Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
heinoko
Wohnort: 
Bad Krozingen

Bewertungen

Insgesamt 587 Bewertungen
Bewertung vom 14.06.2022
Das Letzte, was du hörst
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


ausgezeichnet

Für mich einer der besten Thriller-Autoren

Eigentlich könnte ich es ganz kurz machen: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.
Und dies ist er nahezu gleichbleibend von Buch zu Buch. Immer wieder ein neues Grundthema, immer wieder neue und bemerkenswerte Protagonisten. Und immer wieder ein atemloses Jagen durch die Seiten, weil die Spannung von Anfang bis Ende hoch ist.

Im vorliegenden Thriller geht es um einen Podcast, um süchtig machende Manipulationen, um Trost versprechende Kraft weicher Worte. Der vermeintliche Selbstmord von Martina nach einem Hilferuf, ein folgenschwerer Autounfall der Journalistin Roya, Sarah, die sich von der Stimme des Podcasters Marc Maria Hagen durchs Leben tragen lässt und die unangepasste, spröde Kommissarin Carole Barreis, sie alle tragen eine Handlung, wie sie spannender nicht sein könnte. Denn die Gefahren im Internet, die Gefahren, die von Influencern ausgehen, sind vielfältig und genauso todbringend wie häusliche Gewalt im realen Leben.

Ein weiteres Mal überzeugte mich Andreas Winkelmann mit seiner Gabe, auf perfekte Weise und ohne komplizierende Szenen- und Perspektivwechselspiele den Leser zu packen. Seine Protagonisten werden psychologisch durchdacht geschildert und rücken uns insbesondere mit ihren Unsicherheiten sehr nahe. Grausiges Schauern, atemlose Spannung, Entsetzen und Abscheu werden in einem für lange Zeit undurchsichtigen Plot verpackt. Mehr als einmal wird der Leser völlig überrascht, denn nichts ist so wie es zu sein scheint. Der Autor stochert wieder einmal tief in unseren eigenen Ängsten und Sehnsüchten herum und führt uns einmal mehr die möglichen Abgründe unserer Zeit vor Augen.

Deshalb auch bei diesem Buch das Fazit: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

Bewertung vom 07.06.2022
Tiefergrund / Bette Hansen Bd.2
Luttmer, Nora

Tiefergrund / Bette Hansen Bd.2


ausgezeichnet

Bildhaft-eindrücklich und durchweg spannend

Auch Band 2 der Krimiserie um die Ermittlerin Bette Hansen habe ich sehr gerne gelesen. Denn er hat mich durchweg gut unterhalten. Während Band 1 erst langsam „in die Gänge“ kam, packte mich Band 2 gleich von Anfang an, und das durchweg bis zum Ende. Außerdem weiß ich jetzt, wo Hamburg-Ochsenwerder liegt, eine ländlich-ruhige Gegend, in der ich gerne wohnen würde, wenn ich Google glauben darf. Band 2 lässt sich auch ohne Vorkenntnisse von Band 1 uneingeschränkt gut lesen.

Worum geht es? Bette Hansen, eine ehemalige Kommissarin, ist zurück nach Ochsenwerder gezogen, einer idyllischen Gegend, in der Bette ihre Kindheit verbracht hatte. Da sie unter Narkolepsie leidet, kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben, denn die plötzlich eintretenden Schlafattacken wären zu gefährlich für sie. Als ein junges Mädchen verschwindet, bricht eine alte Wunde auf, denn bereits im Jahr 1986 gab es einen ungeklärten Mord an einem jungen Mädchen, einer damaligen Freundin von Bette. Da kann Bette gar nicht anders als auf eigene Faust zu ermitteln.

