Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
mosaik
Wohnort: 
Neumarkt a. W., Salzburg
Über mich: 
Meine Leidenschaft gehört der Geografie, meine "zweite Heimat" war über Jahrzehnte Italien und alles rund ums Kulinarische interessiert mich immer. So versuche ich eben auf das eine oder andere Buch aufmerksam zu machen und hoffen, mit meinem Rezensionen ein wenig weiter zu helfen

Bewertungen

Insgesamt 450 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2018
Vergessene Paradiese
Lux, Georg

Vergessene Paradiese


ausgezeichnet

Für jeden wird "sein Paradies" dabei sein
Die beiden Autoren setzen ihr erfolgreiches Konzept ihres ersten Buches „Verfallen & Vergessen“ auch in diesem Buch wieder sehr gut um. Gut recherchiert berichten sie von vielem Unbekannten in Kärnten (sechs Beiträge), Italien (ein Beitrag aus dem Südtiroler Pustertal, einer aus dem Veneto und fünf aus Friaul-Julisch Venetien), Slowenien (fünf) und in zwei Beiträge aus Kroatien.

So erzählen sie ihren Lesern was es mit einer Hoffnungskirche und einem früheren Vorzeigehotel am Weißensee auf sich hat, wie ein Benediktinerkloster trickreich Steuern durch einem Felssturz sparen konnte, dessen Spuren heute in einem Naturparadies in Kärnten zu sehen sind, von romantischen Plätzen im oberen Lavanttal und bei den Quellen der Livenza („mit Suchtpotenzial“, Zitat Autoren), erklären den Zusammenhang zwischen einem Käse, den die beiden in Caorle entdeckten und einer Höhle in der Nähe der Stadt Vittorio Veneto, beschreiben das sehenswerte Vipatal in Slowenien im Grenzgebiet zu Görz, die Salzgärten von Piran, besuchen die „kleinste Stadt der Welt“, wandern zu einer Filmgeisterstadt und vieles mehr.

Bei jedem Kapitel bieten die Autoren zum Schluss einige geschichtliche und touristische Informationen (Radwege, Restaurants, u. a.) sowie unter dem Titel „Am Rande“ weitere sehenswerte Orte in der Umgebung des beschriebenen Paradieses. Mögen vielleicht auch nicht alle „Paradiese“ für jedermann als Paradiese erscheinen, so waren sie vielleicht früher solche oder eben jetzt in den Augen der beiden Autoren. Aber unter den 21 beschriebenen, vergessenen Paradiesen sind sicherlich für jenen so viele, dass sie entweder eine längere oder mehrere kürzere Reisen zum Besuch „seiner Paradiese“ planen müssen.

Das optisch gut aufgebaute Buch bietet auch zahlreiche aussagekräftige Bilder sowie eine Übersichtskarte mit eingezeichneten Lagepunkten der beschriebenen Orte im vorderen Buchumschlag. Gleich beim Zuklappen der Karte sieht man nach Ländern sortiert alle Ortsnamen mit Seitenzahlangaben. Praktisch.

Das handliche Format in französischer Broschur (flexibler Einband) passt gut in wohl jede Reisetasche, um es bei meiner nächsten Reise dabei zu haben. „Meine Paradiese“ habe ich in diesem Buch entdeckt. Orte, die ich als versierte Italienkenner bislang auch nicht besucht habe.

Bewertung vom 17.11.2018
Island
Krug, Christian;Poliza, Michael

Island


ausgezeichnet

Es sind die eindrucksvollen hochwertigen Bilder, die diesen Bildband so fantastisch machen

Drei Millimeter starker Harteinband, der Titel als erhabene Letter zum Begreifen gedruckt, großformatige, ganzseitige oder doppelseitige Bilder und ein paar kürzere Texte. Was fehlt ist ein Inhaltsverzeichnis, um die einzelnen Kapitel direkt ansteuern zu können. Denn Christian Krug, Chefredakteur des STERN, lässt Menschen in diesem Buch zu Wort kommen – die muss man dann eben sich durchblätternd suchen. Aber irgendwie fehlt es mir dann doch wieder nicht, weil ich einfach die Bilder genieße.

