Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
nil_liest
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 706 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2024
Eine Fingerkuppe Freiheit
Zwerina, Thomas

Eine Fingerkuppe Freiheit


ausgezeichnet

Prägeschrift neu gedacht aus der Sicht der Blinden
Ein tolles Buch über den Erfinder der Blindenschrift Louis Braille. Empfindsam zu Papier gebracht vom Germanisten Thomas Zwerina, der selbst im Alter von 13 Jahre erblindete.
Ein Roman, der das Leben von Louis Braille nachzeichnet. Es beginnt mit seiner Kindheit auf dem Land im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Spannend ist das Leben in den schönsten Bildern beschrieben und man spürt förmlich die warmen Sommertage. Er wird älter, beginnt mit 12 Jahren die Schrift zu ersinnen und schon im Alter von 16 Jahren, im Jahr 1825, war die neuartige Schrift fertig. Bis dato existierenden nur Blindenschriften, die schwer lesbar waren. Seine Innovation war bahnbrechend und ist bis heute eine Errungenschaft, die Blinden eine große Hilfestellung ist. Was ich wirklich spannend fand ist die Resistenz, der er sich stellen musste. Viele Institution und Gelehrte waren strikt gegen seine neue Idee. Obwohl er aus seiner Blindheit, aus einer Not heraus genau die richtige Idee hatte und die Prägeschrift neu dachte aus der Sicht der Blinden. Dieses innovative Prinzip der Punktekombination aus 6 einzelnen Punkten. Wahnsinn!
Toll, prägnant geschrieben und sehr erhellend! Ich fand dieses Buch sehr gut und hilft mir auch meinen Horizont zu erweitern und das Verständnis, dass diese Schrift nicht nur zum Lesen notwendig ist, sondern eben auch ein Arbeitsmittel. Eine einfach Form mit 6 Punkten, die Blinde befähigt ihre Gedanken zu Papier zu bringen.
Sehr sehr lesenswert und eine Bereicherung um das Lebenswerk von Louis Braille!

Bewertung vom 16.05.2024
Die Zeit im Sommerlicht
Laestadius, Ann-Helén

Die Zeit im Sommerlicht


gut

Mir war nach dem Klappentext klar, dass dies hier keine Wohlfühllektüre wird, aber ich muss sagen Holla die Waldfee, hier ist viel Schmerz und Brutalität enthalten. Das Cover und der Titel lassen auf eine leichtere Lektüre schließen, besonders mit diesem Bild was nach so viel Hoffnung schreit. Auch der Titel ist aus meiner Sicht nicht so gut gewählt, heißt es auf Schwedisch im Original „Straff“ übersetzt Strafe. Das passt um Längen besser.
Denn dies hier ist ein Roman über die Unterdrückung der samischen Minderheit in Schweden und wie mit dem nomadisch lebenden Volk, das Renntiere züchtet, umgegangen wurde. Das Buch hat zwei zeitliche Ebenen. Zum einen spielt es in den 50er Jahren und wir lernen in Summe fünf Kinder kennen, die in eine Nomadenschule kommen, ein Internat. Klein sind sie alle, grade mal 7 Jahre alt. Dort sind sie physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt und ertragen viel. Zu viel. Brutal geht es zu. Es ist keine Schule, es ist im Grunde ein Umerziehungslager, sie dürfen nur noch Schwedisch sprechen und wenn die tyrannische Leiterin ungehorsam wittert gibt es Schläge.
Der Sprung in die 80er Jahre macht deutlich mit was für Traumata die nun Erwachsenen sich plagen, Suchtverhalten entwickeln, Emotionen nicht zulassen und vieles mehr. Wirklich beklemmend ist das Gefühl bei der Lektüre.
Auch wenn die Lage etwas anders ist, musste ich an die Kanadischen Indigenen Völker denken, deren Kinder auch viel Unrecht angetan wurde. Und hier erinnere ich mich auch plastisch an: Richard Wagamese mit „Der gefrorene Himmel“.
Ein Roman, der in Schweden eine Diskussion entfacht hat und lange auf deren Bestsellerliste stand. Ein Roman der einen blinden Fleck der Geschichte in den Fokus nimmt. Ungeschönt erzählt von Ann-Helén Laestadius, eine Halb-Samin, die durch das tiefe Schweigen der eigenen Familie hier Aufarbeitung betrieben hat und dem Thema Raum gibt.

