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hasirasi2
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1115 Bewertungen
Bewertung vom 30.12.2023
Die Hafenärztin. Ein Leben für die Hoffnung der Menschen
Engel, Henrike

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Hoffnung der Menschen


sehr gut

Folge der Spur des Geldes!

Anne steht kurz vor der Aussage im Prozess gegen ihren Vater, als eine von ihr betreute Frauen an einer Überdosis Heroin stirbt. Sie wundert sich, woher diese den Stoff hatte, leisten konnte sie ihn sich definitiv nicht. Bei der Obduktion erfährt Anne, dass das bereits die 5. Drogentote ist, die das Heroin nie selber hätte bezahlen können. Also beginnt sie nachzuforschen, woher die Frauen es bekommen, und hat bald einen schrecklichen Verdacht …
Ihre Freundin Helene ist zwischen den Wünschen Psychologie zu studieren und endlich Kommissar Berthold Rheydt zu heiraten hin- und hergerissen. Sie weiß, dass Berthold ihr alle Freiheiten lassen würde, aber da er beruflich an Hamburg gebunden ist, würde ihr Studium eine räumlich und zeitliche Trennung bedeuten. Außerdem sorgt sie sich um ihren alkohol- und drogenabhängigen Bruder Klaus, den ihre Mutter aus Kuba zurückgeholt hat.
Auch Berthold und sein Team sind auf der Suche nach der Herkunft des Heroins, das die Stadt gerade zu überschwemmen scheint. Leitet Annes Vater seine Geschäfte etwa aus dem Gefängnis heraus weiter oder stecken die chinesischen Triaden dahinter? Zudem fiebert er der Hochzeit mit Helene entgegen, als er plötzlich seine verstorbene Frau sieht – aber nicht mehr wie bisher nur im Traum, sondern leibhaftig. Als er Helene davon erzählt, verlangt diese, dass er das Problem klären muss, bevor sie ihn heiratet.

„Die Hafenärztin. Ein Leben für die Hoffnung der Menschen“ scheint der letzte Teil der Reihe zu sein, da sämtlich offene Fäden verknüpft und Handlungsstränge geschlossen werden.

„Wie konnte es sein, dass eine einzige Person mit allen spektakulären Mordfällen der Stadt in Verbindung stand, ja, dass diese überhaupt erst auftauchten, seit sie in die Hansestadt gekommen war?“ (S. 35) Anne hatte gedacht, sich endlich von ihrer Familie befreit zu haben, doch die Presse verdächtigt sie, in die Machenschaften ihres Vaters verwickelt gewesen zu sein oder zumindest Bescheid gewusst zu haben, schließlich hat er sie all die Jahre finanziert. Dabei hat sie das Geld stets in wohltätige Zwecke wie das „Grüne Haus“ gesteckt und will jetzt mit der Leiterin des Frauenhause eine Trinkerheilanstalt für Frauen von der Kirche übernehmen und völlig neue Behandlungsmethoden ausprobieren, als sie erneut ins Visier der Ermittler gerät. Zudem sucht sie verzweifelt nach ihrer verschwundenen Lebensgefährtin Ju, mit der sie endlich ihr privates, wenn auch verbotenes Glück gefunden hat. Ju musste regelmäßig einen chinesischen Mädchenhändler mit Essen aus ihrer Garküche beliefern und ist

In diesem Band dreht sich alles um Heroin und das Geld, das sich damit verdienen lässt. Henrike Engel erzählt, wie es in der Kaiserzeit als Heilmittel gegen nahezu alles verwendet wurde, auch gegen die Alkoholsucht, weil es die Trinker vom Saufen abhält – dass damit nur eine Sucht gegen eine andere ausgetauscht wird, begreifen die Verantwortlichen zu spät.

Seht interessant fand ich auch wieder die Schilderung der verschiedenen Lebens-arten und -umstände der Protagonisten. Anne wohnt relativ offen mit einer Frau zusammen, während Johannes und Meinhard ihre Beziehung weiter verbergen müssen.
Und während Paulina in einer arrangierten und gewalttätigen Ehe gefangen ist, um sich und ihren Eltern den Lebensstandard zu erhalten und den Schein zu wahren, kann sich Helene relativ frei entfalten, ihren Mann selber aussuchen oder sogar studieren – nur beides wird wohl nicht gehen, aber zumindest hat sie überhaupt eine Wahl.

Henrike Engel schreibt sehr atmosphärisch und unterhaltsam, allerdings ist mir diesmal bei der Mischung aus Krimi, Roman und historisch aktuellen Themen der Krimi etwas zu kurz gekommen und es wurde zu viel aus den vorherigen Bänden wiederholt.