Poliza bietet, soweit ich das verstanden habe, Flugsafaris auf Island an. Aber nicht nur aus dem Helicopter machte er Aufnahmen, auch eine Drohne ließ aufsteigen, um so eindrucksvolle Bilder wie jenes vom rotgoldenen Strand von Rauðisandur machen zu können, der nur schwer erreichbar ist. Ein Bild aus der Luft vom Hubschrauberlandeplatz beim Leuchtturm von Þrídrangar lässt erahnen, wie gut diese Piloten sein müssen, um auf dem vielleicht fünf mal fünf Meter Landeplatz aufsetzen zu können – rings herum Felsklippen und Meer. Wie man 44 Meter Fallhöhe des Dettifoss eindrucksvoll in Szene setzen kann, zeigt ein doppelseitiges Bild. Die Bilder bringen jahreszeitlich unterschiedliche Stimmungen rüber, zeigen sich färbenden Himmel ebenso wie ein Schaf auf einer grünen Weide, ds den Fotografen beobachtet.

Frühlingsstimmungen, Bilder von Ödland ebenso wie von Weiden, die heimische Tierwelt und faszinierende Bilder von Blubberndem, von 100 Grad heißem Schlamm und immer wieder eindrucksvolle Landschaftsbilder füllen dieses Buch. Fast durchwegs sind die Bilder von hoher Qualität was Farbe und Schärfe anbelangt.

Ich bin noch nie persönlich auf Island gewesen. Aber mit diesen Bildern brauche ich auch gar nicht mehr dorthin reisen! Die Bilder dieses Buches zeigen wahrscheinlich viel mehr von den Schönheiten dieser Insel als man sie vielleicht als Tourist erleben kann. Diese Bilder zeigen, dass Islands keineswegs nur aus grauer Vulkanlandschaft besteht, sondern alle Schattierungen des Farbspektrums bietet.

Jedes Mal, wenn ich durch den Bildband blättere, entdecke ich neue Details – was so viel bedeutet, wie: Dieses Buch gebe ich nicht mehr her.

Bewertung vom 16.11.2018
Atlas der legendären Seewege
Chevalier, Francois

Atlas der legendären Seewege


sehr gut

Kein Atlas, keine „wunderbaren Karten“, aber sehr gut recherchierter informativer Inhalt

Der Einleitungssatz nimmt schon die beide doch nicht ganz unwesentlichen Kritikpunkte vorweg. Doch zunächst möchte ich ein wenig über den Text, den Inhalt schreiben.

Ich habe selten ein Buch gelesen, dass derart abwechslungsreich und informativ über Reisen auf den Weltmeeren geschrieben war. Francois Chevalier ist ein französischer Historiker, Schiffsarchitekt, Universitätsdozent und Autor von rund 20 Nachschlagewerken über die Geschichte des Segelsports. Ihm gelingt es den Leser wirklich mit auf die Reisen zu nehmen, gibt Einblick in das Alltagsleben an Bord früherer Expeditionen und berichtet teilweise sehr genau über den Ablauf verschiedener Seereisen.

Beim Lesen wird vieles verständlich(er) von dem, was die meisten von uns bisher über beispielsweise die Phönizier oder Wikinger als Seefahrer wussten. Interessant sich auch seine Recherchen, ob Odyssee tatsächlich gelebt hatte und wo denn seine „Odyssee“ stattgefunden haben könnte. Chevalier berichtet von einem Kanal der alten Ägypter, der das Rote Meer über den Nil mit dem Mittelmeer verbunden hatte. Die Geschichte der Hanse und der Niederländischen Ostindien-Kompanie finden ebenso wie die erste Weltumsegelung von Magellan in diesem Buch ausgiebig Platz.

Diese Weltumsegelung von Magellan ist für meine Heimatstadt Salzburg von Interesse. Denn der Sekretär Kaiser Karls V. schilderte als Erster diese Reise rund um Welt. Dazu hatte er 18 der 27 überlebenden Seeleute (von 265 abgereisten) befragt und anschließend seinen Bericht an den Salzburger Fürsterzbischof Matthäus Lang geschickt, der diesen als ersten öffentlich zugänglichen Bericht dieser Weltumsegelung im Jänner 1523 veröffentlichte.

