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Mel.E
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Mein Blog: http://melbuecherwurm.blogspot.de/

Bewertungen

Insgesamt 1270 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2020
Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion
Groh, Kyra

Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion


ausgezeichnet

Rotzig, frech und ehrlich erzählt die Autorin Kyra Groh von einer außergewöhnlichen Liebesgeschichte, die aufgrund von Erleben und Ängsten zunächst zum Scheitern verurteilt ist. Menschen machen Fehler oder erleben im Alltag Begebenheiten, die prägen und dadurch Vertrauen in sich selbst und auch anderen erschweren. Mir hat gefallen, wie die Autorin sich mit diversen Problemen, die insbesondere junge Leser_innen ansprechen werden, auseinandersetzt. Durch das Erschaffen zweiter sehr unterschiedlicher Protagonisten wirkt das Buch sehr lebendig und definitiv authentisch. Auch die Nebencharaktere sind wunderbar gezeichnet und zeigen auf, das es gerade die Unterschiede sind, die ein Jugendbuch gelingen lassen. Wenn Protagonisten in ihrem Denken und Handeln zu ähnlich sind, wirkt es oftmals aufgesetzt und langweilt mich tatsächlich.
Eine Erkrankung wie Analgesie und häusliche Unstimmigkeiten miteinander zu verbinden ist großartig, denn dadurch wirkt "Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion" echt und unverfälscht, da es Reaktionen und Handeln der Protagonisten rechtfertigt. Hinzu kommen Schuldgefühle, die nie ausgesprochen worden sind und Mias Leben beschwerlich gestalten. Hier kann Heilung stattfinden, was von der Autorin gekonnt gelöst wurde. Mia und ihr Vater sind eine Einheit, die sich jedes Mädchen nur wünschen kann. Auch wenn der Verlust der Mutter und Ehefrau beide hart getroffen hat, sind sie sich niemals fremd gewesen und dennoch sind einige Details nicht angesprochen worden, die ausgeräumt, eine echte Befreiung sind.
Mia, die sich komplett auf die Lieblingsband ihrer Mutter blink-182 fixiert, geht zu Beginn des Roman seltsame Wege, wobei dieses dem Bewusstsein keine Schmerzen zu empfinden geschuldet ist. Die Aufmerksamkeit die sie von Magnus erhält ist wohltuend für ihre wehe Seele, wobei sie nach dem Erleben um einiges mehr leidet, vielleicht nicht mit körperlichem Schmerz, aber definitiv Leid hervorgerufen durch Scham. Richtige Schmerzen wird sie trotz ihrer Analgesie erleiden, denn wenn ein Herz gebrochen wird, kann dieses große Schmerzen verursachen. Liebeskummer ist unerträglich und dieses muss Mia schmerzlich erfahren. Gute Freunde und einem der besten Väter dieser Welt sind hilfreich, um innerlich gesund zu werden und neue Wege auszuprobieren. Jake, der männliche Protagonist dieser Geschichte, muss seine eigenen Dämonen bekämpfen und dieses geschieht über Sport, genauer gesagt Krafttraining. Sobald er sich an seine eigenen Grenzen bringt, kann er vergessen und vielleicht auch ein klein wenig weniger Wut empfinden. Jeder Schmerz, jedes Leid hat einen Auslöser und darüber zu sprechen ebnet oft den Weg zu innerer Heilung.
Mia und Jake, eine außergewöhnliche Liebesgeschichte mit ganz vielen Ecken und Kanten, versteckten und offensichtlichen Metaphern begeisterte mich immer mehr. Für mich definitiv ein Highlight 2020, welches ich gerne weiterempfehlen möchte. Lasst euch einfach verzaubern durch eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die viele Überraschungen bereithält und mitunter soviel Romantik versprüht, das man sich einfach wohlfühlen muss.