Nora Luttmer gelingt es sehr eindrücklich, das Lokalkolorit des ländlichen Hinterlandes nahe Hamburg atmosphärisch dicht und vorstellbar einzufangen. Sie erzählt in relativ kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven sehr kurzweilig über früheres und gegenwärtiges Geschehen. Der Spannungsbogen bleibt über das gesamte Buch hinweg von Anfang bis Ende konstant, sodass man nicht aufhören kann zu lesen. Geschickt werden die einzelnen Handlungsstränge, die erst sehr undurchsichtig wirken, mehr und mehr miteinander verwoben, wobei der Leser dennoch lange im Ungewissen bleibt. Die Charaktere werden plausibel und nachvollziehbar geschildert. Dennoch bleibt für mich auch beim Lesen des zweiten Bandes ein Zweifel bestehen: Vielleicht sollte das enge Zeitraster, das sich aufgrund der krankheitsbedingt erforderlichen Ruhezeiten von Bette ergibt, zusätzlich die Spannung erhöhen. Bei mir jedoch hatte das im Laufe der Seiten einen gegenteiligen Effekt, denn es begann mich zunehmend mehr zu nerven. Ich bin mir deshalb unsicher, ob eine solche Erkrankung, die ständig präsent und handlungsbestimmend ist, in einem Kriminalroman wirklich gut platziert ist.

Dennoch bleibt mein Fazit: Ein lesenswerter, unterhaltsamer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und bildhaft-eindrücklichem Lokalkolorit.

Bewertung vom 31.05.2022
Todesglut / Akademie des Verbrechens Bd.1
Moeller, Cathrin

Todesglut / Akademie des Verbrechens Bd.1


ausgezeichnet

Beste Krimi-Unterhaltung

Welch ein außergewöhnliches, interessantes Szenario: Eine „Privat-Akademie des Verbrechens“ auf Rügen, deren auserlesene Studenten sich zu Übungszwecken an alten ungelösten Fällen ausprobieren können. Cathrin Moeller hat nun den ersten Fall vorgelegt, einen Kriminalroman, der ihr wunderbar gelungen ist: Über 500 Seiten, die von Anfang bis Ende fesseln und die den Leser immer wieder in die Irre führen. Ein rundum spannendes Lesevergnügen!

Wir lernen den ehemaligen Kommissar Henry Zornik kennen, dessen Aufgabe es ist, als Dozent den Studierenden beizubringen, mit welchem Handwerkszeug man ein erfolgreicher Ermittler wird. „Denkt wie die Mörder!“ Obwohl es dem eigenwilligen Henry sehr schwer fällt, sich im Hörsaal durchzusetzen, entschließt er sich dazu, eine Art von Wettbewerb auszurufen unter den Studierenden, und zwar anhand eines seit Jahren ungelösten Falles, einer scheußlich verbrannten Leiche in der Stadtbibliothek von Bergen. Der Feuereifer, mit dem die Studenten vorangehen, lockt den unbekannten Straftäter von damals aus seiner Reserve, und aus der Theorie wird plötzlich tödlicher Ernst.

Allein schon das ungewöhnliche Szenario und die sehr ausgefeilt und psychologisch nachvollziehbar dargestellten Protagonisten machen den Kriminalroman sehr lesenswert. Gut recherchiertes Fachwissen trägt zur Glaubwürdigkeit bei. Mehrmals kam mir beim Lesen der Gedanke, dass genau diese strukturierte Vorgehensweise der Ermittlungen, wie Henry es den Studierenden im Buch vermitteln will, eine großartige Fortbildung für so manchen Krimi-Autor wäre, damit die leider immer wieder in so manchen Krimis zu findenden unlogischen und irritierenden Sequenzen vermieden werden könnten. Cathrin Moeller legt wie bei einer Schnitzeljagd nach und nach einzelne Köder dem Leser vor Augen. Und immer wenn man glaubt, jetzt der Lösung nahe zu sein, dreht sich die Geschichte um sich selbst, und das Überlegen kann von vorn beginnen. Der erfrischende, lebendige Schreibstil lässt sich leicht und flott lesen, wobei ich mir manchmal eine etwas geschliffenere Sprache gewünscht hätte. Besonders im letzten Drittel wird unzählige Male der Ausruf „Verfluchte!“ eingefügt. Das ist nervig und unnötig und sprachlich arm. Auch hätte ich mir gelegentlich etwas mehr Lokalkolorit erhofft, denn atmosphärisch nachspürbare Schilderungen sind rar gesät. Dennoch bleibt das Gesamtfazit, dass mich dieser Kriminalroman dank seiner ungewöhnlichen Grundidee und seiner raffiniert konstruierten Geschichte durchweg sehr, sehr gut unterhalten hat.

