Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
pw

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 10.09.2021
Wo das Licht herkommt
Skorpil, Clementine

Wo das Licht herkommt


gut

Eigenwilliger Stil

„Wo das Licht herkommt“ ist ein recht ungewöhnlicher historischer Roman – etwas gewöhnungsbedürftig.

Zunächst einmal fiel mir das schöne Cover ins Auge. Außerdem ist dieses Buch wegen der geprägten inneren Einbandseiten auch ein haptisches Erlebnis. Ich mag das sehr, wenn sich ein Buch auch noch schön anfühlt, aber das ist bei meiner Beurteilung Nebensache.

Die Geschichte spielt zu verschiedenen Zeiten. Wir erfahren, dass die Hauptfigur Philippa in einem österreichischen Dorf aufwächst, von dort wegläuft und in Männerkleidung ihr Glück sucht. Da sich alles im achtzehnten Jahrhundert abspielt, ist das absolut nachvollziehbar.

Der Roman springt zwischen den Zeiten und damit auch zwischen den Orten ziemlich hin und her. Man muss dabei an manchen Stellen sehr aufmerksam sein, um zu erfassen, worum es gerade geht oder wann und wo das gerade spielt. Wenn man genau liest, bekommt man das aber schon an der Art und Weise, wie es geschrieben ist, mit. Wenn es ganz am Anfang in ihrem Heimatdorf spielt, ist sehr viel in Mundart geschrieben, zum Teil in für Nichtösterreicher abenteuerlicher Ausdrucksweise. Auch wenn es in Wien in der Jesuitenschule spielt, ist noch viel Österreichisch dabei. Erst später, in Portugal, wird der Ausdruck etwas eleganter. Das finde ich recht gut gelungen.

Trotzdem waren mir die ständigen Wechsel etwas zu viel. Manchmal musste ich regelrecht eine Weile grübeln, worum genau es beim letzten Mal ging. Es wurde auch nicht immer so klar ausgedrückt. Stellenweise wird den Lesern dabei sehr viel Phantasie abverlangt, was für einen Uneingeweihten ziemlich schwierig ist.

Dennoch fand ich das Buch ziemlich abwechslungsreich und manchmal erfrischend. Manche Details habe ich allerdings nicht richtig einordnen können. Immerhin habe ich jedoch insgesamt folgen können, aber einige Stellen hätte ich mir etwas weniger unscharf gewünscht. Mag sein, dass das ein besonderer Stil ist, und in diesem Fall war ich nach dem Anlesen das Anfangs davon recht angetan, aber ich finde, dass die Autorin diesen besonderen Stil für meinen Geschmack ein wenig zu übertrieben verfolgt hat.

Mein Fazit: Ein insgesamt unterhaltsames Buch, allerdings stellenweise keine leichte Kost. Ich habe es gern gelesen aber es fiel mir leicht, es auch mal zwischendurch aus der Hand zu legen. Allerdings musste ich dann immer erst nachdenken, worum es vorher ging.

Bewertung vom 10.08.2021
Der Glanz Londons / Das Auktionshaus Bd.1
Martin, Amelia

Der Glanz Londons / Das Auktionshaus Bd.1


sehr gut

London ist nur der Anfang

Sehr einfühlsam beschreibt Amelia Martin am Anfang dieses Romans das Leben der Unterschicht in London vor dem ersten Weltkrieg. Ihre Protagonistin Sarah Rosewell ist dort in prekären Verhältnissen aufgewachsen. Es ist bewundernswert, wie sie es schafft, sich ein besseres Leben zu erstreiten, ohne sich dabei charakterlich zu verbiegen. Natürlich hat sie dabei auch etwas Glück. Aber als Leser gönnt man es der jungen Frau von Herzen.

Es macht Freude, Sarah in ihre „neue Welt“ zu Lady Sudbury und dann ins Auktionshaus zu begleiten. Ich konnte auch vollkommen nachvollziehen, dass die Dienstboten der Lady sich gegenüber Sarah sehr missgünstig verhalten. Trotzdem war ich beim Lesen immer auf Sarahs Seite.