Bewertung vom 26.12.2023
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Jedem Anfang geht ein Abschied voraus

„Mein Tagebuch. Dieser unerwartete Gruß aus einer Zeit, von der ich heute weiß, dass sie ein Countdown war, reißt mir ein Loch in meine ohnehin gerade bröckelige Fassade.“ (S. 22) Wäre der Altpapiercontainer nicht voll gewesen, hätte Cora ihr Tagebuch von vor 25 Jahren nie wiedergefunden, so aber fällt es aus dem Karton, den sie eigentlich entsorgen wollte. Sie hat es damals „Mondscheintarif“ genannt und die knapp 7 Stunden protokolliert, in denen sie in Selbstzweifeln badet, alles überdenkt und mit ihrer Freundin Johanna (zer-)redet, während sie auf den Anruf von Daniel wartet, in den sie sich gerade verliebt hat.
Jetzt, 25 Jahre später, ist sie immer noch mit sich unzufrieden und in einer ganz ähnlichen Situation. Das letzte ihrer 3 Kinder hat das Haus verlassen und ihre Ehe ist schon lange eingeschlafen. Plötzlich stellt sich ihr die Frage, ob das der perfekte Moment für einen Neuanfang ist.
Wanda, die ebenfalls Altpapier entsorgen wollte und Cora von einem Shooting von vor einem Jahr kennt, rettet sie aus ihrem Selbstmitleid und nimmt sie mit in die Villa Ohnsorg, wo sie deren Mitbewohner Erdal und seine Mutter Ruth, Gloria und Johann kennenlernt.

„Eine halbe Ewigkeit“ schlägt den Bogen vom „Mondscheintarif“ zu „Der Morgen kann kommen“ und erzählt beide Geschichten weiter.

„Ich heiße Cora Hübsch, bin fünfundvierzigdreiviertel Jahre alt und habe auch in fortschreitendem Alter weder eine passende Frisur noch inneren Frieden gefunden.“ (S. 108) Die Cora von heute ist noch genauso unsicher wie damals, hat Schwierigkeiten sich zu entscheiden, schwankt zwischen Verzweiflung, Stagnation und Neuanfang, zieht die Bequemlichkeit der Aufregung vor und ist keine Frau für halbe Sachen, wenn es um Schokoriegel oder Kuchen geht. Außerdem ist damals etwas passiert, was sie sich nie vergeben und ihr Leben für immer verändert hat. Jetzt bekommt sie unerwartet nicht nur eine Menge neuer Freunde und Leidens-genossen, sondern auch die Chance auf Veränderung.

„Jedem Anfang geht ein Abschied voraus, verdammt noch mal. Und der ist schwer und schmerzhaft und unfassbar endgültig, und manchmal auch einfach nicht zu ertragen.“ (S. 97) Die Bewohner der Villa Ohnsorg hat der Freitod ihres Mitbewohners Rudi vor einem Jahr noch mehr zusammengeschweißt. Sie haben zum Teil radikale Veränderungen durchgemacht, weil sie sich ihrer Endlichkeit bewusst geworden sind. Jetzt genießen sie ihr Leben, machen weniger Kompromisse und lassen sich nichts mehr gefallen.

Sehr gefühl- und humorvoll und einige Situationen gekonnt überspitzend erzählt Ildikó von Kürthy von der zweiten Hälfte des Lebens, von der Menopause, den Sorgen und Problemen des Elterndaseins und der Angst vor dem Leben nach den Kindern, wenn man wieder „nur“ zweit ist, von großen Lieben und Verlusten, von Schuldgefühlen und Vergebung und davon, sich endlich auf sich zu besinnen, (zu sich selbst) ehrlich zu sein, sich zu akzeptieren und selbst zu lieben.

Ich habe wieder gelacht und geweint und hätte Cora gern in den Arm genommen. Und ich habe mich gefreut, auch den anderen ProtagonistInnen wieder zu begegnen, die mir so ans Herz gewachsen sind: die Diva Erdal mit dem riesengroßen Herz aus Gold, seine abgeklärte und raubeinige Mutter Renate, die kompromisslose Wanda, die stille Ruth – ich habe oft an sie gedacht, mich gefragt, was wohl aus ihnen geworden ist und mich jetzt beim Lesen oft in ihnen wiedererkannt.

Auch „Eine halbe Ewigkeit“ ist wieder ein emotionales Lesehighlight, das noch lange in mir nachklingen wird.

Bewertung vom 18.12.2023
Revanche / Luc Verlain Bd.7
Oetker, Alexander

Revanche / Luc Verlain Bd.7


ausgezeichnet

Die Nachricht des Mörders

Eines Morgens verschwindet ein Mann auf der Fähre von Lamarque nach Blaye. Beim Anlegen ist nur noch das Auto des allseits bekannten Malermeisters an Bord, von ihm selbst fehlt trotz mehrfacher Überprüfung jede Spur. Das Team um Commissaire Luc Verlain und seiner Partnerin und Vorgesetzten Anouk wird auf die Suche angesetzt. Doch dann wird der Vermisste ertrunken im Becken eines Garnelenzüchters aufgefunden, in seiner Tasche eine Rasiermessermuschel, die weder hier vorkommt, noch da, wo die Fähre langfährt. Für Luc sieht das nach einer Nachricht des Mörders aus, vor allem, als in Paris eine junge Frau in der Badewanne ertränkt aufgefunden wird, in der ebenfalls eine Rasiermessermuschel schwimmt.

