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Nina [libromanie.de]
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Medienstudentin :: 20something :: verschlingt alles, was aus Buchstaben besteht und schreibt darüber

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2009
Tagediebe
Tsainis, Kathrin

Tagediebe


sehr gut

Die junge Architektin Juli hat mit ihrem Leben in Hamburg bereits abgeschlossen. In 36 Tagen wird sie in Amsterdam ihre neue Stelle antreten. Alles scheint perfekt, aber bekanntlich kommt immer alles anders als man denkt. So verliebt sich Juli Hals über Kopf in Ben, der auch noch eine langjährige Freundin in Köln hat. Nur ein Spiel auf Zeit? Oder doch die große Liebe?

Kathrin Tsainis’ zweiter Roman ist eine locker geschriebene, gefühlvolle Liebesgeschichte, die - im Vergleich zu vielen anderen Büchern dieses Genres - ohne Kitsch auskommt. So stimmungsvoll und wohlklingend wie der Titel ist die gesamte Geschichte, die man aufgrund der flüssigen Sprache in einem Rutsch durchlesen kann. Die Charaktere sind glaubwürdig, ihr Handeln ist nachvollziehbar. So bleiben sie selbst in ihrer verzwickten Lage, in der sie wohlwissend eine dritte Person durch ihr Verhältnis verletzen, menschlich und sympathisch.

FAZIT: Eine kleine Geschichte so schön wie ihr Titel - nette Unterhaltung für zwischendurch.

Bewertung vom 27.02.2009
Die Stadt der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.4
Moers, Walter

Die Stadt der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.4


ausgezeichnet

Wer 'Ensel und Krete' gelesen hat, weiß, dass Hildegunst von Mythenmetz - größter Dichter Zamoniens - ganz schön geschwätzig ist. Und so ist es nicht verwunderlich, dass 'Die Stadt der träumenden Bücher' einen beachtlichen Umfang hat. Schließlich erzählt der Dichterfürst hier seine eigene Geschichte…

Vor seinem Tod erzählt sein Dichterpate dem jungen Mythenmetz von einem Manuskript eines unbekannten Schriftstellers, das vom Orm durchströmt ist, und trägt seinem Lehrling auf, nach Buchhaim zu wandern, um dort den Urheber des Textes zu suchen. So verlässt Mythenmetz die Lindwurmfeste und macht sich auf den Weg in die Stadt der träumenden Bücher. Doch statt den gesuchten Autor zu finden, geht Mythenmetz dem gerissenen Smeik, einer Haifischmade, auf den Leim und findet sich bald in den Katakomben unterhalb der Stadt wieder, in denen schreckliche Gefahren wie die sagenumwobenen Buchlinge der ledernen Grotte und lebensgefährliche Bücher lauern. Vor allem aber ist es das Revier des Schattenkönigs, vor dem sich selbst die grausamen Bücherjäger fürchten. Und so ist Mythenmetz plötzlich nicht nur auf der Jagd nach dem Orm, sondern muss zunächst einmal seinen Hals retten.

Auch mit seinem dritten großen Roman schafft es Walter Moers, den Leser für ein paar spannende, phantastische Stunden auf den wundersamen Kontinenten Zamonien zu entführen - insbesondere nach Buchhaim, welches mit all seinen Antiquariaten, Buchhandlungen und Autorenfestivals für Leseratten schlichtweg ein Paradies ist.
Moers‘ Ideenreichtum kennt wie immer keine Grenzen, seine Sprache ist gewohnt flüssig, herrlich ironisch und voller Wortwitz. Die atmosphärischen Beschreibungen versetzen den Leser mitten ins Geschehen.
Ein ganzer winziger Kritikpunkt lässt sich allerdings nicht verschweigen: Streckenweise ist die Geschichte etwas langatmig. So können 20 Seiten ohne Dialog schon ein wenig zermürbend sein.
Insgesamt macht der Autor dieses Manko jedoch allein schon durch die vielen liebevollen Zeichnungen wieder wett.

