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Sternzauber
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Düren

Bewertungen

Insgesamt 105 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2023
Willodeen
Applegate, Katherine

Willodeen


ausgezeichnet

Eine spannende Geschichte über bedeutende Zusammenhänge in der Natur und Freundschaft!

Das Cover von “Willodeen – Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere” von Katherine Applegate hat mich schon auf dem Bildschirm angesprochen, „live“ gefällt es mir aber noch besser, da die schillernden Flügel des Summbärchens mit Lack überzogen sind und tatsächlich schimmern, wenn man das Buch bewegt. Die Farben sind meinem Geschmack entsprechend gut aufeinander abgestimmt ohne grell zu sein und die sichtbaren Tiere sind trotz ihrer phantastischen Herkunft sehr realistisch und eindrücklich gestaltet. Auch die Bilder im Inneren sind einfach wunderschön – ich liebe detailreiche Schwarz-Weiß-Zeichnungen!

Und toll ist, dass auch der Text der liebevollen Gestaltung in nichts nachsteht. Meiner Meinung nach hat die Autorin in sehr gutes Gespür dafür, wie sie die Charaktere beschreiben und „zeichnen“ muss, damit sich der Leser/die Leserin mit diesen identifizieren bzw. sich gut in sie hineinversetzen kann. Sie beschreibt Gefühle und Situationen sehr einfühlsam und eindrücklich und lässt mit ihren Worten Bilder von dieser, für uns doch teilweise sehr andersartigen Welt entstehen. Die Hauptcharaktere, allen voran Willodeen selber, habe ich gleich ins Herz geschlossen und mit ihnen gefiebert, wenn sie um Etwas kämpfen, was ihnen wichtig ist.

Im Buch wird die Geschichte von Willodeen erzählt, einem Mädchen, das seine Familie verloren hat, nun bei zwei älteren Frauen und sehr zurückgezogen und abgegrenzt von allen Übrigen lebt. Sie scheut sich nähere Kontakte zu knüpfen, liebt aber die Natur und Tiere, vor allem die sehr unbeliebten Kreischer. Sie beobachtet die Natur und deren Veränderungen sehr genau und versucht eine Lösung zu finden, als nicht nur die Kreischer nahezu ausgerottet werden, sondern auch die allseits beliebten und gebrauchten Summbärchen ihren Nistplätzen fern bleiben….

Naturschutz ist in den letzten Jahren zu einem sehr präsenten und wichtigen Thema geworden und an Hand von Willodeens Geschichte können Kinder der Tatsache auf die Spur kommen, dass alle Lebewesen, auch wenn sie nicht gerade beliebt sind, eine wichtige Rolle im Gefüge der Welt, ihrer natürlichen Abläufe und Zusammenhänge spielen, die nicht unterschätzt werden sollte. Dabei wird diese wichtige Erkenntnis nicht über den erhobenen Zeigefinger vermittelt, sondern der Autorin gelingt es ausgezeichnet diese in eine spannende und berührende Geschichte zu verpacken, in der die Botschaft ganz von alleine ins Bewusstsein sickert.

Gerade der Beginn der Geschichte ist schon recht düster bzw. mit vielen Belastungen der jungen Protagonistin gespickt, so dass es in diesen Episoden kein besonders vergnügliches Leseerleben ist. Ohne zu viel verraten zu wollen, möchte ich aber versichern, dass die Geschichte immer „heller“ wird ohne in unrealistischen Kitsch zu verfallen und das es den jungen Leserinnen und Lesern sicher Freude machen wird, Willodeen bei ihrer Entwicklung zu begleiten.

Auch mir als Erwachsenen hat diese Geschichte Freude gemacht, denn sie hat mich emotional erreicht und mir noch mal verdeutlicht, wie wichtig und oft eng Zusammenhänge in der Natur sind, die wir meist gar nicht sehen, geschweige denn begreifen! Aber auch meine zwölfjährige Lesepartnerin hat das Buch regelrecht verschlungen und wir haben anschließend viele intensive Gespräche über die enthaltenen Themen geführt.
Eine klare Empfehlung von uns für alle, die gerne Geschichten über Natur, Freundschaft und die persönliche Entwicklung lesen!!