Bewertung vom 16.05.2024
Nicht von dieser Welt
Ebert, Michael

Nicht von dieser Welt


ausgezeichnet

Gedenke den Vätern!
Wenn der eigene Vater stirb, reißt es einem ein Loch in die Brust und das Herz blutet vor Sehnsucht. Vor allem, wenn man wie Mischa erst 13 Jahre alt ist und der Vater überraschend stirbt, weil das Leben ihn nicht mehr trägt.
Der Autor, Michael Ebert, schöpft aus den eigenen Erinnerungen, wenn er Mischa mit seiner Mutter in die Personalwohnung eines Krankenhauses einziehen lässt, denn auch dort ist der Autor selbst groß geworden.
Hier vor dem Krankenhaus steht eine Telefonzelle bei der Mischa anrufe annimmt, die aus dem Jenseits zu kommen scheinen mit kleinen Aufträgen um den Toten Ruhe zu geben. Mischa hofft natürlich, dass sein Vater irgendwann dran ist und er ein letztes Mal mit ihm sprechen kann.
Aber nicht nur dieser kuriose Strang wird erzählt, denn weil das Geld mehr als knapp ist durch die Spielsucht des verstorbenen Vaters und die geringen Einkünfte der Mutter heckt er mit Sola, einer neuen Bekannten einen Plan aus in der ehemaligen DDR einen Stollen zu finden der angeblich viel Geld gebunkert haben sollte von der Staatsbank.
Telefonzelle, Staatsbank der DDR…hier sollte erwähnt werden, dass dieser Roman zu Beginn der 90er Jahre spielt und das damalige Flair herrlich transportiert.
Michael Ebert hat ein tolles Debüt geschrieben. Voller Herz, ohne Kitsch, mit Abenteuer und Tiefe. Mir hat es gut gefallen und ich kann es euch nur wärmstens ans Herz legen.

Bewertung vom 16.05.2024
Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime auf Sylt mit tollem Personal

Wenn ich an Sylt denke, dann erinnere ich mich natürlich in erster Linie an fabelhafte Urlaube zurück, mit dem eindeutigen Vorteil, dass wir durchweg im August immer Sonnenschein hatten. Ich weiß, nicht immer allen so gegeben auf dieser traumhaften Insel.
Daher habe ich sehr gerne diesen Krimi gelesen, verfasst von dem Immobilienmarkler Eric Weissmann: Mord unterm Reetdach. Fällt wie das Cover schon verrät definitiv in die Cozy Crime Ecke, aber ist trotzdem spannend und nicht zimperlich.
Besonders gut gelungen finde ich, dass ab und an Besonderheiten, Orte und Strukturen der Insel, sei es über Häuser, Menschen oder die Natur einfließen, es aber nie zu viel oder zu wenig ist. Natürlich perfekte Urlaubslektüre auf Sylt, aber eben auch lesbar ohne dass man die Insel jemals betreten hat! Vor allem, weil der auf Sylt lebende Autor sich die Mühe gemacht hat sehr professionelle Videos zu einzelnen Orten auf Sylt bereitzustellen auf YouTube (QR-Code im Buch).
Nun aber zum Kern der Mordsgeschichte ohne zu viel zu verraten. Kristan Dennermann, der fiktive Immobilienmakler, soll ein Haus in Süderheidetal verkaufen. Leider stirbt der Hausbesitzer Hinnerk Petersen kurz nach dem Auftrag. Da Kristan auch noch derjenige ist, der die Leiche findet und ein entscheidendes Detail im Haus fand, lässt ihn der Tod des Mannes nicht los und er begibt sich auf Spurensuche. Was sich als recht gefährlich herausstellt!
Was diese Cosy Crime Geschichte so nett macht, ist das bunte Personal, dass hier zum Einsatz kommt. Herrlich erfrischend und teilweise witzig ohne überdreht zu werden. Da ist natürlich Kristan stets begleitet von seinem Corgi (Hund); die anpackende Hella, seine gute Seele im Maklerbüro; Eleonore, zu reich und vom Hauskaufen besessen; Lilo, die das beste Hundefutter auf Sylt im Angebot hat und ein neuer nicht sehr freundliche Kommissar Kröger. Natürlich sind da noch viiiiele mehr.
Wann konnte ich das Ende ahnen, ab Seite 321 von 346. Daher bestens! Ich freu mich auf Fall 2!

