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Rinoa

Bewertungen

Insgesamt 172 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2022
Jeder Tag für dich
Greaves, Abbie

Jeder Tag für dich


sehr gut

Seit ihre große Liebe vor sieben Jahren spurlos verschwand, steht Mary jeden Abend am Bahnhof Ealing, in der Hand ein Schild mit den Worten: Komm nach Hause, Jim.
So wird die Journalistin Alice auf Mary aufmerksam und nimmt mit ihr Kontakt auf. Eine gute Geschichte käme Alice gerade recht, denn ihr Job bei der lokalen Zeitung ist in Gefahr.
Kann Alice Jim aufspüren? Und ist Mary überhaupt bereit, die Wahrheit zu erfahren?

Liebesromane sind eigentlich nicht mein bevorzugtes Genre, doch hier haben mich sowohl das wirklich schöne Cover als auch der Klappentext neugierig gemacht. Schnell war klar: Dieses Buch möchte ich unbedingt lesen.

Den Schreibstil empfand ich als sehr angenehm, wenn auch teilweise vielleicht ein wenig altmodisch oder altbacken, was allerdings sehr gut zu Mary passte, die für mich auch manchmal ein bisschen aus der Zeit gefallen schien (was ich aber überhaupt nicht als negativ empfand).

Die Geschehnisse in der Gegenwart wechseln sich mit Rückblenden aus der Vergangenheit ab, als Mary und Jim sich kennenlernten und nach und nach erfährt der Leser, wie die Beziehung der beiden verlief und dass offensichtlich nicht alles so rosarot war – immerhin ist Jim ja auch spurlos verschwunden.

Am Anfang dachte ich schon öfter, warum macht Mary das eigentlich, aber nach und nach konnte ich ihre Beweggründe immer besser verstehen und nachvollziehen, auch wenn ich selbst wahrscheinlich eher nicht so handeln würde.

Es geht aber nicht nur um Mary und Jim, auch Alice spielt eine große Rolle, genau wie Kit und Ted, die mit Mary zusammen bei einer Telefonseelsorge arbeiten. Sie alle sind mir während der Lektüre ans Herz gewachsen.

Mir hat „Jeder Tag für dich“ wirklich sehr gut gefallen, ich fand es tiefgründig, allerdings auch mit einer gewissen Leichtigkeit, spannend, weil ich natürlich wissen wollte, was mit Jim passiert ist, und es hat mir einige unterhaltsame Lesestunden beschert.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 28.04.2022
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1


ausgezeichnet

Als Judith Potts, 77 Jahre alt und Kreuzworträtsel-Autorin, gerade einmal wieder nackt in der Themse schwimmt, hört sie plötzlich einen Schuss vom Anwesen ihres Nachbarn Stefan Dunwoody. Sie ist überzeugt, dass dieser einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, auch wenn die Polizei den Fall erst einmal nicht ernst nimmt.
Also beginnt Judith, auf eigene Faust zu ermitteln – und schon bald wird ein weiterer Toter gefunden…

Schon der Einstieg ist wirklich herrlich skurril und ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Judith ihren grauen Umhang überzieht um dann nackt in der Themse schwimmen zu gehen. Diese Skurrilität nahm für mich im Verlauf der Lektüre dabei aber nie überhand, sondern im Gegenteil fand ich Mrs. Potts durchweg sympathisch und habe ihre Ermittlungen mit viel Freude verfolgt.

Der angenehm zu lesende Schreibstil und ein wirklich spannender Fall machten das Ganze für mich zu einem rundum gelungenen und „very britishen“ Lesevergnügen.

Zusammen mit der Hundesitterin Suzie und der Pfarrersgattin Becks macht sich Judith also an die Aufklärung und es hat mir sehr gut gefallen, wie die drei Frauen nach und nach das Rätsel um die Morde enthüllen und sich dabei ganz auf ihre eigenen, persönlichen Stärken besinnen (oder diese vielleicht sogar erst entdecken).

„Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Nachbar“ war unterhaltsam, erfrischend und kurzweilig und ich freue mich schon sehr auf einen (hoffentlich folgenden) zweiten Band, den ich gerne ebenfalls lesen werde.

Bewertung vom 25.04.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


sehr gut

Frisch von ihrem Mann getrennt, kehrt Übersetzerin Moira nach Montagnola zurück, um sich um ihren Vater zu kümmern, der gerade einen Schlaganfall erlitten hat. Doch so beschaulich wie es zunächst scheint, ist es im Tessin gar nicht, denn kurz nach Moiras Ankunft wird ein Toter in einem Eiskeller gefunden. Und Moira wird auf Betreiben ihres Jugendfreundes und Rechtsmediziners Luca als Dolmetscherin eingesetzt. Stammt der Mörder wirklich aus der Dorfgemeinschaft? Und kann Moira helfen, den Schuldigen finden?