Bewertung vom 04.06.2020
Denn Geister vergessen nie
Koch, Jessica

Denn Geister vergessen nie


sehr gut

"Denn Geister vergessen nie" fiel mir mehrfach auf diversen Buchseiten auf, sodass ich sehr neugierig auf das neuste Werk der Autorin Jessica Koch wurde. Nachdem ich im letzten Jahr auf der FBM 2019 mehrfach einer riesigen Schlange von Autogrammjäger_innen ausweichen musste, musste diese Autorin einfach genial sein und meine Neugier wuchs umso mehr.
Die Charaktere des Romans sind interessant gezeichnet, wobei mir einiges doch zu oberflächlich geblieben ist, um mich mit ihnen zu identifizieren oder sie sympathisch zu finden.
Durch Rückblenden in die Kindheit von Jano und Mian wird deutlich, warum sie sich außergewöhnlich verhalten und das Band, welches sie verbindet so stark ist. In Anbetracht dessen, das ich selbst Mutter bin, kann ich ein klein wenig verstehen, warum Eltern außergewöhnliche Wege gehen, um ihr Kind zu retten. Auch Amys Schmerz lässt sich so besser verstehen. Ihre Trauer ist glaubwürdig dargestellt und die Heilung die irgendwann erfolgt, ist richtig und wichtig. Es beginnt ein Loslassen, was durch Mian und seine Empfindungen über Amys Schmerz ausgelöst wird. Hinzu kommt Janos Gabe, die ich eher als unrealistisch betrachte, denn ein Medium will ich es nennen, ist mir schon immer suspekt. Es nimmt mir ein klein wenig den Reiz der Liebesgeschichte, die sich hier anbahnt und Vorahnungen, von mir aus auch 7. Sinn, nehmen mir eindeutig zu viel Raum ein, sodass alles andere verblasst, was der Story Schönheit verleihen würde.
Bücher sind eindeutig Geschmackssache und vermutlich scheiden sich hier die "Geister" ☺, denn ich fand die Story lediglich nett, aber nicht herausragend. "Denn Geister vergessen nie" ist eine runde und ansprechende Story, die durch Voodoo allerdings ein klein wenig des Zaubers nimmt, den ich mir erhoffte, nachdem ich den Klappentext gelesen habe. Der Roman hat definitiv Potential, ist aber komplett anders als ich erwartet hätte und überzeugt mich leider nicht gänzlich. Mir fehlt die versprochene Romantik, daher würde ich "Denn Geister vergessen nie" nur eine bedingte Leseempfehlung aussprechen.

