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Bücherstadt
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Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2013
Von Idioten umzingelt! / Gregs Tagebuch Bd.1
Kinney, Jeff

Von Idioten umzingelt! / Gregs Tagebuch Bd.1


sehr gut

Als der 13-jährige Greg in die Junior-Highschool kommt, schenkt ihm seine Mutter ein Tagebuch. Na ja, kein richtiges Tagebuch. Das steht zwar außen auf dem Deckel, aber Greg sieht es eher als kleines Geschichten-sammelsurium. Und das ohne jede Gefühlsduselei. Dafür bleibt viel Platz für Humor, kleine Abenteuer und die ein oder andere Zeichnung. Zeichnungen? Ja, "Gregs Tagebuch" ist ein Comic-Roman, der durchgehend auf linierten Seiten gedruckt wurde. Der Leser hat dadurch das Gefühl, in einem realen Tagebuch zu blättern.

Zu den Geschichten
Greg berichtet hauptsächlich von seinem Schulalltag und seiner Freizeit. Dabei geht es mehrfach um übliche Konflikte mit größeren Schülern, aber auch um Probleme mit Lehrern und verschiedene Schulveranstaltungen. Im Mittelpunkt steht dabei meist, dass Greg seine Mitschüler als nicht besonders helle Köpfe empfindet. Gleichzeitig gehört er aber auch selbst zu den nicht sehr beliebten Schülern. Man kann ihn wohl eher als unauffälligen Durchschnittsschüler beschreiben. Trotzdem versucht er in manchen Situationen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken oder von der Popularität anderer zu profitieren. Und das ganz besonders, wenn Mädchen in der Nähe sind.
In seiner Freizeit spielt er sehr gerne Videospiele, die seine Eltern allerdings nicht sonderlich mögen. Daher wird er immer wieder angehalten, mehr Sport zu treiben oder einfach an die frische Luft zu gehen. Das macht er auch. Er kommt dann aber meist nur bis zu seinem Freund Rupert, der in der schulischen Beliebtheitsskala, noch weit hinter Greg zu finden ist.
Und als wäre dieses Leben nicht schon Strafe genug, hat Greg auch noch einen großen Bruder, der gerne Heavy Metal hört und einen kleinen Bruder, der immer alles bekommt, was er sich wünscht.
Chaos, Probleme, Abenteuer und sonderbare Begebenheiten sind also vorprogrammiert.

Meine Meinung
Ich habe mich beim Lesen köstlich amüsiert. Durch die einfache Sprache und die teilweise sehr großen Zeichnungen, hatte ich den ersten Band allerdings auch relativ schnell beendet. Zum Glück gibt es ja noch fünf andere Bände, in denen Greg viele Geschichten aus seiner verrückten Welt berichtet.
Von der ersten bis zur letzten Seite sind die Geschichten sehr humorvoll, aber nicht niveaulos. Sicherlich sind sie für Kinder bzw. Jugendliche geschrieben, aber der Autor und Zeichner hat es geschafft auch Späße einzubauen, die den erwachsenen Leser ansprechen. Teilweise sind dies Dinge, die man nur als Erwachsener verstehen kann, teilweise geht es um Lebensweisheiten, die man mit einem gewissen Alter nahezu automatisch erlangt.

Fazit
Eine tolle Lektüre für zwischendurch, die die Lachmuskeln aktiviert.

7 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2013
Léon und Louise
Capus, Alex

