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Benutzername: 
LindaRabbit
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Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 254 Bewertungen
Bewertung vom 02.12.2022
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Im Erzgebirge – der Ort Schlema und die Steiners, Generationen und Geheimnisse

„Die Sehnsucht nach Licht“ heißt der neue Roman von Kati Naumann.

Das Schlematal im Erzgebirge: Luisa Steiner arbeitet im Besucherbergwerk. Alle Steiners waren immer 'Unter Tage eingesetzt'. Angefangen im Jahr 2019 mit dem jüngsten Sproß der Steiners, Luisa, springt der Roman zwischen dem heute (2019) zurück zum Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts (1908). Doch an diesem einen Tag, mit dem der Roman beginnt, stellt ein Junge bei der Führung bohrende Fragen, die auch zu Fragen von Luisa an die noch lebenden Familienmitgliedern führen und deren Suche nach Antworten letztendlich mehr zum Verbleib des verschwundenen Rudolfs beitragen. 

Rudolf und sein Schicksal ist eng verbunden mit Schlema, mit der Hoffnung der einfachen Bergarbeiter und Bergarbeiterinnen auf eine bessere Zukunft, doch immer wieder gebremst durch weltpolitische Umstände. Doch da ist auch noch Michaela mit ihren Fragen zu ihrem Vater... Emotionale Momente auf dem Weg zum Licht, auch in aufklärerischer Sicht. Ergreifend wie eng die Familie Steiner und alle, die dazu gehören, angeheiratet, befreundet oder kollegial verbunden, miteinander sind. Unvergesslich die Situation, dass die ehemaligen Bergleute im Keller ihren eigenen Schacht inszenieren...

Zur besseren Orientierung steht die Jahrzahl über dem jeweiligen Kapitel: Von 1908 bis 2019 zieht sich über alle historischen Zeitläufe die Geschichte des Ortes Schlema, anhand der Bergarbeiterfamilie Steiner (mit fünf Generationen). 

Die Autorin recherchierte intensiv vor Ort im Erzgebirge und in Archiven, um möglichst relevante Informationen für den jeweiligen Zeitabschnitt zu sammeln. Damit unterhält sie den Lesenden mit historischen Ereignissen in der Region, epochalen Momenten im Großen, die jeden im Einzeln betreffen (Erster Weltkrieg und Folgen, Weimarer Republik, Nazi-Zeit, Zweiter Weltkrieg, Besetzung durch die Sowjets, Aufbau der DDR bis zur Jetzt - Zeit) und verknüpft damit die Geschichte der fiktiven Bergarbeiterfamilie Steiner.
Auf den rund 400 Seiten fließen die Handlungsstränge ineinander, so wie das Leben der Steiners sich abgespielt haben könnte. Es wird geliebt, gestorben, Unfälle passieren und es verschwinden plötzlich Menschen aus dem Leben in Schlema. Es könnte tatsächlich ein Buch über jene real existierende Bergarbeiterfamilie sein, doch nein – es ist ein Roman!

Der Roman, unterteilt in 35 Kapitel, liest sich dermaßen spannend, jedes Kapitel hat seine Höhepunkte und Tiefgänge - verknüpft mit den tatsächlichen Begebenheiten vor Ort - Erzabbau, Radon und Uranerz, wilder Bergbau, Einbrüche und Gefahrenmomente für alle Bewohner von Schlema. Ergänzend führt eine Zeittafel zum Bergbau im Erzgebirge, veranschaulicht eine Landkarte den regionalen Bezug, erklärt ein Stammbaum der Familie Steiner die einzelnen Personen. Und zum Schluss erzählt in einem Interview die Autorin Hintergründe zur Geschichte und zu ihrer fundierten Recherche.

Stil: Der Bergbbau, das Leben in Schlema, die historischen Epochen (vor den Kriegen, dazwischen, sowjetische Besatzungszeit, DDR) wird lebhaft, detailliert und vor allem auch mit sehr viel Regionalem dargestellt. Es liest sich gut und Begriffe aus dem lokalen Dialekt machen den Text noch authentischer. 