„Revanche“ ist der 7. Band der Reihe um den ehemaligen Pariser Commissaire Luc Verlain und entführt seine Leser wieder an die Küste des Aquitaine. Die Ermittler vermuten den Täter im privaten Umfeld der Opfer, da der Maler es mit der ehelichen Treue nicht so genau nahm und bei der Pariser Toten keine Abwehrspuren vorhanden waren. Aber was verband sie miteinander und mit dem Mörder?!

Auch dieser Fall ist wieder extrem spannend. Der Mörder muss auf der Fähre gewesen sein, aber niemand will den Toten nach dem Ablegen noch mal gesehen haben. Die Besatzung und Fahrgäste haben mehr oder weniger glaubhafte Alibis, außerdem kann man ihnen keine Mordmotiv nachweisen. Ich muss zugeben, dass ich im Laufe der Handlung einige Verdächtige hatte, aber natürlich wie immer komplett daneben lag.

Ich mag auch die private Komponente der Reihe. Luc und seine Freundin Anouk sind nicht nur jungen Eltern, sondern auch Kollegen, bzw. ist Anouk sogar seine neue Vorgesetzte. Aber bei Einsätzen übernimmt Luc gern und automatisch die Führung und sie lässt ihm diese kleinen Freiheiten.
Durch die Tote in Paris kann Luc (endlich) wieder mit seinem ehemaligen Kollegen Yacine zusammenarbeiten, den er als Jugendlichen in den Banlieues aufgegriffen und zur Polizei „gelockt“ hat.

Mein Fazit: Wieder ein extrem spannender und gefährlicher Fall mit viel französischem Flair.

Bewertung vom 17.12.2023
Stille Nacht im Schnee
Oetker, Alexander

Stille Nacht im Schnee


ausgezeichnet

Es liegt was in der Luft

… und damit ist nicht nur der Schnee gemeint, der Heiligabend unablässig im Wallis fällt und das Tal, in dem das Ferienhaus von Elisabeth und Pascal steht, langsam von der Außenwelt abschneidet. Seit 35 Jahren feiern sie hier mit der Familie Weihnachten. Inzwischen sind die Kinder erwachsen und bringen ihre PartnerInnen und den Nachwuchs mit.

Als erstes kommt ihr Ältester Christoph mit seiner Frau Gesine, Söhnchen Mats und Hamster Willi. So erfolgreich und gesprächig Christoph in seinem Beruf ist, zu Hause versteckt er sich stumm hinter der Zeitung und überlässt Gesine das Regiment. Da ist es kein Wunder, dass Mats‘ (ganz das verzogene Einzelkind) sämtliche Wünsche sofort erfüllt werden und sich alles nach ihm zu richten hat. Zudem hat er gerade das Wörtchen „doof“ für sich entdeckt und setzt es sehr gern ein: doofe Oma, doofer Opa …
Als nächstes kommt Cord mit seinen beiden Töchtern, aber ohne Frau. Warum, will er erst nach mehreren Bechern Glühwein preisgeben.
Als letzte, wie immer zu spät, kommt Cleo mit ihrer Dogge Grinch und (schon wieder?!) einem neuen Freund.
Die Familie ist endlich komplett und die Besinnlichkeit könnte langsam einkehren, aber natürlich verläuft der Weihnachtabend nicht konfliktfrei, zumal Elisabeth und Pascal eine Ankündigung zu machen haben: „Elisabeths Stimme klang so gelassen und ungerührt, als wäre es ein ganz gewöhnlicher Abend – und nicht der ungewöhnlichste Heiligabend, den sie jemals erlebt hatten.“ (S. 72)

Ich schwanke beim Lesen zwischen Amüsement und Mitleid. Einige „Katastrophen“ sieht man schon kommen und würde gern eingreifen, andere haben mich völlig überrascht. Vor allem Willi sorgt für einige Aufregung und dafür, dass ein Geheimnis viel früher gelüftet werden muss als geplant.

„Weihnachten mit der Familie, und man wird zum Alki.“ (S. 50) Alexander Oetker schildert diesen Tag so, wie ihn wohl viele kennen. Zum Fest der Liebe findet man sich plötzlich auf engstem Raum zusammen und muss sich arrangieren. Alle sind mit irgendwelchen Erwartungen oder Geheimnissen angereist und dann eskaliert es. Da werden uralte Streitigkeiten ausgegraben und man hackt auf den augenscheinlichen Fehlern der anderen rum, ohne zu wissen, wie es beim Gegenüber wirklich aussieht oder was dahintersteckt. Aber es gibt natürlich auch versöhnliche und überraschende Momente und letztendlich wird hoffentlich alles gut.