Bewertung vom 17.02.2023
Uns bleibt immer New York
Miller, Mark

Uns bleibt immer New York


ausgezeichnet

Vielschichtige Liebesgeschichte mit Krimi-Potenzial

„Uns bleibt immer New York“ von Mark Miller ist eine absolute Liebeserklärung an diese ganz besondere Stadt. Darüber hinaus wird die Geschichte als Liebesroman bezeichnet, wobei sich Leser nicht auf eine rosa-rote Welt aus Herzchen und romantischen Dates einstellen sollten, denn diese Geschichte ich viel Vielschichtiger. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie als Liebesgeschichte mit Krimi-Potenzial oder als kriminalistischer Thriller mit Einschlüssen eines Liebesromans bezeichnen würde…

Im Roman gibt es zwei HauptdarstellerInnen. Zunächst ist da Lorraine, eine Französin, die im Begriff ist eine Niederlassung der Firma, deren Teilhaberin sie ist, in New York aufzubauen und daher von Paris in die amerikanische Metropole übersiedelt, in der sie auch bereits Jahre ihrer Kindheit verbracht hat. Leo ist Künstler, musste die drei letzten Jahre jedoch im Gefängnis verbringen, da er mit sehr viel Erfolg berühmte Gemälde gefälscht hatte und erwischt worden war. Die beiden begegnen sich in einer verhängnisvollen Situation, es funkt sofort zwischen ihnen, aber es gibt viele unterschiedliche Facetten, die ihre Leben kompliziert und sogar gefährlich machen….

Die Vielschichtigkeit dieses Romans hat mich positiv überrascht und es hat mir viel Freude gemacht, mit den beiden Liebenden auf Spurensuche in die Vergangenheit zu gehen, wo sie versuchen Anhaltspunkte für die Geschehnisse der Gegenwart zu finden. Mark Millers sprachlichen Ausdruck, der unaufgeregt und flüssig daher kommt, mochte ich dabei gerne und es hat mir gefallen, dass er immer wieder aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt und dadurch verschiedene Aspekte der Geschichte beleuchtet werden. Geschickt hat er immer wieder Detail gesetzt, die den Leser rätseln lassen und die für große Spannung in der Geschichte sorgen, so dass ich gerne weiter lesen wollte.

Das Cover des Buches mag ich sehr, denn in harmonisch dezenter Farbgebung kann ich das Großstadtflair New Yorks erahnen und es strahlt für mich eine verträumte Ästhetik aus.

Sehr zentrales und immer präsentes Thema des Buches ist die Kunst. Leo ist Maler, Lorraine liebt Kunst, kauft ein sündhaft teures Bild und auch die Biografie einer ganzen Künstlerepoche in New York spielt eine gewisse Rolle. Mir gefällt diese Umgebung von ungezügelter Kreativität und Leidenschaft für die Kunst sehr und ich konnte mich dort beim Lesen wohlfühlen.

Neben der Liebe gibt es aber auch die düsteren Bedrohungen in der Geschichte, die bereits im Klappentext angekündigt werden. Eine leichte Romanze erliest man sich hier daher nicht, es gibt viel Krimi-Potenzial, mit allem was dazu gehört, und in manchen Momenten hatte die Geschichte für mich eine Ahnung von Jojo Moyes „Ein ganzes halbes Jahr“. Wer sich darauf einlassen kann und Lust auf eine ganz ungewöhnliche Liebesgeschichte hat, dem sei „Uns bleibt immer New York“ ans Herz gelegt – mir hat es eine gute Lesezeit geschenkt!

Bewertung vom 07.02.2023
Windprinzessin / Die Seelenpferde von Ventusia Bd.1
Benkau, Jennifer

Windprinzessin / Die Seelenpferde von Ventusia Bd.1


ausgezeichnet

Pferdeglück in einer fantastischen und spannenden Geschichte

Das Cover von „Die Seelenpferde von Ventusia – Windprinzessin“ von Jennifer Benkau zieht wohl jedes „Pferdemädchen“ gleich in seinen Bann! Zumindest mich hat es auf den ersten Blick angesprochen, denn es ist in sehr natürlichen Farben gestaltet, was sehr gut zum Thema passt, und die große gestalterische Harmonie und Nähe zwischen Pferd und Mädchen spiegelt für mich auch bereits einiges aus dem Inhalt wieder.