Bewertung vom 30.05.2022
Power Sisters 01
Maury, William;Cazenove, Christophe

Power Sisters 01


weniger gut

Ein Comic-Büchlein, das ich Kindern nie in die Hand geben würde

Warum nicht auf meine alten Tage noch ein Comic lesen? Dachte ich mir neugierig-wohlwollend. Und scheiterte auf der ganzen Linie.

Zum Inhalt: In kürzesten Episoden erfahren wir von den alltäglichen Querelen zwischen zwei Schwestern. Aus Sicht von Marine, der kleineren (und raffinierten) Schwester wird erzählt. Und Wendy, die große Schwester, neigt zu explosiven Ausbrüchen. Trotz aller Streitereien mögen und brauchen sie einander.

Zunächst scheiterte ich schon rein äußerlich an der Tatsache, dass das Comic-Büchlein klein ist. So klein, dass meine Augen ganz große Mühe hatten, sowohl die Texte zu entziffern als auch Details der Zeichnungen zu erkennen. Gut, die genannte Zielgruppe ab 9 hat mehrheitlich noch gute Augen. Aber muss es wirklich so winzig sein? Was ich auch überhaupt nicht mochte, ist die extreme Kürze der einzelnen „Vorfälle“. Wenn schon Comic, dann doch eine Geschichte, die sich aufbaut und mit einem Überraschungs-Gag endet. Diese Winzig-Episoden erzählen jedoch im Grunde kaum etwas anderes als gegenseitige Gemeinheiten, die innerhalb einer einzigen Seite auserzählt sind. Zunächst fand ich es ganz witzig, aber nach ein paar Seiten klischeehafter Momentaufnahmen machte sich schließlich Langeweile breit. Und am Ende sogar Abneigung, denn die Art und Weise der Illustrationen in ihrer hässlichen überzeichneten Gestaltung gefielen mir überhaupt nicht.

Fazit: Weder vom Inhalt noch von der Gestaltung her würde ich dieses Comic-Büchlein Kindern in die Hand geben.

Bewertung vom 29.05.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


gut

Harter Tobak, nichts für mich

Beim Lesen dieses Romans ist sie wieder aufgetaucht, diese grundsätzliche Frage: Soll ich ein Buch zu Ende lesen, wenn es mir nicht gut tut, wenn es die Tage und meine Gedanken verfinstert? Vielleicht aus reinem Pflichtgefühl? Oder weil andere das Buch literarisch hoch loben? Nein, ich habe die Lektüre abgebrochen, und ich bin froh und erleichtert darüber.

Vordergründiges Thema sind die „Troubles“ in Nordirland, die IRA, die Kämpfe der protestantischen Iren, der Bürgerkrieg und all die damit verbundenen Unruhen, beginnend im Jahr 1969. Doch man erfährt im Roman so gut wie nichts über die politischen Hintergründe. Da müsste sich der Leser anderweitig informieren. All die blutigen Wirren sind im Buch „nur“ Staffage, tauchen wie Bühnenbilder das Geschehen der Brutalitäten in ein blutiges Licht, und Amelia betrachtet aus kindlich-naiver Sicht die gesellschaftlichen und familiären Veränderungen, ohne dass man im Roman über die Zeit hinweg einen Reifeprozess erkennen könnte.

Erzählt werden bruchstückhafte Sequenzen, die jedoch nicht wirklich zu Ende erzählt werden. Es gibt Zeitsprünge und Entwicklungssprünge. Es bleibt alles verwirrend und verworren, aber auch seltsam gefühllos in einer Art von Berichterstattung. Und es gibt immer und überall schockierende Ereignisse, düstere, abstoßende Brutalitäten. Wie nebensächlich hingeworfene Szenen sinnloser Grausamkeiten, die Menschen und Tieren angetan werden. Jugendliche, die sich im „knee-capping“, dem Zerschießen von Kniescheiben, hervortun. Warum soll ich das lesend miterleben und mich damit durch das Buch in die finstersten Ecken der Depression katapultieren lassen? Ich habe mich letztlich für das Zuklappen des Buches entschieden, denn unsere Gegenwart ist schlimm genug, und sie ist real und in ihrer brutalen Seite täglich in den Berichterstattungen zu erleben. Leider konnte ich auch sprachlich nicht nachvollziehen, was an diesem Roman so lobenswert sein soll. Die pseudo-umgangssprachliche deutsche Übersetzung empfand ich irgendwie unpassend. Sie hat mit Sicherheit eine völlig andere Qualität als die im Original von mir vermutete Gegenüberstellung von irischem Slang und Schrift-Englisch.