Bewertung vom 28.11.2022
Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1


gut

Fortsetzung der Familiensaga um eine Ärztin, Berlin und Ostafrika

Das Autorenpaar 'Helene Sommerfeld' erzählt in ihrem neuen Roman "Die Töchter der Ärztin" – wie es im Titel heißt – von den beiden Töchtern der Ärztin Ricarda / Rica Thomasius (Henriette / Henny und Antonia /Toni). Die Mutter ist die Titelheldin der früheren Romanreihe "Die Ärztin" (die ich nicht kenne). Da die im Roman vorkommenden Charakteren bereits in den früheren Büchern eingeführt wurden, ist es gut sich mit dem hinten angehängten Stammbaum und dem Personenregister bekannt zu machen.

Die Thomasius Frauen sind selbstbewusst und im großen Ganzen zielorientiert. Der Roman spielt in der Zeit Ende der 1920ger, Handlungsorte sind Berlin und Ostafrika. Toni reist nach Ostafrika, Tanganyika, in die Hauptstadt Daressalam (was heute Tansania heißt, weil das Land, zusammen mit Sansibar, als Nation fungiert) und später nach Kenia, um dort zu helfen.

Antonia geht für fast zwei Jahre nach Ostafrika (Tansania und Kenia). Dieser Aufenthalt in Afrika ist emotionsgebunden für sie, denn als Kind hielt sich dort auf und sie beginnt sich zu erinnern. Auf dem Schiff, dessen Passage sie sich als Krankenschwester verdienen muss, lernt sie auf dem Oberdeck (eigentlich verboten für sie) Ben kennen und tanzt mit ihm auf dem Deck. Sie verguckt sich in den gutaussehenden und charmanten Ben, der auf einer Farm in Kenia lebt.
In Berlin wohnen die Mutter und die ältere Schwester Henny, beide führen ihre eigene Praxis. Die ältere Tochter ist alleinerziehend. Bis dann ihr geschiedener Mann plötzlich wieder auftaucht.

Antonias Zeit in Afrika führt auch in das lokale Leben der Menschen ein, von dem sich sonst die Expatriierten fern halten. Abgrenzungen passieren auf allen Ebenen: Die Hellhäutigen wollen nichts mit den Dunkelhäutigen zu tun haben, die Indischstämmigen nichts mit dem afrikanischen Menschen. Antonia baut eine kleine Gesundheitsstation für Einheimische auf.
Doch dramatische Entwicklungen hemmen das Leben von Antonia in Ostafrika.

Da ich mich in Ostafrika (Kenia und Tanzania) gut auskenne und auch die örtliche Literatur sehr gut kenne, kommen mir einige Szenen sehr bekannt vor:
Kiambu in Kenia (Bens Farm) kenne ich, die Massai Mara kenne ich, auch Dar (die Hauptstadt von Tansania) kenne ich, wo Toni die anfängliche Zeit verbringt.
Die Szene mit den Löwen am Grab einer der Hauptfiguren erinnert mich an 'Out of Africa' von Karen Blixen, wo am Grab von Finch Hatton in den Ngong Hills auch angeblich Löwen wachten. Karen verlor ihren Geliebten durch einen Flugzeugabsturz (kleine Maschine), Finch Hatton stürzte auf der Suche nach Elefanten ab. Karen Blixen und Finch Hatton spielen heute in Kenia noch eine große Rolle.
Bei der großen Party auf der Farm in Kiambu ist auch die damals noch in Kenia weilende Karen Blixen eingeladen und unterhält sich mit Toni darüber, dass sie im Land gescheitert ist und zurückkehrt nach Europa. (Da ich rund ein Jahrzehnt in Kenia gelebt habe – es gibt tatsächlich einige, die dort überlebt haben und auch heute noch in 2. und 3. Generation dort leben).

Das Buch ist leicht zu lesen. Titelbild ist auf der Vorderseite sehr afrikanisch inszeniert, auf der Rückseite das Brandenburger Tor.

Bewertung vom 28.11.2022
Das letzte Versprechen
Lind, Hera

Das letzte Versprechen


gut

Banater Schwaben und ihr Schicksal – Anni!

„Das letzte Versprechen“, ein Buch der Autorin Hera Lind, als Roman deklariert (nach einer wahren Geschichte), was ich eher als eine biografische Erzählung bezeichnen möchte.

Das über 400seitige Buch stellt die Lebensgeschichte von Anni Pfeifer aus dem Banat (Jugoslawien) vor. Die Banater Schwaben oder Donauschwaben sind im 17. Jahrhundert in das Gebiet Banat (Lazarfeld) gezogen, um das sumpfige Land urbar zu machen, das jener reiche Lazar kaufte und damit die Donauschwaben anlockte. Heute leben von den ehemals ½ Million Banater Schwaben nur noch etwa 10.000 dort. Alle anderen sind entweder nach Deutschland migriert oder brutal mehr oder weniger ausgerottet worden. (Dass was die Nazis den Juden angetan haben, haben Russen und Serben den Banaterschwaben angetan).