Bewertung vom 14.05.2024
Angezählt
Preiß, Markus

Angezählt


ausgezeichnet

Deutschland lebt behaglich nicht visionär – das wird teuer

Wer denkt: Langweilig. STOPP! Seriös und etwas langweilig kommt das Buch äußerlich daher, aber es hat es in sich. Wer wie ich momentan das Gefühl hat, dass in Deutschland so einiges politisch nicht ganz so läuft und irgendwie der Zug aus der Spur gesprungen ist, der hat hier erhellende Momente bei der Lektüre.
Klar, es geht hier um Politik, klar, es geht um das Europäische Parkett, aber es ist journalistisch sehr gut geschrieben und holt alle ab aus meiner Perspektive. Ich würde sogar vielen jungen Leuten raten dieses Buch zu lesen um eine differenziertere Beleuchtung des Ist-Zustandes zu erlangen. Denn vieles was heute greift, wurde in der Vergangenheit entweder strategisch manövriert oder beziehungstechnisch aufgebaut.
Was Markus Preiß durch seine jahrelange Erfahrung und Einblicke hervorragend schafft, ist das was ich „connecting the dots“ nenne. Er lässt Momenten der europäischen und internationalen Politik für uns Revue passieren und kontextualisiert sie und schafft einen Bezug zu heute. Auch an der ein und anderen Stelle eine Forderung postulierend, aber recht neutral im Sinne der Offenlegung von Fakten.
Deutlich wird, dass Deutschlands Stärke einst Nüchternheit und Seriosität war und dem ist Aktionismus gewichen. Deutschland muss intellektuell verstehen, dass die Mittelverwendung anders gestaltet werden muss. Zu komfortabel, zu bequem um Veränderung grundlegender Natur voran zu treiben in Deutschland, in Europa, in der Welt.
In 10 Kapiteln nimmt der Chef des ARD-Hauptstadtstudios uns mit, zeigt klar auf welches strategisch wichtiges Gewicht Deutschland in der EU ist, womit auch eine europäische Verantwortung einher geht und welcher Beziehungsarbeit es mit anderen Ländern bedarf und zeigt die fehlende innovative Kraft die wir alle aufbringen müssen für unsere Demokratie.

Bewertung vom 08.05.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


ausgezeichnet

Fürsorgearbeit, Care-Arbeit, Mental Overload. Schön, dass es für alle diese Dinge Begriff heutzutage gibt, aber die Benennung und die Sichtbarkeit ist ein Schritt von vielen den wir als Gesellschaft gehen müssen.
Mareike Fallwickl hast bereits mit „Die Wut, die bleibt“ ein Roman erschaffen, der in diese Kerbe haut und das schmerzhaft literarisch verarbeitet was auf unseren Schultern lastet. Weiter geht es mit „Und alle so still“, wieder ein Roman der nuanciert sichtbar macht, was uns umtreibt oder umtreiben sollten. Gelungen ist dabei vor allem die Schattierungen der Charaktere. Klar, gibt es in ihrem Roman auch die ausgelaugte, am Ende der Leistungsmaschinerie vollkommen zermürbte Krankenpflegerin, alleinerziehend. Das ist Ruth. Sie ist Mitte 50, hat ihre Glaubensätze nie in Frage gestellt und fühlt sich verpflichtet. Auf ihre Kosten, ihrer Gesundheit, ihr Lebensglück.
Ganz im Gegenteil dazu steht Elin, erst einmal wundert man sich über diese Figur. Eine junge Influencerin, die scheinbar, auf den ersten Blick, kein Thema mit Carearbeit hat. Aber dann doch, denn die leistungsafine und stets 100%-perfektionsgedrillte Mutter beschert ihr die mentale Last einer Hochperformaerin und eigentlich tief in ihrem Inneren will sie ausbrechen. Raus aus dem Hamsterrad.
Sehr schön finde ich, dass auch ein Mann mit von der Partie ist: Nuri. Er kann kaum von dem Geld leben, dass er mit seinen Stundenjobs als Minderqualifizierter erwirtschaften kann. Hier geht es auch um die übergeordnete Kritik an unserer Gesellschaft.
Mareike Fallwickl spricht vielen aus der Seele mit ihrem Roman, er prangert in bester Prosa an und verpackt Gesellschaftskritik in einer fiktiven Umgebung. Wer sich nicht angesprochen fühlt, sollte diesen Roman als Ansporn lesen um mehr Empathie für Dritte und die Welt aufzubringen.
Wahnsinnig wertvoll. Wahnsinnig gut geschrieben.
Fazit: It is all connected. Indirekt betrifft es uns alle, ein Roman der sensibilisiert, auch wenn er keine Spaßlektüre ist.

