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Benutzername: 
Eva L.
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 303 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2012
Au revoir, bis nach dem Krieg
Pausewang, Gudrun

Au revoir, bis nach dem Krieg


sehr gut

Gudrun Pausewang widmet sich in „Au revoir, bis nach dem Krieg“ einem Thema, das während des zweiten Weltkriegs allgegenwärtig gewesen sein dürfte, über das bisher aber wenig gesprochen wurde: der Liebe zwischen einer deutschen Frauen und einem französischen Kriegsgefangenen. Im nationalsozialistischen Deutschland waren Beziehungen oder gar intime Kontakte zwischen deutschen Frauen und ausländischen Fremdarbeiter oder Kriegsgefangenen unter schwerer Strafe verboten. Doch es gab sie, schließlich waren die deutschen Männer größtenteils im Krieg und für die Frauen nicht „verfügbar“.

Pausewang hat sich für ihre Geschichte zwei Heranwachsende ausgesucht, die sich in den Wirren des Krieges ineinander verlieben. Für beide ist es die erste Liebe, bittersüß, und besonders Hannis Gefühle sind sehr nachvollziehbar. Man kann sich wunderbar in sie hineinfühlen, freut sich mit ihr, als sie bemerkt, dass Philippe ihre Zuneigung erwidert und leidet mit, als die beiden sich trennen müssen. So traurig sie auch ist, die Geschichte zeigt doch, dass es auch schöne Momente für die Menschen während dieses furchtbaren Krieges gab. Dass es möglich war, sein Glück zu finden, wenn auch nur für kurze Zeit.

„Au revoir, bis nach dem Krieg“ thematisiert nicht nur eine verbotene Liebe, sondern bietet auch einen Einblick in das Familienleben während des zweiten Weltkriegs. Ich fand es sehr interessant zu erfahren, wie schwierig es damals war, zurechtzukommen, weil es überall an Männern fehlte. In der heutigen Zeit kaum vorstellbar!

Ein wenig schade fand ich allerdings, dass das Buch nur 224 Seiten hat. Von mir aus hätte die Geschichte länger und an einigen Stellen ausführlicher sein dürfen. Besonders zum Schluss überstürzt die Autorin Einiges und handelt es mit wenigen Sätzen ab. Man darf allerdings nicht vergessen, dass „Au revoir, bis nach dem Krieg“ ein Jugendbuch ist und sowohl Seitenzahl als auch Tiefgang auf jüngere Leser abgestimmt sind.

Bewertung vom 27.02.2012
Avalon - Rosendorn
Black, Jenna

Avalon - Rosendorn


gut

Mit „Rosendorn“, dem ersten von drei Teilen um die junge Faeriwalkerin Dana, nimmt Jenna Black den Leser mit auf eine Reise in die Welt der Feen. Doch die sind in diesem Buch nicht die geheimnisvollen Wesen, die sie in anderen Büchern sind. Den Menschen ist bekannt, dass es Feen gibt, sie leben mit ihnen gemeinsam in Avalon, der Stadt, die das Tor in die Feenwelt ist. Dorthin reist die Amerikanerin Dana, um nach sechzehn Jahren das erste Mal ihren Vater zu treffen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Danas Verwicklung in die Politik Avalons aufgrund ihrer Abstammung. Die kleine Romanze, die sich zwischen ihr und Ethan, dem Feenjungen entwickelt, findet nur einen Platz am Rande, was mir sehr gut gefallen hat. Endlich mal eine Story, die nicht nur aus dem Anhimmeln eines überaus gutaussehenden Jungen besteht. Schön finde ich auch, wie viel Platz Jenna Black der Freundschaft zwischen Dana und Kimber eingeräumt hat.

Dana ist eine Protagonistin, die vom ersten Augenblick an sympathisch erscheint. Ihr Leben mit einer alkoholkranken Mutter hat sie sehr geprägt, sie musste früh erwachsen werden und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen. Sie ist sehr verantwortungsbewusst, doch ihr Wunsch, dass sich endlich mal jemand um sie kümmert, und die daraus resultierende Flucht zu ihrem Vater ist mehr als nachvollziehbar.