FAZIT: Intelligente, amüsante und spannende Unterhaltung für alle Altersklassen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.02.2009
Blumen für Algernon
Keyes, Daniel

Blumen für Algernon


ausgezeichnet

Charly Gordon ist 32 Jahre alt, mit einem IQ von gerade mal 68 jedoch geistig und emotional auf der Entwicklungsstufe eines Kindes. Eine neu entwickelte Gehirnoperation soll ihm dazu verhelfen, intelligent zu werden. Zunächst scheint alles gut zu laufen, Charly lernt in rasanter Geschwindigkeit und entwickelt sich bald zu einem wahren Genie – doch dann treten an der Versuchsmaus Algernon, welche dem selbem Experiment unterzogen wurde, Folgen auf, die auch auf Charlys Entwicklung schreckliche Auswirkungen haben könnten…

Daniel Keyes hat mit 'Blumen für Algernon', das früher unter dem Titel 'Charly, Endwicklung eines Menschen' erhältlich war, ein Buch geschrieben, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und derart emotional aufgewühlt hat, wie es selten zuvor einem Autor gelungen ist.
Der Leser verfolgt Charlys Entwicklung anhand dessen Fortschrittsberichte, welche er im Zuge des Experiments regelmäßig verfassen muss. Diese Art Tagebuch setzt ein, als Charly in die engere Auswahl für das Forschungsprojekt kommt, an dem er auf Anraten seiner Lehrerin Miss Kinnian, die ihn auf der Mittelschule für retardierte Erwachsene unterrichtet, teilnehmen möchte, um „intelgent“ zu werden. So finden sich in den ersten Fortschrittsberichten zahlreiche Rechtsschreib- und Zeichensetzungsfehler, die das Lesen der ersten 40 Seiten zwar ein wenig erschweren, jedoch deutlich aufzeigen, auf welchem geistigen Niveau Charly sich gerade bewegt. Im Laufe der Zeit werden die Berichte immer ausgefeilter, Charlys Ausdrucksvermögen steigert sich und er ist zum ersten Mal in seinem Leben in der Lage, klar zu denken und Dinge miteinander in Verbindung zu setzen. So erkennt er, welche Rolle er als ‘Schwachsinniger’ in der Gesellschaft tatsächlich gespielt hat und was Menschen, die er für Freunde hielt, wirklich über ihn denken. Vor allem aber beginnt er, sich an seine Kindheit zu erinnern. Diese episodenhaften Rückblenden, in denen Charly berichtet, wie seine Umgebung und vor allem seine Familie mit ihm umgegangen sind, haben mir immer wieder Tränen in die Augen getrieben. Schonungslos und realitätsnah wird beschrieben, wie der Junge von seiner Mutter, die nicht wahrhaben will, dass ihr Kind anders ist, misshandelt wird. Bis er schließlich ins Heim abgeschoben wird.
Diese Beschreibungen und die Erkenntnisse, die Charly durch das Projekt gewinnt, machen das Buch für mich zu einem ganz besonderen Werk, das emotional berührt und zum Denken anregt. Auch wenn die Idee der Gehirnoperation utopisch scheint, so kann man sich doch vorstellen, dass ein Großteil der geschilderten Problematik im Umgang mit Retardierten durchaus der Realität entspricht.
Für kurze Zeit ließ mich Daniel Keyes die Welt durch Charlys (mal trübe, mal klare) Augen sehen. Eine Leistung, die ohne Zweifel mit der vollen Punktzahl belohnt werden muss.

FAZIT: Keine leichte Kost für zwischendurch. Lässt man sich aber auf dieses Buch ein und setzt sich mit der Thematik auseinander, so lernt man, mancherlei Dinge vielleicht aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2009
Physic / Septimus Heap Bd.3
Sage, Angie

Physic / Septimus Heap Bd.3


gut

Als Vater Silas Heap auf der Suche nach einem Versteck für seine Burgenschachfiguren ein versiegeltes Dachbodenzimmer öffnet, ahnt er nicht, dass er damit die Geister der vor 500 Jahren verstorbenen Königin Etheldredda und ihres Schoßtiers befreit, das bald schon unzählige Schlossbewohner mit einer tödlichen Seuche infiziert.
Auch die Königin selbst ist alles andere als eine nette alte Dame. Die herrschsüchtige Infantin trachtet nach dem Thron – und damit nach dem Leben ihrer Urururururururururenkelin Jenna. Dabei schreckt die Königin vor nichts und niemandem zurück und sorgt dafür, dass Septimus eine unfreiwillige Zeitreise macht und sich plötzlich als Lehrling des großen Alchemisten Marcellus Pye wieder findet, der nicht nur Etheldredda’s Sohn ist, sondern auch auf der Suche nach dem ewigen Leben…