Weihnachten 1944 im Banat, russische und serbische Soldaten fallen in das Dorf von Anni und ihrer Familie ein. Männer sind bereits vorher verschleppt worden. Amalie Pfeifer muss mit 180 weiteren Frauen aus dem Dorf in ein Arbeitslager nach Sibirien. Die älteren Bewohner des Dorf pfercht man in ein Internierungslager ein, die Kinder in ein Kinderheim, wo man sie ihrer deutschen Kultur entfremden möchte:
Anni Pfeifer, fünf Jahre alt entreißt man den Händen ihrer Mutter Amalie. Die Mutter bittet Annis Großmutter um das Versprechen, das Kind nie alleine zu lassen. Trotz brutaler Gewalt gegen die alte Frau lässt sie das Mädchen nicht alleine. Die Oma schwingt sich noch in letzter Minute heimlich auf den Zug und fährt mit der Enkelin mit. Nach sorgfältiger Vorbereitung ermöglicht sie der Kleinen die Flucht aus dem Kinderheim und nimmt sie in das Internierungslager mit (die Kinder im Kinderheim sollen, mit einer neuen Identität versehen, sich nicht mehr daran erinnern Deutsche zu sein).

Die Mutter Amalie dagegen vegetiert in Sibierien in einem Lager, wo innerhalb kurzer Zeit die Hälfte der Frauen sterben und sie in einem Bergwerk Schwerstarbeit leisten muss, ohne genügend Essen, Arbeitskleidung oder medizinischer Versorgung. Ein Wunder, dass sie überlebt. Doch nach fünf Jahren wird sie plötzlich nach Deutschland entlassen. Über Umwege kommt sie im kriegszerstörten Deutschland nach Bayern. Amalie schafft es ihr Kind und die noch lebenden Großeltern in die gleiche Region zu holen.

Die flügge werdende Anni trifft auf ihren (Bauernsohn) 'Hans im Glück'. Doch auch ihr weiteres Leben ist nicht vom Glück geprägt. Das Leben mit der Mutter bleibt anstrengend für Tochter und Mutter, die Erlebnisse in der Heimat Banat und in Sibirien sind nicht verkraftbar.

Ein nachdenklich machendes Buch: Die Geschichte der Banater Schwaben – eine schlimme Geschichte, die Geschichte der Sieger! Und so wie es nie sein sollte, wenn Länder kriegszerstört wurden... Für Geschichtsinteressierte!
Das Umschlagsbild ist unpassend für diese brutale Erzählung.

So viel ich mitbekommen habe, konzentriert sich Frau Lind nun überwiegend auf solche biografischen Erzählungen.
Die Erzählung in ihrer Brutalität macht betroffen. Der Schreibstil hört sich an wie wenn er ziemlich 1:1 aus den Schreibheften von Anni übernommen wurde.

Bewertung vom 27.11.2022
CATAN Bd.1
Teuber, Klaus

CATAN Bd.1


ausgezeichnet

Catan – die sonnige Insel, Björn Einarson erzählt...
Das Buch CATAN (ein 551 Seiten Roman von Klaus Teuber und der erste einer dreiteiligen Familien-Saga) entwickelte der Autor aus seinem Spiel Catan, in dem sich Siedler eine neue Welt bauen.

Frühes Mittelalter – 9. Jahrhundert: Im Prolog spricht Björn davon, dass er mit dem letzten seiner Vorfahren, der die lange Reise mitmachte, drei Jahre vor dessen Tod über sein Leben redete...