Weniger nachvollziehbar war für mich dann allerdings das, was danach kommt, denn den Rest der Geschichte über passiert nicht mehr wirklich viel, außer, dass Dana permanent auf der Flucht vor irgendwem oder irgendwas ist. Die Autorin hält sich ziemlich lange damit auf, Dana ihre Feen- Seite und die damit verbundenen Fähigkeiten entdecken zu lassen. Zum Ende hin geht dann plötzlich alles ganz schnell, ein kleiner Showdown und danach viele offene Fragen, wie es wohl weitergehen mag.

„Rosendorn“ ist ein Auftaktband, der sich größtenteils darauf beschränkt, die Geschichte in Gang zu bringen, Zusammenhänge zu erklären und Figuren einzuführen. Das Buch ist nicht schlecht, aber die Geschichte birgt deutlich mehr Potenzial als Jenna Black umgesetzt hat. Ich hoffe, dass der zweite Band mit mehr Handlung und Spannung deutlicher überzeugen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2012
Let's bake!
Hänggli, Tamara

Let's bake!


ausgezeichnet

In ihrem Buch „Let´s bake“ stellt die georgisch- schweizerische Autorin Tamara Häggli 40 Rezepte aus britischen Backstuben vor. Unterteilt in die Bereiche „ From good old England“, „Sweets & Savouries from the United Kingdom“, „ Cosmopolitan Treats from the Empire“, „Country Life through the Seasons” und “Fancy Foods in London” finden typisch britische und vielerorts bekannte Backwaren wie Scones, Applepie, Shortbread und Gingerbread People ebenso einen Platz wie indisches Teegebäck, irisches Soda- Brot oder Ham and Cheese Cakes. Nicht nur Rezepte für süßes Gebäck, sondern auch für Desserts und Herzhaftes beinhaltet dieses Buch.

Jedem Rezept wird mindestens eine Doppelseite eingeräumt. Unter dem englischen Originaltitel steht immer die deutsche Übersetzung, so dass auch Menschen, die der englischen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, auf den ersten Blick sehen können, um was es sich handelt. Die Seiten sind sehr übersichtlich aufgeteilt. Am linken Rand befindet sich immer eine Spalte, in der die Zutatenliste Platz findet. Sofern für das Gebäck eine Form benötigt wird, stehen Art und Größe dieser über der Zutatenliste. Der Rest der Seite (und manchmal auch eine weitere) ist mit einer Zubereitungs- und Backanleitung gefüllt. Außerdem gibt es noch Tipps zur Aufbewahrung, Variationen des Rezeptes und Empfehlungen, welche Teesorten zu diesem Gebäck schmecken.

Auf der zweiten der Doppelseite findet sich immer ein Bild des entsprechenden Gebäcks. Diese Bilder werten „Let´s bake“ von einem „normalen“ Backbuch zu einer Art Bildband auf. Es gibt nämlich nicht nur Bilder von Backwaren, sondern zwischen den Rezepten auch immer wieder Landschaftsaufnahmen, Bilder von Gebäuden und Straßen irgendwo in Britannien und andere wundervolle Aufnahmen, die irgendetwas mit Britannien oder den Rezepten zu tun haben. Hier bedaure ich es ein wenig, dass das Buch nur gut 24 cm hoch ist. In einem größeren Format wären die Bilder noch besser zur Geltung gekommen.

Die Anleitungen sind gut erklärt, so dass es auch Backanfängern gelingen dürfte, die Rezepte nachzubacken. Die Zutaten sind in der Regel, außer einigen Saisonartikeln wie beispielsweise frische Erdbeeren oder Spargel, in jedem Supermarkt erhältlich. Da die Autorin aber Schweizerin ist und auch der Verlag ein schweizerischer, sind einige Dinge jedoch anders betitelt als wir sie kennen. So wird zum Beispiel mehrfach von „Meringues“ gesprochen, die uns besser als „Baisers“ bekannt sein dürften. Benötigte Flüssigkeiten werden, statt in Millilitern, in Dezilitern angegeben, was für mich ein wenig gewöhnungsbedürftig war, aber natürlich kein Hindernis darstellte.