Léon und Louise


sehr gut

16. April 1986
Die Familie Le Gall befindet sich in der Kathedrale Notre Dame und nimmt an einem Trauergottesdienst für ihren Verwandten Léon teil. (...) Die eher langweilige Trauerfeierlichkeit wird unterbrochen, als eine ältere und sehr elegant gekleidete Dame die heiligen Hallen betritt und direkt auf den offenen Sarg zusteuert. Sie küsst Léon kurz auf die Stirn, legt dann ihre Wange an seine und holt anschließend eine Fahrradklingel aus der Tasche, die sie zweimal betätigt und letztendlich in den Sarg legt. Sie schaut allen anwesend einzeln kurz in die Augen und verlässt die Kathedrale dann wieder. (...)
Ausgehend von diesem Tag, der eigentlich in gewisser Weise das Ende einer großen Liebe darstellt, beschreibt ein Enkel Léons die ganze Geschichte des Paares. Er beginnt im Jahr 1918 und berichtet wie sein Großvater mit 17 Jahren das Elternhaus verließ und was diesem Abschied vorausgegangen war. Nur mit einem Koffer auf dem Fahrrad begibt sich der Junge von Cherbourg nach Saint-Luc-sur-Marne, wo er als Morseassistent im dortigen Bahnhof arbeiten soll. (...)
Nach einer wunderschönen, aber auch anstrengenden Fahrt, die er in mehreren Etappen gemeistert hat, wird er kurz vor seinem Ziel von einem wunderschönen Mädchen auf einem Fahrrad überholt. (...) Jede freie Minute wird aber für die Suche nach diesem Mädchen genutzt. Auch wenn das manchmal nur heißt in einer Bar zu sitzen und auf ihr zufälliges Eintreffen zu hoffen.
Als sie sich wirklich kennen lernen, ist die Begegnung eher zögerlich. Louise denkt, dass Léon sie nur ins Bett bekommen möchte und Léon ist einfach nur auf eine kindlich-naive Weise fasziniert von der Angebeteten.
(...)
An einem herrlichen Sommertag begeben sich die beiden per Fahrrad an die Atlantikküste und verbringe dort unter freiem Himmel eine wunderbare Nacht. Beseelt von diesem Ereignis radeln sie, wie die Wilden zurück In Richtung Saint-Luc-sur-Marne, als ein Fliegerangriff sie plötzlich überrascht und auseinanderreißt. Beide können gerettet werden, halten sich aber einander für tot und tauchen bald schon in ein neues Leben ein.
(...)
Alex Capus hat nicht nur einen Liebesroman über ein erstaunliches Paar geschrieben, der stark durch seine eigene Familiengeschichte beeinflusst wurde. Nein, er greift auch immer wieder die historischen Hintergründe auf und beschreibt anhand von Léon, Louise und ihren Angehörigen, wie bestimmte Verhaltensweisen in besonderen Kontexten entstanden sind. D(...)
Seine Sprache ist dabei sehr klar und doch poetisch. Gerade die ersten Kapitel haben mich überrascht und Hoffnung aufkommen lassen, das es sich hier um einen großen literarischen Glücksfall handelt. Leider konnte der Autor meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Trotzdem ist seine Ausdrucksweise sehr angenehm und ab und an wunderschön malerisch. Kleine philosophische Gedanken pflanzen sich beim Leser ein und wachsen erst ganz langsam zu leiblichen Ranken, die einen erfreuen und zum Lächeln bringen.
Aber auch mit traurigen und vielleicht sogar unverständlichen Situationen wird der Leser konfrontiert. Dabei darf man nie vergessen in welcher Zeit sich dieses Paar gefunden und wieder verloren hat. Was der ein oder andere Leser den Protagonisten daher als charakterliche Züge zuschreiben wird, ist aus meiner Sicht eine gelungene Darstellung der Handlungsspielräume in der damaligen Zeit. Das betrifft besonders Léons Frau, die aus meiner Sicht eher pragmatisch und zeitgemäß handelt und nicht offen und äußerst tolerant. In diesen Figurenbeschreibungen liegt auch eine Stärke des Romans. Man kann sich die Menschen exakt vorstellen und hat das Gefühl sie zu verstehen. Man geht nicht immer konform mit ihren Entscheidungen, kann sie aber nachvollziehen.
Als einzige Schwäche ist mir in diesem Werk eine gewisse Langatmigkeit aufgefallen. Man hat aber den Eindruck, das Capus dies auch bewusst geworden ist, und er versucht hat den Makel durch eine gewisse zusätzliche Konstruktion und Füllung der Geschichte auszugleichen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2013
Das späte Geständnis des Tristan Sadler
Boyne, John