3,5 Sterne

Bewertung vom 02.06.2020
Die goldenen Jahre des Franz Tausend
Müller, Titus

Die goldenen Jahre des Franz Tausend


sehr gut

Zunächst muss ich anerkennen, das sich der Autor sehr genau mit dem vertraut gemacht hat, welches er nun in Buchform verfasst hat und dazu verdient er Respekt und Anerkennung. Kritisch betrachten möchte ich allerdings das Cover, den Buchtitel und den Klappentext, da Franz Tausend hier eher eine blasse Nebenrolle spielt. Er bleibt nicht unerwähnt, aber er ist nicht Hauptakteur, da er von Thomas Mann und Carl von Ossietzky gekonnt abgelöst wird. Der Schreibstil ist gekonnt der damaligen Zeit angepasst und auch wenn die Story sehr hochwertig inszeniert wurde, lassen sich die fast 400 Seiten mühelos lesen und verstehen. Es weckt mein Interesse, da das politische Geschehen der damaligen Zeit, in der die NSDAP entsteht und sich vieles im Umbruch befindet gekonnt wiedergegeben wird, hinzu kommen die Wehrmacht und das Grauen, welches dadurch entstanden ist und der Person des Carl von Osssietzky bitter mitspielt. Niemand darf seine Meinung frei äußern, ohne sich in Gefahren zu begeben. Es spiegelt das Verhalten der Menschen gekonnt wieder und gibt schonungslos und authentisch wieder, wie sich die politische Lage verändert und dem Drang des Menschen Wahrheiten ans Licht zu bringen, auch wenn man sich dabei selbst treu bleiben muss, wenn auch die Angebote für eine Lüge ein besseres Leben versprechen würden.
Für mich ist "Die goldenen Jahre des Franz Tausend" nicht nur ein Roman, sondern mitunter auch ein Krimi, da sich eine gewisse Hochspannung definitiv nicht leugnen lässt. Die verschiedenen Erzählperspektiven, die der Autor wählt, dienen einem flüssigen Lesevergnügen, zumal Personen, Orte und Geschehnisse dadurch um einiges bildlicher werden. Karl Tausend, der als Aufhänger dieses Romans dient, spielt zwar nur eine Nebenrolle, aber die Gerissenheit und dessen Wortgewandheit sind wirklich überzeugend. Ihm gelingt es vielfach Menschen zu überzeugen und ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen, die in seine wandern und diese auch nicht verlassen werden. Franz Tausend ist ein von sich überzeugter Betrüger, der wirklich fasziniert und gekonnt dargestellt werden konnte. Ehrlich gesagt benötigt dieser Mensch auch nicht mehr Worte, da Thomas Mann und auch Carl von Ossietzky um einiges spannendere Lebensgeschichten zu erzählen haben. Einen Roman zu schreiben, der sich mit wahren Geschehnissen auseinandersetzt benötigt eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit mitunter knallharten Fakten, die auf mich sehr authentisch wirkten.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da mir "Die goldenen Jahre des Franz Tausend" sehr zugesagt hat. Ich flog förmlich durch die Seiten und war entsetzt und fasziniert, da es eben nicht immer nur diejenigen gab, die sich anpassten, sondern eben auch die, die dem Geschehen um sich herum eine Stimme gaben und dabei eben nicht lautlos waren. Diesen Menschen wird hier regelrecht Respekt und Ehrerbietung erwiesen und das zu Recht.

Bewertung vom 30.05.2020
Lips Don't Lie
Scott, Ginger

Lips Don't Lie


sehr gut

Wohin die Liebe fällt, lässt sich oftmals nicht ändern, auch wenn das Paar zunächst nicht zueinander passen scheint, entsteht zwischen Tristan und Riley eine außergewöhnliche Freundschaft, die in Tristan das Licht weckt. Ein Licht, was er lange Zeit in seinem Leben vermisst hat. Er, der durch Dub, den Boss einer Gang in Millers, Arkansas in einem regelrechten Abhängigkeitsverhältnis gestanden hat. Sich gegen Dub zu stellen, käme einem Todesurteil gleich und Tristan erkennt schnell die Suggestion des Gangbosses, die ihn seit seiner Kindheit prägen. Das Tattoo, welches ihm schon früh verpasst wurde, zeichnet ihn als Mitglied aus und auszusteigen ist keine Option, zumindest nicht zu Beginn der Story, die absolut authentisch wirkt, was durch das Nachwort der Autorin noch glaubhafter auf mich wirkt. Absolut skrupellos und ohne mit der Wimper zu zucken, setzt Dub seine Ziele durch und tötet bei Verrat, was Tristan letztendlich das Herz brechen wird und seine Entscheidung zum Ausstieg noch manifestiert. Ich konnte mich sehr gut auf Riley und Tristan einlassen und gerade dadurch, das diese Liebesgeschichte durch Gewalt und Macht geprägt wird, ist Liebe nicht der Fokus auf den die Autorin gesetzt hat, sondern die Befreiung und der Beginn eines neuen Lebens. Vielleicht auch ein Leben ohne Angst gemeinsam mit Riley?
Es geschieht sehr viel innerhalb der Story, die mich nachdenklich stimmen konnte, denn die Gangs in Amerika sind nicht erfunden, sondern könnten genauso agieren, wie Dub in diesem interessant gestrickten Plot. Darauf eine Liebesgeschichte aufzubauen, wobei die Freundschaft überwiegt, ist eine gelungene Präsentation der Ereignisse, die sich zum Ende hin komplett überschlagen, wobei es einem Befreiungsschlag gleicht, denn nur so kann sich Tristan von seinen Fesseln lösen. Rund und absolut passend gelöst und auch kein Grund für mich erstaunt zu sein. Kinder mit Waffen in der Hand sind nicht utopisch, dieses liest man immer wieder in den Medien, sodass ich dankbar bin für unser Waffengesetz.
Insgesamt ein sehr gelungener Jugendroman mit passenden Protagonisten, die definitiv aus der Masse herausstechen konnten. Gerne eine Leseempfehlung an all diejenigen, die nicht nur schnöde Liebesgeschichten lesen wollen. Viele, viele gelungene Szenen, die nachdenklich stimmen und nur ein, zwei Küsse zweier Jugendliche inmitten einer harten Story, die auch auf Basketball aufbaut, was ich faszinierend fand, da Riley sich einfach nicht wie ein typisches Mädchen benimmt und sich nicht unterkriegen lässt, trotz grausamen Geschehens. Durch sie bekommt Tristans Leben Risse und ein für ihn sehr gefährliches Umdenken geschieht, was aber dienlich ist, um sein Potential zu entfalten. Dieser Roman beihaltet kein Happy End, sondern überlässt der Leserin / dem Leser seine eigenen Gedanken, was mir sehr gelegen kam, um einen für mich geeigneten Abschluss zu finden.

