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westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 208 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2022
City on Fire Bd.1
Winslow, Don

City on Fire Bd.1


ausgezeichnet

Don Winslow hat kürzlich verkündet, dass er keine Bücher mehr schreiben wird, sondern sich ganz dem Kampf gegen den Trumpismus zuwenden will, den er auch schon in der Vergangenheit auf vielen Kanälen führte. Das wäre schade, denn sein neuer Auftaktband der Trilogie um Danny Ryan ist hervorragend und ich würde ungern auf seine Bücher verzichten.
Danny Ryan ist ein Mitglied der irischen Mafia in Providence, Rhode Island. Sein Vater war einst der Chef des irischen Clans, der immer wieder gegen die italienische Mafia kämpfen musste. Doch nun hat die Familie Murphy das Ruder übernommen, Ryan führt ein einigermaßen geordnetes Leben und das soll auch so bleiben. Doch dann taucht Pam auf, eine wunderschöne junge Frau, die den Testosteronspiegel bei den jungen Mafiosi beider Seiten in ungeahnte Höhen schießen lässt. Es beginnt ein brutaler Bandenkrieg, der von beiden Seiten mit ungeahnter Härte geführt wird. Und Ryan muss sich entscheiden.
Wie schon in der Art-Keller-Trilogie schreibt Winslow auch hier hart, grausam und sehr spannend. Während im ersten Teil die Fronten geklärt werden, rutschen die beiden Parteien in den beiden nächsten Buchteilen unaufhaltsam in den Krieg. Winslow beschreibt das wie eine unausweichliche griechische Tragödie. Auch wenn man das Beste will, so misslingt es doch immer und beide Seiten geraten tiefer in Schwierigkeiten. Man kann niemandem mehr trauen, die Staatsmacht mischt sich ein und will Verräter. Das ist hervorragend beschrieben, Winslow kennt sich aus mit den psychologischen Aspekten der Eskalation.
Ich habe das Buch fast atemlos bis zum Schluss gelesen und bin sehr gespannt auf den nächsten Band.

Bewertung vom 05.06.2022
Der Tod macht Urlaub in Schweden
Motte, Anders de la;Nilsson, Måns

Der Tod macht Urlaub in Schweden


sehr gut

Peter Vinston, Mordermittler in Stockholm ist überarbeitet und bekommt Urlaub verordnet. Den verbringt er in Österlen in der Nähe seiner Tochter Amanda, seiner Ex-Frau und deren neuen Ehemann.

Als er zusammen mit seiner Ex-Frau eine neue, sehr umstrittene Wohnsiedlung am Strand besichtigen will, finden sie die taffe Immobilienmaklerin, die die Häuser vermarkten soll, tot im Wohnzimmer. War es Mord oder ein Unfall? Zusammen mit der jungen Ermittlerin Tove Esping macht sich Vinston auf die Suche...

Am Anfang sind die vielen Figuren, die eine Rolle in dem Fall spielen, etwas verwirrend, aber nach und nach bekommt man einen Durchblick. Im Mittelteil zieht sich das Buch etwas, insgesamt ist es jedoch gut geschrieben und schnell lesbar. Es ist eine Mischung aus heiterem Sommerroman und Krimi, nicht unbedingt mit Tiefgang und Hochspannung, aber nett zu lesen. Mir fehlt etwas der Regionalbezug, daran könnten die beiden Autoren noch arbeiten, denn die Gegend muss sehr schön sein. Das Cover verbreitet gleich Urlaubsstimmung, das rote Haus, die Kornfelder, das Meer, einfach schön! Und im Laufe des Buches erfährt man sogar, warum Apfelbäume darauf abgebildet sind. Eine Übersichtsskizze im Cover und eine Personengalerie helfen den Überblick zu bekommen. Das mag ich sehr.

Ich denke das Buch ist genau das Richtige, wenn man seinen Kopf nicht belasten will und einfach nur etwas Ablenkung sucht. Ein echter Sommerkrimi!