„Stille Nacht im Schnee“ ist nicht die typische, romantische Weihnachtsgeschichte mit Happy End, sondern eine, die anders ist, zum Nachdenken anregt und trotzdem glücklich macht.

Bewertung vom 15.12.2023
Florence Butterfield und die Nachtschwalbe
Fletcher, Susan

Florence Butterfield und die Nachtschwalbe


sehr gut

Eine unterschätze Frau

„Florrie, ich habe etwas aufgedeckt. Es geht um jemanden von hier.“ (S. 29) sind Archies letzte Worte an Florence Butterfield, kurz darauf ist er tot, unglücklich im Garten gestürzt und auf den Kopf gefallen. Da er ihr einziger richtiger Freund im Seniorenheim Babbington Hall bei Oxford war, fehlt er ihr besonders. Aber auch die Heimleiterin Renata kommt nur schwer über seinen Tod hinweg, gibt sich die Schuld daran: Hätte sie das weitläufige Gelände besser pflegen lassen müssen? In ihrer gemeinsamen Trauer kommen sich die beiden Frauen näher, obwohl sie viele Jahrzehnte trennen. Und so vertraut Renata Florrie eines Tages an, dass sie zum ersten Mal im Leben verliebt ist. Als sie dann in der gleichen Nacht aus dem Fenster stürzt, glauben alle an einen Selbstmordversuch, weil Renata so zurückgezogen und anscheinend freudlos gelebt hat. Doch Florrie weiß es besser und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei bekommt sie unerwartet Hilfe vom ehemaligen Lateinlehrer Stanhope Jones, der Gärten und Rätsel genau so liebt wie sie …

Florrie ist fast 88 und hat ein aufregendes Leben hinter sich, von dem in Babbington Hall niemand weiß, weil sie nie gefragt wurde. Für die anderen Bewohner ist sie die Eibeinige im Rollstuhl, die keine Familie hat und nie Besuch bekommt. Und Florrie ist keine, die von sich aus erzählt. Ganz im Gegenteil, sie verschließt ihre Erinnerungen ganz tief innen, damit sie ihr nicht (mehr) wehtun können. Doch die Freundschaft mit Renata und deren erste Liebe bringen sie dazu, sich an ihr Leben zu erinnern, an die sechs Männer, die sie geliebt hat (an den siebenten, den „Hackney-Vorfall“, will sie auch nach 70 Jahren nicht denken) und an Pinky, mit der sie eine lebenslange Freundschaft verband.

Sie wurde oft unterschätzt, galt als zu groß, dick und ungeschickt und war darum jedes Mal verblüfft, wenn sich ein Mann für sie interessierte oder sie eine neue Freundin fand. Aber das machte Florrie auch frei, sie scherte sich nicht um Konventionen, wenn sie eh nirgendwo richtig reinpasste, und lebte ihr Leben weitgehend genauso, wie sie es wollte. Dabei musste sie einige herbe Verluste hinnehmen, die sie aber zum Glück nie ganz brechen konnten.

Ich musste mich an Susan Fletchers ungewöhnlichen, weitschweifigen Stil erst gewöhnen. Sie erzählt Florries Leben in Rückblicken, die immer nur winzige Details verraten und Dinge andeuten, aber nie alles sagen.
Außerdem ist er sehr philosophisch. Die Bewohner von Babbington Hall sind sich ihrer Endlichkeit bewusst, aber auch des Glücks und der Fehler, die sie im Laufe ihres Leben erfahren und gemacht haben.

Durch Florries und Stanhopes Nachforschungen lernt man das Heim, ein altes Herrenhaus, und die anderen Bewohner kennen, die täglichen Abläufe und welche Animositäten es zwischen den verschiedenen Personen gibt. Dabei stößt man tatsächlich auf einige Mordmotive. Doch wer von den Verdächtigen wäre in Renatas Wohnung gekommen und hätte die Kraft gehabt, sie aus dem Fenster zu stürzen?

Die zarte Freundschaft, die sich zwischen Florrie und Stanhope entwickelt, macht einen weiteren Reiz der Geschichte aus. Er ist seit langem der erste Mann, der sie vorbehaltlos annimmt und so sein lässt, wie sie ist. Er interessiert sich zwar für ihre Vergangenheit, akzeptiert aber, dass es Sachen gibt, über die sie nicht reden will oder kann. Mit seiner Skurrilität, seinem Faible für gewagte Farbkombinationen seiner Kleidung und seinem scharfen Verstand passt er gut zu Florrie, außerdem weiß er, wie sie ihren Tee mag. Und an einem Punkt, wo sie den Mut und Glauben verliert, hat er genug für sie beide.

„Florence Butterfield und die Nachtschwalbe“ ist die berührende Lebenserinnerung einer oft unterschätzen Frau mit einem Schuss cosy Crime, nichts für aufregende Lesestunde, aber für welche, die zum Nachdenken anregen.