Mit seiner Vielzahl an unterschiedlichsten Rezepten ist „Let´s bake“ ein Backbuch, in dem für jeden Geschmack und jede Gelegenheit ein passendes Rezept zu finden sein dürfte. Ich bin total begeistert davon und freue mich jedes Mal wieder sehr, ein neues Rezept daraus auszuprobieren. Ich nehme es aber auch zwischendurch immer wieder zu Hand, blättere darin und erfreue mich an den schönen Bildern. Ein winziger Wehmutstropfen liegt allerdings im Preis dieses Buches, der sicherlich Einige davon abhält, es zu kaufen. Ich muss allerdings sagen, dass „Let´s bake“ jeden Cent davon wert ist.

Bewertung vom 16.02.2012
Julischatten
Babendererde, Antje

Julischatten


ausgezeichnet

In „Julischatten“ nimmt Antje Babendererde ihre Leser erneut mit auf eine Reise in die Welt der Indianer. Dieses Mal geht es in das Pine- Ridge- Reservat in South Dakota. Doch wer hier Wildwestromantik mit Tipis, Friedenspfeife und Blutsbrüderschaft erwartet, wird enttäuscht sein. Die Autorin verbrachte 2010 zwei Monate in eben diesem Reservat und schildert erschreckend authentisch die beinahe menschenunwürdige Situation, in der die Indianer dort leben müssen, auf beeindruckende Art und Weise. Von der Regierung ihrer Kultur beraubt und in Reservate gepfercht leben die meisten Menschen in Armut mit Müllbergen um sich herum und versuchen, ihren trostlosen Alltag mit Drogen und Alkohol zu verdrängen. Teenagerschwangerschaften sind an der Tagesordnung und Zukunftsperspektiven gibt es so gut wie keine.

Das Grundgerüst der Geschichte ist ähnlich dem anderer Babendererde- Bücher: eine Deutsche kommt nach Amerika, um ihre Probleme in den Griff zu bekommen und lernt dort einen Indianer kennen. Aber die Handlung ist keinesfalls abgekupfert, vorhersehbar oder bekannt, ganz im Gegenteil! Die Autorin schafft es immer wieder, sich etwas Neues auszudenken und versteht es wie keine andere, dem Leser die Welt und die Kultur der Indianer nahezubringen. Sie schafft es mit ihrem wunderbaren Schreibstil, vor dem geistigen Auge Bilder und Szenen entstehen zu lassen als sei man life dabei. Ich hatte wirklich das Gefühl, mit Sim in South Dakota zu sein und die Geschichte mitzuerleben.

Sim ist eine Figur mit vielen Ecken und Kanten und alles andere als perfekt, was es dem Leser leicht macht, sich mit ihr zu identifizieren. Auch wenn ihr Verhalten manchmal alles andere als verständlich ist, schließt man sie doch bald ins Herz, denn man bekommt schnell eine Ahnung davon, was mit diesem Mädchen geschehen ist. Mit Jimi und Lukas hat Antje Babendererde zwei Herzensbrecher geschaffen, die man einfach gernhaben muss, wobei ihr ehrlich sagen muss, dass mich die Dreiecksgeschichte zwischen den beiden und Sim ein bisschen gestört hat. Dreiecksgeschichten findet man mittlerweile in jedem zweiten Buch und sie sind mir einfach über. Das ist aber meine ganz persönliche Meinung und ich glaube auch, dass „Julischatten“ ohne diese Dreierbeziehung nicht hätte funktionieren können.

Es fällt mir schwer, das, was ich beim Lesen dieses Buches empfunden habe, in Worte zu fassen. Ich bin begeistert von der Geschichte, vom Können der Autorin, die mich wieder einmal restlos von sich überzeugen konnte, aber auch entsetzt und traurig über das, was den amerikanischen Ureinwohner angetan wird. Ich liebe das Buch, aber hasse viele Dinge, die darin passieren. Ich kann nur jedem empfehlen: lest dieses Buch und macht euch selbst ein Bild davon, wie großartig es ist. Denn das, was ich darüber schreiben kann, wird ihm in keinster Weise gerecht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2012
Wie ein Flügelschlag
Wilke, Jutta

Wie ein Flügelschlag


ausgezeichnet

Jutta Wilke wagt sich mit „Wie ein Flügelschlag“ in die Abgründe des Leistungssports. Es geht um Leistungsdruck, Konkurrenzkampf und Doping – und Menschen, die daran zerbrechen.