"Lips don´t lie" war definitiv anders als erwartet, aber gerade deshalb ein Roman, der nicht so schnell vergessen wird. Emotionalität und Authentizität nehmen inmitten von persönlichen Tragödien sehr viel Raum ein und wirkt sicherlich auch nach Beenden noch eine Weile nach. Ein Roman, dessen Story wirklich sehr viel Wert hat.

Bewertung vom 30.05.2020
Schwestern im Tod / Commandant Martin Servaz Bd.5
Minier, Bernard

Schwestern im Tod / Commandant Martin Servaz Bd.5


ausgezeichnet

"Schwestern im Tod" ist für mich der erste Thriller des Autors Bernard Minier, obwohl ich einige der bisher erschienen Bücher auf meinem Reader geladen habe, bin ich bisher nicht überzeugt gewesen, diese von meinem SUB zu befreien. Dieses ändert sich nun, da ich den Spannungsaufbau sehr genossen habe, der schon gleich zu Beginn an Fahrt aufnimmt und mehr und mehr verwirrt, da das Geschehen immer faszinierender und krankhafter wird. Zwei getötete Mädchen, deren Mord nur oberflächlich aufgeklärt wird und sich ein Tatverdächtiger selbst der Tat bezichtigt? Reicht dieses, um einen Fall abzuschließen? Kommissar Martin Servaz zweifelt und nachdem der Hauptverdächtigte nun erneut in den Fokus rückt, beginnt die Suche nach den Hintergründen der Tat. Es ist perfide und grausam, was sich letztendlich offenbart, aber definitiv eines Thrillers würdig. Manche Taten bleiben ungesühnt, während andere aufgedeckt werden, auch nach langer, langer Zeit. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie das Rechtsystem funktioniert, aber es es stellt mich natürlich zufrieden, wenn der wahre Mörder seine Strafe erhält. Hier geht es definitiv um Lebenslügen und Suggestion, was wirklich faszinierend ist, wie Worte Menschen überzeugen können, wenn auch nur in Buchform und schriftstellerischer Leistung und sie zum Teil dadurch auch wahnsinnig werden lassen. Wie schnell lässt sich ein Fan in Wahnsinn treiben? Ist es das Auftreten des Autors Erik lang oder ist es viel, viel mehr? Bernard Minier hat dieses wunderbar aufgeführt, da dieser Wahn auch Grenzen überschreiten wird, die zuvor nicht ersichtlich waren. Insgesamt ein sehr gelungener Thriller, der in mir den einen oder anderen Verdachtsmoment weckte, aber letztendlich eine ganz andere Wendung nimmt, die mich überzeugen konnte.

Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da ich die Handlung gut verfolgen konnte, auch wenn Gegenwart und Vergangenheit sich mitunter nahtlos ablösen, ist es nicht verwirrend, sondern dem Spannungsaufbau angemessen.

Bewertung vom 28.05.2020
Die Geschichtensammlerin
Kramer, Jessica Kasper

Die Geschichtensammlerin


ausgezeichnet

Die rumänische Revolution von 1989 ist dadurch an mir vorbei gegangen, da ich zu jung war mich mit Politik und Zeitgeschehen zu befassen. Ich kann mich natürlich an die Kinderheime Rumäniens erinnern und auch der Name Ceausescu ist mir nicht unbekannt, aber die Unterdrückung des Volkes war mir in dieser Form wie ich es in "Die Geschichtensammlerin" las, nicht bekannt. Es schockierte mich sehr, gab aber dem Roman dadurch einen ganz besonderen Rahmen. Es ist definitiv bittersüß durch die Märchen, die Ileana sich ausdenkt und die die Handlung leicht beschönigen. Leider zeigt sich, das niemand seine Gedanken laut aussprechen darf und sich in große Gefahren bringt. Schlimm ist, das man auch niemanden vertrauen darf und deshalb auch Gespräche innerhalb eines Haushaltes nur im Flüsterton getätigt werden, aus Angst vor den Nachbarn. Ein Leben in Rumänien zur damaligen Zeit ist gefährlich und brutal, denn das Regime unter Ceausescu ist mörderisch. Der Autorin gelingt es einen Roman zu weben, der Authentizität nahezu versprühen konnte und durch Ileanas Mut und kindliche Art den Schrecken der Zeit etwas mildert.
Da das Leben in Bukarest zu gefährlich wird, muss Ileana aufs Land zu ihren Großeltern ziehen, aber auch dort ist die Diktatur Ceausescu spürbar. Durch Mut und ganz viel Fantasie kann sich Ileana im Dorf behaupten und deckt so manche Geheimnisse auf, die die Story regelrecht beleben. Es werden Freundschaften geschlossen, die hinterher Leben retten, während sich im Untergrund der Widerstand erhebt. Es ist glaubhaft geschildert und gibt sehr viel Raum zum Nachdenken.
Im Anhang klärt die Autorin darüber auf, das einiges aus Erzählungen von Betroffenen entstanden ist und sich die schriftstellerische Kunst sich hier und dort durchgesetzt hat. Nicht nur dieses konnte punkten, sondern auch die Aufmachung des Buches, welches zum Teil aus Leinen gestaltet ist und sich sehr griffig und gut anfühlte. Das Mädchen auf der Treppe sitzend fiel mir sofort positiv auf, sodass ich mich mit dem Klappentext befasste und meine Neugier geweckt wurde. Die Kapitel sind einem Märchen entsprechend betitelt und auch dieses empfand ich als sehr gelungen. Negativ ist, das die 342 Seiten viel zu schnell gelesen waren.
Insgesamt ist "Die Geschichtensammlerin" ein Roman dem ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen möchte. Es ist kein Wohlfühlbuch, aber durch Ileana wirkt auch das Grauen, welches sich hier und da breit machen möchte, um einiges erträglicher. Ein bittersüßes Märchen mit hohem Wahrheitsgehalt und äußerst wertvoll! Es wird definitiv nichts beschönigt, aber so umgewandelt, das es auszuhalten war.