Die Geschichte spielt an zwei Orten – nämlich bei Fiona in Irland und bei Riana im magischen Land Ventusia hinter dem Wind, wo zu jedem Menschen sein Seelenpferd gehört. Von dort soll Fiona abstammen und nur in unserer Welt gelandet sein, weil vor Jahren alle Mädchen zu ihrem Schutz hier versteckt wurden. Doch kann Fiona das glauben? Und was hat es mit den wunderschönen Hengsten auf sich, die plötzlich frei in ihrer Umgebung gesichtet werden und die ihr scheinbar den Kontakt zu ihr suchen? Ist Ventusia wirklich in Gefahr? Und was hat das mit ihr zu tun?

Fiona wird in der Geschichte vielen sehr existenziellen Fragen ausgesetzt, die, bei aller Magie im Buch, auch Jugendliche unserer Welt bekannt erscheinen werden. Sehr präsent ist zudem das Thema „Pflegeeltern“ und ich finde, dass es der Autorin sehr gut gelungen ist, einen pädagogisch wertvollen Umgang damit zu schildern ohne ein Dogma oder ein „So-muss-es-sein“-Gefühl zu erzeugen.

An erster Stelle steht jedoch immer die Liebe zu Pferden und der große Wunsch Fionas ihre Zeit mit ihnen zu verbringen. Sie ist fasziniert von der Vorstellung, dass es in Ventusia ein ganz besonderes Pferd für sie geben könnte, ihr Seelenpferd, mit dem sie auf eine ganz besonders innige Weise verbunden werden könnte. Welcher Pferdefan kennt nicht die tiefe Verbindung zu den uns anvertrauten Tieren und in der Geschichte geht es noch weit über das in unserer Welt erlebbare hinaus – mehr werde ich dazu jedoch nicht verraten, denn es macht Freude beim Lesen die Besonderheiten nach und nach kennen zu lernen und selber zu ergründen!

Abenteuer und Spannung kommen jedoch absolut nicht zu kurz, denn immer wieder gibt es Ereignisse, die dunkle Schatten werfen und ein großes bedrohliches Ereignis, das über allen ProtagonistInnen schwebt…
Und auch in Fionas Irland ist im Pferdestall nicht alles rosarot, denn dort gibt es ein anderes Mädchen, das sie immer wieder drangsaliert. Der Autorin gelingt es gut neben den magischen Elementen eine durchaus realistische und vielschichtige Umgebung zu kreieren, in der sich viele LeserInnen wieder finden werden.

Der Text ist sehr angenehm und flüssig geschrieben, der sprachliche Ausdruck gefällt mir und so kann ich guten Gewissens sagen, dass dieses Buch nicht nur für Jugendliche eine gute Lesezeit bereiten kann, sondern auch noch für interessierte Erwachsene.

Dieses Buch ist der erste Teil einer mindestens Vierbändig geplanten Reihe und bereits das Ende dieser Einstiegsgeschichte lässt darauf schließen, dass da noch viel an Abenteuern und Pferdeglück zu erwarten ist. Ich freue mich auf die folgenden Bücher, denn mich hat der erste Teil neugierig gemacht und ich möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht!

Eine klare Leseempfehlung für alle fantastisch interessierten Pferdeliebhaber!

Bewertung vom 10.01.2023
Cäcilias Erbe / Gut Erlensee Bd.2
Weinberg, Juliana

Cäcilias Erbe / Gut Erlensee Bd.2


ausgezeichnet

Eine wunderbare Mischung aus Familiengeschichte, Liebesroman, Zeitgeschichte und Gesellschaftsportrait verbirgt sich meiner Meinung nach in dem fast 400 Seiten starken Roman „Gut Erlensee – Cäcilas Erbe“ von Juliana Weinberg. Es handelt sich bereits um den zweiten Teil einer Romanreihe, ich hatte den ersten Teil jedoch zuvor nicht gelesen und konnte feststellen, dass dies überhaupt kein Problem war, da die Geschichte abgeschlossen und unabhängig lesbar ist.

Im Roman ist Cäcilia Herringer die Hauptprotagonistin, die unglaublich stolz und glücklich ist, dass sie es geschafft und ihren Abschluss als ausgebildete Lehrerin gemeistert hat. Sie liebt es ihr Wissen an Kinder weiter zu geben und sie damit auf ihr Leben vorzubereiten und es stört sie auch nicht, dass 1922 die Regel gilt, dass Lehrerinnen unverheiratet bleiben müssen. Doch dann lernt sie Jakob Kaltenbrunner kennen und ihr Gefühlsleben wird in tiefes Chaos gestürzt, denn sie darf sich keinesfalls verlieben…

Doch neben diesem Erzählstrang spielen, wie im echten Leben, auch andere Familienmitglieder und Dorfbewohner eine wesentliche Rolle und deren Handlungen werden geschickt in die Geschichte eingeflochten. Juliana Weinberg gelingt es meiner Meinung nach gut Charakter zu zeichnen, die eine emotionale Tiefe beweisen und denen ich mich schnell verbunden fühle. Sie waren mir sehr sympathisch und ich wollte gerne weiter lesen um herauszufinden, wie ihr Schicksal sich entwickelt.