Die Geschichte beginnt im Norden von Europa im Jahr 859 mit einer 'Verbotenen Liebe': König Halldor will seine Töchter an seine politischen Verflechtungen gewinnbringend verschachern, um seinen Machtbereich zu vergrößern. Seine selbstbewußten Töchter (die beiden Älteren) widersetzen sich dem. Drei Halbbrüder, Thorolf, Yngvi und Digur, helfen ihnen bei der Flucht, wobei die Älteste, Asla, sowieso bereits schwanger von Thorolf ist und mit ihm leben möchte.
Wutentbrannt erklärt Halldor, dass seine Töchter nicht mehr zu seinem Hof gehören und erklärt sie zu Unfreien. Brandschatzend überzieht der bösartige Herrscher das Land mit seiner Rache, obwohl er bereits viel Silber als Strafe für den Entzug der Töchter erhielt und die drei Söhne von Fürst Ulrik in die Verbannung für sieben Jahre geschickt werden.
Im ersten Teil beginnen die Vorbereitungen für eine lange Seereise, denn ein Sklavenhändler schwärmte den Brüdern von einer sonnigen Insel im Atlantik vor. Mit reisewilligen Siedlern (Arme, Zweit – und Drittgeborene Söhne und diejenigen, die durch das Brandschatzen alles verloren) machen sich die Brüder mit einer Flotte von Knorren (Schiffe) auf in Richtung dieser geheimnisvollen Insel Catan.

Spannend wird die nicht gefahrlose Reise der drei Brüder und ihrer Mitreisenden beschrieben (mit manchen Abenteuern und Begegnungen unterwegs). Bis sie dann eine Insel im Atlantik finden, die sie Catan nennen (sie scheint aber nicht die ursprünglich anvisierte Insel Catan zu sein). Die Insel stellt sie vor Herausforderungen jeglicher Art. Können die Siedler sich ein neues und besseres Leben aufbauen?

Mit dramatischen Erlebnissen wird in kurzen Episoden vom neuen Lebensabschnitt berichtet. Wie in jeder Gemeinschaft wird gefeiert, entstehen Liebesbeziehungen, gründen sich Familien, wird in der Landwirtschaft und im Handwerk gearbeitet, Erfinder:innen erschaffen Neues und das Leben verbessert sich. Aber es passieren auch grausame Dinge (Mord- und Totschlag, Lug, Betrug und Diebstahl). Doch es geht fieberhaft weiter im Roman. Keine langweiligen Passagen, sondern immer etwas Neues, was die Aufmerksamkeit fesselt. Helden und Heldinnen sind sympathisch dargestellt, gewinnen oder verlieren auch Sympathiepunkte. Kinder werden geboren, Ältere sterben. Doch das neue Leben fordert die Konservativen heraus, weil es genügend gibt die gerne eine neue Lebensform leben wollen – Zwiespalt zwischen Wikingertraditionen und einer fortschrittlicheren Ordnung.

Gut geschrieben, ist das Buch unterhaltsam und macht Spaß zu lesen. Autor Teuber hat sehr gut zur Zeit des neunten Jahrhunderts recherchiert. Daten und Fakten stimmen (der irische König, die große Stadt Hedeby, etc.).
Umschlagsbild passend zur Zeit, Drachenboote und Wikingersymbole. Es sieht so plastisch aus, als ob es tatsächlich aus Holz geschnitzt wäre...

Darüber hinaus sind im inneren Teil des Einbandes eine Landkarte abgebildet, die den Weg der Brüder zeigen. Sehr hilfreich zum Nachverfolgen der langen Reise. Im hinteren Teil befindet sich eine Landkarte von Catan, was auch sehr nützlich ist, um sich mit den Begebenheiten vor Ort bekannt zu machen (wer wo und wie siedelt).

Hedeby – die alte mittelalterliche Stadt ist Haithabu in Schleswig – Holstein.

Bewertung vom 18.11.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


gut

Lustig, für ein paar heitere Stunden...

„Wenn ihr in dreißig Sekunden nicht alle hier im Zimmer seid, trete ich euch alle in euren Eins-Sechser!“
(Wer das verstehen will, muss sich erst durch einige Seiten im Buch ackern, dann kapiert man die Beschimpfung 'Eins-Sechser', zum Beispiel)

Banecroft, Chefredakteur der "StrangerTimes", Manchesters publizistischem Organ für alles Paranormale, ist ein nicht gerade sympathischer Zeigenosse und schon gar kein netter Chef (siehe Zitat oben).
Hannah, seine Stellvertreterin, ist diejenige, die alles am Laufen hält. Und da ist noch Manny mit dem seltsamen Geist; Grace, die sich mit Banecroft bis aufs Messer streitet; Stella mit seltsamen Kräften; Reggie und Ox. Und eben auch noch D.I. Sturgess...

Hannah hatte Scheidungsurlaub, joggt zur Arbeit und kommt genau richtig: Grace und Banecroft im 'showdown'. Eine seltsame Sanitärfirma, die Günstigste, baute im Badezimmer der Redaktion nicht nur eine unerwartet schöne Badezimmeranlage ein, sondern auch eine Falltür unter der Dusche. Volontärin Stella, mit magischen Kräften, sollte wohl entführt werden, nackt.