Gegen Ende des Buches beschäftigt sich Chevalier mit der Geschichte der Clipper, der Suche nach den Nordpassagen (was auch sehr interessant ist) und schließlich mit Wettfahrten mit Einhand-Segelbooten über den Ozean bis zu den großen Welt-Regatten der 2010er-Jahre.

Sympathisch ist auch das grüne Lesezeichen aus Stoff, das fest mit dem Buch verbunden ist. Weniger sympathisch fand ich die im Titel und auf der Rückseite angekündigten „wunderbaren Karten“. Diese entpuppen sich nämlich als mäßig gestaltete Übersichtskarten, sehr einfach gezeichnet mit wenigen Details. Davon gibt es in den 16 Kapiteln ein bis zwei je Kapitel (auf etwas mehr als 220 Seiten). So gesehen hält der Titel nicht, was er dem Leser verspricht. Das Buchtitelbild zeigt einen solchen Kartenausschnitt.

Wer Kartenwerke erwartet ist absolut enttäuscht. Wer Interessantes über Seereise von der Antike bis heute erfahren will, wird wahrscheinlich ähnlich begeistert sein wie ich es bin.

Bewertung vom 13.11.2018
Die Trapp-Familie
Jelinek, Gerhard;Mosser, Birgit

Die Trapp-Familie


sehr gut

Das Buch kratzt, gut recherchiert, am „Mythos Trapp-Familie“ und zeigt ein ganz anderes Bild

Schaut man sich die Übersicht der Recherche-Quellen, der verwendeten Literatur sowie der Bild- und des Quellennachweises an, zusammen vier Seiten, wird einem dann beim Lesen dieses interessanten Buches schnell klar, dass die beiden Autoren vieles des Mythos, der dieser Familie anhaftet, entzaubern.

Sie holen in mehreren Kapiteln zwar oft weit aus und beleuchten das zeitliche Umfeld und peripher die Familie betreffende Personen ausgiebig, was aber durchaus Sinn macht und dadurch einiges verständlicher wird. So werden die U-Boot-Fahrten des Korvettenkapitäns Georg von Trapp doch recht ausgiebig geschildert, die Bankenpleite der Auguste Lammer auf gut fünf Seiten erklärt und auf acht Seiten werden die Spannungen rund um den österreichischen Ständestaat und die Salzburger Festspiele in den Jahren vor Hitlers Machtergreifung beschrieben. Rund 200 der gut 260 Seiten behandelt die Geschichte der Familie in Europa, die Beschreibung des Lebensabschnitts der Familie in den USA fällt also deutlich kürzer aus.

Aber nach der 256. Seite muss ich doch sagen, dass das Buch lesenswert ist. Die beiden Autoren versuchen die Personen und das Leben der Familie neutral zu beschreiben, beziehen sich immer wieder auf nachvollziehbare Quellen wie auf die von der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisierten Zeitungen im Internet oder auf Briefe aus der Familie Trapp. Ich habe mir einige dieser Internetquellen angesehen, die beispielsweise die Originaldokumente der Schiffsüberfahrten und Ausreise der Trapp-Familie so wie im Buch zeigen. Also sicherlich gut recherchiert.

Ein sehr wesentlicher Punkt dieses Buches sind die Recherchen der beiden Autoren, die eine deutlich andere Geschichte zutage fördern als sie dem Publikum in den Filmen, vor allem in „Sound of Music“, und im Musical vorgespielt wird. Auch Maria von Trapp und andere Familienmitglieder waren nicht ganz glücklich mit diesen Darstellungen ihres Lebens, wie die beiden Autoren zitieren.