Das späte Geständnis des Tristan Sadler


ausgezeichnet

Die allgemeine Kriegsbegeisterung, die man in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland beobachten konnte, gab es auch in den anderen Staaten. Dies war sogar noch nach Kriegsende zu spüren. Männer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in den Krieg ziehen konnten, sehen sich als minderwertig an. Frauen, die sich nicht beteiligen dürften, sind noch immer brüskiert darüber und versuchen, ihre Wut zu kompensieren, indem sie Veteranen helfen. Und Jugendliche, die zu jung waren, saugen jede Geschichte in sich auf und sehen alles als ein großes Abenteuer an.
Tristan Sadler ging mit siebzehn Jahren zur Armee und kämpfte mit seinen Kameraden in Frankreich. Er hat viel Leid gesehen und am eigenen Leib gespürt. Für Menschen, die dem Krieg nachtrauern, hat er kein Verständnis. Er würde sich glücklich schätzen, wenn er die Zeit zurückdrehen und seine eigene Teilnahme, und vor allen Dingen bestimmte Taten, rückgängig machen könnte.
In den schrecklichen Tagen des Krieges stand ihm einige Zeit ein guter Freund namens Will zur Seite. Dieser schrieb häufig Briefe an seine Schwester und erhielt auch umfangreiche Antworten. Leider ist er auf "unrühmliche" Art umgekommen. Dieses Ereignis verfolgt Tristan jede Minute des Tages und er hofft, dass sich dieses Gefühl ändert, wenn er Wills Schwester die gesammelten Briefe, die sie an ihren Bruder schrieb, zukommen lässt. (...)
Sprache, Stil,...
John Boyne ist den meisten Lesern wahrscheinlich durch sein kleines Buch "Der Junge im gestreiften Pyjama" bekannt. In seinem Buch "Der Schiffsjunge" ging er noch weiter in die Vergangenheit zurück und thematisierte die Ereignisse auf der Bounty. Aus meiner Sicht lag ein riesiger Entwicklungsprung zwischen diesen beiden Büchern. Doch was uns Boyne jetzt anbietet, ist noch eine Stufe besser.
Die Geschichte von Tristan Sadler ist spannend, realistisch und auch traurig. Sie orientiert sich an historischen Gegebenheiten, die den meisten Menschen nicht bekannt sind. Gleichzeitig können alle Ereignisse ebenso auf andere Kriege übertragen werden. (...) Seine Gedanken, die aus bestimmten Weltvorstellungen resultieren, die Erlebnisse, die er während seiner Militärzeit macht und seine Entwicklung sind universell.
Damit diese Geschichte aber eine Reflexion beim Leser auslöst, stellt der Autor dem Protagonisten eine Familie und Freunde zur Seite, die ihn immer wieder anstupsen und selbst zum Nachdenken bringen. Und so entwickelt man sich praktisch während des Lesens mit Tristan Sadler. Dies passiert nicht durch Zwang, sondern durch Spannung. Boyne hat einen Lebenslauf geschrieben, der immer wieder Wendungen enthält, die völlig nachvollziehbar und realistisch sind. Gleichzeitig erzeugen sie aber einen Spannungsbogen, der dazu führt, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. Zudem entwickelt er zwei verschiedene Erzählstränge, die auf ein gemeinsames zeitliches Ziel zusteuern. Sicherlich kann man anbringen, dass diesen handkniff jeder zweite Autor anwendet. Aber Boyne wäre nicht Boyne und hätte keine Entwicklung durchgemacht, wenn er an diesem Punkt aufhören würde. Nein, er fügt nach und nach weitere Handlungsstränge ein, die ein wunderbares Zeit- und Handlungsgeflecht ergeben.
Sprachlich schafft er es, dieses Geflecht mit sanften Worten zu unterfüttern, die an wenigen Stellen von einer derben Sprache unterstützt werden. An diesen Punkten soll nichts beschönigt werden, sondern die nackte Wahrheit und Dramatik der Situation sollen aufgezeigt werden. Obwohl sich das Werk vornehmlich an Jugendliche richtet, ist die Wortwahl nicht zu lax. Aus meiner Sicht hat er ein gutes Mittelmaß zwischen anspruchsvoller, sehr bildlicher und zeitgemäßer Sprache gefunden. Hier muss ich auch ein ausdrückliches Lob an den Übersetzer Werner Löcher-Lawrence aussprechen.

Fazit: Ein tolles Jugendbuch, das unbedingt zu empfehlen ist, weil es rundum überzeugt.

