auftakt zu einer vielversprechenden Reihe.

Bewertung vom 02.03.2019
Ein wirklich erstaunliches Ding
Green, Hank

Ein wirklich erstaunliches Ding


sehr gut

Der US-amerikanische Videoblogger William Henry alias „Hank“ Green, der zusammen mit seinem Bruder John Green den Kanal „Vlogbrothers“ betreibt, veröffentlichte 2018 sein Debütroman. Ende Februar ist dieser in Deutschland unter dem griffigen Titel „Ein wirklich erstaunliches Ding“ im neuen dtv-Label „bold“ erschienen. Als große Book Drop-Aktion wurden, parallel zum Handlungsbeginn des Romans, am Erscheinungsdatum in ganz Deutschland Exemplare des Buchs in der Öffentlichkeit verteilt. Der Finder darf das Buch mitnehmen, es auslesen und soll es dann in wieder an einem öffentlichen Ort auslegen, um durch dieses Projekt den Inhalt des Buchs an möglichst viele Leute weiterzutragen. Ich durfte als Blogger an dieser Aktion teilnehmen und habe hierfür fünf Exemplare des Buchs in Aschaffenburg verteilt. Wenn ihr in einer deutschen Stadt unterwegs seid: Haltet die Augen offen – vielleicht findet ihr ja auch ein verstecktes Exemplar!
Was hat es denn mit dieser Book Drop-Aktion überhaupt auf sich? Nun ja, in der Geschichte geht es darum, dass über Nacht auf der ganzen Welt mysteriöse Roboterskulpturen, die später nur noch mit dem Namen ‚Carl‘ angesprochen werden, auftauchen und niemand so recht weiß, was es mit ihnen auf sich hat. In die Handlung sind viele aktuelle Aspekte eingewebt, wie beispielsweise der große Überbegriff „Soziale Netzwerke“. Dass die Bücher deutschlandweit von Buchbloggern verteilt wurden, verdeutlicht diesen Inhalt ja. Es ist also eine geschickt ausgedachte Aktion, die dem Buch (und dem neugestarteten Verlagslabel) zu größtmöglicher Aufmerksamkeit helfen soll. Ich finde die Idee dahinter spannend und unterstütze daher dieses Projekt!
Wenn um ein neu erschienenes Buch aber solch ein Trubel in den sozialen Netzwerken und drum herum gemacht wird, dann geht man als Leser sicherlich mit einer etwas erhöhten Erwartungshaltung an den Roman heran. Schließlich möchte man ja wissen, was hinter dem großen Prozess steckt.
„Ein wirklich erstaunliches Ding“ ist eine Fundgrube an interessanten Ansätzen, modernen Ideen und rasant-realistischen Entwicklungen. Es ist eine wahre Freude, dieses Buch zu lesen. Der Schreibstil von Hank Green klingt angenehm unverkrampft. Wenn man über derartig zeitgemäßen Stoff schreibt, gerät man recht schnell in Gefahr, jugendliche Ausdrucksweisen nachzuahmen anstatt sie anzuwenden. Das ist hier, Carl sei Dank, nicht der Fall.
Die Wahl seiner Protagonistin erweist sich als ein wahrer Glücksgriff. April May (ja, ich denke, dieses Wortspiel ist in dieser Hinsicht durchaus beabsichtigt) gerät völlig ungewollt in den Strudel der Ereignisse. Mit ihrer cleveren, humorvollen, aber durch ihre pure Sturheit auch sehr eigenen Seite zeigt der Autor, dass er vielschichtige Charaktere erschaffen und geschickt in seine Handlung integrieren kann. Die innere Entwicklung, die sie dabei durchschreitet, erscheint (größtenteils) glaubwürdig und authentisch. Zwar bleiben einzelne Figuren doch zu wenig im Hintergrund, für deren Etablierung ich mir einen stärkeren Fokus gewünscht hätte, so bin ich insgesamt durch das Figurenensemble jedoch zufriedengestellt.
Eine weitere Stärke entpuppt sich während der Entfaltung der gesamten Handlungstragweite. Autor Hank Green geht bei einer Invasionsgeschichte mit fremdartigen Wesen, die ohne Vorwarnung auf der Erde erscheinen, nicht den üblichen Weg, nein, tatsächlich machen die Carls nur wenige Prozent der gesamten Geschichte aus. Er weiß, eine spannende und temporeiche Geschichte zu erzählen, bei der die Rolle des Pro- bzw. Antagonisten nicht klar definiert ist. Auf das Erscheinen merkwürdiger Roboterskulpturen reagiert die Menschheit auf die wahrscheinlich realistischste Art und Weise: Sie spaltet sich in zwei Gruppen. Es geht nicht um die Motivationen der Carls; es ist vielmehr ein Roman, der sich mit den menschlichen Reaktionen auf fremde Lebensarten auseinandersetzt und zu ganz faszinierenden Erkenntnissen gelangt.