Kurzum: Eine in bruchstückhaften, verwirrenden Szenen gesammelte Aufzählung an schockierend-abstoßenden Brutalitäten mit abgestumpft wirkenden Protagonisten. Der schädlich-verfinsternden Gemütswirkung musste ich mich schließlich aus Selbstschutz entziehen.

Bewertung vom 26.05.2022
Sturmopfer
Lloyd, Sam

Sturmopfer


ausgezeichnet

Erbarmungsloser, bildgewaltiger Nervenkitzel

Durch die Lektüre des Debüts „Märchenwald“ verwöhnt, hatte ich sehr hohe Erwartungen an diesen zweiten Thriller. Zwar brauchte ich ein wenig, bis ich mich an den beschriebenen Örtlichkeiten und vielen Detailbeschreibungen ohne Übersichtsplan zurecht fand, doch je weiter ich las, desto mehr wurde ich gefangen in der Welt der intensiven Bilder, die Sam Lloyd in „Sturmopfer“ vor mir ausbreitete.

Mortis Point ist ein altes großes Haus, hoch auf den Klippen gelegen, mit Blick auf den gefährlichen sturmumtosten Atlantik. Lucy und Daniel leben dort mit ihren beiden Kindern in liebevoller Harmonie. Doch eines Tages – ein Jahrhundertsturm zieht heran – wird Daniels Boot herrenlos im Wasser treibend gefunden, von Daniel selbst keine Spur. Doch damit nicht genug. Lucy muss erfahren, dass sich offenbar auch ihre beiden Kinder Billie und Fin an Bord befunden haben. Auch sie sind verschwunden. Der todkranke Detective Abraham Rose vermutet zunächst einen erweiterten Suizid, doch Lucy glaubt nicht an diese Erklärung und versucht zusammen mit Abraham fieberhaft herauszufinden, was wirklich an Bord geschah. Der entsetzliche Sturm wütet wie rasend und Lucy gerät in einen unvorstellbaren Albtraum…

Anfangs empfand ich die Sprache etwas sperrig, musste mich erst einlesen und mich einlassen auf die unfassbar intensiven Bilder sowohl von der Außen- als auch von der Innenwelt, die der Autor in einer beeindruckend intelligenten und expressiven Weise schildert. Der Autor scheint bis in das tiefste Innere von Lucy hineingekrochen zu sein, um auch den hintersten Winkel ihres Selbst zu beschreiben. Und er scheint sich den Naturgewalten so sehr ausgeliefert zu haben, dass man als Leser dem lebensbedrohlich wirkenden Grollen von Meer und Wind, der beißenden, nassen Kälte nicht mehr entkommt. Der Thriller schlägt mit voller Wucht auf den Leser ein wie die turmhohen Wasserberge auf dem aufgewühlten Ozean. Ich fühlte mich als Leserin geradezu geprügelt, in die Knie gezwungen von den Urgewalten, wie sie auch in den eingestreuten Texten des Alten Testaments hervorbrechen, und von den Brutalitäten, die Menschen anderen Lebewesen antun bis an die Grenze des Erträglichen.

Fazit: Ein erbarmungsloser und bildgewaltiger Nervenkitzel-Thriller, der den Leser völlig ausgelaugt und erschöpft zurücklässt.

Bewertung vom 25.05.2022
Pippa in Paris / Pippas Reisen Bd.1
Kreuzer, Kristina

Pippa in Paris / Pippas Reisen Bd.1


sehr gut

„Orewooaa“ für entdeckerfreudige Kinder

Lange habe ich mir überlegt, für welche Zielgruppe das Buch geeignet wäre. Als Lesepatin muss ich gestehen, dass ich nicht fündig geworden bin. Die angegebene Altersgruppe ab 7 Jahre hatte keine Lust auf eine Reise nach Paris, obwohl wir in Grenznähe zu Frankreich wohnen. So wird das Buch wohl eher von anspruchsvolleren Eltern gekauft werden oder, mit viel Glück, als Klassenlektüre von engagierten Lehrerinnen und Lehrern.