Bewertung vom 26.05.2022
Düsterhof (Thriller)
Schwermer, Melisa

Düsterhof (Thriller)


gut

Hart und Hertzlich ermitteln. Schon dieses Namenswortspiel schreckte mich ab, aber dann habe ich das Buch doch gelesen.
Annabelle Hart ist Anwältin und kämpft für ihre Mandanten, der des Mordes an seiner Ex-Freundin beschuldigt wird. Felix Hertzlich ist ein etwas heruntergekommener Ex-Polizist und Privatermittler, der Hart bei ihren Nachforschungen unterstützt. Die Unschuld des Mandanten stellt sich bald heraus, aber wer hat die Frau dann umgebracht? Zudem wird eine weitere Leiche auf einem Pferdehof gefunden.
Dieses Buch erinnert mich an die Bücher von Fitzek, es werden ziemlich grundlos und ziemlich brachial Grausamkeiten geschildert, die nicht nötig wären. Das soll wahrscheinlich die Spannung erhöhen, aber die ergibt sich bei einem guten Krimi aus der psychologischen Situation und nicht aus grausamen Details. Zudem blieben die Personen blass und handelten oft sprunghaft.
Das war eindeutig nicht mein Buch!

Bewertung vom 30.04.2022
Real Easy
Rutkoski, Marie

Real Easy


gut

Im Stripclub Lovely Lady arbeiten viele Tänzerinnen und zwei von ihnen werden ermordet aufgefunden. Die Ermittler Holly und Victor suchen nach einem Serienmörder, denn sie glauben, dass die beiden Toten nicht die einzigen Opfer sind.
Die Leseprobe las sich gut und spannend, aber dann folgte eine herbe Enttäuschung.
Das Buch war langatmig, die Abläufe bei den Tänzerinnen und ihre familiären Probleme standen sehr im Vordergrund. Dagegen kamen die Ermittlungen zu kurz.
Besonders gestört hat mich allerdings der Schreibstil, er war ziemlich konfus, immer wieder wechselten die Zeiten und Perspektiven. Manche Bilder waren einfach schief und es gab sachliche Fehler. So hing bei einem der Mädchen eine angeklebte Wimper halb herunter und wenige Sätze später klebte sie ihre Braue wieder an. Hat das Buch niemand gegengelesen? Oder lag es an der Übersetzung?
Insgesamt war das nicht mein Buch.

Bewertung vom 29.04.2022
Flug 416
Newman, T. J.

Flug 416


sehr gut

Bill Hoffman ist Flugkapitän und übernimmt vertretungsweise einen Flug von Los Angeles nach New York. Als der Flieger in der Luft ist, wird er von einem Terroristen angerufen, der seine Familie gefangengenommen hat und droht sie zu töten, wenn Hoffman nicht das Flugzeug abstürzen lässt. Ein spannendes Rennen gegen die Zeit beginnt. Kann es gelingen die 144 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder zu retten und auch die Familie?
Das Buch ist ein typisch amerikanischer Katastrophenthriller, man könnte es 1:1 als Filmdrehbuch umsetzen. Unter der Regie von Roland Emmerich und mit Musik von Hans Zimmer wäre es sicher ein Hit. Es gibt viel Dramatik, viel Pathos und den amerikanischen Hang zu gewaltsamem Eingreifen.
Dabei ist es durchaus bis zum Schluss spannend und auch gut geschrieben. Die wechselnden Perspektiven erzeugen einen zusätzliche Dramatik. Die Terroristen bekommen die Gelegenheit den Hintergrund ihrer Tat zu berichten und man merkt, wie ambivalent ein solches Tun ist. In dieser Hinsicht vermeidet das Buch eine einfache Schwarzweißmalerei.
Leider ist das Buch auch sehr vorhersehbar, in dieser Hinsicht finde ich es etwas zu eindimensional.