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Kunst, außer dass ich sagen kann, was mir gefällt und was nicht. Trotzdem haben mir die fachlichen Schilderungen, welche in diesem Roman im Zusammenhang mit dem Auktionshaus vorkommen, sehr gut gefallen. Sie zeugen davon, dass die Autorin selbst Sachkenntnis besitzt und in der Lage ist, diese recht unterhaltsam herüberzubringen.

Es hat mir das ganze Buch hindurch Spaß gemacht, Sarahs Werdegang aus ihrer eigenen Sicht zu verfolgen bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Manche Ereignisse sind sehr spannend geschildert. Auch die Zerrissenheit ihrer Gefühle ist nach meinem Geschmack sehr gut dargestellt, ohne dass es kitschig wird.

So bietet das Buch dem Leser einiges an Abwechslung. Es ist in sich ein geschlossenes Werk aber es bleibt ein kleiner Cliffhanger, der neugierig auf die Fortsetzung macht, welche mit „Die Träume Wiens“ untertitelt sind.

Wer historische Romane mit Gefühl lesen mag, wird „Das Auktionshaus - der Glanz Londons“ mögen und bestimmt auch die Fortsetzung gern lesen.

Bewertung vom 02.08.2021
Julius oder die Schönheit des Spiels
Saller, Tom

Julius oder die Schönheit des Spiels


ausgezeichnet

Tennis, Liebe und Toleranz

Julius von Berg liebt Tennis. Mehr als das, er lebt Tennis, er ist Tennis. Dieser Roman ist die Geschichte eines großartigen Tennisspielers, dessen Fairness ein Vorbild für alle Sportler, überhaupt für alle Menschen, damals wie heute, sein sollte.

Wir begleiten Julius, seine Familie und Freunde von seiner Kindheit im frühen zwanzigsten Jahrhundert an, zu seiner Jugend und Tenniskarriere und sogar durch andere Personen über seinen Tod hinaus bis ins Jahr 1984.

Es wird aus der Sicht von zwei Personen erzählt, begonnen aus der eines alten Mannes im Jahr 1984, der sich als ein ehemaliger Tennisgegner und Kamerad von Julius herausstellt, und von Julius selbst, zu seiner Lebenszeit. Beides wechselt sich ab. Schnell kommt heraus, dass Julius sich die eigene Geschichte selbst erzählt, während er 1938 in Berlin-Tegel im Gefängnis sitzt, eingesperrt vom Nazi-Regime.

Es liest sich unheimlich gut und ist sehr spannend. Der Schreibstil ist lebendig und lässt beim Lesen hautnah miterleben, wie Julius wohlbehütet, geliebt und privilegiert im Rheinland aufwächst, wie er später, zur Zeit der Weimarer Republik, zum Studium und vor allem zum Tennisspielen nach Berlin geht und es bis auf die Weltrangliste und in die bedeutenden internationalen Turniere in den Dreißigerjahren schafft.

In diesem Roman geht es um Menschlichkeit, Liebe und Toleranz, verarbeitet in einer spannenden Geschichte, die darauf hinausläuft, ein Geheimnis zu lüften: Was genau ist bei dem einen legendären Tennisfinale 1937 passiert?

Es ist zwar alles ausgedacht, aber hat Parallelen zu wirklichen Begebenheiten. Die Ähnlichkeit mit echten historischen Persönlichkeiten ist gewollt, obwohl das alles nicht wie beschrieben stattgefunden hat. Es hätte aber in etwa so sein können. Der Autor hat für dieses Werk vorher akribisch recherchiert.

Ich war beim Lesen vom Anfang bis zum Ende ziemlich gefesselt. Es gab meiner Meinung nach keine einzige langweilige oder überflüssige Passage. Besonders gut gefallen haben mir die Schilderungen, wie der „Tennisball größer und langsamer“ wurde, also wie Julius sich dessen bewusst wurde, dass er das Spiel beherrschen konnte.

Wer historische Romane, die irgendwie besonders sind, mag, wird dieses Buch lieben.

