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Benutzername: 
Leserattenmama
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 152 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2020
Echo des Schweigens
Thiele, Markus

Echo des Schweigens


ausgezeichnet

Zwischen Moral, Gerechtigkeit, Recht und Wahrheit

Vor dem Lesen dieses Buches hätte ich nicht gedacht, dass die vier genannten Begriffe manchmal so weit voneinander entfernt liegen können....

2017: die Rechtsmedizinerin Sophie Tauber untersucht die angebliche Selbsttötung des Senegalesen Abba Okeke in Polizeigewahrsam in der Nacht auf den 7. Januar 2005. Verteidigt wird der angeklagte Polizist Maik Winkler im wiederaufgenommenen Fall durch Hannes Jansen, einen ehrgeizigen Strafverteidiger, der nach diesem Prozess zum Partner aufsteigen will.
Nicht nur der Prozess ist Thema, sondern auch die privaten Hintergründe von Sophie und Hannes...
Ein zweiter Handlungsstrang spielt während des zweiten Weltkriegs: die Jüdin Lea Rosenbaum verliebt sich in Carl...
Mir gefiel diese Mischung -nachdem ich durch den Klappentext einen reinen Justizroman erwartet hatte- sehr gut und hat die Säulen unseres heutigen Rechtssystems mit dem Recht zu schweigen noch mal in ein ganz anderes Licht gestellt... gibt es nur schwarz und weiß oder ist schwarz doch weiß?! Geniales Cover zu dieser Überlegung: unter dem Schutzumschlag sind die Farben genau anders herum!
Wie weit entfernt das Recht manchmal von der Wahrheit ist, zeigt folgendes Zitat von S. 319: „Sie sind Anwalt. Die Wahrheit muss Ihnen scheißegal sein.“
Ein Buch mit einer interessanten Geschichte, die ja traurigerweise ein reales Vorbild hat (Oury Jalloh), das mich zum Nachdenken gebracht hat... geschrieben von einem Autor, der sich spürbar bestens im Metier der Rechtssprechung auskennt - aber den Leser mit der Fachkenntnis absolut nicht überfordert oder besserwisserisch belehrt; sondern Raum bietet, selbst die entscheidenden Fragen aufzuwerfen und nach eigenem Wissen und Gewissen zu werten. Einzig die Zusammenführung der beiden Geschichten fand ich persönlich nicht so gut, aber dennoch eine absolute Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 14.03.2020
Je tiefer das Wasser
Apekina, Katya

Je tiefer das Wasser


sehr gut

Ein schwieriges Thema... bleibt auch mit diesem Text komplex!

1997: die Schwestern Edith, genannt Edie, 16 Jahre alt, und Mae, 14, kommen nach einem Selbstmordversuch der psychisch labilen Mutter zu ihrem Vater Dennis, welcher die Familie vor 12 Jahren verlassen hat und dadurch für die Mädchen praktisch ein Fremder ist. Mae, die von ihrer Mutter als Erweiterung ihrer selbst gesehen wurde (S.16), fühlt sich in New York wohl; Edie dagegen, der die manischen Züge ihrer Mutter erspart blieben, sperrt sich gegen die neue Situation und will möglichst schnell zurück. Das Verhältnis der Mädchen zueinander; zu ihren Eltern und weiteren Personen wird aus wechselnden Perspektiven beschrieben und mit Dokumenten wie Briefen oder Notizen ergänzt - doch nicht nur die Perspektiven wechseln; auch die Zeiten zwischen 1969, 1985, 1997 und 2012... dadurch wird die Situation zum einen aus vielen Blickwinkeln beleuchtet, auf der anderen Seite sind so viele Sprünge ja nicht jedermanns Sache...
Wer oder was war Schuld am Scheitern der Ehe, die Marianne mit 17 Jahren und Dennis mit 32 einging? Wer hat Recht mit seiner/ihrer Wahrnehmung der Dinge? Welche Familienmitglieder haben welche Störungen davongetragen oder entwickeln sie dadurch?! Zum letzteren sei gesagt, ohne zu viel zu verraten: irgendwie sind alle gestört... manche weniger, andere mehr!
Das Debut von Katya Apekina hält für den Leser also einige Herausforderungen - Perspektiv- und Zeitwechsel sowie ungewöhnliche Charaktere- bereit, die wahrscheinlich nicht jeden ansprechen. Ebenso sollte man kein „rundes“, abgeschlossenes oder gar glückliches Ende erwarten - dazu tragen die Personen wohl zu viele Lasten mit sich... stattdessen schätze ich einmal mehr meine Familie und brauche wohl noch zwei, drei Tage, um die hier gezeichneten düsteren Schicksale abzuschütteln... auch wenn dieses Buch für mich nicht zu einem Highlight des noch jungen Jahres zählt: ich bin mir sicher, dass es für diese vielschichtige Erzählung einer dysfunktionalen Familie die richtige Leserschaft gibt, die dieses Werk zu würdigen weiß!