Wie bereits in den Vorgängern trifft man auch im dritten Teil der Reihe um Zauberlehrling Septimus Heap auf eine wunderbar plastische Kulisse sowie eine kunterbunte Mischung an liebenswerten Figuren und hat einiges zu lachen; etwa, wenn man an den Gedanken von Septimus’ verfressenen Hausdrachen teilhat, der selbst wenn er nur helfen möchte, für heilloses Chaos sorgt.
Die Geschichte an sich ist spannend, ein gutes Stück düsterer als die Vorgänger und auch wesentlich komplexer. Dafür gibt es aber leider auch einige Ungereimtheiten und mehr als einmal habe ich mich daran gestört, dass die Figuren einfach nicht nachdenken, bevor sie handeln. So waren ihre Entscheidungen nicht immer nachvollziehbar und auch wenn ich Silas Heap und seine unbekümmerte Art sehr lieb gewonnen habe, ist es mir unbegreiflich, wie ein Vater in aller Seelenruhe Schach spielen kann, während seine Kinder verschwunden sind.
Schade fand ich auch, dass der Schwerpunkt in diesem Band weniger auf den bekannten Charakteren liegt, sondern den neuen Figuren wie Marcellus Pye und dem Händlermädchen Snorri sehr viel Platz eingeräumt wird. Diese sind zwar durchaus interessant, aber Tante Zelda, Boggard und das Drachenboot haben mir einfach gefehlt. Ebenso wie die Magie, denn statt Zauberei stehen diesmal Alchemie, Physik und natürlich die Zeitreise im Vordergrund.

Dank der Kürze der Kapitel und der angenehmen Schreibweise der Autorin lässt sich auch dieser Teil wieder angenehm lesen – zumindest was den Part in der Gegenwart angeht, denn in der Vergangenheit wird der Lesefluss durch die altertümliche Sprache, die in den Dialogen verwendet wird, deutlich gehemmt.
Wie gewöhnlich gibt es auch diesmal wieder wunderschöne Zeichnungen vor den einzelnen Kapiteln, welche die herangewachsenen Figuren zeigen und einen tollen Stadtplan zu Beginn des Buches. Neu ist allerdings, dass die Geschichte dieses Mal nicht in sich abgeschlossen ist, sondern am Ende einige Fragen offen bleiben, die hoffentlich im vierten Teil geklärt werden.

FAZIT: Für mich der bislang schwächste Teil der Reihe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2009
Die Häupter meiner Lieben
Noll, Ingrid

Die Häupter meiner Lieben


sehr gut

Während Cora aus gutem Hause stammt, ist Maja’s Familie ziemlich verkorkst. Seitdem ihr geliebter Vater sich vor Jahren abgesetzt hat, muss Maja tagtäglich die gehässigen Kommentare ihrer Mutter erdulden, die offenkundig ihren Sohn bevorzugt. Als die beiden Mädchen sich mit 16 Jahren anfreunden, ahnt noch niemand, dass sowohl Bruder als auch Mutter nicht mehr allzu lange zu leben haben und später auch noch mit dem Vater abgerechnet wird. Stehen am Anfang von Maja’s und Cora’s krimineller Karriere noch Diebstähle und böse Streiche, so kommt es bald zu – zunächst noch versehentlichen – Todesfällen, die sich nach und nach zu richtig ausgeklügelten Morden entwickeln. Wer nicht unter ihrer Terrasse enden möchte, stellt sich den jungen Frauen lieber nicht in den Weg!