Hauptfigur ist die sechzehnjährige Jana, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Der Leser weiß immer nur das, was Jana auch weiß, was sich als sehr förderlich für die Spannung erweist. Doch obwohl man quasi alles durch Janas Augen sieht, ist sie nicht ganz leicht zu durchschauen und ihr Verhalten nicht immer ganz nachvollziehbar. Sie hat ein schlechtes Bild von sich selbst und traut sich, trotz ihrer sportlichen Erfolge, nicht viel zu. Warum das so ist, wird leider nicht ganz klar, ebenso wie ihre Angst davor, Gefühle für jemand anderen zu entwickeln und zuzulassen.

Auch die anderen Charaktere sind nur schwer durchschaubar. Die Erwachsenen, ob nun Janas Mutter, Melanies Eltern oder die Lehrer am Sportinternat, sind durch die Bank weg Reizfiguren. Während Janas Mutter einem jedoch „nur“ furchtbar auf die Nerven geht, erzeugt das Verhalten von Melanies Eltern und der Lehrer und Trainer der Mädchen Wut und Fassungslosigkeit. Man hat aber nie das Gefühl, die Autorin übertreibe oder die Geschichte sei unrealistisch, sondern darf sich über eine umfassende Recherche und eine daraus folgende Geschichte, die sehr nahe an der Realität scheint, freuen.

Außer diesen zwei kleinen Kritikpunkten gibt es an „Wie ein Flügelschlag“ jedoch überhaupt nichts auszusetzen. Innerhalb weniger Stunden habe ich dieses Buch verschlungen, mit wenigen kleinen Zwangspausen, weil die Spannung einfach nicht mehr aushaltbar war. Aber ich konnte es nie lange aus der Hand legen, zu groß war der Sog, den es auf mich ausübte.

Mit „Wie ein Flügelschlag“ hat Jutta Wilke einen spannenden und fesselnden Jugend- Kriminalroman geschrieben, der den Leser von der ersten Seite an packt und nicht mehr loslässt. Eindrucksvoll hat sie erneut ihr Können unter Beweis gestellt und ich freue mich schon auf ihr nächstes Buch, das hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.01.2012
Hitze der Nacht / Lions Bd.1
Aiken, G. A.

Hitze der Nacht / Lions Bd.1


weniger gut

G.A. Aiken, die mit ihrer Drachenserie bereits große Bekanntheit und Beliebtheit bei den Lesern erlangen konnte, legt mit „Lions Hitze der Nacht“ den Auftakt zu einer neuen Gestaltwandlerserie vor, die sich nicht nur bezüglich ihrer tierischen Protagonisten sehr von den „Dragons“ unterscheidet.

Die Geschichte spielt im New York der heutigen Zeit. Die Löwen leben, ebenso wie diverse andere Gestaltwandergruppen, unerkannt und angepasst zwischen den normalen Menschen. Sie leben allerdings, ihrer tierischen Seite entsprechend, in Rudeln. Es gibt Alphamännchen, Alphaweibchen, Welpen und Tauschgeschäfte mit anderen Rudeln, um den Genpool sauber zu halten. Und natürlich Rudelkämpfe wie im Tierreich.

Wie die Tiere verhalten sich die Charaktere auch, wenn es um ihr „Paarungsverhalten“ geht. Besonders die erste Geschichte „Christmas Pride“ wartet mit bemerkenswert wenig Handlung und umso mehr Sexszenen auf. Diese sind, in gewohnter Aiken- Manier, sehr anschaulich beschrieben, aber immer auf einem gewissen Niveau. Ich hätte mir allerdings ein wenig mehr Handlung gewünscht. Der Mordfall, den Dez aufklären soll, rückt völlig in den Hintergrund. Er wird zwar am Ende aufgeklärt, doch eigentlich geht es, wenn Mace und Dez nicht gerade miteinander schlafen, die ganze Zeit nur darum, wie verrückt die beiden sich gegenseitig machen, um Dez´ Brüste oder ihre Panik vor einer Beziehung. Außerdem befummelt Mace seine Angebetete ständig, hat immer seine Hände in ihrem Schritt oder an ihrem Hintern. Ein bisschen zu viel des Guten!