Dabei fand ich den Schreibstil der Autorin sehr angenehm und flüssig und ich mag es außerdem, dass mir die Kapitelüberschriften anzeigen, aus wessen Sicht der folgende Text erzählt und wann das Geschehen stattfindet.

Immer wieder spannend finde ich es, in eine Geschichte einzutauchen, die in so ganz anderen zeitlichen Bezügen angesiedelt ist, denn 1922 waren eben viele Dinge ganz anders als heute – insbesondere das Bild und die Rechte der Frauen. Gefallen hat mir zudem, dass Frau Weinberg kritische Themen, wie körperlich-sexuelle Übergriffe, die Macht der Kirche und Homosexualität nicht ausspart, sondern im Zeitgeschehen eingebettet aufgreift. Dabei sind sie jedoch einfach Teil der Geschichte, somit präsent und von den Hauptcharakteren geächtet oder vorurteilsfrei angenommen, ohne pathetisch beurteilt zu werden. Dieses Vorgehen macht den Text für mich authentisch und lebendig.

Ich hatte sehr angenehme Lesestunden mit dem Buch und freue mich bereits auf die anderen Geschichten dieser Reihe!

Bewertung vom 14.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Atmosphärisch geheimnisvolle, dichte Geschichte über Bücherliebe und menschliche Verstrickungen

„Die Bücher, der Junge und die Nacht“ von Kai Meyer hat mich bereits auf den ersten Blick angesprochen. Das Cover ist sehr attraktiv und ästhetisch gestaltet und passt für mich gut zum Roman, der mich sehr begeistert hat. Dabei ist es schwierig ihn einem Genre zuzuordnen, denn für mich hat er viel von einem Abenteuerroman, aber auch von einem Rätselkrimi und von einer Familiengeschichte und ist auf jeden Fall ein Bücher-Buch.

Der Text spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen und lässt den Leser so an verschiedenen Epochen zweier Familien und Einzelpersonen teilnehmen. Im Mittelpunkt aller Ereignisse stehen neben den Menschen vor allem Bücher, denn alle Protagonisten sind deren Zauber verfallen und arbeiten zum Teil auch mit diesen. Ein wichtiger Schauplatz der Geschichte ist die Bücherstadt Leipzig, in der eine junge Frau den Buchbinder Jakob Steinfeld bittet ihr Manuskript zu binden, kurz darauf aber spurlos verschwindet. Dieses Ereignis setzt viele Zusammenhänge in Gang, die sich im Laufe der Geschichte verweben…

Mehr sei nicht verraten, aber mir hat es viel Freude bereitet die unterschiedlichen Charaktere kennen zu lernen und mit ihnen auf die Suche nach Antworten zu gehen. Viele Fragen werden in diesem Text aufgeworfen und es ist wirklich spannend die Klärung dieser zu verfolgen.

Ich habe bereits die „Seiten der Welt“- Romane vom Autor gelesen und bin auch diesmal wieder sehr begeistert vom Erzähltalent des Autors. Er schafft es mich in die Geschichte hineinzuziehen und zu erreichen, dass ich atemlos weiter lese, um zu erfahren, wie es den Protagonisten ergeht. Es gibt eine solche Fülle an Themen und auch geschichtlich interessanter Einordnung innerhalb Deutschlands im Buch, dass ich auch nach der Lektüre noch über einige Punkte mehrfach nachgedacht habe und zum Beispiel auch gerne mehr über das grafische Viertel in Leipzig herausfinden würde.

Die Stimmung im Roman ist ziemlich düster und oft bedrohlich, es lauern Schatten und Schergen, aber auch helle Glücksmomente kommen immer wieder vor und versorgen die Geschichte mit den nötigen Atempausen. Da ich auch begeisterte Leserin der Romane von Carlos Ruiz Zafon bin, muss ich gestehen, das mich „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ in seiner geheimnisvollen Atmosphäre und der allumfassenden Bücherliebe stark an dessen Barcelona-Romane erinnert – was ich durchaus als großes Kompliment meine!