Bewertung vom 05.05.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

Ein Abgrund für zwei

Wann ist eine Beziehung, die einseitige Abhängigkeiten beinhalten, noch gesund und wann wird es toxisch? Eine der vielen Fragen, die dieses Buch „Geordnete Verhältnisse“ in sich trägt.
Wir folgen zwei Personen, die sich zu Schulzeiten kennenlernen und oberflächlich wirkt es gut. Denn Philipp nimmt sich der geflüchteten Faina an und erklärt ihr die deutsche Welt in der Kleinstadt. Eine Überlegenheit seinerseits ist deutlich spürbar, er macht sie zu seiner Faina. Eine komplizierte Beziehung, die sich aus den Augen verliert nach der Schule um dann doch wieder zueinander zu finden. Sie schwanger ohne zu wissen von wem, flüchtet in seine Obhut. Er wird zu ihrem überschattenden Kontrolleur und nimmt ihr alle Freiheiten.
Woraus entstand diese Situation? Aus zwei völlig verkorksten Kindheiten. Denn Philipp ist Sohn einer Alkoholikerin, die ihm keine „Geordneten Verhältnisse“ bieten konnte, die lernt er nur einmal bei seiner Tante kennen. Diese zerrüttete Basis macht ihm zu einem beziehungsunfähigen Mann, der Obsessionen hat. Aber auch Faina hat durch Flucht und zerrüttete Familienverhältnisse keine gute Basis und eine schräge Ausgangslage ihrer Psyche münden dann in einer bipolaren Störung.
Lana Lux schreibt gut und führt uns in die gemeinsame Spirale der Problematik und Zuspitzungen ein. Ihr gemeinsames Karussell dreht sich immer schneller und wirft beide aus der Bahn. Literarisch großartig erzählt auf so beklemmend echte Art und Weise.

Bewertung vom 05.05.2024
Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5
Benedict, Marie

Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5


sehr gut

Vergessene Frau der wegweisenden Forschung

Die Anwältin aus Pittsburgh Marie Benedict hat großen Respekt vor starken Frauen der Weltgeschichte und hat schon so einigen ein Denkmal gesetzt mit ihren Romanen, wie Frau Einstein und Lady Churchill. Spannend und unterschiedlich sind diese herausragenden Vorbilder. Nun hat sie sich in ihrem fünften Roman „Das verborgene Genie“ (im Original „Her hidden genius“) Rosalind Franklin vorgenommen.
Rosalind Franklin ist eine DER Frauen, die unsere Gegenwart entschieden beeinflusst hat, denn sie hat die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckt. Nur leider waren es dann drei Männer die den Nobelpreis absahnten. Umso besser, dass Marie Benedict ihre Geschichte nun als Roman verpackt deutlich macht und ihr posthum damit ein Stück Ehre wiedergibt. Natürlich ist nicht alles so wie im Roman geschehen, natürlich wissen wir nicht genau wie und warum es zu diesem Fallstrick kam. Aber an vielem wird etwas dran sein was hier verarbeitet wurde, denn Marie Benedict ist ein Autorin die sich ihrer Recherche ausgiebige widmet.
Der Roman ist aus Franklins Ich-Perspektive geschrieben und nimmt uns sehr nah mit wie sie angetrieben ist von ihrer Forschung. So weit, dass sie sich selbst leider gesundheitlich gefährdet. In der zweiten Hälfte geht es um den Wettlauf der Publikation und wer den Ruhm einsackt und hier wurden besonders gut die enttäuschenden Momente und die Tiefpunkte wiedergegeben.
Spannend für alle die sich gerne auch mal mit Chemie, Biologie und Physik interessieren. Auch wer keine Ahnung hat im Detail wird Lesespaß haben, denn gut geschrieben ist es. Genauso wunderbar übersetzt von Kristin Lohmann.