Die komplette Rezension finden Sie auf meinem Blog

Bewertung vom 27.02.2019
Arena
Jennings, Holly

Arena


sehr gut

In ihrem Debütroman „Arena“ referiert die kanadische Autorin Holly Jennings über die von Virtual-Reality-Games geprägte Welt im Jahr 2054. Im Kern des Romans steht das RAGE-Turnier, ein VR-Kampfwettbewerb, das sich weltweit riesiger Beliebtheit erfreut und live vor den Fernsehbildschirmen von Abermillionen von Zuschauern fiebrig verfolgt wird. Die Hauptfigur des Werks Kali Ling ist ein Mitglied und später sogar Anführerin des als Favorit gehandelten Kämpferteams Defiance. Mit der Figur Kali bekommt das Buch eine repräsentative Basisfigur, auf die sich die gesamte Handlung stützt. Die Autorin schafft es überzeugend, ihr genug Tiefgang zu geben, dass der Leser Zugang zu ihr findet und eine emotionale Ebene aufbauen kann. Zwar erscheint ihre vor Sarkasmus triefende Hülle an einigen Stellen doch zu übertrieben, ihre Gedankengänge und v.a. die Entwicklung, die sie zunehmend zu durchschreiten gezwungen ist, können nicht hundertprozentig überzeugen. Dennoch genügt sie als Charakter mir an dieser Stelle vollkommen in ihrer Rolle der Identifikationsfigur, die nachvollziehbare Motive verfolgt und die Leserschaft Hand in Hand durch den Roman führt.

Mit den ineinander verschwimmenden Welten, Wirklichkeit und virtuelle Realität, greift Jennings auf eine spannende Thematik zurück, deren Vertiefung in Büchern durchaus ihren Reiz haben kann. Durch eine mitreißende Rahmenhandlung ist hier der fruchtbare Boden geschaffen, auf dem verschiedenste Stränge wachsen können, die sich im Laufe des Romans in ganz unterschiedliche Richtungen bewegen. „Arena“ ist dabei ein reines Unterhaltungsbuch. Es verfolgt zu jeder Zeit „nur“ den Zweck, seiner Leserschaft atmosphärische Dichte auf dem digitalen Silbertablett zu servieren, ohne dabei philosophisch oder moralisch näher in die Tiefe zu gehen, wie die Möglichkeiten offenstanden. Das ist aber vollkommen in Ordnung so – denn spannend ist das Buch allemal!

Auf die innere Entwicklung, auf deren Überwindung die Protagonistin angewiesen ist, wird jedoch aus meiner Sicht zu wenig Wert gelegt. Hier hätte man sich stärker auf die innere Handlung der Figur fokussieren können, um ihren Fortschritt deutlicher darzustellen. So wirkt eine Suchtüberwindung eher als Mittel zum Zweck zum Vorantreiben der Geschichte und wird überraschend schnell „ab-gefrühstückt“. Zwar lässt sich aus der Selbstdisziplin und den schnellen Erfolgen eine inspirierende Botschaft für die Leserschaft zwischen den Zeilen herauslesen, erscheint mir doch dieser innere Prozess ein wenig unglaubwürdig.

Holly Jennings hat einen angenehmen Schreibstil, der einen flüssigen und mitreißenden Einstieg in die Lektüre schnell möglich macht. Die Buchlänge von fast vierhundert Seiten liegt durch ein auf dem Trab haltendes Erzähltempo recht zügig hinter dem Leser. Letztendlich gibt die Autorin nach einem hochgradig spannenden Buch ihrem Lesepublikum einige grob geschnitzte Botschaften mit auf den Weg. Das Verhalten in und gegenüber einem Team, das verläuft wie ein roter Faden durch die gesamte Erzählung. Team-play, gegenseitige Unterstützung, Suchtbekämpfung, Selbstdisziplin, faires Verhalten als Verlierer – das alles sind nur wenige der Inspirationsquellen, die die Autorin wie bei einer Ostereiersuche in ihrem Roman versteckt aufhält.

Auch finde ich den Handlungsstrang, der sich mit der eigenen Präsentation in sozialen Netzwerken und wie dieses durch die Werbebranche verzerrt wird wie ein Spiegelbild in einem zertrümmerten Spiegels, befasst, ziemlich eindrucksvoll. Zwar gewinnt er niemals die Oberhand, im Gegenteil, er wird recht selten richtig vertieft, aber hat er doch meine Fantasie und Interpretationskünste angeregt, wie ich mich verhalten würde, wenn man mich nach außen hin nicht so darstellt, wie ich tatsächlich bin. Und wie würde ich aussehen, wenn mich jemand anderes präsentieren würde?
[...]