Die Geschichte bringt viel Alltägliches ein, was den Roman wirken lässt wie etwas direkt dem wahren Leben Nachempfundenem, mit eben abnormalen Wendungen (eine wütende Flußgöttin, sprechenden Hunden oder zumindest einen; einem Wahrsager, der immer die Wahrheit sagen muss - ob er will oder nicht; Vs, die es eben nicht gibt, Were und so weiter...). Die Sensationspresse wird durch den Kakao gezogen mitsamt Reality TV - Helden. Denn sie tun im Roman nichts anderes als aufzustacheln und Hassreden zu schwingen. Doch es gibt eben wahre Held:innen, die dagegen aufstehen... Auch humorvoll lassen sich Erkenntnisse gewinnen.

Skurril, britisch, seltsam.
Den ersten Band kenne ich nicht. Der zweite scheint sich an diese skurrile Zeitungscrew mit ihren Eigenarten anzuschließen.

Das Buch ist leicht zu lesen, stellt keine höheren Ansprüche an Intellektualität, sondern strapaziert nur die Lachmuskel. Vielleicht als Geschenk für Leute, die Skurriles lieben und nicht so die hoch versierten Leser:innen sind...

Buchumschlag: Lila mit einem offenem Holzschnittsarg, auf dem der Zettel hängt, 'out for lunch'. Allein das zeigt schon – Humor!

Bewertung vom 18.11.2022
Die Tochter der Hungergräfin
Spratte, Annette

Die Tochter der Hungergräfin


sehr gut

Wenn eine Mutter für das Erbe ihrer Töchter kämpft...

Im Roman 'Die Tochter der Hungergräfin' geht es um wahre Begebenheiten aus dem 17. Jahrhundert, also zu einer Zeit als Frauen Nullkommanull zu sagen hatten, auch nicht als adlige Damen. Der Roman beruht auf dem realen Leben der Gräfin Louise Juliane von Sayn-Wittgenstein-Sayn (geborene zu Erbach), sie heiratete Graf Ernst von Sayn-Wittgenstein-Sayn, der jedoch jung verstarb. Mit Ernst bekam sie sieben Kinder, die meisten von ihnen verschieden noch im zarten Kindesalter, so auch der Stammhalter. Die Gräfin blieb allein zurück mit zwei Töchtern. Nur eines ihrer Kinder überlebte, für die damalige Zeit im hohen Alter, die Mutter. Während über die Mutter einen Wikipedia Eintrag existiert, sind die Kinder nur am Rande erwähnt.

Das heißt, im Roman wurden von der Autorin Wahres mit Fiktion vermengt. Zugegeben, sehr unterhaltsam. So in ungefähr umfasst der Roman den Zeitraum von 1636 bis 1652, allerdings mit Lücken.
Die älteste Tochter von Mutter Juliane ist Ernestine. Im Einstieg erfährt man über Ernestine, dass sie sich ziemlich ungebührlich benommen hat und ihre erste Zofe schlecht behandelte. Daraufhin wurde sie von der Mutter zurecht gewiesen (was ein wichtiges Licht auf die Mutter wirft, was diese für eine Person war). Die Mutter ist politisch ziemlich versiert, intelligent und besaß den Durchblick im diplomatischen Geschäft, doch musste sie immer wieder um ihre Rechte kämpfen, weil eben Frauen keine Rechte besaßen.

Autorin Annette Sprattes gut recherchierter Roman erzählt die Geschichte der Mutter und ihrer zwei Töchter, unaufgeregt, mit historischen Details, aber unterhaltsam dargestellt. Das Leben der Älteren, Ernestine, könnte so verlaufen sein. Könnte...

Das Buch ist im Francke-Verlag erschienen, das Umschlagsbild zeigt in kühlen Farben (blau-schwarz) eine gut gekleidete Person, die an einem vergitterten Fenster steht und mit ihrem angezündeten Leuchter wohl hofft, dass Rettung naht. (Im Gegensatz zu sonstigen historischen Romanen ist auch hier das Titelbild, passend zum Schreibstil, schlicht).