Bewertung vom 11.12.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Backen ist Liebe

„Für Jenny war ihre Beziehung mit Bernard in vielerlei Hinsicht das Rezept, auf, dass sie am stolzesten war und das sie im Lauf eines ganzen Lebens verfeinert und abgewandelt hatte, während sie einander immer besser verstanden hatten.“ (S. 161) Jenny ist seit 59 Jahren glücklich mit ihrem Mann Bernard verheiratet und schaut mit ihm zusammen jede Staffel von „Das Backduell – Backen auf der Insel“. Sie ist in ihrer Familie, bei Freunden und Bekannten als hervorragende Bäckerin bekannt, trotzdem wäre sie nie auf die Idee gekommen, sich bei der Sendung zu bewerben, wenn Bernard nicht plötzlich gesundheitliche Probleme bekommen hätte und sie sich dadurch ihrer Endlichkeit bewusst geworden wäre. Tief in ihrem Innersten glaubt sie auch nicht, dass sie wirklich eine Chance hat. Um so überraschter ist sie dann, als sie angenommen wird.
Schnell wird sie zum Publikumsliebling und punktet bei der Jury mit Rezepten, die sie seit ihrer Jugend sammelt und mit verstorbenen Familienmitgliedern oder bestimmten Situationen verbindet. Aber sie wecken auch längst vergessen geglaubte Erinnerungen. „Das Backduell hatte etwas in ihr aufgerissen, dass sie jahrzehntelang in sich begraben hatte, und nun sickert die Vergangenheit in die Gegenwart, und ihr Geheimnis war überall, wohin sie auch sah.“ (S. 327)

„Jemanden wahrhaft zu kennen und ihn trotzdem zu lieben, das ist wahre Liebe.“ (S. 390) „Der letzte Ruhm der Mrs. Quinn“ ist ein unglaublich berührender und herzerwärmender Roman voller Lebensweisheiten und Tipps für eine gelungene Ehe (und Gebäck).
Jenny und Bernard führen ein ruhiges Leben ohne große Aufregungen oder Geheimnisse. Nur eine Sache konnte Jenny ihm nie erzählen, weil sie Angst hatte, dass er dann die Ehe beendet. Aber jetzt wird ihr klar, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt und sie sich entscheiden muss, ob sie alles riskiert …
Die beiden sind in den gemeinsamen Jahren zusammengewachsen, kennen die Fehler und Schwächen des anderen, ergänzen sich perfekt und können sich aufeinander verlassen. Sie sind so, wie ich es mir mit meinem Mann wünsche. Etwas schrullig, lachen aber immer noch zusammen, teilen ihren Alltag und lassen sich trotzdem genügend Freiheiten für die verschiedenen Interessen. Und wie für Jenny ist auch für mich Backen = Liebe.
Ich habe sie sofort in mein Herz geschlossen und konnte mich gut in sie hineinversetzen, in ihre Ängste vorm Älterwerden und Sterben und was dann aus dem wird, der zurückbleibt. Trotzdem ist es kein trauriges Buch, auch wenn Jennys Geheimnis mir das Herz schwer gemacht hat. Ganz im Gegenteil, es nimmt die Angst vorm Altern und macht Mut, das Leben mit einem Partner zu teilen und in schweren Zeiten zusammenzuhalten – und auch im Alter immer noch Neues zu wagen. Ein absolutes Herzensbuch, das Lust auf Kuchen macht!

Bewertung vom 09.12.2023
The Hebridean Baker
MacLeod, Coinneach

The Hebridean Baker


ausgezeichnet

Macht Lust auf die Hebriden

„… einfache, kleine Backwerke mit einer übersichtlichen Auswahl an Zutaten, die gesund sind und glücklich machen …“ (S. 2) ist das Motto von Coinneach MacLeod, auf TikTok und Instagram bekannt als „The Hebridean Baker“. Man merkt schon dem Vorwort an, wie sehr Coinneach seine Heimat und die Erzeugnisse der Hebriden und des schottischen Festlands liebt und mit wieviel Liebe und Genuss er sie verarbeitet. Die Rezepte sind wirklich einfach gehalten und dürften auch für Anfänger kein Problem darstellen. Er verzichtet auf außergewöhnliche Zutaten,
den speziellen Gin und Whisky kann man online kaufen.