Auch der Schreibstil Kai Meyers gefällt mir, denn er ist flüssig und angenehm zu lesen, leicht, aber keineswegs langweilig oder fade, sondern er schafft es eine Sprache zu nutzen, die der Geschichte und ihren Emotionen gerecht wird.

Dieses Buch möchte ich all jenen LeserInnen wärmstens ans Herz legen, die Freude an spannenden Geschichten über Bücherliebe haben und es zu schätzen wissen, wenn Vielfalt die Genreeinordnung überflüssig macht – ich liebe dieses Buch sehr und hoffe, dass es noch viele andere Menschen mit seinem literarisch geheimnisvollen Charme überzeugen kann!

Bewertung vom 19.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


sehr gut

Ungewöhnlich, teilweise skurril und sprachlich brillant!

Eigentlich bin ich überhaupt keine Freundin humoristischer Literatur und genau damit muss man bei einer „Humor-Fernsehfachkraft“ wie Wigald Boning natürlich rechnen, wenn man sich für eines seiner Bücher interessiert. Doch das Cover, das den Autor als stilvollen Wanderer in grüner Landschaft zeigt und das Thema „Wandern“ haben mich in der Leseprobe so angesprochen, dass ich das Buch „Der Fußgänger“ sehr gerne lesen wollte. Und was soll ich sagen? Ich habe die Lektüre nicht bereut!

Wigald Boning beschreibt in dem sehr ansprechend und hochwertig gestalteten Buch, das mit Fotos und besonderer Gestaltung punktet, seine Biografie als Wanderer und die Erfahrungen, die er in seinem bisherigen Leben als Fußgänger gemacht hat. Dabei kommen teilweise total verrückte, wenn nicht sogar gefährliche Ideen zum Tragen, er beschreibt aber auch ganz bodenständig normale Freude am Gehen und fügt zudem grundsätzliche Überlegungen zur menschlichen Fortbewegung an.

Ganz besonders begeistert haben mich an diesem Text die unglaublichen Wortneuschöpfungen, der sprachlich faszinierende Wortwitz und überhaupt die sprachliche Gewandtheit und Kreativität. Ich habe, glaube ich, noch nie einen Text gelesen, der mit einem solchen Sprach-Feuerwerk um sich wirft und es ist wirklich eine Freude für wortaffine Menschen den sprachlichen Ergüssen des Autors beizuwohnen.

Die Lust des Autors am Gehen hat auch mich mitgezogen und während des Lesens gab es die ein oder andere Anregung, die mich sehr angesprochen hat. Andere Wander-Abenteuer finde ich wirklich sehr bedenklich und absolut nicht nachahmenswert, aber das ist ja nun mal auch Geschmackssache.

Menschen, die Freude an außergewöhnlicher Sprache haben oder die einfach nur eine angenehme literarische Zeit im Themengebiet des Wanderns auf ungewöhnliche Art und Weise verbringen wollen, sei dieses Buch wärmstens empfohlen.

Bewertung vom 15.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


ausgezeichnet

Leben und Tod - ganz besonders, unterhaltsam, tiefsinnig und absolut empfehlenswert!

Sterben und Tod sind im Leben der meisten Menschen leider noch immer ein Tabuthema und werden gerne verschwiegen, bzw. einfach ignoriert. Dabei gibt es nichts, was uns Menschen universeller verbindet, als Geburt und Tod, denn diese beiden entscheidenden Wegmarken begrenzen unser Leben nun mal ganz unweigerlich und unumgänglich. Deshalb finde ich es so gut und wertvoll, wenn es Ausreißer aus dem Schweigen gibt (und die gibt es zum Glück zunehmend mehr) und sich auch Autoren mit diesen Themen beschäftigen. Der Autorin Jo Leevers ist dies Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben meiner Meinung nach in ihrem Buch „Cafe Leben“ ausgesprochen gut und auf eine ganz ungewöhnliche Weise gelungen.