Das Buch interessierte mich, weil ich mit einem derer von Sayn – Wittgenstein gearbeitet habe. Sagen wir mal so, trotz seiner beachtlichen Verwandtschaft und Einbettung in den so genannten Hochadel – ein bescheidener Mensch, der mich zuerst irritierte, weil mir sein Führerschein überreicht wurde zur Anmeldung bei der Arbeit und ich las 'Prinz XY von Sayn – Wittgenstein'. So wie er bescheiden auftrat, könnte auch die Gräfin gewesen sein.

Der Adel hat lange Jahrhunderte große Bedeutung gehabt in Deutschland. Seit der Weimarer Republik nicht mehr und das ist auch gut so! Nichtsdestotrotz kann die historische Bedeutung von Aristokraten aufgearbeitet werden, denn dies gehört zum geschichtlichen Erbe der Bundesrepublik Deutschland. Bewunderswert ist, wenn 'echter Adel' bescheiden und anständig auftritt (genauso wie echte Filmstars mit Können), im Gegensatz zu angeheirateten Partner:innen und Filmstars mit minderem Talent...

Bewertung vom 16.11.2022
Gesund essen durchs Jahr
Schocke, Sarah

Gesund essen durchs Jahr


ausgezeichnet

Bunt durchs Jahr

Dieses schöne, gewichtige Buch im handlichen Format (256 Seiten) ist sehr auffallend aufgemacht - bunt, grüner Einband, farblich in den Regenbogenfarben gegliedert, passend zu den Jahreszeiten (die Wintermonate lila,violett, bläulich) und je mehr es in Frühling geht (GRÜN!) knalliger, rot rot rot...in die Sommermonate. Auch die Gemüse- und Obstspirale auf dem Titelbild bringt es, allein das Ansehen weckt Hunger!

Ebenso die Innengestaltung - so wie üblich bei Kochbüchern, mit sehr schönen und appetitanregenden Fotos. Es ist aber kein Kochbuch in dem Sinn, sondern eher ein Ernährungs- und Lebensratgeber. Und wie darüber steht - passend: Bibliothek fürs Leben. Mit den monatlichen Helden und Heldinnen... es gibt kein erwähntes Gemüse oder Obst, das nicht von mir gemocht wird. Und allemal gut finde ich, dass Wildgemüse und -früchte erwähnt sind - Holunderbeeren, zum Beispiel. 'Superfood' vor der Haustür! Es gibt gute Tipps für Alternativessen - Sojaghurt selbst herstellen. Die Rezepte sind im großen Ganzen auch preisgünstig, vieles bereits im Haus...

Veganuary (passt, ich bin zwar Flexitarierin, aber esse auch gerne vegan und vegetarisch sowieso überwiegend).
Fastenmonat - grundsätzliche Informationen dazu: Auch sehr gut, ich bin bereits Intervallfasterin...und komme grandios damit zurecht.
März - Wildkräutermonat, BÄRLAUCH, das geliebte Wildgemüse. Die Rezepte sind gut und passend und werden bei Gelegenheit nachgekocht. Jetzt für November sehr gute Tipps für Schwarzwurzeln. Wie am Besten bearbeiten: Die geschälten Wurzeln in Zitronenwasser einlegen. Sehr nützlicher Hinweis.

Was macht Essen mit dem Menschen, wie brauche ich was und warum. Regional - saisonal - bunt!

Genau mein Buch, beste Tipps!

Bewertung vom 16.11.2022
Agent Sonja (eBook, ePUB)
Macintyre, Ben

Agent Sonja (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Buch über eine außergewöhnliche Frau

Bereits die ersten wenigen Zeilen zeigen, dass dies ein Qualitätsroman ist. Dazu die persönliche Ansprache... "wenn Sie im Jahre 1945...". Ihre Nachbarn in den Cotswolds (UK) wussten wenig über sie, doch sie war die überzeugte Kommunistin Sonja.

Das Buch erzählt die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau (ab der Weimarer Zeit bis in die 50er des letzten Jahrhunderts). Es beruht auf Fakten und berichtet aus der Lebensgeschichte von Ursula Kuczynski. Der Name Jürgen Kuczynski war mir immer ein Begriff und irgendwann hatte ich auch von seiner Schwester gehört.
Die Weimarer Republik – die Kämpfe zwischen rot und braun werden in diesem Buch wieder lebendig. Keine Seite hat der anderen etwas nachgegeben.