Die Rezepte sind verschiedenen Kategorien aufgeteilt. Gestartet wird mit „Traditionelles aus der Küche“, wo ich Euch das klassische Shortbread ans Herz legen möchte, das durch den braunen Zucker extrem knusprig ist und eine leichte Karamellnote hat. Aber auch die Orangen-Clementinen-Marmelade, die dann z.B. in den Dundee-Muffins (natürlich mit Whisky) oder der Treacle-Tarte verarbeitet wird, ist sehr lecker.
Im Kapitel „Rund um den Hafer“ haben es uns vor allem das Herbst-Porridge mit Apfel-Birnen-Kompott (perfekt auch im Winter) und die Kirsch-Schoko Overnight Oats angetan. Außerdem will ich unbedingt noch das Schottische Flammeri aus selbstgemachter Hafermilch probieren – natürlich stilecht mit Whisky verfeinert.
„Aus dem Backofen“ müsst ihr unbedingt den Carrot Cake probieren, der durch das Kardamom und die Rosinen fast schon weihnachtlich schmeckt, und die Bra Braw Buns (mit Preiselbeerkonfitüre gefüllte Zimtschnecken!). Man findet hier aber auch klassischen Ingwer- oder Gewürz-Tee-Kuchen.
In „Vom Land zum Meer“ beweist Coinneach, dass er auch kochen kann: z.B. Gravadlax mit Gin oder Mac’n’Cheese mit selbstgefangenem Hummer.
Bei „Kleine Leckereien“ hat er mich mit Biscotti überrascht, die ich eher in Italien ansiedeln würde, allerdings verfeinert er seine Variante mit Heidekraut. Irgendwann will ich das Millionaire´s Shortbread ausprobieren, weil mir schon beim Anschauen des Fotos das Wasser im Mund zusammenläuft.
Unter „Crumbles und Desserts“ findet man u.a. Brotpudding mit Marmelade, Apfel-Amaretti-Crumble und veganen Milchreis.
Unser Highlight bei „Sláinte“ ist der Schokokuchen mit Stout-Bier (Guinness) und Frischkäseglasur, die das Gegengewicht für die leicht bittere / herbe Note des Kuchen ist. Dazu passt der Gaelic Coffee mit Whisky, der auch im Tiramisu oder der Orangenmousse verarbeitet wird.
Und passend zu Weihnachten findet man in „Backen zum Fest“ einen Christmas Cake und dazu heißen Gin-Toddy, aber Haferkekse und Triffle.

Doch Coinneach MacLeods Buch ist mehr als nur ein Backbuch. Zwischen den Rezeptkategorien lässt er spannende geschichtliche Hintergründe der Hebriden einfließen, erzählt, dass sie lange zu Norwegen gehörten (was die Zimtschnecken erklärt) und wie und wovon die Bewohner früher lebten, welche (oft blutigen) Mythen, Sagen und Legenden sich um die Inselgruppe ranken.
Das spickt er mit persönlichen Erlebnisse und Erinnerungen. Zu seiner Familie gehören heute noch Fischer, außerdem züchten sie Schafe, deren Wolle sie zu Harris Tweed verarbeiten, der auf den Laufstegen der Luxusmarken landet.
Aber er gibt auch ganz private Einblicke, schildert das Kennenlernen mit seinem Partner, wie sehr sie beide Musik lieben und dass selber gälisch singen, was ihn zu den Festen und Bräuchen der Hebriden führt – und natürlich den dazugehörigen Getränken. Den mit Zuckertang verfeinerten Gin der Insel und auch den Torfwhisky würde ich zu gerne mal probieren, zumal sie sich oft in seinen Rezepten wiederfinden.
Und nicht zuletzt schwärmt er von der wunderschönen, abwechslungsreichen, rauen und mystische Landschaft seiner Heimat, deren stimmungsvolle Fotos Sehnsucht nach dem nächsten Urlaub machen – natürlich auf den Hebriden, um die ganzen Köstlichkeiten vor Ort probieren zu können.

Bewertung vom 08.12.2023
Lindy Girls
Stern, Anne

Lindy Girls


ausgezeichnet

Berliner Nächte

„Sie gleichen einander fast vollkommen in ihren glitzernden Kostümen, mit ihren kinnlangen Frisuren, den langen Wimpern, und doch ist jede von ihnen einzigartig. Wie sie die Beine werfen! Ihre langen, schlanken Glieder scheinen aus Gummi arabicum …“ (S. 8) Doch bis zu dieser Perfektion ist es ein langer Weg für die Lindy Girls, acht junge Berlinerinnen, die nicht nur die Nächte durchtanzen, sondern damit ihren Lebensunterhalt verdienen möchten. Geformt und angetrieben werden sie von Wally, die früher selbst Tänzerin war, jetzt eine Tanzschule betreibt und die Idee zu der Truppe hatte, die ihr hoffentlich endlich den langersehnten Erfolg bringt. Als Frau hat sie es nicht leicht, sich in der Geschäftswelt durchzusetzen, also lässt sie sich von ihrem ehemaligen Liebhaber Toni überreden, ihn als Manager mit ins Boot zu nehmen – und hofft dabei auf das Wiederaufleben ihrer Beziehung.