In ihrem Buch erzählt sie die Geschichte von zwei ganz besonderen Frauen, die durch das Projekt „Lebensbuch“ verbunden werden. Dieses Projekt bietet sterbenden Menschen die Möglichkeit ihre Lebensgeschichte in Buchform für ihre Hinterbliebenen festzuhalten und somit bleibende Erinnerungen zu schaffen. Henrietta, die Anfang 30 ist und ein sozial extrem zurückgezogenes Leben führt, übernimmt die Aufgabe, die Erzählungen der Menschen im Cafe Leben der Rosendale-Krebsambulanz aufzunehmen und zu verschriftlichen, wo sie auf die 66-jährige Klientin Annie trifft. Diese möchte jedoch keine Erinnerungen festhalten, sondern diese, ganz im Gegenteil, loswerden. Durch die Treffen zur Erstellung des Buches entsteht eine ganz neue Situation für beide Seiten und die zu Beginn so klare Aufgabe nimmt ganz besondere und abenteuerliche Ausmaße an.

Jo Leevers beschreibt die Situation sterbender Menschen ohne Pathos und Kitsch, aber mit viel Einfühlungsvermögen und Innigkeit. Die Protagonistinnen sind mir, trotz oder auch wegen, ihrer „Schrulligkeiten“ und charakterlichen Besonderheiten sehr schnell ans Herz gewachsen und ich habe sehr mit ihnen mitgefiebert. Dabei ist dieses Buch keineswegs eine düstere Abschiedsstory, sondern eine Geschichte voller Leben, mit vielen Facetten und sogar kriminalistisch spannenden Verwicklungen und Verstrickungen. Mich hat die Komplexität sehr positiv überrascht und auch die Tiefe, die in den Gesprächen und Gedanken der Charaktere zu Tage tritt, überzeugt mich.

Die sprachliche Ausdrucksweise der Autorin ist flüssig und sehr angenehm zu lesen. Außerdem mag ich den Zug, dass die einzelnen Kapitel mit den Namen der Personen überschrieben sind, aus deren Sicht die Geschichte weiter erzählt wird, denn so entsteht für mich eine angenehme Intimität mit dem Erleben und ich kann an der Handlung aus verschiedenen Blickwinkeln teilnehmen. Das Cover gefällt mir ebenfalls ausgesprochen gut und vor allem hat mich der Ausdruck der Frau darauf sofort in ihren Bann gezogen.

Sehr berührend finde ich die Idee des Lebensbuches, die es, auf verschiedene Weise, auch im echten Leben gibt und die sicherlich vielen Menschen eine Menge bedeutet. Ein solches Projekt als Ausgangspunkt für einen Roman aufzugreifen gefällt mir sehr, zumal es damit bekannter gemacht werden kann und sicherlich manch einen Leser zu eigener Erinnerungsarbeit anregt. Was wären wir Menschen ohne das Wissen und die Erfahrungen unserer Vorgänger? Und wie wertvoll sind für uns die persönlichen Erinnerungen unserer Herzensmenschen? Aber auch die Frage nach der eigenen Endlichkeit und danach, was wir unseren Lieben hinterlassen möchten, sollte nicht ausgespart werden.

Gerne würde ich noch mehr tolle Einzelheiten beschreiben, aber damit würde ich sicherlich zu viel verraten, deshalb kommt von mir eine ganz klare Ermunterung zum selber Lesen – es lohnt sich absolut!!

Bewertung vom 08.10.2022
Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4
Oswald, Susanne

Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4


ausgezeichnet

Wolle, Herzlichkeit, Natur und Wohlfühlzauber!

Ich habe bereits alle vorherigen Bände der Buchreihe um den kleinen Strickalden von Susanne Oswald gelesen und ich bin auch von diesem neuen Teil nicht endtäuscht worden! Ach was, ehrlich gesagt bin ich ganz begeistert!!

Es ist durchaus möglich die Bücher auch als unabhängige Geschichten zu lesen, doch ich würde absolut empfehlen, sie in der richtigen Reihenfolge zu genießen und dabei alle Lebensphasen der Hauptcharaktere mit zu erleben. Mir sind Maighread, Joshua, Chloe, Scott, Peter und die Granny-Truppe inzwischen total ans Herz gewachsen und ich schätze die herzlich liebevolle Art der Figuren im Umgang miteinander, sowie die ebenso herzlichen Beschreibungen der Autorin in ihren Geschichten sehr – davon dürfte es im realen Leben gerne etwas mehr geben ;-)