In dem, von Bestsellerautor Ben Macintyre verfassten, Buch erfährt man viel zu Ursulas Werdegang (gutbürgerlich, jüdisch), ihrer Familie (sechs Geschwister sind sie), wie sie Kommunistin wurde, wie sie ihren ersten Mann kennenlernte und alle anderen Lebenspartner und Väter ihrer Kinder, ihr Leben mit den Kindern und schließlich dann ihr Werdegang zur Geheimdienst Mitarbeiterin (aus Überzeugung!) Die Einsätze werden beschrieben, auch die Risiken, Ursulas Befindlichkeiten, ihr Engagement, ihre Heißblütigkeit, aber auch ihre Naivität. Sie hat ihr Leben gelebt, mit allen Facetten. Langweilig war es nie!

Ich liebe Lebensgeschichten von starken Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, egal in welche Richtung.

Das Umschlagsbild ist schlicht und einfach, so wie ja auch eine Spionin nicht auffallen sollte. Mit den Flugzeugen, die über die Frau (mit Rad) fliegen, soll die Kriegszeit angedeutet werden. Mit dem Rad fuhr sie immer zu den toten Briefkästen. Bürgerlich wirken, mit Hütchen, im damenhaften Stil der Frauen jener Zeit, so wie es 'Sonja' angeraten wurde. Und natürlich Rot - Kommunismus.

Der Schreibstil ist sehr gut, leicht lesbar, voller Fakten und historischer Begriffe. Natürlich mit viel 'name dropping', Namen bekannter Personen jener Zeit, die das chinesische, das asiatische, das russische, das europäische Leben beeinflussten. Das gehört natürlich dazu bei einem Buch über eine einst real existierende Titelheldin.

Hintergrundfakten:
Da ich einen Kommunisten kenne (bundesweit bekannt, ohne Namensnennung), fragte ich ihn 'kennst Du die Frau, die als Agentin Sonja spionierte, hast Du von ihr gehört?' Und er sagte, ich kannte sie persönlich! Eine sehr eindrückliche Person...Was er auch sagte, "sie hat kritisiert und obwohl sie in der DDR lebte am Ende ihres Lebens, hat sie auch das System kritisiert, war jedoch aufgrunddessen - wer sie war - unantastbar".
Und was die chinesische Situation betrifft – fragte ich gleich eine chinesische Freundin, die nicht mehr aufhören wollte zu dieser Zeit zu sprechen (dagegen ist sie sehr zurückhaltend was die 'Ist – Zeit' betrifft; was Bände spricht).

Empfehlenswert auf jeden Fall – das Buch hat mich sehr beschäftigt, keine einfache Lektüre sondern ein historisches Dokument.

Bewertung vom 16.11.2022
Das letzte Grab / Carla Winter Bd.1
Erler, Lukas

Das letzte Grab / Carla Winter Bd.1


gut

Raubkunst und ihr Schmuggel

Die anscheinend erfolgreiche Strafverteidigerin Carla Winter wird von ihrer Sekretärin aus dem Schlaf geklingelt: Sie muss dringend in ihre Kanzlei kommen, ein Mitarbeiter des türkischen Konsulates wartet auf sie.
Dieser erklärte ihr, dass ihr seit 7 Jahren geschiedener Mann in der Türkei bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam und sie soll die Kosten der Überführung tragen. Selbstverständlich. Er hatte sonst keine Angehörigen und so richtig über das tolle Verhältnis mit ihm ist sie auch jetzt nach Jahren noch nicht. Sie leidet.
Als sie jedoch wieder nach Hause kommt, stellt sie fest, dass in der Zwischenzeit eingebrochen wurde. Das ganze Haus ist auf dem Kopf gestellt, aber nichts fehlt. Und in ihrem Kleiderschrank findet sie die Leiche ihres One-Night-Stands!

Zunehmend klärt sich die Vergangenheit ihres Exmannes auf. Hat doch die smarte Frau Rechtsanwältin nicht gemerkt in all den Jahren mit wem sie verheiratet war? Dagegen genoss sie das schnelle und luxuriöse Leben an der Seite des gutaussehenden Mannes. Jetzt erfährt sie so peu a peu, dass er ein Raubkunstschmuggler war. Nichts von wegen Wasseraufbereitung...

Sie sucht nach Einzelheiten, wird mit Menschen konfrontiert, die ihn oder seine Beutestücke besser kannten. Doch die kommen ums Leben oder werden lebensgefährlich verletzt. Sie braucht selbst Schutz. Um mehr Antworten zu finden lässt sie sich auf zwielichtige Typen ein und reist in die Türkei.