Bewertung vom 14.03.2020
Code: Orestes - Das auserwählte Kind
Engstrand, Maria

Code: Orestes - Das auserwählte Kind


gut

(Aber-)Glaube und Wissenschaft...

Die Ich-Erzählerin Malin ist 13 Jahre alt und wohnt gemeinsam mit ihren Eltern in Lerum, Schweden. Eines Tages erhält sie von einem merkwürdig altertümlich gekleideten Mann einen geheimnisvollen Brief, den sie in 100 Tagen dem Rutenkind übergeben soll. Und tatsächlich tritt 100 Tage später ein neuer Mensch in ihr Leben: Orestes sieht zusammen mit seiner sehr alternativen Mutter und seiner Schwester Elektra ins Nachbarhaus und kommt in ihre Klasse. Nun muss der Brief entschlüsselt werden...
Im Verlauf der Geschichte lernt man einiges über die Geschichte der Eisenbahn und von Lerum; mehr über Malins Familie und etwas weniger über die von Orestes; anschauliche Details über Verschlüsselungsmethoden, Rechenschieber und das Astrolabium. Auch die Spannungsfelder (Aber-)Glaube und Wissenschaft sowie Technik und Natur sind Thema. Ebenso die Abgrenzung und beginnende Abnabelung der beiden jungen Menschen von ihren Eltern: Orestes distanziert sich von seiner esoterisch-spirituellen Mutter mit übertrieben konservativer Kleidung und Malin sich von ihrer programmierenden Mutter mit ihrer Liebe zum Cello...Einiges fand ich (aus der Sicht eines Erwachsenen) etwas zu zufällig bzw zu schnell gelöst in dieser Schnitzeljagd - aber vielleicht lese ich auch zu wenig in diesem Genre ;)
Viele Fragen werden mit dem Ende beantwortet, aber ein paar blieben bei mir noch offen - und lassen mich auf die Folgebände der Trilogie warten, in denen ich vielleicht noch mehr über Erdenströme und Sternenfelder lernen werde!

Bewertung vom 14.03.2020
Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen
Welk, Sarah

Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen


ausgezeichnet

Ein 125 Seiten starkes Buch über einfach ALLES rund um Nachrichten!

Autorin Sarah Welk und Illustratorin Dunja Schnabel haben hier ein Werk geschaffen, mit dem nicht nur Kinder ab etwa 10 Jahren einiges lernen werden! In Kapiteln, die mit konkreten Fragen als Überschriften versehen sind, und einigen Interviews von Moderatoren, die in fast jedem Wohnzimmer Deutschlands regelmäßig auftauchen, wird hier sehr viel erklärt - nicht nur über die Tagesschau, sondern auch ganz allgemein über Nachrichten. Beeindruckt hat mich, wie offen die Moderatoren -die man selbst ja als quasi unfehlbare Sprecher wahrnimmt- auf die Fragen geantwortet haben und zB das eigene Lampenfieber mit Herzklopfen beschreiben! Das macht sie noch sympathischer

Bewertung vom 14.03.2020
Oh Schreck, ich bin weg! / Carla Chamäleon Bd.1
Gehm, Franziska

Oh Schreck, ich bin weg! / Carla Chamäleon Bd.1


sehr gut

Chamäliose und ein Nachthemd aus Kühlpads

Bewertung vom 16.02.2020
Eisige Dornen / Nathalie Svensson Bd.4
Moström, Jonas

Eisige Dornen / Nathalie Svensson Bd.4


ausgezeichnet

Absolut empfehlenswerter Krimi!

Gerade habe ich das Buch beendet - die letzten 250 Seiten unvernünftig spät am Abend... aber es war sooo spannend

Bewertung vom 16.02.2020
Ausgestorben - Das Buch der verschwundenen Tiere
Gladysz, Katarzyna;Wajs, Joanna

Ausgestorben - Das Buch der verschwundenen Tiere


ausgezeichnet

Ein GROSSartiges Buch, das uns jahrelang begleiten wird!