Bewertung vom 25.05.2020
City of Girls (eBook, ePUB)
Gilbert, Elizabeth

City of Girls (eBook, ePUB)


sehr gut

"City of Girls" ist ein Roman, der das Leben von Frauen beschreibt in einer Zeit in der Emanzipation noch lange kein Thema ist und sich daher schon fast wie ein schimmerndes und buntes Märchen längst vergangener Zeiten lesen lässt. Vivian wirkt mitunter sehr naiv, was sich im weiteren Verlauf der Handlung merklich ändern wird. Der Skandal über den der Klappentext spricht, wäre im Heute vielleicht eine Schlagzeile wert, die am nächsten Tag komplett vergessen wäre. Diverse Ausschweifungen unter Alkoholeinfluss machen Vivian zu einem "gefallenen" Mädchen und lässt sie rasch in den schützenden Schoss ihrer Familie zurückkehren. Leider ist sie dort so unglücklich und sehnt sich nach dem schillernden Treiben New Yorks zurück. Dort lebte sie inmitten von Revuegirls im Etablissement ihrer Tante, was für Vivians Ruf nicht gerade förderlich ist. Als Frau sollte man angemessen und nicht ausschweifend leben, daher gibt es mitunter auch einen bitteren Beigeschmack, da die Rolle der Frau deutlich hervorgehoben wird und auch wenn ich nicht alles gut heiße, was ich lese, denn diverse Ausschweifungen können Schwangerschaften oder auch Erkrankungen auslösen, die das Leben prägen werden. Eine unverheiratete Frau mit Kind? Unvorstellbar. Es sind mitunter auch Kleinigkeiten, die mir die Haare zu Berge stehen lassen vor Unverständnis, auch wenn mein Leben in geregelten Bahnen verlaufen ist, ist mir bewusst, das das Rollenbild der Frau, wie in "City of Girls" betrachtet, absolut veraltet ist.

Was mir sehr gefallen hat, ist die direkte Ansprache, die in Briefform verfasst wurde, welcher erst zum Ende hin Bedeutung bekommt und anfänglich etwas befremdlich wirkt. Diese dient lediglich dazu, die Person Vivian kennen zu lernen. Als Vivian mit 19 Jahren zu ihrer Tante Peg in ein verkommenes Theater zieht, ist nicht vorhersehbar, wie sehr dieses bunte Treiben Einfluss nehmen wird. Vivian wird wichtig, da sie die Begabungen hat zu nähen und dieses wird auch im weiteren Verlauf der Story immer wieder hervorgehoben. Letztendlich wird es zu einer Tätigkeit, die ihr den Lebensunterhalt sichert.

Schillernde Persönlichkeiten, Ausschweifungen und Leidenschaft nehmen großen Raum ein und lassen "City of Girls" zu einem Roman werden, der einen gewissen Charme versprühen konnte. Das Cover weist auf Lebenslust und Freunde hin und wäre allerdings nicht der Grund im Buchhandel dieses Buch auszuwählen, da mich die Optik nicht komplett überzeugt. Es ist eher der Klappentext, der meine Neugier schüren konnte.

Auf eine liebenswerte Art und Weise nutzt die Autorin das New York der Vierziger Jahre, um einen Roman zu weben, dessen Inhalt mich begeistern konnte. Wie schon erwähnt, ist Moral und Anstand nicht immer anzutreffen, wobei Vivians Handeln in der heutigen Zeit wahrscheinlich nicht einmal ein Kopfschütteln bewirken würde. Auch der Mann muss sich behaupten, da Krieg herrscht und ein Mann dazu verpflichtet ist, sich zu behaupten. Sich freiwillig zur Navy zu melden verleiht Achtung und Stolz innerhalb der Familien. Tod und Trauer nimmt auch einen großen Raum in Viviens Leben ein und zeigt die Schrecken und Grauen des Krieges deutlich.