Der Prolog hat es wirklich in sich und machte mir sofort Lust auf mehr. Gepaart mit dem tollen Schreibstil der Autorin war ich gleich mittendrin in der Geschichte und in Montagnola.

Schwierigkeiten hat mir dann allerdings zunächst die Einbeziehung von Moira in die Ermittlungen bereitet, das kam mir doch sehr konstruiert vor. Mir ist schon klar, dass oft auch Zivilisten in die Polizeiarbeit eingebunden werden, das wird in der Schweiz nicht anders sein, aber dass der Rechtsmediziner entscheidet, dass Moira den Eiskeller mit der Leiche anschauen soll, und überhaupt der Umfang ihrer Einbeziehung, das fand ich doch irgendwie ungewöhnlich.
Außerdem gab es noch einige kleinere Fehler bzw. Ungereimtheiten, die ich etwas ärgerlich fand und die mir im ersten Drittel so ein bisschen die Lesefreude nahmen.

Allerdings muss ich auch sagen, dass mich das Buch dann mehr und mehr gepackt hat und mir wirklich so gut gefallen hat, dass diese Holprigkeiten zu Beginn irgendwann in den Hintergrund gerückt sind.
Tatsächlich schafft es die Autorin nämlich, einen wirklich spannenden Fall zu schaffen, mit sympathischen und interessanten Charakteren, und auch wenn ich mir die Auflösung schon vorher denken konnte, habe ich diese mit Interesse bis zur letzten Seite verfolgt.

„Mord in Montagnola“ war für mich – auch wenn es ein Krimi ist – auf gewisse Weise ein Wohlfühlbuch, hat mir total Lust gemacht mal ins Tessin zu fahren und ich hoffe sehr, dass es einen Nachfolgeband geben wird, den sich sehr gerne ebenfalls lesen möchte.

Bewertung vom 16.04.2022
Die Sommerschwestern Bd.1
Peetz, Monika

Die Sommerschwestern Bd.1


sehr gut

Jedes Jahr fuhren die Schwestern Doro, Yella, Amelie und Helen mit ihren Eltern in den Sommerferien auf einen Campingplatz nach Holland. Dort verbrachten die Sommerschwestern glückliche Tage, bis ihr Vater eines Tages mit dem Auto tödlich verunglückte.
20 Jahre später bittet Henriette Thalberg ihre Töchter zum Familientreffen erneut nach Bergen. Mit gemischten Gefühlen reisen die Schwestern an. Was bezweckt ihre kapriziöse Mutter mit dieser rätselhaften Einladung? Hat es etwa etwas mit dem Tod ihres Vaters zu tun…?

Dies war mein erstes Buch von Monika Peetz und ich mochte sofort ihren Schreibstil, der sich wirklich sehr gut und angenehm lesen lässt.

Die Geschehnisse werden hauptsächlich aus Sicht der zweiten Schwester Yella beschrieben, ab und an aber auch aus Sicht von Amelie.
Die Schwestern sind wirklich sehr unterschiedlich und manchmal wurde mir das ein bisschen zu sehr betont (obwohl das natürlich durchaus nicht unmöglich ist) bzw. die jeweiligen gegenteiligen Charakterzüge doch fast schon ein bisschen überzeichnet beschrieben.
Die eine Schwester (Helen) ist die Rationale, die andere (Amelie) lässt sich eher treiben, aber dazwischen gibt es nicht viel. Das war mir manchmal ein wenig zu absolut. Ansonsten konnte ich aber die Gedanken und Gefühle von Yella, die ja den größten Teil ausmachen, wirklich gut nachvollziehen.

Die vielen holländischen Namen und Ausdrücke, die teilweise nicht einmal übersetzt werden, haben manchmal schon meinen Lesefluss gestört, so ein bisschen ist das Buch auch eine Hommage an Holland, hatte ich das Gefühl.

Insgesamt habe ich die Lektüre von „Sommerschwestern“ aber wirklich genossen, es ist ein Buch für laue Tage, leicht aber nicht seicht (auch wenn es am Ende für meinen Geschmack doch etwas zu rosarot wird) und ich kann es guten Gewissens weiterempfehlen.