Unsere kleinen Dino-Fans waren von diesem großformatigen Buch sofort begeistert - und auch noch, als sie feststellte , dass die Dinosaurier nur einen kleinen Teil der ausgestorbenen Tiere ausmachen...

Bewertung vom 22.01.2020
Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1
Veenstra, Simone;Loose, Anke

Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1


ausgezeichnet

Käthe tauscht Land- gegen Stadtleben und findet ihren Guerilla-Garten
Käthe, eigentlich Catherine Alwa Violetta Hilde Ruby Josephine Florina Linda - benannt nach den Apfelsorten, die auf Omas Apfelhof wachsen, auf dem sie bisher mit ihren Eltern wohnte- zieht aus der ländlichen Idylle ins große Berlin. Als offener, lebensfroher Mensch findet sie schnell Anschluss und in Theo, ihrem Klassenpaten, einen Freund, mit dem sie ihre Liebe zu Tier und Natur verbindet. Sie lernen Bernadette und ihren Gorilla-Garten (also Guerilla-Garten :) ) kennen. So ist sie schnell in der neuen Umgebung integriert und kann ihr Wissen einbringen.
Ein wunderbares Buch, das den Kindern die mögliche Angst vor einem anstehenden Umzug nimmt; das sie lehrt, Anderssein nicht nur zu tolerieren, sondern zu schätzen und auch das Gärtnern näher bringt! Das ganze nicht nur durch kindgerechte Texte, sondern auch mit den bunten Zeichnungen, die viele Details zeigen. Ein absolut empfehlenswertes Buch - wir freuen uns schon auf hoffentlich viele Folgebände!

Bewertung vom 22.01.2020
Alles, was wir sind
Prescott, Lara

Alles, was wir sind


sehr gut

Die Liebe und Literatur in Zeiten des Kalten Krieges...

Ein optisch und haptisch ganz besonderes Buch ist Lara Prescott und dem Aufbau-Verlag hier gelungen! Ein transparenter Schutzumschlag aus Plastik; auf dem Einband darunter stehen weder Titel noch Autor: es ist nur ein Paar von hinten zu sehen, wie sie Hand in Hand einen einsamen kleinen Weg gehen...

Erzählt werden abwechselnd zwei Geschichten: die von Olga, der Geliebten des „Doktor Schiwago“-Autors Boris Pasternak, in Moskau ab 1949 und die der Stenotypistinnen bei der „Agency“, vor allem von Irina, die ab 1956 im Schreibpool in Washington arbeitet. Die Wechsel zwischen Ost und West werden durch die Überschriften klar deutlich und fast ausnahmslos sind es die Frauen, nach denen die Kapitel benannt sind. Diese Frauen stehen also im Vordergrund des über 450 Seiten starken Werkes; aber so richtig warm geworden bin ich mit keiner...
Olga stellt ihre Liebe zu Boris und ihren Einsatz für sein Buch über ihre Kinder - das kann ich nicht nachvollziehen! Sie verzeiht ihm irgendwie alles... selbst als er sie nach Jahren im Lager, wo sie seinetwegen gelandet ist, nicht mal abholt.
Bei Irina bleibt einiges bewusst angedeutet... ebenso die Inhalte des Buches „Doktor Schiwago“; mir ist immer noch nicht klar, warum es schon vor Vollendung von den Sowjets als regimefeindlich eingeordnet wurde. Dass Literatur als Instrument im Kalten Krieg eingesetzt wurde und wie die Arbeit von Spionen / Spioninnen aussah, war mir neu und fand ich interessant - wobei die weniger friedlichen Aspekte dieser Arbeit ausgelassen wurden.
Auch die Idee, die Stenotypistinnen in Wir-Form erzählen zu lassen und damit zu verdeutlichen, dass sie von den Männern gar nicht als Individuen wahrgenommen wurden, fand ich gut. Aber mich überzeugte das Buch nicht komplett und im Ganzen...
Ein Buch, das ganz subtil die Frauen in den Vordergrund stellt und in die Geschichte einordnet - die Charaktere und meine unerfüllte Erwartung, auch etwas über die „kritischen“ Inhalte von Doktor Schiwago zu erfahren, machen es mir schwer, dieses optisch so ansprechende Buch aus vollstem Herzen weiterzuempfehlen. Daher eine Empfehlung mit Einschränkungen!