Gerne eine Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2020
Wie uns die Liebe fand (eBook, ePUB)
Stihlé, Claire

Wie uns die Liebe fand (eBook, ePUB)


sehr gut

"Wie uns die Liebe fand" ist herrlich amüsant und dennoch voll von Liebe und Familienzusammenhalt, wobei ich als Mutter den Liebesgeräuschen meiner Töchter nicht zuhören möchte und dieses leicht befremdlich fand, aber das ist sicherlich für jede Leser_in unterschiedlich. Klar ist, das der Liebestaumel durch Liebesbomben ausgelöst einem Voodoozauber zuschulden kommt. Ich habe mich köstlich amüsiert, denn natürlich geht es mitunter schief, wenn man sich in das Liebesleben von Menschen durch Zauberei einmischen möchte.
Madame Nan, die mittlerweile 92 Jahre alt ist, mit vier Töchtern und einigen Enkeltöchtern gesegnet wurde, zudem zwei wunderbare Ehemänner begraben hat, erzählt völlig schmerzfrei aus ihrem Leben, was natürlich nicht immer nur schöne Erlebnisse beinhaltet, wobei Trauer nicht den großen Bestandteil der Story einnimmt, sondern das, was durch die Liebeskugeln entsteht: Tanzende Schmetterlinge, die Menschen zusammenführt und das mitunter auch Chaos verspricht. Soviel Liebe hat es im Elsass sicherlich nie zuvor gegeben. Charmant dargestellt, mitunter urkomisch, wenn Frauen plötzlich anfangen den Mond anzuheulen und sich wirklich lächerlich machen. Madame Nan ist selbst schwer verliebt in Monsieur Boberschram, aber bis dieser ihre Liebe erwidert ist es ein langer schmerzlicher Weg und es scheint, als wäre er gegen die Liebesbomben immun. Der Versuch ihm eine unterzujubeln geht gründlich schief, alles andere hätte dem Roman aber tatsächlich sehr geschadet, denn es wäre zu einfach gewesen und hätte einiges an Sympathiepunkten eingebüßt. Mir hat es nämlich gerade deshalb so gut gefallen, da es eben nicht offensichtlich ist und es weitere ausgefallene Menüs gekocht von Madame Nan geben muss, um das Herz des Monsieur Boberschram zu erobern. Einige Rezepte finden sich hinten im Buch und auch wenn ich es nicht unbedingt nachkochen würde, da es für mich zu fleischlastig ist, fand ich es sehr gelungen, da es ein Hinweis darauf ist, das Liebe eben doch durch den Magen geht und ein Abendessen Menschen zusammenbringen kann. Das gemeinsame Essen ist und bleibt wertvoll.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an "Wie uns die Liebe fand", da ich es wirklich außergewöhnlich schön fand, eine Liebesgeschichte zu lesen, die aus den Erinnerungen einer alten Dame betrachtet wurde, die aber definitiv nicht alt wirkt, sondern mitten im Leben zu stehen scheint. Hier werden Erinnerungen geteilt, die manchmal so witzig und chaotisch waren, das man den Roman definitiv nicht ernst nehmen konnte, aber es doch geholfen hat, den eigenen Alltag zu vergessen und sich dieser Story hinzugeben und sich einfach nur wohlzufühlen.