Bewertung vom 11.04.2022
Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3
Jensen, Svea

Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3


gut

Ein Filmteam macht Halt in St. Peter-Ording, das als Drehort für eine Krimiserie auserkoren wurde. Kurz nach Beginn der Dreharbeiten wird einer der Aufnahmeleiter tot aufgefunden – angekettet an den Stelzen eines Pfahlbaus. Dann verschwindet auch noch eine der Hauptdarstellerinnen und Anna Wagner beginnt zu ermitteln. Hängen der Vermisstenfall und der Mord am Ende zusammen…?

Ich habe mich wirklich sehr auf den dritten Band gefreut, nachdem mir die ersten beiden richtig gut gefallen hatten. Doch leider wollte der Funke diesmal nicht so recht überspringen. Was ich zuvor noch gut fand, nämlich dass das Privatleben der drei Ermittler Anna Wagner, Hendrik Norberg und Nils Scheffler relativ viel Platz einnimmt, hat mich diesmal eher gestört und so ein bisschen vom eigentlichen Fall abgelenkt.

Diesen fand ich zwar schon recht spannend und auch am Ende gut gelöst, was aber immer wieder in meinem Kopf auftauchte war, dass mir alles ein wenig bieder vorkam. Handwerklich wirklich gut gemacht, keine Frage, der Schreibstil ist toll zu lesen und ich denke, dass auch die Polizeiarbeit recht authentisch beschrieben ist, nichtsdestotrotz hat es mich diesmal einfach nicht gepackt.

Ich fand es nicht direkt langweilig, das würde dem Buch Unrecht tun, aber es plätscherte für mich so ein bisschen vor sich hin und das konnte auch der Cliffhanger am Schluss nicht mehr retten.

Vielleicht habe ich auch zu viel erwartet, am Ende ließ mich die Lektüre von „Nordwestnacht“ doch ein wenig enttäuscht zurück. Und da ich den ersten beiden Bänden jeweils vier Sterne gegeben habe und mir diese wirklich um einiges besser gefallen haben, kann ich hier leider nur drei Sterne vergeben.

Bewertung vom 07.04.2022
Perfect Day (eBook, ePUB)
Hausmann, Romy

Perfect Day (eBook, ePUB)


sehr gut

Eigentlich wollte Ann einen schönen Abend mit ihrem Vater, dem renommierten Philosophieprofessor Walter Lesniak, verbringen. Doch plötzlich wird das Haus von Polizisten gestürmt und Lesniak verhaftet. Er soll der „Schleifenmörder“ sein, der in den letzten vierzehn Jahren zehn Mädchen umgebracht hat.
Für Ann ist klar, hier liegt eine furchtbare Verwechslung vor. Und sie wird die Unschuld ihres Vaters beweisen. Aber ist er das wirklich…?

Wie schon bei den Büchern zuvor, schafft es Romy Hausmann auch hier, mich von Anfang an zu fesseln, was sicher auch am wirklich tollen und gut zu lesenden Schreibstil liegt. Außerdem ist die Grundidee des Buchs alleine schon echt spannend.

Erzählt wird hauptsächlich aus Anns Sicht in Ich-Form, was natürlich ein sehr subjektives Bild auf die Ereignisse und auf Anns Vater Walter Lesniak erzeugt. Dazwischen gibt es zum einen immer wieder kurze Kapitel mit der Überschrift „Wir“, die ich zugegebenermaßen fast ein bisschen verstörend fand und die ich erst gegen Ende richtig einordnen konnte. Außerdem gibt es immer wieder Ausschnitte aus einem Interview aus dem Jahr 2021 (die Hauptgeschehnisse finden vier Jahre vorher statt).

Leider ging es für mich mit der erzeugten Spannung dann im Laufe der Lektüre doch etwas bergab, und ich wollte zwar immer noch wissen, wie alles ausgeht, allerdings war ich nicht mehr so gefesselt wie noch zu Beginn.
Stattdessen konnte ich Anns Handlungen und auch ihre Gedanken immer weniger verstehen (allerdings war ich zum Glück auch noch nie in ihrer Situation), möglicherweise wollte sie bestimmte Dinge auch nicht wahrhaben und die Geschehnisse drifteten für mich so ein bisschen in Nebensächlichkeiten ab.

Natürlich schickt die Autorin ihre Leser auch wieder auf einige (falsche) Fährten, die ich jedoch teilweise doch sehr konstruiert fand und bemüht, sie für den restlichen Verlauf der Geschichte passend zu machen.

Insgesamt hat mir „Perfect Day“ aber gut gefallen, auch wenn es mich am Ende nicht rundum überzeugen konnte.