In diesem Band habe ich nun Amely näher kennen gelernt, die bereits im vorherigen Abenteuer rund um das erste Yarn-Festival einen kleinen Gastauftritt hatte und nun mit Maighread und Chloe befreundet ist. Nach einem harten Schicksalsschlag flieht sie zu ihren Freundinnen nach Callwell und kommt dort langsam etwas zur Ruhe in den sie die Natur genießt und die herzlichen Menschen um sich herum auf sich wirken lässt. Doch für immer kann sie nicht vor ihrem alten Leben und den schmerzlichen Erinnerungen davon laufen und mit der Unterstützung der Callwell-Gemeinschaft stellt sie sich ihren Ängsten…

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, aber es hat mir viel Freude bereitet dieser Geschichte beizuwohnen, mir die unglaublich stimmungsvolle Landschaft an Hand der tollen Beschreibungen vorzustellen und mich in der (literarischen) Gemeinschaft mit den Protagonisten wohl zu fühlen – ja, es ist ein absoluter Wohlfühlroman!! Dennoch ist nicht alles rosarot oder verkitscht – mit dem Tod von Amelys Mutter wird ein sehr ernstes Thema angesprochen und meiner Meinung nach versteht es Susanne Oswald sehr gut der Auseinandersetzung damit einen authentischen Charakter zu verleihen und durchaus auch tiefsinnige Einsichten einzubauen.

Ihr Schreibstil gefällt mir sehr, denn er ist flüssig, durch viel wörtliche Rede sehr lebendig und abwechslungsreich. Zusätzlich mag ich es, dass Frau Oswald die einzelnen Kapitel jeweils mit einem Personennamen überschreibt, aus deren Sicht die Geschichte dann weiter erzählt wird. Und auch das Cover in den natürlichen Farben gefällt mir sehr gut.

Beim Lesen der Strickladen-Geschichten klingt so viel Liebe und Begeisterung für Wolle und das Stricken mit, dass es mich immer gleich selber in den Fingern juckt und ich ebenfalls loslegen möchte! Susanne Oswald schafft es definitiv (zumindest bei mir) den Funken überspringen zu lassen und ihre Begeisterung auf die Leser/innen zu übertragen! Das ist einfach toll! Und damit das Stricken noch verlockender wird, gibt es im Anhang gleich ein paar Anleitungen, die definitiv zum Nacharbeiten einladen – ein wirklich tolles Konzept!

Im Dank am Ende wird dann noch verraten, dass es ab Januar ein eigenes Strickbuch aus Maighreads Laden geben wird, worauf ich mich tatsächlich schon sehr freue, weil ich sicher bin, dass ich darin viele tolle neue Wollschätze entdecken werde!

Ich genieße meine literarischen Ausflüge nach Callwell jedes Mal sehr, denn ich kann ganz in die Geschichte eintauchen, die mich in eine Welt voller wollener Leidenschaft und einem herzlichen Miteinander entführt – fast schade, dass jedes Buch irgendwann zu Ende ist und ich wieder auftauchen muss…. Also: klare Leseempfehlung für alle Fans von Genuss und Wohlfühlen!

Bewertung vom 26.09.2022
Gespräche auf dem Meeresgrund
Leeb, Root

Gespräche auf dem Meeresgrund


sehr gut

Besonders, leise und feinsinnig, mit viel Gedankeninput

Die Gestaltung des dünnen Bändchens „Gespräche auf dem Meeresgrund“ von Root Leeb von 147 Seiten gefällt mir sehr, denn neben dem Cover, das abstrakt dargestellte Wellen zeigt, gibt es im Buch auch weitere Bilder, die die Autorin wohl selbst gemalt hat. Die Darstellungen zeigen, passend zum Text, alle maritime Szenen, die bei mir sofort eine ganz typische Meerassoziation hervorrufen und eine große Tiefenwirkung haben. Die Farbe Blau dominiert, sonst sind die Gemälde jedoch sehr unterschiedlich, weshalb ich mich beim Lesen immer darauf gefreut habe, bald ein weiteres entdecken zu können.

Der Text beschreibt Gespräche von drei sehr unterschiedlichen Protagonisten am Meeresgrund, bei denen nicht klar ist, in welchem Daseinszustand sie sich befinden, die sich aber über vielfältige, oft existenzielle und sehr grundsätzliche Ansichten und Einstellungen austauschen.

Der Text zeigt seine größte Stärke für mich darin, dass er zum Nachdenken anregt. So habe ich mich bei der Lektüre immer wieder gefragt, wie ich zu dem gerade thematisierten Punkt stehe oder wie ich die Situation einschätze. Dabei habe ich durchaus spannende Anregungen erhalten und Gedankenexperimente unternommen.