Bewertung vom 16.05.2020
Das Paradies meines Nachbarn
Ebrahimi, Nava

Das Paradies meines Nachbarn


sehr gut

"Das Paradies meines Nachbarn" ist ein sehr verwirrender Roman zu Beginn, der in den letzten Abschnitten seine volle Schönheit entfalten kann und einen Sinn ergibt, der wirklich herausragend ist. Niemals wäre ich auf Anhieb hinter das Geheimnis des Ali Najjar gekommen, dessen Feigheit extreme Ausmaße annimmt. Es verbirgt sich echtes Drama zwischen den Zeilen, welches das Handeln innerhalb fernen Ländern beleuchtet und auch aufzeigt, wieso junge Männer sich in diesem Bestreben zu gefallen oder besser gesagt zu gehorchen dem Wahnsinn preisgeben. Ich werde dieses nicht weiter ausschmücken, denn von diesem Wahn lebt der Roman und erschreckt und fasziniert sogleich. "Das Paradies meines Nachbarn" ist ein Hochkaräter, den es zu lesen lohnt, wobei ich dennoch darauf hinweisen muss, das ich mitunter etwas verwirrt war, da sich die Personen Ali Najjar und Ali Reza nicht immer sehr zügig auseinanderhalten lassen, wobei es sich hier um zwei komplett unterschiedliche Männer handelt. Erst der Brief, der auch im Klappentext erwähnt wird, gibt Aufschluss über das Leben zweier Menschen, die unterschiedlichen Ursprungs sind, aber dennoch miteinander verbunden.
Sehr anschaulich wird Bezug zum Irak Krieg genommen und das Leid, welches damit verknüpft ist. Kindersoldaten, die herangezüchtet wurden um zu sterben oder lebenslang ihre Traumata verarbeiten müssen. Ein Roman, der so viel Tiefgang hat, das es schmerzlich nachdenklich stimmen wird.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an eine etwas mehr als 200 Seiten wertvoll gestrickte Geschichte, die so wie sie geschrieben wurde, wirklich passiert hätte sein können, wobei oftmals hier und da vielleicht auch ein Fünkchen Wahrheit enthalten ist, dies ist, was schockiert und nachdenklich stimmen wird. Mehr Text ist nicht nötig, um eine äußerst runde Story zu präsentieren, die auf den letzten Seiten erzürnt, aber auch Verständnis ausdrückt für Lebenslügen und Verhalten der Menschen, die sich dem Grauen auf unterschiedliche Art und Weise entziehen konnten. Der Titel ist in meinen Augen gut gewählt, denn wenn ich nur auf das Paradies meines Nachbarn schaue, wird innere Heilung niemals möglich sein.

Bewertung vom 10.05.2020
Thirty
Bradley, Christina

Thirty


gut

Der Plot zu "Thirty" klang amüsant, sodass ich mich darauf freute, diese als romantische Liebeskomödie betitelte E-Book zu lesen. Meine Erwartungshaltung war wahrscheinlich ein klein wenig zu hoch, denn ich nahm eine sehr frustrierte junge Frau wahr, die auf der Suche nach dem "Einen" alle Fettnäpfchen der Welt mitnimmt und Männer sich irgendwann nur noch als Erfüllung einer sich selbst aufgelegten Challenge entpuppen. Mir war Bellas Verhalten mitunter zu oberflächlich gehalten, die Witze ließen irgendwann nach und was bleibt ist eine Frau mit der Erkenntnis, das "Eine" schon längst gefunden zu haben. 30 Männer in 30 Tagen ist schon eine starke Leistung. Meine Hoffnung ist, das Frauen, die sich kurz vor ihrem 30. Geburtstag besonnener verhalten und ihrer Torschlusspanik keinen Raum geben. Sich Männern und auch Frauen willkürlich an den Hals zu werfen ist irgendwie unreif und zeigt eine Frau, die sich zwar weiterentwickelt, was ihr Selbstbewusstsein betrifft, aber das ist dann auch alles, was ich als positiv wahrnahm.

Mir hat "Thirty" leider nicht so zugesagt wie erhofft, da ich den Wortwitz der ersten Buchseiten als sehr amüsant und gelungen betrachte, dieses aber im weiteren Verlauf der Story immer mehr abflacht. Den Roadtrip durch die USA hingegen fand ich als sehr beschaulich und das war auch etwas, was ich genießen konnte.

Ich vergebe eine eingeschränkte Leseempfehlung, da ein Buch immer die Gemüter spalten wird. Ich empfand "Thirty" leider vielfach übertrieben und emotional oberflächlich. Bestens geeignet, um nicht nachdenken zu müssen an einem sonnigen Sommertag, aber mehr bleibt leider nicht.