Bewertung vom 24.03.2022
Der Herzgräber
Williams, Jen

Der Herzgräber


gut

Als Heather nach dem Selbstmord ihrer Mutter deren Sachen ordnet, findet sie Briefe des verurteilten Serienmörders Michael Reave, mit dem ihre Mutter offenbar eine jahrzehntelange Freundschaft verband, von der Heather nichts ahnte.
Parallel hierzu wird eine junge Frau getötet, hergerichtet wie die Opfer von Reave. Doch der sitzt seit 20 Jahren im Gefängnis. Heather möchte mit ihm persönlich sprechen, was die Polizei auch unterstützt. Doch will sie die Wahrheit wirklich erfahren…?

Der Schreibstil der Autorin hat mir wirklich gut gefallen und ich war sofort drin in Heathers Leben. Die düstere Atmosphäre im Haus von Heathers Mutter und nach dem Fund der Briefe ein diffuses Gefühl der Bedrohung, das wurde wirklich gut eingefangen und ich konnte regelrecht mitfühlen, vor allem, da alles aus Sicht von Heather erzählt wird.

Zwischendurch gab es dann immer wieder Einschübe mit dem Titel „Früher“ über Michael Reaves Vergangenheit (als Kind und auch später als junger Erwachsener), so dass sich langsam die Zusammenhänge erahnen ließen.

Leider flachte die Spannung für mich relativ schnell ab und auch die zuvor erzeugte Atmosphäre verlor sich nach und nach. Zurück blieben viele Andeutungen und eine sich immer weiter von mir entfernende Heather, deren Verhalten ich teilweise kaum bis gar nicht mehr nachvollziehen konnte.

Das Ende fand ich schon sehr konstruiert auf der einen Seite, auf der anderen Seite wurde dies dann aber nicht konsequent genug durchgezogen, denn es blieben für mich doch einige (auch erhebliche) Dinge offen.

Alles in allem konnte mich „Der Herzgräber“ trotz einiger guter Ansätze nicht so recht überzeugen.

Bewertung vom 23.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Am Freitag, den 13. November 1903 wird Andrew Haswell Green, der Vater von Greater New York, vor seinem Haus erschossen. Auch wenn Green zu seinen Lebzeiten polarisiert hat, ihm verdankt New York unter anderem den Central Park. Inspector McClusky muss nun herausfinden, wie es zu dieser Tat kommen konnte.

Auch wenn der Klappentext es vielleicht suggeriert, ist „Der große Fehler“ kein klassischer Krimi. Es ist vielmehr die Lebensgeschichte von Andrew Haswell Green, der mir persönlich vor der Lektüre überhaupt kein Begriff war – ich war allerdings auch noch nie in New York. Es ist darüber hinaus auch die Geschichte seines Todes, welche allerdings nicht unbedingt im Mittelpunkt steht.

Mit einer sehr detailreichen, manchmal fast poetischen und auch humorvollen Sprache gelingt es dem Autor, dem fast in Vergessenheit geratenen Green wieder Leben einzuhauchen, denn es ist schon bezeichnend, dass viele den Central Park (zumindest dem Namen nach) kennen, die wenigsten wohl aber dessen „Erschaffer“. Wie viel dabei tatsächlich auf Tatsachen beruht und was der Autor möglicherweise hinzugedichtet hat, vermag ich nicht zu beurteilen.

„Der große Fehler“ ist ein Buch, auf das ich mich erst einlassen musste, für das man sich auch aufgrund des Schreibstils Zeit nehmen muss und das mich dann aber wirklich in seinen Bann gezogen hat. Die Erzählung verläuft nicht linear, es gibt Ausschnitte aus Andrews Kindheit, seiner Lehrzeit, seiner Freundschaft mit dem Präsidentschaftskandidaten Samuel Tilden; auf der anderen Seite die Gegenwart kurz vor und nach dem Mord und die Ermittlungen der Polizei.
Insbesondere die Schilderungen der Freundschaft zwischen Andrew und Samuel haben mich wirklich berührt und ich fand es spannend zu lesen, wie Ersterer sich hochgearbeitet hat.

Ich bin froh, dass ich hier über den Tellerrand meiner sonst bevorzugten Lektüre hinausgeschaut habe, denn „Der große Fehler“ hat mir wirklich gut gefallen und mir einige sehr unterhaltsame Lesestunden beschert.

Bewertung vom 21.03.2022
Love in the Big City
Park, Sang Young

Love in the Big City


sehr gut

Ein bisschen verloren habe ich mich gefühlt, nachdem ich „Love in the big city“ zugeklappt hatte. So verloren wie auch Young ist, gefangen zwischen der Suche nach einem Mittel gegen die Einsamkeit, mittelmäßigem, meist unbedeutendem Sex, Alkohol und der Suche nach einem Platz im Leben.