Die Vorstellung eines „Nach-Lebens“ auf dem Meeresgrund für Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, im Meer gelandet sind, war für mich zunächst sehr befremdlich, mit der Zeit habe ich mich jedoch an diese literarische Ausgangssituation gewöhnt und finde sehr gut, dass jeder Leser diese ja auch auf seine Vorstellungen von einem, wie auch immer gearteten, Jenseits übertragen kann. Und mir hat sehr gefallen, dass immer alle Optionen offen bleiben und es nie ein „So-ist-das-nach-dem-Leben“ propagiert wurde.

Etwas gestört haben mich andere Charaktere, die immer wieder die Gespräche der drei Hauptfiguren unterbrachen – aber dies ist sicherlich einfach Geschmackssache.

„Gespräche auf dem Meeresgrund“ ist in meinen Augen ein sehr ungewöhnliches und besonderes Buch, das zum Nachdenken anregt und kurzweilige Lesemomente all jenen schenkt, die offen sind für Ungewöhnliches.

Bewertung vom 10.09.2022
Die Kunstschätzerin
Byrd, Sandra

Die Kunstschätzerin


gut

Angenehme Unterhaltung mit Ausbaupotential

Das Buch „Die Kunstschätzerin“ von Sandra Byrd wollte ich gerne lesen, weil ich das Coverbild so stimmungsvoll schön und edel aber auch geheimnisvoll fand.

Es geht im Buch um eine junge Frau namens Eleanor Scheffield, die um 1866 versucht das Familiengeschäft, das sich mit der Beschaffung, Bewertung und Prüfung von Kunst- und Sammelgegenständen beschäftigt, aufrecht zu erhalten, nachdem ihr Vater gestorben ist und ihr Onkel zunehmend aus Altersgründen ausfällt. Dabei erlebt sie allerlei Schwierigkeiten, Irrungen und Wirrungen und soll zudem das Erbe Lord Lydneys verwalten und entscheiden, ob es an dessen Sohn und Eleanors Jugendliebe Harry vergeben, oder als Schenkung an ein Museum gespendet wird. Auch eine Liebesgeschichte versteckt sich in den Geschehnissen, aber mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Ich muss gestehen, dass es mir nicht ganz leicht fällt den Text zu bewerten.
Auf der einen Seite hatte ich durchaus vergnügliche Lesestunden und je mehr ich in die Geschichte eingetaucht bin, desto wohler habe ich mich gefühlt, desto mehr mochte ich die Protagonisten, desto besser habe ich mich zurecht gefunden und unterhalten gefühlt. Auf der anderen Seite ist mir das Hineinfinden in die Zusammenhänge zu Beginn nicht so leicht gefallen und ich hätte mir gewünscht, dass der Text sprachlich noch etwas mehr aufgearbeitet worden wäre, vor allem aber, dass die Beschreibungen sowohl von Situationen, als auch von Gefühlen und Ereignissen ausgefeilter arrangiert worden wären. Teilweise entsprach die Beschreibung meiner Empfindung nach überhaupt nicht der Wichtigkeit des Inhalts und wurde zum Beispiel nur ganz kurz abgehandelt, an anderer Stelle fiel es mir schwer der Situation wirklich zu folgen, weil ich im Text schon in der nächsten Szene gelandet war. Besonders schade fand ich es aber, dass die für die Geschichte so wertvollen Kunst- und Sammelobjekte nicht genauer und atmosphärischer beschrieben wurden – im Text fehlte mir da der Detailreichtum des Covers, den ich mir versprochen und der der Geschichte gut getan hätte.

Nichts desto trotz finde ich, dass die Autorin sehr sympathische Charaktere geschaffen hat, die mir immer mehr ans Herz gewachsen sind und auch der Spannungsbogen im Verlauf der Geschichte erhält immer wieder einen neuen Höhepunkt oder eine Wendung.

Sehr gefallen hat mir auch, dass Sandra Byrd am Ende eine historische Einordnung an den Text angefügt hat.

Meiner Meinung nach könnte man diese Geschichte noch weiter aufwerten, aber wer Freude an einer spannenden Liebesgeschichte im Milieu der Sammlerkreise der Zeit um 1866 hat, dem sei dieses Werk trotzdem ans Herz gelegt.