Bewertung vom 22.05.2013
Der Tod liegt in der Luft / Young Sherlock Holmes Bd.1
Lane, Andrew

Der Tod liegt in der Luft / Young Sherlock Holmes Bd.1


ausgezeichnet

Der pubertierende Spross der wohlhabenden Holmes-Familie kann die Sommerferien leider nicht zuhause verbringen. Sein Vater befindet sich noch Indien, seine Mutter ist nervlich sehr angeschlagen und sein Bruder ist beruflich stark eingespannt. Daher bleibt dem Jungen nichts anderes übrig als sich nach Farnham, zu Tante Anna und Onkel Sherrinford zu begeben. Er kennt die beiden nicht und sie scheinen sich auch mit Sherlocks Eltern nicht gut zu verstehen. Zudem warnt ihn sein Bruder sehr eindringlich vor der Haushälterin, die wohl kein Freund der Familie sein soll. Was sollen das nur für Ferien werden? Überall unfreundliche Menschen und keine Freunde. Na gut, die hatte Sherlock jetzt auch nicht unbedingt in der Schule, aber ein paar gleichaltrige Burschen wären schon ganz nett.
Es hält den neugierigen Jungen natürlich trotzdem nicht lange in dem Haus der Familie. Er erkundet die Umgebung und versucht sich auf den umliegenden Feldern und im Wald die Zeit zu vertreiben. Widererwartend trifft er dort auf einen interessanten gleichaltrigen Jungen, der ihm die nahe gelegene Stadt zeigt und Sherlock mit den Gepflogenheiten bekannt macht. Als sich beide schon die folgenden gemeinsamen Tage voller Freude ausmalen, kommt alles ganz anders. Sherlock bekommt einen kauzigen Privatlehrer, eine mysteriöse Krankheit geht in der Region um und auf Holmes Manor wird ein Toter gefunden. Sherlock ist ohne es zu ahnen mitten in seinem ersten Fall, den er nur mit seiner analytischen Fähigkeit und einer großen Portion Mut lösen kann.

Ich muss es vorwegnehmen: Aus meiner Sicht hat Andrew Lane einen wundervollen Jugendroman geschaffen, der die jungen Jahre des Meisterdetektivs fantastisch aufbereitet.
Natürlich ist es schwer oder vielleicht sogar nahezu unmöglich einen Roman zu schaffen, der sich ohne Knirschen in die diversen Geschichten von Conan Doyle einfügt. Ich denke aber, dass Lane gar nicht diesen Anspruch hatte. Er wollte eher eine Detektivgeschichte im alten Stil erzählen, die zwar Sherlock Holmes als Hauptfigur in sich trägt, aber unabhängig von den späteren Ereignissen gesehen werden kann. Damit hat er ein sehr ambivalentes Werk geschaffen, das es auf der einen Seite schafft, junge Leser für den Kosmos Holmes zu gewinnen und auf der anderen Seite mit gutem Gewissen von Holmes- und Krimifans gelesen werden kann.
Verantwortlich für den Lesegenuss ist eine schöne Sprache, die ohne Schnörkel auskommt und trotzdem in die Handlungszeit passt und sich in die Welt von Sherlock Holmes einbettet.
Zudem ist aus meiner Sicht die Entwicklung der Figuren sehr gut gelungen. Sherlock hat schon seine analytische Denkweise entwickelt, die sich allerdings noch in den Kinderschuhen befindet und durch stetige Anregung und Nutzung geformt werden muss. Andrew Lane arbeitet diese mentale Veränderung sehr detailliert heraus und sorgt damit für Freude bei dem Leser, weil man den Eindruck gewinnt hautnah dabei sein zu können, wenn sich dieses Hauptmerkmal des Detektivs heraus-kristallisiert. Weiterhin klingen immer wieder Charaktereigenschaften an, die man mit Sherlock Holmes verbindet. Diese tauchen aber nur nebenbei auf und werden bei den Kennern ein Schmunzeln verursachen. Für alle anderen gehören sie zu den gelungenen und sehr bildlichen Personen-beschreibungen.
Letztendlich ist außerdem der Plot so rasant, wie man es von einer Holmes-Geschichte erwartet. Mehrfach glaubt man, dass der Nachwuchsdetektiv am Ende sei. Doch dann wendet sich völlig nachvollziehbar das Blatt und die Figuren haben neue Plätze eingenommen.

Fazit: Natürlich vergleicht man den jungen Holmes immer mit seinem erwachsenen Pendant und mit den verschiedenen Schauspielern, die in seine Rolle schlüpfen konnten. Doch wenn man sich einmal davon frei machen kann, liest man einen tollen Jugendroman, der spannend gestaltet ist, zum Mitdenken anregt und eine sprachliche Freude ist.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2013
Muschebubu
Sylvester, Christine