Die zweite Geschichte, die den völlig blöden Titel „Shaws Schwanz“ trägt, bietet ein wenig mehr Handlung, aber auch hier überwiegen die Sexszenen. Allerdings ist Rhondas und Shaws Geschichte deutlich lustiger als „Christmas Pride“. Hier schimmert der von mir so geliebte, unnachahmliche Aiken- Humor endlich ein wenig durch. Rhonda und Shaw liefern sich schlagfertige Wortgefechte, über die ich mich sehr amüsiert habe.

Fazit:
„Lions Hitze der Nacht“ kann leider nicht mit G.A. Aikens Drachenserie mithalten. Zu viel Sex, zu wenig Handlung und Protagonisten, die sich über 450 Seiten lang permanent befummeln – und auch der Witz, der Aikens Bücher ausmacht, kommt deutlich zu kurz. Ich bin gespannt, ob die „Wolf Diaries“, die im Mai erscheinen, mehr der G.A. Aiken entsprechen, die ihre Leser fesseln und begeistern kann.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2012
Nur zu deiner Sicherheit / The Sign Bd.1
Karr, Julia

Nur zu deiner Sicherheit / The Sign Bd.1


sehr gut

Julia Karrs Debüt „The Sign Nur zu deiner Sicherheit“ ist eine weitere von vielen Dystopien, die momentan auf den Buchmarkt drängen. Sie widmet sich allerdings einem anderen Schwerpunkt als alle anderen Autoren, von denen ich bisher eine Dystopie gelesen habe. Bei Julia Karr steht der Teenager- Sex im Mittelpunkt. Solange Mädchen unter sechzehn sind, sind sie durch ihr unversehrtes Handgelenk geschützt und niemand darf sie anrühren. An ihrem sechzehnten Geburtstag erhalten sie umfassende Impfungen gegen sexuell übertragbare Krankheiten und ein XVI- Tattoo auf ihr Handgelenk und sind damit quasi zum Abschuss freigegeben. Wer sich nicht wehren kann hat schlechte Karten und die Täter werden noch nicht einmal bestraft, denn es heißt, alle Sechzehnjährigen seien ganz wild darauf, endlich Sex zu haben und die Taten seien mit ihrem Einverständnis verübt worden. Eine beängstigende Vorstellung.

Zu Beginn habe ich mich sehr schwer damit getan, mich in das Buch hineinzufinden. Man wird ohne jegliche Vorkenntnis in die Geschichte hineinkatapultiert und befindet sich auf einmal im Chicago der Zukunft, wo nichts mehr so ist, wie es mal war. Die Autorin wirft mit fremden Begriffen wie PAV, WelS- Programm, Trannie etc. nur so um sich, ohne dass man eine Erklärung erhält, worum es sich dabei handelt. Das meiste wird irgendwann aufgeklärt, aber wofür beispielsweise PAV steht, weiß ich auch nach dem Beenden des Buches noch nicht. Das hat mich ziemlich gestört und am Anfang auch sehr verwirrt.

Mit steigender Seitenzahl zieht „The Sign“ den Leser aber immer mehr in seinen Bann. Ninas Suche nach Antworten und Lösungen gestaltet sich sehr spannend und es gelingt Julia Karr immer wieder, durch unvorhersehbare Wendungen den Leser in die Irre zu führen und zu überraschen. Das Ende ist stimmig und weckt die Hoffnung auf eine Fortsetzung.

Nina ist eine toughe, starke und mutige Heldin, der man das, was sie tut, einfach abnimmt. Mit ihr hat die Autorin eine Protagonistin geschaffen, bei der einfach alles zusammen passt, ohne dass sie zu perfekt oder unglaubhaft erscheint. Dafür fehlt ihrem männlichen Gegenpart, Sal, in meinen Augen ein wenig die Tiefe. Mit ihm konnte ich das ganze Buch über nicht wirklich warm werden. Entsetzlich nervig fand ich hingegen Sandy, Ninas beste Freundin. Mir ist auch nie ganz klar geworden, warum Nina an der Freundschaft zu diesem Mädchen, dass so anders ist als sie selbst und genau das verkörpert, was Nina nie sein will, so festhält. Sie will sie beschützen, ok, und die beiden haben in der Vergangenheit viel zusammen erlebt, aber trotzdem erscheint ihre Freundschaft wenig glaubhaft, denn eigentlich geht Sandy Nina doch nur auf die Nerven.