Sprachlich ansprechend und mit einer riesigen Portion schwarzem Humor erzählt Ingrid Noll eine Geschichte, die zwar insgesamt eher unrealistisch, aber dafür ziemlich unterhaltsam ist und sich dementsprechend flott lesen lässt. Obwohl Maja und Cora für ihr Glück sprichwörtlich über Leichen gehen, fiebert man mit ihnen, dass ihre Feldzüge gegen diverse Männer gelingen mögen und gönnt ihnen den Erfolg.
Das Leben in der Toskana, in die es die Beiden im Laufe des Buches verschlägt, und die dort herrschende, von Müßiggang geprägte Atmosphäre, wird sehr anschaulich geschildert und macht Lust auf einen eigenen Urlaub im Land des „dolce far niente“.
Großartigen Tiefgang weist das Buch zwar nicht auf, was sich auch darin widerspiegelt, dass zeitweilige Differenzen zwischen Maja und Cora nur angeschnitten werden, aber das schmälert den Lesespaß nur geringfügig. Außerdem hoffe/vermute ich, dass in der Fortsetzung Selige Witwen etwas mehr auf das Verhältnis der Freundinnen eingegangen wird.

FAZIT: Ein stellenweise makaberer Krimi, der mehr von Humor als von Spannung geprägt ist und dessen Schwärze mitunter dadurch einen Farbklecks erhält, dass die einzelnen Kapitel mit wundervoll ausgefallenen Farbtönen betitelt sind.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2009
Ich und die anderen
Ruff, Matt

Ich und die anderen


sehr gut

Andrew Gage hat eine multiple Persönlichkeitsstörung. Mit Hilfe seiner Psychologin hat er es jedoch geschafft, einen Weg aus dem Chaos zu finden und hat für seine verschiedenen Persönlichkeiten ein imaginäres Haus gebaut, in dem er sie unter Kontrolle halten kann. Dieses Konstrukt gerät allerdings ins Wanken, als Andrew die schüchterne Penny kennen lernt, die ebenfalls multipel ist – ohne davon zu wissen. Während Andrew seinen Seelen bewusst „Körperzeit“ einräumen kann, hat Penny regelmäßig ein Blackout, nachdem eine andere Seele die Steuerung übernommen hat. Andrew will Penny helfen, doch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bleibt auch für ihn nicht folgenlos…

Matt Ruff hat mit Ich und die anderen einen intelligenten, wahrlich außergewöhnlichen Roman geschrieben. Der Anfang ist zwar noch ein wenig verwirrend, weil man sich erstmal eine Vorstellung von der Persönlichkeitsstörung machen muss, hat man aber einen Überblick über die Personen erlangt, so wachsen einem diese mit der Zeit unglaublich ans Herz. Durch die regelmäßigen Perspektivenwechsel nimmt man als Leser direkt am Gefühlsleben der jeweils erzählenden Seele teil und kann sich wunderbar in sie hineinversetzen.
Der für den Autor typische, schräge Humor kommt auch in diesem Roman nicht zu kurz. Etliche skurrile, schreiend-komische Situationen und Dialoge brachten mich mehr als einmal zum Lachen.
Eine Komödie ist Ich und die anderen deshalb aber noch lange nicht, denn die Ursachen für die Persönlichkeitsspaltung sind alles andere als amüsant. Mit großem Einfühlungsvermögen zeichnet Ruff das Bild zweier geschundener Seelen, die durch Gewalt zerbrachen. Auch wenn Missbrauchsszenen nicht detailliert beschrieben werden, hatte ich währenddessen eine Gänsehaut und einen ganz dicken Kloß im Hals.

Mit der Entwicklung zum Ende hin war ich leider nicht ganz zufrieden, vor allem da ein Thriller-Element eingebaut wird, welches in meinen Augen unnötig ist, da die Handlung auch ohne diesen Teil spannend genug gewesen wäre. Daher nicht die volle Punktzahl, obwohl ich das Buch definitiv weiterempfehlen werde.

FAZIT: Ein Buch, das mich zum Lachen, fast zum Weinen und zum Nachdenken brachte.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2009
Die Spur ins Schattenland
Stroud, Jonathan

Die Spur ins Schattenland


sehr gut

Charlie und Max sind beste Freunde. Sie stürzen sich von einem Abenteuer ins nächste – bis Max eines Tages bei einem Umfall am Mühlteich ertrinkt.
So lautet zumindest die offizielle Version. Charlie selbst hat jedoch mit eigenen Augen gesehen, wie Max von seltsamen Wesen mit grünen Haaren in die Tiefe gezogen wurde. In ihren Träumen gelangt sie Nacht für Nacht in ein Land, in dem sie glaubt, Max’s Spur aufnehmen und ihn retten zu können. Doch je näher sie ihm kommt, desto tiefer gerät sie ins Reich der Schatten. Einzig ihr Bruder James erkennt die Gefahr, die Charlie’s Leben mehr und mehr bedroht…