Muschebubu


ausgezeichnet

Inhalt
Die Polizeikommissarin Lale Petersen sitzt in einem Zug einer Frau gegenüber, die ohne Punkt und Komma über ihr Leben und ihre Familie spricht. Wenn sie doch nur für ein paar Minuten den Mund halten würde! Da bleibt der Polizistin nichts anderes übrig als ganz dezent in den Schlaf zu entschwinden. Ruhe. Entspannung. "Fahrkartenkontrolle!" Das war es mit den schönen Träumen und der kuscheligen Wärme. Chaotisch wie Lale ist, findet sie natürlich ihre Fahrkarte nicht sofort und der Kontrolleur will auch noch wissen, was mit ihrer Begleitung ist. Na, die Dame ist wohl durch ihre eigene Erzählung eingeschlafen. Als Lale sie wecken will, stellt sie allerdings fest, dass die Frau nicht nur kurzfristig verstummt ist. Sie ist eindeutig tot.

Sprache, Charaktere, Handlung
Lale Petersen ist dem Leser sofort sympathisch. Sie hat einen sehr direkten Humor, der durch ihr Leben in Hamburg gekennzeichnet ist. Zudem ist Sarkasmus so etwas wie ihr zweiter Vorname. Für jeden Gesprächspartner und für jede Situation hat sie eine leicht schnippische Antwort parat, die beim Lesen ein Lächeln erzwingt. Nach einer bestimmten Zeit fragt man sich allerdings, ob die Figur dieses Verhalten durchhalten kann oder ob sie irgendwann zusammenbricht. Und vor allen Dingen stellt sich die Frage auch in gewisser Weise dem Leser. Kann er diese Art und Weise durchhalten oder bricht er irgendwann zusammen, weil er diese ständige gute Laune nicht mehr ertragen kann? Ich habe durchgehalten und ich muss sagen, dass ich mit Lales Eigenarten sehr gut ausgekommen bin. Meine ersten leisen Zweifel wurden mit jeder Seite kleiner. Die Figur entwickelt sich ganz nebenbei mit der Geschichte. Sie ist mit ihrer Sprache und ihrer Haltung so gut in das Beziehungsgeflecht und die Handlungen eingebunden, dass man keine Ecken und Kanten erkennen kann. Es passt einfach alles. Genauso ist es mit den anderen Charakteren und der Handlung. Jede Wendung und jedes Auftauchen einer neuen Persönlichkeit passt in den Handlungsrahmen und man fragt sich nicht einmal, wie es jetzt zu diesem Konflikt oder jener Lösung kommen konnte. Gleichzeitig ist die Geschichte aber weder langweilig noch altbacken. Manche Leser denken vielleicht, dass gerade mit dem Thema Stasi-Verbrechen Stereotype angesprochen werden und eine immer wieder gleiche Geschichte erzählt wird. Christine Sylvester hat es aber geschafft ganz offensichtliche und historisch bedingte Aspekte in aktuelle Themen und reale Verbrechen einzubetten. Dieses Zusammenspiel entwickelt in der fiktiven Handlung eine ganz eigene Dynamik, die Spannung erzeugt und ein leichtes Lesen ermöglicht. Letztendlich ist aber auch die Sprache sehr angenehm und nicht zu stark von lokalen Gepflogenheiten geprägt. Die meisten Figuren verfallen eher selten in ihre lokale Sprache. Häufig ist dies der Fall, wenn sie selbst nervös sind und unter Anspannung stehen. Und dies ist doch eine Situation, die wir alle kennen. Man benötigt also kein Handbuch der sächsischen Sprache, um die Handlung komplett nachvollziehen zu können. Auch abseits der Besonderheiten ist die Geschichte sehr leicht verständlich und in einem eher freundschaftlichen Ton geschrieben. Es geht nicht so sehr darum die Grausamkeiten der einzelnen Verbrechen hervorzuheben. Der Leser wird eher gemütlich in die Umgebung eingebettet, in dem er freundschaftlich empfangen wird und man auf einer Ebene kommuniziert. Wer also in hohen sprachlichen Sphären schweben will oder blutige Details liebt, sollte die Finger von dem Roman lassen. Wer sich gut amüsieren will und Spaß am miträtseln hat, der ist hier genau richtig.