Bewertung vom 27.04.2022
Tiefes, dunkles Blau
Kobler, Seraina

Tiefes, dunkles Blau


gut

Rosa Zambrano ist Seepolizistin in Zürich. Sie hat sich bei Dr. Jansen, einem Frauenarzt, Eizellen entnehmen und sie einfrieren lassen, da sie noch nicht weiß, ob sie sich für ein Kind entscheiden soll. Kurz nach der Eizellenentnahme wird der Frauenarzt tot im Zürichsee gefunden, vollgepumpt mit Drogen. Zuerst ist seine von ihm getrennt lebende Ehefrau verdächtigt, aber dann ergeben sich auch noch andere Spuren. Rosa ermittelt zusammen mit ihrem Studienfreund Martin von der Kripo.
Es geht in diesem Buch viel um Stimmungen, Kochrezepte und Gartenbau, aber wenig um den eigentlichen Kriminalfall. Damit erinnert mich das Buch an die typischen Provence- und Bretagnekrimis, mit denen der Markt überschwemmt wird. Sicherlich sind der Zürichsee und die Stadt Zürich eine reizvolle Kulisse, aber ein wirklicher Krimi mit Spannung ist dieses Buch nicht. Meist wird das Buch aus der Sicht von Rosa erzählt, ihre Gedanken, Stimmungen und Tätigkeiten spielen eine große Rolle. Immer wieder weicht das Buch vom Fall ab, es mäandert durch Rosas Leben. Diese Ermittlerin hat erstaunlicherweise ein echtes Leben!
Hervorzuheben sind die sehr angenehme und wohltuende Sprache von Seraina Kobler, an der Spannung müsste sie noch arbeiten.

Bewertung vom 15.04.2022
Noctis / Oxen Bd.5
Jensen, Jens Henrik

Noctis / Oxen Bd.5


sehr gut

Niels Oxen, den man aus den vier Vorgängerbänden kennt, hat sich mit Hilfe der Psychologin Leyla wieder gefangen, nachdem er durch seine Kriegseinsätze traumatisiert wurde. Nun hilft er anderen Veteranen bei der Bewältigung ihrer Traumata. Allerdings wird er wieder als Berater zum PET, den dänischen Inlandsgeheimdienst, hinzugezogen, als mehrere Veteranen umgebracht wurden. Zusammen mit Margrethe Falck und der jungen Sally Finnsen sucht er nach Spuren, doch es ist schwierig. Allerdings hat er als ehemaliger Elitesoldat Vorteile, denn er kennt das Milieu. Als er schließlich eine Spur findet, wird es sehr gefährlich und Oxen landet in einem Albtraum, aus dem er nicht mehr erwachen will. Nur der Gedanke an seinen Sohn Magnus erhält ihn am Leben. Währenddessen suchen seine Mitstreiter fieberhaft nach Verbindungen und zapfen dabei auch alte Kontakte im Ausland an.

Der erste Teil des Buches ist zwar spannend, aber nicht atemberaubend. Erst im zweiten Teil kommt wirklich atemlose Spannung auf, allerdings geht Jensen dabei auch an die Grenzen des Erträglichen, das ist schon sehr brutal. Sehr gut hat mir die neue Figur der Sally Finnsen gefallen, sie bringt noch einmal neue Facetten in den Ablauf.

Wie auch die Vorgängerbände ist das Buch hervorragend geschrieben und hält die Spannungskurve bis zum Schluss. Ich rate aber dazu, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, denn sonst fehlen Informationen über die Beziehungen in dem Team.

Wer keine Angst vor harten Szenen hat, sollte dieses Buch auf jeden Fall lesen. Das ist kein Cosy-Krimi...

Bewertung vom 31.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


ausgezeichnet

In diesem Buch geht es um einen fast vergesssenen großen Amerikaner. Ohne Andrew Haswell Green sähe New York heute anders aus. Er war ein wichtiger Stadtplaner und Rechnungsprüfer, leitete die Bauarbeiten für den Central Park und die Public Library, sorgte für den Zusammenschluss von Manhattan und Brooklyn zu "Greater New York".

Jonathan Lee schreibt eine freie Biografie zu diesem aufregenden Leben, beginnend mit der Ermordung Greens im Jahr 1903, ein Mord, der auf einer Verwechslung beruht.

Green wuchs in einfachen Verhältnissen in Massachusetts auf, sein Vater schickte ihn mit 13 Jahren zum Geld verdienen in einen einfachen Kaufmannsladen nach New York. Lange Zeit suchte er seinen Weg, war bildungshungrig und fleißig. Die Begegnung mit dem wohlhabenden Samuel Tilden ändert sein Leben vollkommen. Die beiden Männer fühlen sich zueinander hingezogen, dürfen das aber nicht zeigen, zumal Tilden politische Ambitionen hat. Schließlich gelingt es Greene Rechtsanwalt zu werden und zugleich macht er sich in der Stadt mit seinen Ideen unentbehrlich. Trotzdem fühlt er sich sein Leben lang wie ein Eindringling, der eigentlich nicht in die vornehme Gesellschaft gehört. An ihn erinnert einzig eine einsam gelegene Bank im Central Park. Das wird sich hoffentlich nach diesem Buch ändern!