Mit den „Lindy Girls“ entführt Anne Stern ihre LeserInnen in die wilden Partynächte Berlins Ende der 1920er Jahre, in denen man tanzt, um den Alltag zu verdrängen und zu spüren, dass man noch lebt. Der erste WK ist lange genug vorbei, um nicht mehr ständig präsent zu sein, aber man hat ihn noch nicht vergessen. Viele Männer sind schwer traumatisiert zurückgekommen. Wie Jo, der nachts nicht schlafen kann und darum als Gigolo arbeitet, seine Schicht oft aber nur dank Koks übersteht. Oder Gilas Vater, der sich im Wohnzimmer an seinen Likörflaschen festklammert, während sie das Geld als Sekretärin in einer Zeitungsredaktion verdient und manchmal nett zu ihrem Chef ist, damit sie etwas Extra-Geld und zu Essen bekommt. Dabei träumt sie davon, Schriftstellerin zu werden und schreibt jede Nacht an ihrem Roman über eine fiktive Tanztruppe, den sie mit dem würzt, was sie beim Ausgehen sieht und erlebt.
Gila ist es auch, die Thea zu den Lindy Girls bringt, eine Fabrikantentochter, die aus der großelterlichen Villa und arrangierten Verlobung ausbricht, weil sie mehr will. Sie hat ihren durch Rachitis verformten Fuß durch jahrelange Gymnastikübungen und Tanz trainiert, denn. „Nur im Tanz war Thea wirklich sie selbst, war ganz und heil und frei.“ (S. 131).
Für Alice, die tagsüber in einer Nähmaschinenfabrik arbeitet, ist alles Musik, auch die Geräusche der Fabrikhalle. Sie trommelt die Melodie der Maschinen mit und bewegt unbewusst die Füße im Takt. Wenn sie bei Wally tanzt, vergisst sie die Arbeit, den ständigen Hunger und die Sorgen um ihren jüngeren Bruder, der immer wieder in Schlägereien gerät, weil er sich als Jude mit den Braunhemden anlegt.

Das sind nur einige der Protagonisten, die Anne Stern meisterhaft zum Leben erweckt und durch die sie uns an dieser wilden, gefährlichen Zeit teilhaben lässt. Berlin ist im Rausch. Eine Stadt, in der (oft mit der Unterstützung des weißen Pulvers) alles möglich scheint, in der Träume genauso schnell entstehen, wie sie wieder platzen, in der sich alle nach Liebe sehnen, nach jemanden, an den sie sich beim Tanzen anschmiegen können und in der acht junge Frauen und eine Tanzlehrerin vom Durchbruch träumen …

Bewertung vom 05.12.2023
Die Stunde der Reporterin
Rosen, Renée

Die Stunde der Reporterin


gut

Karrierefrau

„… die Pflicht einer Reporterin ist es, über interessante Neuigkeiten zu berichten.“ (S. 374) Aber wie weit Jordan Walsh eines Tages dafür gehen würde, ist ihr selbst nicht klar, als sie 1955 bei der Chicago Tribune anfängt. Zumal sie, obwohl sie Journalismus studiert hat und aus einer bedeutenden Familie kommt (ihre Mutter ist eine berühmte Dichterin, ihr Vater und ihr Bruder waren bekannte Journalisten), zunächst nur über Klatsch und Trasch berichten darf, über Mode und Rezepte und wie man sich als perfekte Ehefrau / Sekretärin verhält. Doch Jordan will mehr. Sie will in die Nachrichtenredaktion und setzt sich dafür über die Anweisungen ihrer Vorgesetzten hinweg, knüpft wichtige Kontakte und versucht stets dort zu sein, wo was los ist. Als hilfreich erweist sich dabei ein Tippgeber aus dem Büro des Bürgermeisters, der eines Tages auf sie zukommt und ihr eine große Story verspricht, wenn sie ihn als Quelle geheim hält. Das kann sich Jordan nicht entgehen lassen, aber trotzdem startet ihre Karriere nicht so durch, wie erhofft …

Nach „Cosmopolitain – Die Zeit der Frauen“ waren meine Erwartungen an den neuen Roman von Renée Rosen ziemlich hoch, wurden aber leider nicht ganz erfüllt.
Ich hatte das Gefühl, dass sich die Autorin nicht entscheiden konnte, ob sie einen Roman über die stark von der Mafia beeinflussten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Chicago und der USA in den 50ern schreiben wollte oder über eine junge Frau, die ihren Weg in einer Männerdomäne sucht.
Zudem ist Jordan nicht besonders sympathisch und dass liegt nicht daran, dass sie mehr will als ihre weiblichen Kolleginnen, die anscheinend nicht mit ihrer Stellung in der Gesellschaft und Redaktion hadern, sondern weil sie sich über sie erhebt, sich mit ihren männlichen Kollegen verbrüdert, mit ihnen raucht und sie unter den Tisch säuft und dabei abfällig über die Kolleginne redet – und das auch wirklich so meint.