Bewertung vom 02.08.2021
Celestial City - Jahr 3 / Akademie der Engel Bd.3
Stone, Leia

Celestial City - Jahr 3 / Akademie der Engel Bd.3


gut

Eins davon reicht

Dieses Buch ist der dritte Teil einer Reihe. Obwohl ich die ersten beiden Bände nicht gelesen hatte, hatte mich der Klappentext neugierig gemacht und ich muss sagen, dass ich schnell in die Handlung hineingefunden habe. Der Autorin ist es gelungen, mich mitzunehmen, ohne große Wiederholungen. Das Verständnis ergab sich aus dem Kontext oder dem einen oder anderen passend eingefügten Nebensatz.

Mag sein, dass ich mich durch Unkenntnis der vorigen Bände besonders gut auf die Handlung dieses Buches konzentrieren konnte, ohne darauf erpicht zu sein, eventuelle vorherige Cliffhanger aufgelöst zu bekommen.

Überhaupt liest sich das ganze Buch schnell hintereinander weg. Das liegt am sehr anschaulichen Schreibstil. Ich konnte mir alles gut vorstellen, es lief wie ein Fantasy-Film in meinem Kopfkino ab. Die Figuren in der Hölle und die ganze Umgebung mit ihren Details fand ich am Anfang sehr gut dargestellt. Es war auch spannend.

Allerdings hatte ich im weiteren Verlauf des Buches den Eindruck, dass der Autorin ein wenig die Ideen ausgegangen sind. Luzifer hätte ruhig noch viel böser dargestellt werden können und etwas mehr Abwechslung bei der Auswahl der Dämonen und Hindernisse auf dem Weg der Protagonisten hätte auch nicht geschadet.

Was mir fehlte, war das gewisse Etwas, etwas mehr Raffinesse, unerwartete Wendungen. Die Figuren sind für meinen Geschmack alle zu einfach gestrickt, auch die „Guten“. Einige Szenen fand ich recht kitschig. Mag sein, dass es in einem Jugendroman so üblich ist.

Ich hatte mir etwas mehr von diesem Buch versprochen. Obwohl mir klar ist, dass es bei einer Reihe immer Dinge gibt, die offengelassen werden, um auf den nächsten Band neugierig zu machen, sollte es innerhalb eines Buches immer wenigstens einen Aspekt oder Handlungsstrang geben, der in sich abgeschlossen ist. Das hat mir hier irgendwie gefehlt.

Am Anfang der Lektüre hatte ich mir noch vorgenommen, die ersten beiden Teile nachzuholen. Allerdings habe ich nun am Ende keine Lust mehr dazu und bin auch nicht wirklich neugierig auf einen nächsten Teil.

Fazit: Ich habe mich zwar während des Lesens nicht gelangweilt, aber ich werde die anderen Teile nicht lesen.

Bewertung vom 02.08.2021
Dich hab ich nicht kommen sehen
Resinek, Nina

Dich hab ich nicht kommen sehen


ausgezeichnet

Das hat Spaß gemacht

Das Buch ist ein echtes Gute-Laune-Buch. Es hat mir großen Spaß gemacht. Ich konnte es kaum aus der Hand legen.

Die Autorin hat so einen herrlich lockeren und dabei ganz besonderen Schreibstil. Dementsprechend lässt sie auch ihre Hauptfiguren reden und handeln. Die Figuren sind überhaupt alle sehr gelungen geschildert. Mari, die in Berlin irgendwie neu anfangen will, war mir von Anfang an sympathisch. Immer wieder gerät sie in peinliche Situationen, die für den Leser aber ziemlich lustig sind.

So unsicher und manchmal unbeholfen Mari auch ist, desto wortgewandter ist sie. Ich glaube, dass die Autorin irgendwie ein bisschen von Mari haben muss, sonst könnte sie das nicht so schreiben.

Die Idee, dass Mari mit ihrer neuen Bleibe in Berlin praktisch gleich eine ganze Familie dazubekommt, und zwar die Familie der Vermieterin, finde ich einfach zauberhaft. Natürlich ist das zwischen Leo und Mari von Anfang an vorbestimmt, aber der Weg dorthin ist einfach witzig – natürlich überspitzt.

Besonders gut gefällt mir die Fantasie, mit der Mari ganz besondere imaginäre Haustiere für den kleinen Toby erfindet. Darüber musste ich auch immer schmunzeln.