Die Ermittlungen zu dem Mordfall werden im Hintergrund ebenfalls beschrieben, aber es handelt sich nicht um einen Krimi.

Jonathan Lee hat ein wunderbares Buch über diesen Außenseiter geschrieben. Seine Sprache ist melodisch und präzise, fein gedrechselte Sätze begeisterten mich immer wieder. Er kommt der Hauptperson nahe, ohne indiskret zu sein und als Leser fühlt man mit dem einsamen Mann.

Besonders gelungen finde ich wieder einmal das Titelbild. Der Elefant spielt eine Rolle im Leben des Ermittlers McClusky, er erinnert aber auch an den Satz "Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten!" und die feine Zeichnung seiner Oberfläche mit einem Teil des Stadtplans von New York macht das Bild sehr vielschichtig. Absolut passend!

Bewertung vom 17.03.2022
Der zweite Sohn
Peck, Loraine

Der zweite Sohn


sehr gut

Dieser Thriller ist in Australien angesiedelt und spielt in der kroatischen Community von Sydney.
Familie Novak ist ein krimineller Clan, der von Drogengeschäften, Schutzgeld und ähnlich sauberen Geschäften lebt. Als der älteste Sohn Ivan erschossen wird, soll sein jüngerer Bruder Johnny ihn rächen und den Sohn eines verfeindeten Clans umbringen. Auge um Auge...! Doch Johnny will schon lange raus aus dem Geschäft und ersinnt einen anderen Plan. Denn seine Frau Amy und sein Sohn Sasha sind ihm wichtiger als viel Geld. Er setzt seinen Plan bei seinem Vater durch, doch dann kommt alles anders...
Loraine Park hat mit diesem Buch einen hervorragenden Erstling geschrieben. Sie vermeidet alle die Fehler, die sonst für Erstlinge so typisch sind. Keine überfrachtete Handlung, dafür eine stringente Erzählung in einem sehr gut lesbaren Stil. Dazu bleibt die Spannung das ganze Buch über sehr hoch, zumal Amy und Johnny sich als Erzähler abwechseln und so die Handlung vorantreiben.
Es deutet sich an, dass die Geschichte in einem nächsten Band weitergeht, das wäre schön, denn man kann nach diesem Erstling von Loraine Peck noch viel erwarten.

Bewertung vom 14.03.2022
Leo und Dora
Krup, Agnes

Leo und Dora


ausgezeichnet

Zuerst hat mich das schön gezeichnete Cover begeistert und dann die ganze Geschichte.
Es ist das Jahr 1948, in dem Leo Perlmann in die USA reist, um dort den Sommer im Haus seiner Literaturagentin zu verbringen. Er hat in Wien erfolgreiche Bücher veröffentlicht, doch nach seiner Flucht vor den Nazis nach Tel Aviv leidet er unter einer Schreibblockade und schlägt sich als Versicherungsagent durch. Doch das Pech bleibt ihm treu, denn das Haus der Agentin ist am Tag vor seiner Ankunft abgebrannt und er wird in einem etwas heruntergekommenen Hotel, dem Roxy, einquartiert. Die Besitzerin Dora ist eine resolute Frau, ganz anders als der sensible Schriftsteller. Trotzdem nähern sie sich langsam einander an, besonders das Tarock-Spiel hat es beiden angetan.
Agnes Krup ist ein wundervoller, feiner Liebesroman gelungen. Es ist wunderbar zu lesen, wie sich di beiden nicht mehr jungen Menschen annähern, wie sie die ganz andere Welt des Gegenübers kennenlernen und sich dabei langsam tastend ineinander verlieben. Krup schreibt mit Humor, manche Szenen sind sehr skurril, aber auch mit viel Sensibilität und vollkommen kitschfrei. Die Lebensgeschichten der beiden Hauptfiguren könnten kaum unterschiedlicher sein, trotzdem gehen sie respektvoll und feinfühlig miteinander um. Die Einbindung von Leos Fluchtgeschichte ist sehr gelungen und wirkt nie aufgesetzt.
Ein unbedingt lesenswertes Buch!