Ich habe das Buch wirklich schnell durchgelesen, was zum einen am Umfang (250 Seiten), zum anderen aber auch am tollen Schreibstil des Autors lag. Ich habe Young, der in Ich-Form erzählt, durch seine Zwanziger begleitet, angefangen im ersten Teil, als er mit seiner Mitbewohnerin und Freundin Jaehee das Leben in vollen Zügen zu genießen scheint, geendet im vierten Teil, als er, nun Anfang 30 desillusionierter und zerrissener erscheint als je zuvor.

Zurück bleiben viele lose Fäden, die teilweise gar nicht oder nur sehr unzureichend verbunden werden, zeitlich wusste ich nicht immer genau, wo Young sich gerade befindet und welches Ereignis wann stattgefunden hat bzw. wie es sich in die Gesamtchronologie einfügt.
Das empfand ich tatsächlich ein wenig störend, ebenso wie die Tatsache, dass die vier Teile jeweils fast so ein bisschen für sich allein stehen und teilweise Personen oder auch Gegebenheiten im weiteren Verlauf überhaupt nicht mehr (oder nur ganz knapp) erwähnt werden. Dies verstärkt das bruchstückhafte Gefühl, das ich beim Lesen hatte, so als sähe man Youngs Leben nur in Ausschnitten.

Dass das Buch als „Psychogramm eines faszinierenden Landes“ angepriesen wurde, kann ich nicht so ganz verstehen. Für mein Dafürhalten hätte es im Großen und Ganzen auch in einer anderen Großstadt spielen können, und dass beispielsweise Youngs Mutter sehr religiös ist und seine Homosexualität ablehnt, gibt es (leider) auch anderswo. Neu war mir allerdings, dass es im Koreanischen verschiedene Sprechstufen gibt, je nach Alter und Beziehung der Menschen zueinander, das fand ich wirklich interessant.

Alles in allem hat mir „Love in the big city“ allerdings gut gefallen und ich kann schon verstehen, warum es in Südkorea als Kultbuch gilt. Youngs Geschichte ist intensiv, berührend, teilweise auch wirklich traurig und hat tatsächlich auch noch einige Zeit nach Beendigung der Lektüre in mir nachgehallt.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.03.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


gut

Eigentlich ist Elizabeth Zott Wissenschaftlerin, präziser gesagt: Chemikerin, doch Anfang der 60er Jahre ist es für Frauen nicht leicht, als eigenständige intelligente Personen wahrgenommen und nicht einfach nur auf Haushalt und Kindererziehung reduziert zu werden. Doch Elizabeth ist eine Kämpferin und geht ihren Weg; allerdings geht auch das Leben manchmal seine eigenen Wege. Und so findet sich Elizabeth alleinerziehend und als Moderatorin einer Kochshow wieder. Doch auch Kochen ist Chemie und für die Frauen, die Elizabeths Sendung ansehen wird sie zur Inspiration…

Der Sprachstil ist wirklich besonders, und ich habe mich (trotz der teilweise schlimmen Vorkommnisse) gerade zu Beginn sehr oft beim Schmunzeln ertappt und hätte mir bestimmte Sätze am liebsten markiert, was bei mir nicht allzu häufig vorkommt.

Die Passagen, in denen Elizabeth von Männern (aber auch von ihren Geschlechtsgenossinnen) ungerecht und schlecht behandelt wird, haben mich wirklich teilweise erschüttert, teilweise aufgeregt (und davon gibt es viele), ansonsten kam ich aber insbesondere gerade Elizabeth nicht wirklich nah, es war immer eine gewisse Distanz da. Auch das lag möglicherweise am Sprachstil, dessen „Fluffigkeit“ mir mit zunehmender Lektüre leider auch etwas auf die Nerven ging.

Für mich gab es einen richtigen Bruch so in der Mitte des Buchs. Die erste Hälfte fand ich toll, die zweite Hälfte hat mich dann aber irgendwie verloren.
Obwohl ich einige Charaktere wirklich mochte, waren mir andere dann wiederum irgendwie zu (bemüht) skurril (was auch auf manche Begebenheiten zutrifft) und gerade am Ende hatte ich das Gefühl, die Autorin möchte auf Teufel komm raus alles noch irgendwie aufklären oder einer Erklärung zuführen. Das war mir dann ein bisschen zu viel.

Alles in allem hat mich „Eine Frage der Chemie“ nicht so recht überzeugen können, vielleicht hatte ich mir auch einfach etwas anderes vorgestellt. Meinen Geschmack hat es leider nicht ganz getroffen.