Die Schilderung der Kollegen von Mari und die Szenen, in denen es um ihre Arbeit als Juristin geht, bereichern das Ganze noch mehr. Ich finde überhaupt, dass es eine Stärke der Autorin ist, sich interessante Personen und Dialoge und dazu absurde Situationen auszudenken.

Ich würde dieses Buch als Liebeskomödie bezeichnen. Man darf das alles auch nicht zu tiefgründig analysieren wollen. Es ist ein Roman, der beim Lesen so richtig Spaß macht. Mir hat er das jedenfalls und ich würde gern noch mehr von Nina Resinek lesen.

Bewertung vom 26.07.2021
Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


ausgezeichnet

Ein Regenbogen aus Geschichten

Rafik Schami erzählt Geschichten. Sie sind sehr vielfältig, zum Teil feinsinnig, zum Teil aber auch recht deftig, aber alle enthalten Wohlfühlportionen von Humor und Phantasie. Man merkt, dass der Autor sehr viel Herzblut hineingesteckt hat.

Die Geschichten dieses Buches sind sechs Themen untergeordnet: Geburtstag, Lachen, Reisen, Geheimnis, Tiere und Sehnsucht. Am Ende jedes Themas lässt uns der Autor an seinen allgemeinen Gedanken und Erfahrungen dazu teilhaben.

Jede Geschichte bringt uns in eine andere Welt, macht uns mit Menschen aus verschiedenen Kulturen bekannt und räumt mit so einigen Klischees auf. Einige Geschichten sind sehr lustig, andere sehr rührend. Alle regen zum Nachdenken an.

Das Buch ist ein Regenbogen aus Geschichten. Das Cover in dominierendem Leuchtendgelb mit verspielt bunten Elementen ist ein Hingucker und passt hervorragend dazu.

Bewertung vom 24.07.2021
Ausweglos
Faber, Henri

Ausweglos


ausgezeichnet

Das hätte ich nicht erwartet

Wenn ein Buch die Bezeichnung Thriller verdient, dann ist es dieses hier. Am Anfang eine Intro-Szene, in der jemand vor irgendetwas davonläuft. Es lässt sich noch nicht sagen, wer es ist und um was genau es geht. So würde man auch einen Film anfangen.

Dann geht die Haupthandlung los – immer im Wechsel jeweils aus der Sicht eines von drei Protagonisten. Der erste ist Noah, der aus der Bewusstlosigkeit erwacht und von Sanitätern verarztet wird. Dann gibt es Elias, einen Kriminalkommissar, der strafversetzt wurde und gerade zu Hause gelangweilt zum zigsten Mal einen Film schaut, den er nicht einmal mag, als er per Telefon über einen Mord informiert wird. Die dritte Hauptfigur ist Linda, traurig, weil sie immer noch nicht schwanger geworden ist.

Die Szenen machen neugierig und sind sehr eingängig und zum Teil wortgewaltig verfasst. Beispiel: „Es (das Licht) durchflutet meine Netzhaut, als wollte es an meinen Pupillen vorbei, direkt in meinen Schädel.“ (Noah, als er aus der Bewusstlosigkeit aufwacht.)

Wie hängen die einzelnen Szenen zusammen? Das klärt sich schnell. Linda ist Noahs Ehefrau. Noah wird jedoch schwer verletzt in der Wohnung der Nachbarn gefunden. Die Nachbarin Emma liegt dort blutüberströmt in ihrem Bett, auf ganz brutale Art und Weise ermordet. Das ist der Tatort, an den Elias gerufen wird. Zwischendurch ist ab und zu eine andere Art Absatz eingeschoben, ohne einen darüber stehenden Namen. Das muss wohl der Mörder sein.

Der Schreibstil des Autors gefällt mir sehr gut. Neben viel Action lässt er in die Gedanken der einzelnen Personen blicken, ohne sich zu sehr darin zu „wälzen“. Auch die anderen handelnden Personen, vor allem Polizeikollegen von Elias, sind hervorragend charakterisiert.