Bewertung vom 05.05.2024
Zeichne mal den Grüffelo und seine Freunde
Scheffler, Axel

Zeichne mal den Grüffelo und seine Freunde


ausgezeichnet

Es gibt nichts schöneres als die Helden der eigenen Kindheit zeichnen zu können. Meist gehen die ersten Versuche gen Micky Mouse und Donald Duck, aber warum bitte nicht auch den Gruffelo oder andere Helden aus den Bilderbüchern, die Axel Scheffler illustriert und Julia Donaldson geschrieben hat?
Nun gibt es für alle Fans der gut gereimten Bilderbücher, die zu Recht schon als Klassiker gelten, ein Zeichenbuch. Wie malt man diese wilden Kreaturen, die doch immer recht freundlich schauen? Wie wird Gruffelo, Riese Rick und die Hexe gezeichnet?
Dies ist ein Buch zum reinzeichnen, ausprobieren und kreativ sein. Uns gefällt es gut, weil es simpel strukturiert ist und gleich losgezeichnet werden kann. Schritt für Schritt und mit Variationen, wie schaut der Grüffelo überrascht, wütend, oder gar traurig?
Ein schönes Mitmach-Zeichenlern-Buch für alle die diese kreativen Geschichten vom „Buckelwal und der Schnecke“ über „Für Hund und Katz ist auch noch Platz“ und viele viele andere der beiden so mögen, wie wir.

Bewertung vom 02.05.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Was für eine Idee! Der Kanadier Scott Alexander Howard hat mit „Das andere Tal“ ein sehr spannendes Gedankenspiel literarisch eingekleidet. Was wäre, wenn man die Vergangenheit und die Zukunft besuchen könnte? Genau das ist möglich in dieser fiktiven Welt. Jedes Tal repräsentiert eine Zeitzone, alle haben 20 Jahre Abstand. Natürlich ist es streng verboten seine eigene Welt zu verlassen und sich eigenmächtig in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu begeben.
Die Protagonistin Odile Ozanne ist in ihrer Welt 16 Jahre alt und im Begriff erwachsen zu werden, sie steht kurz vor ihrem Schulabschluss. Sie bemüht sich um eine Ausbildung als Sachbearbeiterin der besonderen Art. Denn es sind Anträge in die Zukunft oder die Vergangenheit reisen zu dürfen. Nicht leicht hier zu bestehen, denn es ist eine Gradwanderung wann solche Anträge bewilligt werden.
Natürlich ist auch sie irgendwann Mittelpunkt dieses komplexen Gebildes von Wissen um die Zukunft. Ein großartiges Meisterwerk des Gedankenspiels von „was wäre wenn ich wüßte was passiert“. Wie beeinflusst das Wissen um die Zukunft mein Handeln im Hier und Jetzt.
Scott Alexander Howard ist ein wirklich fantastisches Debüt gelungen. Toll geschrieben, wahnsinnig gut erzählt und noch dazu so einnehmen, dass ich es nicht weglegen mochte.
Auch wenn die Szenerie und der Tonfall eher düster und beklommen ist, nimmt das Buch mich ein und fordert mich durch dieses „What if“ Szenario. Zugleich ist es auch eine Coming-of-Age Geschichte in einem schwierigen Umfeld. Es erinnert so manches Mal an totalitäre Gesellschaftsformen und ihre negativen Einwirkungen auf das Leben in Unfreiheit.
Dieses Buch kann ich kaum in eine Schublade stecken – will ich auch nicht. Es sind so viele Elemente enthalten, dass es viel, aber nicht zu viel ist. Ein wirklich tolles Buch, dem ich viele viele Leser wünsche.
Ach und bevor ich es vergesse, aus meiner Sicht auch ein tolles Buch für heranwachsende Jugendliche ab 15 Jahren. Denn die Protagonistin ist auch jung und durchläuft das Erwachsenwerden und das Buch bietet viel Raum um Diskussionen in Gang zu bringen und sich Auszutauschen. Wäre guter Unterrichtsstoff, auch Englisch LK!