Schade eigentlich, denn das Buch ist lustig-vergnügt geschrieben. Es erzählt mit leichter Feder von Pippa, der Hauptperson, und ihrer Familie. Pippa ist schon ganz aufgeregt, denn gleich nach der Schule macht sich die ganze Familie auf eine Kurzreise nach Paris. Neben Mama und Papa kommt noch Pippas großer Bruder Nik und Pippas kleine Schwester Tuffi mit auf die Reise, nicht zu vergessen Berta, der Kuscheltier-Rochen. Da ist ganz schön was los, bis die gesamte Familie samt Koffern im Zug sitzt! Pippa malt für ihr Leben gern. Deshalb hat ihre Mutter sie zu einem Malkurs im Louvre angemeldet. Wie toll ist das denn - Pippa als Pippasso. Doch je näher der Termin rückt, desto mehr bekommt Pippa Angst. Was ist, wenn sie ausgelacht wird, weil sie Künstlerin werden will?

Eine kunterbunte, fröhliche Familien-Geschichte erleben wir da, in die sehr viel Wissenswertes über Paris eingestreut ist. Ist ja auch komisch, diese fremde Sprache, die ganz anders gesprochen als geschrieben wird. Und was es da alles anzuschauen gibt in dieser riesigen Stadt. Die schnurgerade Schangselisee zum Beispiel. Oder den Fluß Säään. Eine schöne Idee ist, dass Pippa ihre Erlebnisse in Kurzform und in einfacher Sprache in einer Art Reisetagebuch festhält. So prägt sich dem Leser all das, was Pippa sieht und lernt, noch viel besser ein. Ein Stadtplan auf den Umschlaginnenseiten zeigt zusätzlich, was Pippa alles sehen durfte. Zu guter Letzt gibt es noch ein Rezept für die berühmten Kuchen in Knochenform, den Ekläär, wie Pippa schreibt. Ach ja, und ihre Angst hat Pippa auch überwunden und ist sich ganz sicher, in Paris Kunst studieren zu wollen.

Das Buch hat mir mit seinen gewitzten Ideen viel Freude gemacht. Hoffentlich findet es seinen Weg zu neugierigen, wissbegierigen, entdeckerfreudigen Kindern – ich würde es ihm sehr wünschen.

Bewertung vom 24.05.2022
Fast ein Idyll
Falk, Susanne

Fast ein Idyll


gut

Miniaturen, die wie Fingerübungen eines Klavierspielers anmuten

Eigentlich klang die Verlags-Ankündigung zu diesem Buch recht verlockend. Realen Berühmtheiten fantasierte Geschichten anzudichten, klingt reizvoll, klingt aber auch nach einer recht herausfordernden literarischen Aufgabe, der sich die Autorin gestellt hatte. Leider konnte mich das Ergebnis nicht überzeugen.

Der Schreibstil gefällt mir durchaus. Er kommt sehr leichtfüßig daher, manchmal entlarvend satirisch, manchmal mit einem bösen Augenzwinkern, manchmal sogar mit trauriger Ernsthaftigkeit, dann wieder mit eigenwilligem österreichischem Humor. Aber seltsam ist, dass man die Geschichtchen liest und jedes Mal auf einen Aha-Effekt wartet – der dann nicht kommt. Ist es das, was der Verlag als „Sommergeschichten“ bezeichnet? Reine Unterhaltung ohne bleibenden Eindruck? Ohne echten historischen oder psychologischen oder sonstwie tiefergehenden Sinn? Egal welcher Persönlichkeit die Autorin ihre Fantasie zuwendet – man liest und hat nach Abschluss der Geschichte diese sofort wieder vergessen. Nichts bleibt zurück, weder ein inneres Bild noch ein Gefühl noch eine Erkenntnis, nichts.

Fazit: Fingerübungen einer Autorin, die so wenig mit Literatur zu tun haben wie Fingerübungen eines Pianisten mit begnadetem Klavierspiel.