Der Roman ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Zwischendurch meint man dabei immer wieder die Lösung zu erahnen, aber diese vermeintliche Lösung ändert sich während des Lesens mehrfach und am Ende bleibt nur noch ein „Wow!“

Das ist wirklich ein „Kopfkino-Buch“. Mir wird beim Lesen besonders blutiger Szenen manchmal schlecht, aber hier hatte ich keine Zeit dazu, denn es war einfach zu spannend. Ich konnte mich von Anfang an schon immer schwer von diesem Buch trennen, aber über die letzten 200 Seiten konnte ich es bis zum Ende gar nicht mehr aus der Hand legen. Mit dem Ende war ich auch überaus zufrieden. Ohne zu spoilern kann ich nur sagen: Das hätte ich nicht erwartet.

Dieses Buch, welches auch noch über ein sehr schön gestaltetes Cover mit einem geprägten Fingerabdruck verfügt, ist etwas für Leser, die intelligenten Nervenkitzel mit schlüssigem Ende lieben.

Bewertung vom 01.07.2021
Von hier bis zum Anfang
Whitaker, Chris

Von hier bis zum Anfang


ausgezeichnet

Vorsicht vor diesem Roman!

Als ich mir das Cover und den Klappentext angeschaut hatte, dachte ich: „Drama, Drama, Drama! Ist das nicht ein wenig übertrieben dargestellt und auf Wirkung gequält?“ Aber dann habe ich einfach von vorne angefangen zu lesen und musste mich manchmal regelrecht zwingen, es zwischendurch auch mal beiseite zu legen.

Ich habe selten so eine einfühlsame und dabei spannende Story gelesen. Eigentlich sind es mehrere Stories in einem Buch – sowohl Drama als auch Krimi.

Duchess, dreizehnjährig, ist einerseits so erwachsen, wie es kein Kind in diesem Alter sein sollte. Sie übernimmt wie selbstverständlich die Verantwortung für ihren kleinen Bruder, weil ihre Mutter dazu psychisch einfach nicht in der Lage ist. Andererseits ist Duchess ganz und gar Teenager, rebellisch gegen fast jeden, hat vor nahezu niemandem Respekt und wirft mit den schlimmsten unflätigen Ausdrücken um sich. Das kann man ihr jedoch nicht verdenken. Ich habe dabei trotzdem immer dieses zerbrechliche Wesen vor mir gesehen.

Der zweite Protagonist, Chief Walker – kurz Walk –, im malerischen Idyll des kleinen Ortes aufgewachsen und dort als Polizist geblieben, ist ein wenig Vaterersatz für Duchess und ihren kleinen Bruder Robin. Walk kennt deren Mutter Star seit ihrer Kindheit. Sie sind alte Freunde. Zu ihrem Kreis gehörten noch Vincent und Martha. Vincent ist Walks bester Freund, aber angeblich Mörder von Stars Schwester Sissy. Vincent war damals vor 30 Jahren mit Star zusammen. Martha war damals Walks Freundin. Die Trennung der beiden ist eine traurige Geschichte für sich.

Nun kommt Vincent nach dreißig Jahren aus dem Gefängnis und alles gerät aus den Fugen. Die Freunde von damals werden – wie man so schön sagt – „von der Vergangenheit eingeholt“. Viele Fragen werden aufgeworfen und – das kann ich verraten, ohne zu spoilern – am Ende fast alle zufriedenstellend geklärt.

Das ganze Buch ist von zwei Handlungssträngen, oder besser gesagt Perspektiven, durchzogen: aus der Sicht von Duchess und aus Walks Sicht. Eine ganze Reihe anderer Haupt- und Nebenfiguren bereichern den Roman. So erhält man nebenbei Einblick in die tagtägliche Arbeit von Chief Walker und die z. T. sehr menschlichen Probleme, mit denen er dabei konfrontiert wird. Die sind manchmal ziemlich skurril, fast schon komisch, wenn z. B. der Fleischer Milton seinem Nachbarn einen Schafskopf in den Garten wirft und ähnliches.

Mein Fazit: Ein rundum gelungener Roman. Aber Vorsicht, er fesselt!

Bewertung vom 29.06.2021
Tiefer Fjord
Lillegraven, Ruth

Tiefer Fjord


ausgezeichnet

Ein ganz besonderer Thriller

Der Leser springt sofort mitten ins Leben der handelnden Personen. Das sind Haavard, ein engagierter Kinderarzt, seine Frau Clara, die im Verwaltungsapparat des Ministeriums arbeitet und politische Ambitionen hat, sowie Personen aus deren Umfeld. Im Fokus steht das Thema Kindesmisshandlung, womit es Haavard in seiner Klinik immer wieder zu tun hat, und wozu Clara im Ministerium für einen neuen Gesetzesentwurf kämpft.