In Die Spur ins Schattenland zeigt sich Jonathan Stroud von seiner düsteren Seite. Die Stimmung des Romans ist eher beklemmend und stimmt nachdenklich: Ist Max wirklich von unheimlichen Wesen entführt worden oder ist dies nur eine traumaähnliche Halluzination von Charlie, weil sie seinen Tod nicht wahrhaben will?
Abwechselnd wird aus der Sicht des Mädchens berichtet, das sich immer mehr in der Traumwelt verliert, um ihren Freund zurückzuholen, und aus der Sicht ihres Bruders James, der seiner Schwester helfen möchte, wieder in ihr altes Leben zurückzufinden. Als Leser hat man somit die Wahl zwischen einem phantastischen und einem realen Verständnis der Geschichte, wobei die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit mit der Zeit immer stärker verwischt.

Die Charaktere sind allesamt klar umrissen. Ihr Verhalten ist jederzeit nachvollziehbar, ebenso wie ihr Verhältnis untereinander überaus gelungen beschrieben wird. Besonders James’ Fürsorge für seine kleine Schwester ist rührend geschildert, ohne für einen Jungen in seinem Alter unglaubwürdig zu wirken.
Einziges Manko ist leider stellenweise die Sprache. Zwar bietet die Erzählweise aus der Sicht der Kinder die Möglichkeit, einen direkten Einblick in ihr Seelenleben zu haben und verleiht der Geschichte einen passenden, jugendlichen Ton. Jedoch werden häufig Tempi verwendet, die man eher in mündlichen Berichten verwendet als dass man sie geschrieben sieht, worunter der Lesefluss manches Mal ein wenig leidet.

FAZIT: Eine fesselnde Geschichte mit Herzschlag-Finale, die sich völlig anders mit dem Tod und dessen Folgen für die Zurückgebliebenen auseinandersetzt, als ich es bislang kannte.
Besonders hervorzuheben ist auch die schöne Aufmachung des Buches mit einem großartigem Cover und kleinen Vignetten vor den einzelnen Kapiteln.

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2009
Wo deine Träume wohnen
Jewell, Lisa

Wo deine Träume wohnen


sehr gut

Bevor sein Vater ein neues Leben in Cape Town beginnt und den Kontakt zu ihm abbricht, schenkt er Toby zu dessen Hochzeit mit Karen ein Haus in London. Die Ehe hält jedoch nur wenige Wochen. Um der Einsamkeit in dem großen Haus zu entgehen, nimmt Toby immer wieder Menschen bei sich auf, die (nicht nur) finanzielle Probleme haben und eine vorübergehende Bleibe suchen.
15 Jahre später ist Toby immer noch arbeitsloser Poet und teilt sein Haus mit Leuten, von denen er gerade mal ihren Namen kennt und die seine Gutmütigkeit öfters ausnutzen. Sein Leben geht völlig an ihm vorbei – bis ein tragischer Vorfall und der plötzlich angekündigte Besuch seines Vaters dazu führen, dass Toby beschließt, das Haus zu verkaufen. Doch wie soll er seine Mitbewohner loswerden ohne sie einfach auf die Straße zu setzen?
Unerwartete Unterstützung erhält er von Leah, die ihm gegenüber wohnt und das Haus und seine Bewohner schon lange neugierig beobachtet…

Lisa Jewell’s Bücher zeichnen sich besonders durch ihre lebendigen Dialoge und die wunderbar menschlichen Charaktere aus, die – wie real existierende Personen eben auch – morgens keinen minzfrischen Atem haben oder auch mal an den Folgen eines zu scharfen Curry leiden.
Neben den Hauptfiguren Leah und Toby lernt man im Laufe der Zeit auch die anderen Bewohner der Silversmith Road näher kennen; den schüchterne Con und seine Mutter Melinda, die attraktive Sängerin Ruby und die verschwiegene Joanne, die ständig ihr Aussehen ändert. Trotz der Vielzahl an Personen verliert man nie den Überblick oder hat das Gefühl, dass sie zu oberflächlich beschrieben werden. Alle haben ihre Ecken und Kanten, manche mag man auf Anhieb, anderen möchte man mal gehörig die Meinung sagen.