Die Familie Trapp feierte bereits vor ihrer Ausreise in die Staaten Erfolge in Salzburg und anderen Städten Europas. Sie gewannen auch tatsächlich einen Gesangswettbewerb in Salzburg, aber nicht bei den Salzburger Festspielen, wie Maria von Trapp in ihren Lebenserinnerungen schrieb – der nächste interessante Schwerpunkt des Buches: die Lebensgeschichte und der Charakter von Maria. Beides sagenumwoben, unvollständig und von ihr offenbar bewusst gefälscht. Einmal war sie General, einmal Mutter, einmal brach sie in Wut aus und ein anderes sang sie mit allen Kindern. Sie schlug ihre Kinder, manchmal auch mehrmals, bis sie willig waren, wie sie selbst in ihrer Biografie schrieb. Dass der letzte auf die Welt gekommene Sohn nach dem Tod seines Vaters nichts erbte könnte daraufhin deuten, dass er nicht das Kind des Georg von Trapp sondern des Pfarrers Franz Wasner, dem Chorleiter, gewesen sein könnte, mutmaßen die Autoren und finden noch einige interessante Aspekte dazu.

Natürlich fehlen auch nicht die Geschichten über die drei Filme und das Musical, über Hintergründe deren Erfolge in den USA und der Misserfolge in Österreich. Gegen Ende des Buches werden auch Spannungen innerhalb der Familie, das Ausbrechen einzelner Mitglieder und das Ausleben der missionarischen Vision von Maria von Trapp beschrieben. Überhaupt schien Maria vom Katholizismus besessen gewesen zu sein, was mehrmals in diesem Buch auch quellenmäßig belegt wird.

Wer das Buch aufmerksam liest wird immer wieder auf kürzere oder längere Textwiederholungen stoßen. Eigentlich nicht nötig, nicht wirklich störend, aber wohl in Summe das Buch um ein paar Seiten verlängernd. Trotz mancher, wie erwähnt, textlicher „Ausflüge“, die nicht unmittelbar die Trapp-Familie betreffen, bietet dieses Buch eine umfassende Darstellung von Tatsachen, die über diese Personen bekannt sind und Mythen, die über sie verbreitet wurden.

Bewertung vom 21.10.2018
Porsche Drive - Pass Portrait - Großglockner
Bogner, Stefan;Baedeker, Jan

Porsche Drive - Pass Portrait - Großglockner


ausgezeichnet

Bogners bietet in diesem Buch ansprechende Farbbilder und Aufnahmen von interessanten Straßenabschnitten. Jan Baedeker, der Urenkel des Gründers des Baedeker-Reiseführers, hat die schwierige Aufgabe, die komplexe Geschichte der Straße in verständliche Worte zu bringen und dabei nicht zu langatmig werden sehr gut gelöst. Er auch gut recherchiert.

Trotz mancher Schwachstellen halte ich dieses Buch für eines der bislang besten Bücher über die Großglockner Hochalpenstraße, die sich an den Normalverbraucher wenden und keine wissenschaftlichen Werke darstellen. Der Leser möchte ja einerseits etwas über die Passstraße erfahren, aber andererseits beeindruckende Bilder erleben ohne unbedingt Details zu erfahren, was er auf diesen sieht. Das ist nämlich der einer der Schwachpunkte des Buches. Die Mehrheit der Bilder sind Drohnenaufnahmen, die durchaus eindrucksvoll verschiedene Straßenabschnitte zeigen. Aber es gibt keine Bildbeschreibungen. Dies gilt auch bei den Sportwagenaufnahmen. Und damit zu noch einem Schwachpunkt: Es gibt kein Inhaltsverzeichnis, obwohl sich das Buch in folgende Kapitel teilt:

Die Seiten 10 bis 77 schildern zweisprachig (Deutsch-Englisch) die Geschichte und zeigen historische Zeichnungen sowie historisches Bild- und Werbematerial (vom Bau der Straße sowie den Jahren nach Inbetriebnahme, von der Schneeräumung u. a.).

Auf den Seiten 78 und 79 gibt es eine Streckenverlaufsbeschreibung.

Die Seiten 80 bis 256 präsentieren meist doppelseitige Bilder von der Straße, überwiegend im Frühling aufgenommen mit noch viel Schnee auf den Bildern, was insofern schade ist als der Hochgebirgssommer und -herbst die farbenintensivsten Zeiten sind. Die Straße tritt in den Vordergrund, die Landschaft kommt nicht recht zur Geltung.