Fazit
Ein Roman, dem aus meiner Sicht viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde und wird. Schließlich handelt es sich hierbei um eine wunderbare Kriminalgeschichte mit einem kleinen Hauch von Lokalkolorit, die zum Verschlingen einlädt. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 21.05.2013
Deutsche Geschichte
Mai, Manfred

Deutsche Geschichte


ausgezeichnet

Inhalt/Hintergrund
Natürlich wurde mir als Geschichtslehrerin eingeimpft, dass Quellen am besten Geschichte erzählen können. Dazu muss man sie aber erst einmal zum Erzählen bringen und man muss über ein gewisses Handwerkszeug verfügen, um die Geschichte richtig deuten zu können. Und manchmal ist es schlichtweg ermüdend nur mit Textquellen oder Karikaturen zu arbeiten. Wie kann man also Kinder, Schüler, Jugendliche und interessierte Erwachsene, die eine leichte Aversion gegen Quellenarbeit haben, für die Deutsche Geschichte gewinnen? Indem man (ganz) einfach erzählt. Allerdings geht es hierbei nicht um das Erzählen eines Zeitzeugen, wie es seit Jahren durch die Verfechter der Oral history propagiert wird. Das wäre auch schwerlich möglich bei ca. 2000 Jahren Geschichte. Nein, es geht darum die historischen Abläufe, wie sie sich uns heute darstellen, in geeigneter Art und Weise zu erzählen. Dabei darf man nicht in unwesentliche Bereiche abwandern oder zu stark ins Plaudern verfallen. Man darf aber auch nicht mit Fakten um sich werfen und den Leser mit einer langen Liste voller Jahreszahlen belästigen.

Manfred Mai ist nicht nur ein Schriftsteller, der sehr schöne und empfehlenswerte Kinder- und Jugendbücher geschrieben hat und tolle kleine Geschichten erschaffen kann. Er hat es sich auch zur Aufgabe gemacht Wissen rund um Geschichte und Literatur so aufzubereiten und zu erzählen, dass es für Kinder und Jugendliche verständlich ist.

Bereits 1999 erschien sein Buch "Deutsche Geschichte", welches sehr erfolgreich war und von vielen Landeszentralen für politische Bildung erworben und beworben wurde. Aber da Geschichte nicht stehen bleibt, wurde 2009 eine Neuauflage herausgebracht. Und wieder erfreute sich das Buch großer Beliebtheit. Zwei Jahre später erschien eine weitere aktualisierte Neuauflage.

Aber was führt nun dazu, dass das Buch so häufig empfohlen wird?

Meinung
Auf noch nicht einmal 200 Seiten schafft es der Autor die Zeit von Christi Geburt bis zur Agenda 2010 zu beleuchten. Die dabei gelegten Schwerpunkte sind aus meiner Sicht sehr gut gewählt und entsprechen dem, was wohl in einem entsprechenden Kanon vorkommen müsste. Aus jeder Epoche hat Mai wichtige gesellschaftliche, politische und religiöse Aspekte ausgewählt, die es dem Leser erlauben einen guten Überblick zu erhalten.
Der Erzählstil ist dabei sehr ruhig und vielleichte in bisschen schlicht, aber keineswegs langweilig. Kleine Anekdoten werden zwar erzählt und runden das Gesamtbild ab, werden aber auch als solche ausgewissen. Sie stehen also nicht gleichbedeutend neben den verbrieften historischen Ereignissen beziehungsweise den vorliegenden Quellen. Zudem wird immer wieder betont, wie sich das Geschichtsbild geändert hat und der Blick auf die Geschichte politisches und gesellschaftliches Handeln beeinflusst hat. Dadurch erkennt der Leser die Dynamik von Geschichte und reflektiert vielleicht auch in Ansätzen seine eigene Rolle.

Unterfüttert wird der Text durch Zeichnungen, die an bekannte Fotografien, Gemälde und Skulpturen angelehnt sind. Beim Durchblättern mag der Leser zunächst über die wenigen Abbildungen stutzen. Hat man das Buch jedoch gelesen, erscheint diese Wahl logisch. Man wird häufig beim Lesen überflutet von Fotos, Schemazeichnungen und Tabellen. Damit wären wir aber wieder fast bei dem Schulbuch angelangt, das ganz offensichtlich bestimmte Punkte vermitteln will. Hier geht es aber nicht darum, dass man etwas verstehen und lernen muss. Das Lesen soll Freude bereiten. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ein Werk zusätzlich Interesse weckt und nur kurz angesprochene Ereignisse den Forscherdrang wecken, so wie es hier der Fall ist, kann sich der Autor mehr als glücklich schätzen.

Fazit
Ein Buch, das Geschichte lebendig beschreibt und dadurch zwangsweise Interesse weckt! Toll!
Kommentar

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.