Die Sprache der Autorin liest sich locker und modern und ist auch im englischen Original einfach zu verstehen. Die Kürze der Kapitel trägt ebenfalls dazu bei, dass sich das Buch superflott und angenehm lesen lässt.
Für manche Probleme finden sich die Lösungen am Ende zwar etwas leicht, insgesamt kommt es aber ohnehin weniger auf die Handlung an als auf die Entwicklung der einzelnen Charaktere und ihr Verhältnis untereinander.
Wo deine Träume wohnen fällt zwar in die Kategorie ‚chick lit’, ist allerdings weitaus tiefgründiger als manch anderer Roman diesen Genres und dürfte aufgrund der glaubhaften Darstellung der männlichen Figuren und deren Gedankenwelt nicht nur Leserinnen Spaß machen.

FAZIT: Ein Buch, das man zuklappt und dabei das Gefühl hat, lieb gewonnene Freunde zurückzulassen.

Bewertung vom 25.02.2009
Der Fall Jane Eyre
Fforde, Jasper

Der Fall Jane Eyre


ausgezeichnet

In einer Parallelwelt, in der England sich noch immer im Krimkrieg befindet und in der Literatur eine so wichtige Rolle spielt, dass es eine polizeiliche Spezialeinheit zu ihrem Schutz gibt, ist LiteraturAgentin Thursday Next auf Verbrecherjagd. Der weltweit gesuchte und als unverwundbar geltende Acheron Hades hat es mit Hilfe einer Erfindung von Thursday’s schrulligem Onkel Mycroft geschafft, die Grenze zwischen Wirklichkeit und Literatur zu überschreiten. Aus Freude an der Bosheit lässt er eine Figur aus dem Originalmanuskript von Charles Dickens’ ‘Martin Chuzzlewit’ entführen und töten; mit der Folge, dass sich nun, da das Original verändert wurde, sämtliche Ausgaben des Romans umschreiben. Doch das ist erst der Anfang. Als nächstes plant er, Jane Eyre zu entführen…

Netzhautschoner, ProsaPortale, Do-it-yourself-Klon-Kits - das sind nur einige der skurrilen Erfindungen, die uns in diesem Roman begegnen. Doch meine Befürchtungen, mich in Thursday’s Welt nicht zurechtfinden zu können, waren völlig unbegründet. Schon nach wenigen Seiten war ich mittendrin im Geschehen und hetzte mit Thursday von einer Verfolgungsjagd zur nächsten. Hat man sich erstmal einen Überblick über die vielen Personen, Abteilungen und literarischen Organisationen verschafft, steht einem außergewöhnlichen Lesevergnügen nichts mehr im Weg.

Thursday Next, Single, Mitte 30 und stolze Besitzerin eines Dodo der Version 1.2, war mir mit ihrer forschen, furchtlosen Art auf Anhieb sympathisch und auch die anderen Charaktere sind ansprechend dargestellt, teils liebens-, teils hassenswert.

Neben den vielen aberwitzigen Einfällen, dem flüssigen Erzählstil und den Charakteren ist es aber vor allem die unglaubliche Liebe zur Literatur in Thursday’s Welt, die mich begeistert hat. Es gibt sektenähnliche Vereine, welche die Menschheit davon überzeugen wollen, dass Shakespeare’s Werke nicht von ihm geschrieben wurden – ein Streitthema, das sich durch das gesamte Buch zieht. Kinder werden nach Schriftstellern benannt und durchnummeriert, Hotelzimmer sind nicht nur mit der Bibel, sondern auch mit Shakespeare’s gesammelten Werken ausgestattet.
Außerdem wimmelt es in dem Roman vor Anspielungen an englische Klassiker, die man natürlich nur versteht, wenn man die entsprechenden Werke gelesen hat. Für das Verständnis des Buches ist das zwar nicht erforderlich, ebenso wie man ‘Jane Eyre’ nicht zwingend gelesen haben muss. Viele Witze oder Parallelen gehen so aber eben leider an einem vorbei.

FAZIT: Ein intelligenter Fantasy-Krimi, der seinesgleichen sucht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.