Auf den Seiten 257 bis 287 kommen Persönlichkeiten, die mit der Straße verbunden sind, zu Wort: Dr. Johannes Hörl, Direktor und Vorstand der GROHAG; Peter Embacher, technischer Betriebsleiter, der mit den Bergen und der Straße aufgewachsen ist; Walter Röhrl, der als einer der besten Rallyefahrer aller Zeiten gilt und diese Straße sowohl mit dem Rennrad als auch mit historischen Rennwagen befahren hat; Franz Schwarz; Hartmut Henkel und Tochter Erika Sallaberger, Pächter des Restaurants Fuschertörl seit 1964; Dr. Wolfgang Porsche, Enkel des Prof. Ferdinand Porsche und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Porsche AG und Herbert Haslinger, Wirt des Gasthofs Fuscherlacke und Kümmerer um die Murmeltierwelt an der Straße;

Auf den Seite 291 bis 343 werden unter dem Titel „Drive“ Sportwagen gezeigt, die in jüngerer Zeit, ob historisch oder modern, die Straße hinauffuhren; leider sind die Bilder nicht beschriftet und der Leser kann nur die durchaus ansprechenden Aufnahmen bestaunen und die Fahratmosphäre im Bild genießen;

Die Seiten 344 bis 371 zeigen winterliche Aufnahmen von Straßenabschnitten, markante Punkte und die winterliche Bergwelt;

Die Seiten 372 bis 375 bieten, wieder zweisprachig, Reisetipps entlang der Straße sowie Vorschläge für Tagesausflüge;

Bei der Doppelseite mit historischen Bildern von der Eröffnung der Straße sind mehrere unterschiedliche Eröffnungsfeierlichkeiten zu sehen: die Eröffnung der Gletscherstraße auf die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe – sie wurde bereits am 2. Oktober 1932 als erster wesentlicher Straßenabschnitt eröffnet; das Bild links unten dürfte aber die Eröffnung des Parkplatzes auf der historischen Kaiser-Franz-Josefs-Höhe ein Jahr später, am 25. August 1933, zeigen; dann gibt es drei Bilder von der Fertigstellung der Nordrampe bis zum Fuscher Törl einschließlich der Eröffnung der Edelweißstraße auf die Edelweißspitze am 23. September 1934 und ein Bild von der Eröffnung der Scheitelstrecke und damit die Eröffnung der fertiggestellten Großglockner Hochalpenstraße am 3. August 1935.

Doch trotz dieser Schwachstellen glaube ich, dass dieses Buch eine gelungene Darstellung dieser hochalpinen Panoramastraße in Wort und Bild ist.

Bewertung vom 21.10.2018
Stille Nacht

Stille Nacht


ausgezeichnet

Mit Abstand das umfangreichste, detaillierteste und interessanteste Buch zu diesem Thema

Es ist fast unglaublich, wie viele Facetten und Details, wissenschaftlich aufgearbeitet, in diesem Buch zusammengetragen wurden. Rund 30 kompetente Autoren lassen auf 280 Seiten so gut wie keinen Aspekt zum weltberühmten Weihnachtslied „Stille Nacht. Heilige Nacht.“ unbeleuchtet.

Zunächst werden die Entstehungsgeschichte und die beiden Autoren des Liedes, Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr ausführlich beschrieben. Dann schildert das Kapitel „Was vom Glanze übrigblieb – der Niedergang Salzburgs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zur Zeit der Entstehung des Liedes. Sozialgeschichtliche Aspekte, das Weihnachtsfest und die Weihnachtsmusik im frühen 19. Jahrhundert sind weitere Themen.

Ein interessanter Beitrag ist jener über den „Urheberstreit“ der 1870er und 1890er-Jahre. Dabei erheben Bekannte oder Bekannte von Bekannten der beiden Autoren Zweifel an der Urheberschaft Mohrs am Text oder Grubers an der Melodie und umgekehrt. Hochradner, der Autor dieses Beitrags, zitiert Leserbriefe und Redaktionsantworten aus der „Salzburger Chronik“, einer Zeitung jener Zeit und erläutert, weshalb dies oder jenes zutreffend, falsch oder zweifelhaft sei.