Die gesamte Rezension finden Sie auf meiner Website, http://medienblogger.wixsite.com/jstreb.

Bewertung vom 18.02.2019
Feuer und Feder
MacMillan, Kathy

Feuer und Feder


sehr gut

In Artikel 5 unseres Grundgesetzes ist die Meinungsfreiheit ein grundlegender Anspruch für jeden deutschen Einwohner. Im genauen Wortlaut steht dort geschrieben, dass jeder das Recht besitzt, „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern“. Was ist aber, wenn du in einer Welt lebst, in der Schrift Privilegierten vorbehalten ist? In der du für jedes Zeichen, das du niederschreibst, mit harten Strafen bis hin zur Hinrichtung bestraft wirst? Mit genau diesem spannenden Hintergrund entwirft Autorin Kathy MacMillan in ihrem Jugendbuch „Feuer und Feder“, das ich im Folgenden besprechen möchte, ein interessantes Grundszenario.
Die Grundidee hinter „Feuer und Feder“, die unterdrücke Meinungs- bzw. Schriftenfreiheit, der auch Protagonistin Raisa untergeordnet ist, kann mich von der ersten Seite an in ihren Bann schlagen. Sie entfacht in der Leserschaft das Gedankenexperiment, was eine solche gewaltsame Bevormundung in der heutigen Gesellschaft für Auswirkungen haben würde, wo doch heute das Recht auf die eigene Meinung und das Ausleben des eigenen Seins so im Fokus stehen. Schade daher, dass die defensive Kritik, die an dem politischen System geäußert hätte werden können, nur in sehr subtilem Maße ausgesprochen wird. Mehr Mut zu sozialkritischen Tönen hätte dem Buch sicherlich nicht geschadet und seinem jugendlichen Lesepublikum wichtige Werte und Denkanstöße auf den Weg gegeben.
„Feuer und Flamme“ kann auf charakterlicher Seite beinahe vollständig überzeugen. Autorin MacMillan bietet uns ein vielschichtiges Figurenensemble, das man schon nach den ersten Kapiteln ins Herz schließen kann. Die Liebesgeschichte als Nebenhandlung, die den Grundpfeiler der Geschichte darstellt, ist mir nicht negativ aufgestoßen, sondern kann sogar durch die beiden charmanten Hauptfiguren trumpfen. Die Hintergrundgeschichte unserer Protagonistin Raisa bleibt bis dato leider ein wenig blass und hinter seinen Möglichkeiten zurück. Der gefährliche Machtkampf, der zunehmend in den Mittelpunkt rückt, kann durch den fein gestrickten Aufbau begeistern, leidet jedoch ein wenig unter den stumpf formulierten Motiven, die die neuen Nebenfiguren, die plötzlich auftauchen, verfolgen. Eine stärkere Betonung ihrer innerlichen Handlungen und mehr Zeit zum Einführen der Personen hätte dem Ganzen ein wenig mehr Klarheit verschafft.

Mit ihrem begeisternden Schreibstil kann Kathy MacMillan ihre Leser in einer sehr kurzen Zeitspanne für sich gewinnen. Durch ihr rasches, mitreißendes Erzähltempo „fliegt“ man nur so durch die fünfhundert Seiten des Buchs. Schön finde ich, dass sie hierbei ganz bewusst einen gelungenen Bogen vom Anfang bis zum Ende schlägt und die Handlung somit zufriedenstellend abrundet. Zudem ist die zu Beginn eines jeden Kapitels parallel erzählte Handlung über die Götter sehr geeignet und sie schmiegt sich angenehm in den restlichen Plot ein, ohne dass für den Leser hierbei zu große Verwirrung entsteht.
Ein wenig verwunderlich ist es für mich dann aber, dass „Feuer und Flamme“, nachdem es gut vierhundert Seiten fast komplett ohne Fantasy-Einschlag auskommt, in seinem abschließenden Akt tief in die Kiste dieses Genres greift und ein sich selbst zu übertreffen versuchendes Finale abliefern möchte, das dem Rest des Buches nicht gerecht wird. Die Endstation des sonst so gelungenen Handlungsbogens gliedert sich nicht so geschmeidig in das Buch ein und lässt den Leser nicht mit einem enttäuschten, aber wenigstens faden Beigeschmack zurück.
Wenn man mich also abschließend fragt, ob ich „Feuer und Flamme“ weiterempfehlen kann, dann lautet meine Antwort an dieser Stelle eindeutig: „Ja.“ Trotz weniger Makel, die hier unweigerlich zu Punktabzug führen, handelt es sich hierbei um ein großes Lesevergnügen, das ich jedem, der sich vom Klappentext auch nur wenig angesprochen fühlt, ans Herz legen kann. [...]