Julia Karr schafft es, sich mit „The Sign“ von der breiten Masse abzuheben und aus den vielen anderen Dystopien hervorzustechen. Zwar ist ihr Debüt nicht frei von Makeln, aber dennoch ein vielversprechender Anfang, der Lust auf mehr macht. Ich freue mich auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 05.01.2012
Prinsengracht 263
Dogar, Sharon

Prinsengracht 263


sehr gut

Die meisten Menschen kennen es, das Tagebuch der Anne Frank, des jüdischen Mädchens, das sich mit seiner Familie zwei Jahre in einem Amsterdamer Hinterhaus in der Prinsengracht 263 versteckt hielt, bevor es entdeckt und in ein KZ deportiert wurde, in dem es, wie so viele andere Juden auch, unter menschenunwürdigen Bedingungen starb.
Sharon Dogar hat sich in dieser fiktiven Biografie nun einem anderen Bewohner des Hinterhauses gewidmet: Peter van Pels, im Tagebuch „Peter van Daan“ genannt, dem Jungen, in den Anne sich während ihres Aufenthalts in der Prinsengracht 263 verliebte.

Die Handlung setzt am 13. Juli 1942 ein, dem Tag, an dem sich die Familien van Pels und Frank in ihr Versteck begaben und endet mit Peters Tod im KZ Mauthausen. Sie wird rückblickend erzählt, von einem gebrochenen, kranken Peter, der im KZ mehr tot als lebendig vor sich hinvegetiert und sich an die Zeit im Hinterhaus erinnert. Der Leser ist von Anfang an dabei und bekommt das, was Peter fühlt, hautnah mit. Sharon Dogar gelingt es, seine Gefühle und Gedanken so transparent und nachvollziehbar darzustellen, dass sie mit denen des Lesers verschmelzen und quasi zu seinen eigenen werden. Man kann Peters Schmerz, seinen Kummer und seine Verzweiflung beinahe am eigenen Leib spüren. Ein beängstigendes Gefühl, vor Allem, als die Gruppe entdeckt und deportiert wird.

Berührend hingegen sind die Gefühle, die sich langsam zwischen Peter und Anne entwickeln. Ein zartes Pflänzchen der Hoffnung und des Lichts, das in der Dunkelheit der Bedrohung zu wachsen beginnt. Anne ist zu Beginn ein freches, unsympathisches und von sich selbst sehr eingenommenes Mädchen, dem Peter (und man selbst auch) nur wenig Sympathie entgegenbringt. Doch mit der Zeit verändert sie sich zum Positiven und das, was zwischen Peter und ihr passiert, ist ein nur allzu verständlicher Lauf der Dinge. Dass es für sie beide kein Happy End gab, ist mehr als traurig.

Während der Zeit im Versteck ist Peter zwischen 15 und 18 Jahren alt. Er macht sich viele Gedanken um die Liebe, besonders um seine Freundin Liese, die allerdings von Sharon Dogar frei erfunden ist. Peter zweifelt daran, dass er überleben wird, und fragt sich oft, ob er sterben muss, ohne jemals mit einem Mädchen geschlafen zu haben. Dass Sexualität durchaus ein Thema im Hinterhaus war, ist durch Anne Franks Tagebuch belegt. Mir persönlich stellte sich jedoch beim Lesen von „Prinsengracht 263“ immer wieder die Frage, ob die größte Sorge eines Jungen in Peters Situation wirklich ein jungfräulicher Tod sein kann.

Obwohl Sharon Dogars Biografie über Peter van Pels fiktiv ist, halte ich sie für gut recherchiert und sehr realitätsnah. Es gelingt ihr, dem Leser die Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg, aber auch die im Hinterhaus nahezubringen und ihm zumindest ein wenig zu vermitteln, wie sich die versteckten und vom Tode bedrohten Juden gefühlt haben müssen. Ihre Absicht, „die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs für alle neuen Generationen lebendig zu schildern, damit diese hoffentlich nie vergessen, was Hass für verheerende Auswirkungen haben kann“, hat sie auf jeden Fall erfüllt. Auch wenn „Prinsengracht 263“ fiktiv ist, ist es doch ein wertvolles Buch im Kampf gegen das Vergessen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.