Andere Beiträge beschreiben die Verbreitung des Liedes durch Zillertaler Sänger. Diesen folgen Beiträge über die „technische“ Verbreitung des Liedes, von der mechanischen Spieldose bis zum elektronischen Download. Interessant auch, was Christian Strasser in seinem Beitrag der filmischen Interpretation des Liedes ausgegraben hat. Er beginnt mit dem ersten „Stille Nacht“-Film von 1910 eines jüdischen Filmproduzenten, führt über „das unsterbliche Lied“ einer Deutsch-Schweizer Koproduktion und verschiedener englischen Produktionen in den 1960er-Jahren zum „ewigen Lied“ aus dem Jahr 1998.

Es folgen weitere Kapitel über die Dichtkunst Mohrs, die Lyrik des Biedermeiers in Salzburg, die Autografen und authentischen Überlieferungen Grubers, die Entstehung des Weihnachtsfestes und der Weihnachtskrippe, das Lied als Pop-Hit und andere. Kritisch betrachtet wird der Balanceakt zwischen Gedenkkultur und Marketing. Das Buch endet mit einem Beitrag über die Stille Nacht Gesellschaft und die Stille-Nacht-Gemeinden. Bei den Gemeinden blieben die Herausgeber Gott-sei-Dank bei den Fakten. Denn als es auf das Gedenkjahr „2018 – 200 Jahre Stille-Nacht-Lied“ zuging, meinten plötzlich einige Gemeinde, die bisher nie etwas mit diesem Lied „am Hut hatten“, dass auch sie ja irgendwie und doch auch mit der Entstehung oder Verbreitung etwas zu tun hätten. Und wären nur die Tiroler Sänger durch ihre Gemeinde gezogen.

Ja und da gibt es noch ein paar Gründe, weshalb ich von diesem Buch schwer beeindruckt bin. Vorausschicken möchte ich, dass ich mich selbst schon seit Jahren etwas näher mit dieser Thematik befasse und daher sachlich schon einen guten Einblick habe. Daher möchte ich noch erwähnen, dass die Autoren mit Mythen und Legenden aufräumen, die sich im Laufe der Geschichte um Entstehung und Verbreitung des Liedes gebildet hatten. Und zwar mit Quellen belegt und genau erklärt, weshalb das oder jenes nicht stimmt. In jedem Kapitel gibt es zahlreiche Endnoten mit Verweisen und Quellenangaben, teilweise im Internet nachvollziehbar; das Buch endet mit einem umfangreichen Verzeichnis ausgewählter Literatur und einem Glossar (mit z. B. den Stichworten „Authentische Veranlassung“, „Legendenbildung“ oder den verschiedenen Fassungen des Liedes).

Ergänzendes, gutes Bildmaterial, gut lesbare Schrift und eine angenehme Seitengestaltung runden meinen sehr positiven Eindruck von diesem wirklich gelungenen Nachschlagewerk zum Stille-Nacht-Lied ab. Von allen bisher mir bekannten Büchern ist es mit Abstand das umfangreichste, detaillierteste und interessanteste Buch zu diesem Thema.

Bewertung vom 24.09.2018
Neues vom Onkel Franz
Ranzenberger, Klaus

Neues vom Onkel Franz


weniger gut

Sprachlich sehr gut, inhaltlich sehr holprig und sehr konstruierte Erlebnisse

Kein Vergleich mit dem ersten Band über den Onkel Franz. Ich kann nicht behaupten, er sei schlecht geschrieben. Nein, aber anders. Sehr anders. Stellenweise etwas zu langatmig, manche Geschehnisse seiner Odyssee doch ein wenig an den Haaren herbeigezogen und das Ende, die Auflösung, wohl eher flau.