Wie es sich für einen Thriller gehört, passieren Morde, und zwar drei. Die Opfer sind Kindesmisshandler. In diesem Roman steht jedoch nicht, wie oftmals üblich, die Ermittlungsarbeit der Polizei im Vordergrund, sondern das Verhalten der Personen im Umfeld. Es wird meistens in der Ich-Form aus der Sicht von Haavard oder Clara erzählt. Ab und zu (selten) aber auch von jemand anderem, wie z. B. Claras Vater Leif oder dem Pfleger Roger. Aus der Sicht der Polizisten geschieht das jedoch niemals.

Die ganze Story ist von Anfang an interessant und fesselnd beschrieben, obwohl die Morde als Kriminalfälle zunächst kaum im Vordergrund stehen. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Im Laufe des Buches, schon nach etwas über der Hälfte wird sogar ganz klar beschrieben, wer die Morde begangen hat und auch wie. Trotzdem wird der Roman von da an noch spannender und macht regelrecht süchtig, je weiter man liest.

Als sehr angenehm empfand ich, dass es keine besonders blutigen Szenen gab. Die Personen sind so gut beschrieben, dass man ihre Handlungen nachvollziehen und sich ab und zu mit der einen oder anderen sogar identifizieren kann, selbst wenn sie moralisch völlig indiskutabel ist.

Dieses Buch ist für Leser geeignet, die packende Thriller lieben und dabei etwas Besonderes suchen.

Bewertung vom 06.04.2021
Die Roseninsel
Reitner, Anna

Die Roseninsel


ausgezeichnet

Entspannend und unterhaltsam

Liv, eine junge Ärztin aus Berlin, flieht nach Bayern vor dem Alltagsstress und einer kürzlich erlebten traumatischen Begebenheit. Sie findet im Internet eine Anzeige, dass für ein paar Wochen eine Vertretung für den Verwalter einer kleinen Insel im Starnberger See gesucht wird. Dort ist man froh, dass sich überhaupt jemand dazu bereit erklärt, und so ist die Sache abgemacht und die Roseninsel soll für die nächsten Wochen ihr Ruheort werden.

Dort findet sie das Tagebuch einer jungen Frau: Magdalena. Die wurde vor über einhundert Jahren auf der Insel gefangen gehalten. Zwar war das ein „goldener Käfig“ samt umsichtigem Dienstmädchen und gutmütigem alten Gärtner, aber mit krähenhafter Gesellschafterin, die fast jeden von Magdalenas Schritten überwacht.

Die beiden Geschichten, die von Liv in der Gegenwart und die von Magdalena in der Vergangenheit, werden in zwei sich abwechselnden Handlungssträngen erzählt. Ich mag sowohl historische Romane als auch Geschichten aus der Gegenwart und habe das mit diesem Buch gleich im Doppelpack bekommen.

Es ist alles sehr bildhaft und nachvollziehbar erzählt, in einer klaren und sehr verständlichen Sprache. Der Autorin ist es gelungen, mich in die Szenerie hereinzuziehen. Ich habe alles aus der Perspektive sowohl von Liv als auch von Magdalena miterleben können.

Mit dem Ruheort ist es für Liv recht schnell vorbei und sie muss einsehen, dass sie nicht vor sich selbst fliehen kann. Sowohl die Geschichte von Liv als auch die von Magdalena finden zu einem zufrieden stellenden Ende, so dass für den Leser keine Fragen oder Ungereimtheiten bleiben. Obwohl einiges davon vielleicht vorhersehbar war, gab es doch einige überraschende Facetten.

Von diesem Buch hatte ich mir eine entspannende, aber dennoch unterhaltsame Lektüre erhofft und genau diese habe ich bekommen. Als Zusatz beschreibt die Autorin noch ein paar historische Hintergründe und deckt auf, was ihrer Fantasie entsprungen ist und welche Aspekte auf Tatsachen beruhen. Das hat mein Lesevergnügen noch abgerundet.