Bewertung vom 17.05.2022
Die Nebel von Walhalla (Bd. 1)
Schinko, Barbara

Die Nebel von Walhalla (Bd. 1)


ausgezeichnet

Gelungene Interaktion zwischen Pferd und Mensch

Aus der Flut an Pferdebüchern, die sich auf dem Markt befinden, ragt dieser als Fortsetzungsreihe geplante erste Band „Alessas Seelenpferd“ sehr wohltuend hervor.

Alessa und ihre Cousine Nell, beide begeisterte Reiterinnen, müssen sich aufgrund eines Umzugs einen neuen Reiterhof suchen. Auf dem Speerhof erleben sie, wie auf ganz besondere Weise das richtige Pferd zur richtigen Reiterin findet und welch intensive Wechselwirkung die Beziehung zwischen Pferd und Mensch auslöst. Die etwas träge Nell wird aktiver, und die unsicher-ängstliche Alessa gewinnt Mut und wächst letztlich über sich hinaus. Die Verbindung zu der Welt der nordischen Götter, aus denen diese ganz besonderen Pferde stammen, lernen die Mädchen mit Hilfe der Pferde kennen und erfahren dadurch ihren Auftrag, als Team Valkyrie Menschen und Tiere vor den übernatürlichen Kräften der Götter- und Unterwelt zu beschützen.

Der Autorin ist es großartig gelungen, mystische Szenen so realistisch zu schildern, dass man sich beim Lesen vorstellen könnte, selbst durch Nebelfetzen zu reiten und Trugbildern der Natur zu erliegen. Die Grenzen zwischen Mystik und Psychologie bleiben stets verschwimmend und damit besonders fesselnd. Dass die stumme Interaktion zwischen Pferd und Mensch Wunder bewirken kann, weiß in besonderem Maß die pferdegestützte Psychotherapie, die glücklicherweise zunehmend wissenschaftliche Anerkennung findet. Barbara Schinko verpackt dieses Wissen in eine geheimnisvolle, mystisch anmutende und altersgerecht-spannende Geschichte, was dieses Pferdebuch zu einem ganz besonderen, absolut lesenswerten Buch macht. Die Vorfreude auf weitere Bände ist groß.

Bewertung vom 11.05.2022
Flug 416
Newman, T. J.

Flug 416


ausgezeichnet

Atemlose, unfassbar dramatische Spannung

Wer einen Thriller sucht, der von der ersten Seite bis zum Schluss den Leser so sehr gefangen nimmt, dass er von seiner Umwelt nichts mehr wahrnimmt und zeitweilig fast vergisst zu atmen, der ist mit diesem Debüt bestens bedient.

Der Inhalt in Kürze: Flugkapitän Bill Hoffman hat soeben mit seiner Maschine den Flughafen von Los Angeles Richtung New York verlassen, als er einen Anruf erhält, dass ein Entführer seine gesamte Familie in seine Gewalt gebracht hat. Der Entführer fordert, Bill solle die Maschine mit den 149 Menschen an Bord zum Absturz bringen, oder seine Familie würde sterben. Ein Komplize des Entführers sei an Bord und würde alle Rettungsversuche verhindern. Was tun? Diese hoffnungslose Patt-Situation ist der Ausgangspunkt des Thrillers. Bill liebt seine Familie über alles. Aber er ist auch über die Maßen verantwortungsbewusst. Egal wie er sich entscheidet, am Ende steht immer der Tod.

Unfassbar spannend und an Dramatik nicht zu überbieten – dieser Thriller hat alles, was einen echten Pageturner ausmacht. Packend geschrieben, wendungsreich zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit mäandernd wird man als Leser in 10.000 Metern Höhe in eine völlig hilflose Situation versetzt und hat sehr schnell das Gefühl, kaum mehr atmen zu können. Man spürt, dass die Autorin, selbst jahrelang Flugbegleiterin, weiß wovon sie schreibt. Vielleicht könnte man ein paar kleine Kritikpunkte anbringen, was Logik und Verwendung von Klischees betrifft, aber die temporeiche Hochspannung macht das Ganze mehr als wett.

Im Grunde braucht es über dieses Buch nur diesen einen Satz in Fettschrift:
Absolute Leseempfehlung für diesen genial konstruierten und unfassbar spannenden Thriller!!!