Mutig, mutig, die Frau Rechtsanwältin! Aber so gewinnt der Krimi an Fahrt. Und sie hat Freunde und Freundinnen, die sich nicht gleich jeder sucht.
Ein Toter nach dem anderen, in unterschiedlichen Ländern. Schließlich landet der lesende, bzw. hörende, Mensch in Mardin, eine kurdisch – türkische Stadt mit Historie an der Grenze zum arabischen Raum.
Ein wenig Lokalkolorität lockern die bösen Situationen auf, leibliche Genüsse lassen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Und dann, wie kommt sie da heraus? Wie konnte sie sich bloß so naiv auf das alles einlassen?

Thema: Kunstraub und Kunstschmuggel. Ein sehr interessantes und aktuelles Thema. Kunstgegenstände aus Gräbern werden schon seit Hunderten von Jahren verkauft und damit ist heute sehr viel Geld zu verdienen. Es heißt, zum Beispiel, dass sich der IS auch damit finanzierte.

Das Buch ist angenehme Unterhaltung (zum Beispiel für eine längere Zugfahrt, auch als Hörbuch) zu einem Thema, mit dem man sich gerne länger beschäftigen möchte.

Vermutlich ist dieser erste Fall von Carla Winter als Serie angelegt 'ein Fall für Carla Winter'. Der Autor hat ihr natürlich ein Image mit Alleinstellungsanspruch verpasst. Aber sympathisch kommt mir die Titelheldin nicht rüber.

Im Buch reist man von Bagdad (Prolog), Frankfurt (wo Carla lebt), Duisburg (wo eine türkische Familie lebt, die ihr hilft), Mardin - der alten kurdischen Stadt in Südostanatolien (früher mal Mesopotamien).

Hörbuch: Angenehme und wohltemperierte Stimme der Sprecherin Jutta Seifert, lässt leicht in das Hörbuch eintauchen.

Felix Winter spricht seine Frauen immer als 'habibi' an, er müsste aber 'habibti' sagen. Als 'habibi' werden Männer angesprochen.

Umschlagsbild:
Grün (wie der Islam) mit arabischen Zeichen, die auf einer Oberfläche aufliegen, die vielleicht eine Vase sein könnte... im Vordergrund eine laufende Frau. Da es sich um Raubkunst aus dem arabischen Raum handelt, passt das Titelbild.

Bewertung vom 30.10.2022
Weber's Wintergrillbibel
Weyer, Manuel

Weber's Wintergrillbibel


sehr gut

Im Winter grillen, draußen in der Kälte – hat was!

Grillen kann man das ganze Jahr über: Es gibt diese Elektrogrills, die darf man überall aufstellen, egal wo (keine Rauchbelästigung). Aber natürlich das wahre Grillen ist draußen, über einem offenen Feuer... im eigenen Garten! Weber baut diese großartige Grills (die auch ein bißchen was kosten...), aber Qualität hat halt seinen Preis. Und wer gut grillen will...

In 'Weber's Wintergrillbibel' finden begeisterte Griller recht viele kreative und interessante, aber auch ausgefallene Grillrezepte: Nachmachen und Nachgrillen! Eine begeisternde Auswahl und Vielfalt von Rezepten, natürlich mit vielen Fotos garniert zum lecker Appetitholen. In dieser Grillbibel findet jeder Grillmensch sein spezielles Rezept.
Das Besondere ist doch auch beim Grillen im Winter – wir stehen draußen in der Kälte, vielleicht noch mit herrlichem Schnee, und vor uns ein prasselnden Feuer (nicht unbedingt im Grill, das wäre zu gefährlich für uns und vor allem für das Grillgut).

Eintöpfe, Würzmischungen, Heißgetränke, Saucen, Dips, Chutneys, Pies, Fleisch, Fisch, Geflügel, Gemüse, Nachtisch – im Grillbuch ist alles dabei. Lässig erklärt, geeignet für Laie wie für Profi. Gute und höchst brauchbare Tipps (z.B., wenn es zu feucht ist draußen), eben profimäßig. Mit winterlichem Gemüse (Rosenkohl & Co, Kürbis sowieso). Kaffeebohnen rösten, vielleicht...Großartig für Grillfans...

Passendes Umschlagsbild, dunkel (weil es ja im Winter eher dunkel wird), mit einem flackernden Feuer, die Funken stieben davon. Eben passend!