Der Autor bedient sich der Sprache wie im ersten Band. Jedoch kommt mir vor, der Onkel hat sich irgendwie geändert. Denn alle Episoden, die er erlebt, sind auch zeitkritische Erlebnisse, Konfrontationen mit „Neumodischem“. Diese liebte der Onkel Franz im ersten Band allerdings nicht so, wie er nun im zweiten Band vorgibt. Seine Kenntnisse oder zumindest sein Interesse daran sind nämlich Voraussetzungen für diesen Buch, sonst hätte der Autor nicht eben diese Episoden schreiben können.

Mir ist schon klar, dass es sich um Geschichten handelt. Ich habe den Onkel Franz allerdings aus seinem ersten Buch als bodenständigen Innviertler in Erinnerung, der grundsätzlich nur tatsächlich Erlebbares für den Leser schilderte. In diesem Buch hingegen versucht der Autor mit Innviertler Schmäh seine durchaus kritischen Ansichten zu Dingen wie Flüchtlingskrise, Politik, Jugend oder Aussteiger in eine etwas holprige Onkel-Franz-Odyssee zu verpacken. Wie sie in dieser geschilderten Form wahrscheinlich nie jemand an einem Tag erleben wird. Und alles nur um zu einem „unglaublichen Ende“ zu kommen, bei dem alle glücklich sind und alle Episoden des Buches zusammenfinden.

Zwischendurch erzählt der Onkel Franz langatmig, was eine richtige Innviertler Essigwurst ist. Und überhaupt schildert er – für meinen Geschmack – manches Nebensächliches zu ausführlich, was bei mir den Verdacht aufkommen ließ, der Autor muss eben 150 Seiten irgendwie füllen.

Sprachlich sehr gut, inhaltlich sehr holprig und das Buch als Ganzes hat mich nicht begeistern können.

Bewertung vom 24.09.2018
Schwert und Galgen
Ammerer, Gerhard;Brandhuber, Christoph

Schwert und Galgen


ausgezeichnet

Ein hervorragend recherchiertes Nachschlage-Sachbuch mit Lesecharakter

Dieses über 200 Seiten dicke Buch bietet detaillierte Informationen zu den Themen der geschichtlichen Entwicklung von Strafrecht und Todesstrafe in Salzburg, über alle Richt- und Hexenverbrennungsstätten; es schildert die genauen Abläufe von der Gefangennahme bis zur Hinrichtung, deren Formen und Riten; ein ausführliches Kapitel beschäftigt sich mit dem Scharfrichter samt Stammtafeln der Scharfrichter des 17. und 18. Jahrhunderts und über die Gesetze und wissenschaftlichen Methoden im 19. Jahrhundert führt das Buch ins 20. Jahrhundert mit der Aufhebung der Todesstrafe, in die Zeit des Nationalsozialismus und bis zur letzten Hinrichtung.

Neben dem erzählenden Text bieten die beiden Autoren auch zahlreiche Originalzitate. So erhält der Leser Einblick in zeitgenössische Ausdrucksweisen. Bilder, Zeichnungen und Abbildungen, beispielsweise von Rechnungen über Galgenbauten bis hin zu Abdrucken von Urteilsverkündigungen, bietet dieses Sachbuch mit Lesecharakter einen sehr umfassenden Einblick in die Geschichte der Todesstrafe in Salzburg.

Einiges in Beiträgen werden den Salzburgern sicherlich bekannt erscheinen: die Geschichte des Hexenturms in der Stadt Salzburg, der Fall Kaspar Vogl, Pfleger im Pinzgau oder die Zauberer-Jackl-Prozesse. Aber auch weniger Bekanntes und doch Interessantes kann man lesen, wie den Fall des Werfener Bürgermeisters Johann Oberreiter, der wegen Meuchelmordes hingerichtet wurde. Wer sich in Hallein schon einmal gefragt hat, woher der Molnar-Platz seinen Namen hat, kann im Kapitel „Wehrkraftzersetzung – Der Fall Edmund Molnar“ mehr über die namensgebende Person erfahren.

Manches mag natürlich dem Leser grausam vorkommen, aber die Autoren bemühen sich über unsere Salzburger Rechtsgeschichte sachlich zu berichten.