Bewertung vom 27.01.2019
Der Tag davor / Riverdale Bd.1
Ostow, Micol

Der Tag davor / Riverdale Bd.1


gut

„Riverdale“ ist eine trotz ihrer nicht zu verleugnenden stetig abnehmenden Qualität eine der populärsten Jugendserien, die momentan auf Streaming-Plattformen kursieren. Die zahlreichen Logiklöcher, Ungereimtheiten und sprunghaften Erzählstrukturen, die den Zuschauer völlig im Dunkeln lassen, sind einer Zählung nicht mehr wert, die nämlich sonst den Rahmen sprengen würde. Dennoch merke auch ich noch immer eine Anziehungskraft, die das nach wie vor vielversprechende Szenario auf mich ausstrahlt und mich jede Woche zum Sehen der neuen Episode verleitet. Nun ist im cbj-Verlag eine Buchreihe rund um die amerikanische Kleinstadt gestartet, deren erster Band den belanglosen Untertitel „Der Tag davor“ trägt.

Micol Ostow, die aus den Perspektiven der bekannten Gesichter der Serie erzählt, hat einen flüssigen und einfach zu lesenden Schreibstil, sodass es mir nicht schwerfällt, mich in das Geschehen einzufinden und in einen stetigen Lesefluss zu geraten. Dabei löst sie die anspruchsvolle Aufgabe, Figuren in ihrem Roman zu etablieren, die die Leserschaft schon aus Filmmaterial kennt, gelungen. Es fühlt sich tatsächlich so an, man würde das Innenleben der Charaktere näher studieren können. Jedoch – und hier kann ich mir gut vorstellen, dass dies an der ungenauen Vorlage liegt – schöpft die Autorin nicht die emotionale Tiefe aus, die sie hätte erreichen können und skizziert die Personen teilweise etwas grob, holzschnittartig.

Ferner ist „Der Tag davor“ ein sympathisches Jugendbuch, das sich nicht so ganz in ein Genre einordnen möchte und daher Elemente aus verschiedenen stilistischen Richtungen besitzt. Das vermittelt dem Leser den Eindruck, dass kein richtiger roter Faden hinter dem Erzählten steht: Die Handlung plätschert vor sich hin, ohne große Hoch- und Tiefpunkte, und endet an einem beliebigen Punkt, als hätte die Autorin an der Stelle einfach mit dem Schreiben aufgehört.

Natürlich ist das Buch dennoch für all diejenigen, die Fans der gleichnamigen Serie sind, zweifelsohne empfehlenswert, da es doch noch mehr Aufschluss und Hintergrundinformationen über die einzelnen Charaktere preisgibt und es einfach ein schönes Gefühl ist, in die fiktive Welt nun auch in Buchform eintauchen zu können. Das möchte ich an dieser Stelle betonen, da ich den Roman bis dato in ein nicht unbedingt positives Licht gerückt habe. Man kann mit der Lektüre durchaus seine Freude haben.

Schön finde ich auch, dass die Atmosphäre der ersten Staffel, als Riverdale noch kein Ort der Angst war, gelungen aufgebaut wird, und der Leser sich auf erste Momente zurück besinnen kann. Die inneren Handlungen unserer Fernsehlieblinge sind auf natürlich jugendliche Grundbedürfnisse ausgerichtet. Auch finden Nebencharaktere, die sich in der Serie deutlich mehr im Hintergrund bewegen, durch diesen Roman ein Sprachrohr, und die Leserschaft kann eine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen, die ihnen durch die Serie mehr noch verwehrt blieb.

Letztendlich lässt sich zusammenfassend sagen, dass es sich hier um ein nettes Leseabenteuer, das für Fans der Serie sicherlich ein Must-read-Buch ist, und für diesen Zweck erfüllt „Der Tag davor“ alle Kriterien, die er soll. Für die Lektüre wird auch keinerlei Vorwissen benötigt, sodass sich Leser, die mit dem Universum bisher noch keine Erfahrungen gesammelt haben, diese Lektüre als einen soliden Einstieg in die fiktive Welt rund um Archie, Veronica, Betty und Jughead nutzen können.

„Riverdale: Der Tag zuvor“ ist ein sympathisch-braves Jugendbuch, das das Innenleben bekannter Charaktere und deren Hintergrundgeschichten näher beleuchtet, sich jedoch nur knapp vom Weg in die Belanglosigkeit retten kann.