Dabei hat sie einen sehr spannenden Hintergrund. Ihr Bruder war einige Jahre älter als sie und ebenfalls Journalist. Er wurde bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht getötet, der nie aufgeklärt werden konnte. Daran ist die Familie zerbrochen. Ihre Mutter schreibt keine Gedichte mehr und unterrichtet nicht mehr, lässt den Garten verwildern und das Haus verkommen, ihr Vater hat seinen Job bei der Zeitung hingeworfen und schließt sich saufend in seinem Arbeitszimmer ein, um DEN großen Roman zu schreiben. Für Jordan und ihre Erfolge interessieren sie sich überhaupt nicht mehr. Die hofft, dass sie als Journalistin nicht nur ihre Eltern stolz machen, sondern auch den Tod ihres Bruders aufklären kann. Dabei ist extrem ehrgeizig und schießt manchmal eben auch über das Ziel hinaus.

Mein Fazit: Interessante Details zur Chicagoer Politik und Wirtschaft Ende der 1950er aus dem Blickwinkel einer jungen Journalistin, die für ihre Karriere über Leichen geht.

Bewertung vom 30.11.2023
Die siebente Tugend / Der Silberbaum Bd.1
Ebert, Sabine

Die siebente Tugend / Der Silberbaum Bd.1


sehr gut

Generationenwechsel

„… es geht um Leben und Tod, um Krieg oder Frieden.“ (S. 74) Als Markgraf Dietrich von Meißen 1221 stirbt, ist sein einziger legitimer Sohn Heinrich erst 3 Jahre alt und seine Frau Jutta auf die Gunst und Gnade von Heinrichs Vormund Ludwig, dem Landgraf von Thüringen, ihrem Stiefbruder, angewiesen, um ihrem Sohn sein Erbe zu erhalten. Sie appelliert aber nicht nur an Ludwigs Fürsorgepflicht und Gewissen, sondern engagiert mit Lukas von Freiberg auch einen erfahrenen und weitgereisten Erzieher, Berater und Beschützer für Heinrich. Denn viele Hände greifen nach seinem zukünftigem Reich und nur wenige Kinder überleben die ersten Jahre – als nächstem Herrscher drohen ihm neben den üblichen Krankheiten und Seuchen zusätzlich Anschläge von Feinden und Neidern.

Nach Barbarossa widmet sich Sabine Ebert in ihrer neuen Reihe Heinrich dem III., Markgraf von Meißen, und verbindet dessen Schicksal geschickt mit dem von Marthes Erben.
Lukas war nach Christians Tod der zweite Mann von Hebamme Marthe und holt deren ältesten Sohn, Thomas von Christiansdorf, nach über 20 Jahren aus Akkon zurück nach Sachsen, wo er nach ihm Heinrichs Vertrauter und Berater wird.
Martes Enkelin Änne hat zwar nicht deren heilenden Hände, aber ihr umfangreiches Kräuterwissen geerbt. Sie geht mit ihrem Ehemann an Ludwigs Hof, wo sie zum Gefolge seiner Frau Elisabeth gehört. Die hat sich dem Kampf gegen Armut und Krankheit verschrieben und kämpft mit (übertriebenem) religiösem Eifer für diese Ziele. Angefeuert wird sie dabei vom späteren Inquisitor Konrad von Marburg.

Heinrich ist zu Beginn noch ein schüchterner Junge, der aber auch dank seiner Erzieher sehr schnell erwachsenen wird und vorausschauende, die Gesellschaft verändernde Entscheidungen trifft.
Seine Mutter Jutta scheint froh zu sein, die Verantwortung für ihn in die Hände von Lukas und seinem Vormund legen zu können, da sie als Frau von Männern nicht ernstgenommen wird und um ihren Stand kämpfen muss.
Lukas ist der letzte lebende Begründer von Freiberg, ein loyaler Mann, der alles in seiner Macht Stehende tut, um Heinrich zu schützen.
Die für mich am schwersten nachzuvollziehende Figur war Elisabeth. Sie erscheint schon zu Lebzeiten als weltfremde, übertrieben religiöse Eiferin und verblendete Heilige, die jede Nacht betet, Bußgewänder trägt und sich von Konrad von Marburg bis aufs Blut geißeln lässt. Sie gibt zwar all ihren Besitz für die Armen aus, aber statt ihn zu verkaufen und den Gewinn zu nutzen, lässt sie z.B. aus kostbaren Brokatstoffen Abtrennungen für Hospitäler fertigen.

„Der Silberbaum. Die siebente Tugend“ ist vom Erzählstil und Inhalt her eine gelungene Mischung aus der Hebammen- und der Barbarossa-Saga. Ich hatte zwar erwartet, dass sich die Handlung überwiegend auf Heinrich konzentriert, aber wahrscheinlich durch sein junges Alter bedingt, dreht sich der erste Band mehr um Marthes Erben und die geschichtlichen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Mir waren dabei allerdings manche Nebenstränge zu viel und ausführlich, dafür fand ich den Kreuzzug 1228/29 zu kurz abgehandelt.

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