Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
haberlei
Wohnort: 
Wien
Über mich: 
Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 281 Bewertungen
Bewertung vom 16.02.2024
Wenn der Waschbär kommt
Hirschmann, Inge

Wenn der Waschbär kommt


ausgezeichnet

Der Schein trügt

„Wenn der Waschbär kommt“ von Inge Hirschmann ist nach „Bibergeil“ der zweite Band dieser Cosy-Krimi-Reihe. Ein humorvoller Krimi rund um eine tierische Verbrecherjagd.

Worum geht es?
Nicht nur das Verschwinden eines eigenbrötlerischen Altbauern beschäftigt die Polizei in Markt Hallerbach im Bayerischen Wald, sondern es häufen sich zudem Vorfälle, wo Waschbären in Häuser eindringen und dort ein Chaos hinterlassen. Als eine Seniorin im Altersheim der Ministrantin Linda erzählt, dass ihr eine wertvolle Ikone gestohlen wurde, als sie von den Waschbären heimgesucht wurde, ihr das aber niemand glaubt, beginnt Linda mit Hilfe ihres Freundes Frank zu ermitteln und kommt einer ganz speziellen Waschbärenbande auf die Spur.

Das Cover mit dem aus einem Versteck hervor lugenden Waschbären hat mich sofort magisch angezogen und neugierig gemacht. Das Buch erschien 2018. Die Handlung spielt in der Gegenwart in einem fiktiven Ort an der bayerisch-tschechischen Grenze. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, weisen weder Zeit- noch Ortsangaben auf.

Der Schreibstil ist locker und lässt sich flüssig lesen. Die Handlung knüpft nahtlos an den ersten Band an, man kommt jedoch auch als Neueinsteiger problemlos in die Geschichte hinein. Soweit notwendig finden sich Hinweise zu früheren Geschehnissen. Trotzdem würde ich raten, mit „Bibergeil“ zu beginnen.

Im Prinzip sind es zwei Handlungsstränge. Da die Polizei die Priorität darin sieht, den abgängigen, geistig verwirrten, angeblich schwer bewaffneten Altbauern aufzuspüren, und den Waschbären-Vorfällen vorerst nicht weiter nachgeht, nimmt die 17-jährige Linda mit Hilfe ihres Freundes Frank die Ermittlungen auf, um der alten Dame im Altersheim zu helfen. Die dadurch entstehenden Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich, halten die Spannung am Köcheln, auch wenn sich nur langsam die Verdachtsmomente verdichten – bis sich letztlich nach einigen dramatischen Ereignissen sämtliche Fäden zusammenfinden, sowohl der Altbauer gefunden als auch der Waschbär-Fall schlüssig gelöst wird und die Täter gefasst werden.

Den Krimi bevölkern – signifikant für einen Wohlfühl-Krimi - primär sympathische Menschen (von den Ganoven abgesehen). In gewissem Sinn sind sogar die Kriminellen „gute“ Menschen, denn sie sorgen vorbildlich für die Waschbären. Die Dorfpolizisten sind zwar engagiert, ihnen haftet dennoch eine gewisse Gemütlichkeit an. Im Mittelpunkt steht aber Linda, eine Siebzehnjährige mit gutem Spürsinn und dem Herz am rechten Fleck. Letzteres zeigt sich auch in der Wahl ihres Freundes, dem jungen Totengräber Frank, einem Außenseiter mit schwieriger Kindheit, den sie fördert und aus der Isolation holt. Dadurch kommt zudem auch ein wenig Romantik in die Handlung. Als Tüpfelchen auf dem i.

„Wenn der Waschbär kommt“ hat mir vergnügliche und entspannende Lesestunden beschert. Insbesondere fand ich die Art und Weise, wie die Waschbären in diesem Krimi ins Spiel kommen, sehr amüsant. Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 5 Punkte.

Bewertung vom 14.02.2024
Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1
Sigurðardóttir, Lilja

Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1


ausgezeichnet

Verschwunden

„Höllenkalt“ ist der Auftakt der Island-Krimi-Trilogie von Lilja Sigurdardóttir, spannend und mit ausgeprägter Island-Atmosphäre.

Worum geht es?
Áróra Jónsdóttir lebt in London und ist Ermittlerin im Bereich Wirtschaftskriminalität. Als ihre in Island lebende Schwester Ísafold sich seit Wochen nicht mehr gemeldet hat, reist Áróra auf Drängen der Mutter nach Reykjavik, um nach ihr zu sehen. Tatsächlich ist Ísafold spurlos verschwunden. Áróra befragt Nachbarn und Ísafolds brutalen Freund Björn und ihre schlimmste Befürchtung wird immer realistischer: Ísafold muss Opfer eines Verbrechens geworden sein.

Das Cover sticht ins Auge. Es ist modern gestaltet, der kräftige Blauton dominiert die schemenhafte Küstenlandschaft; zudem vermittelt die Farbe Blau auch Kälte – passend zum Titel. Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel „Helköld sòl“ (= kalte Sonne), die deutsche Fassung wurde aus dem Isländischen von Betty Wahl übersetzt und erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart in Reykjavik und umfasst einen Zeitraum von etwas über zwei Wochen. Die Kapitel sind kurz, teils mit Zeitangaben versehen. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Die ganz eigene isländische Atmosphäre ist wunderbar getroffen – die Ausstrahlung und das Treiben in der Hauptstadt, das landschaftliche Umfeld, wie die weiten moosbewachsenen Lavafelder mit den Erdspalten, Kulinarisches, selbst die Affinität der Bevölkerung zu Trollen und Elfen ist erwähnt, all dies unterstrichen durch isländische Ausdrücke. Meine Reiseeindrücke bzw. Erinnerungen an Islands landschaftliche und kulturelle Besonderheiten wurden wieder lebendig.

Man ist von der ersten Seite an mitten im Geschehen, weiß von Beginn an, dass Ísafold ermordet wurde. Das ist jedoch der einzige Wissensvorsprung gegenüber Áróra und dem Polizeibeamten Daniel, der sie bei der Suche nach ihrer Schwester unterstützt. Allen Vermutungen zum Trotz tappt man bis zuletzt im Dunkeln, wie sich alles zugetragen hat. Parallel zu den Befragungen von Nachbarn, Ísafolds Freund und dessen Familie sowie anderen mit ihr in Verbindung gestandenen Menschen ermittelt Áróra quasi in einem zweiten Handlungsstrang in einem Fall der Wirtschaftskriminaliät. Die stetigen Szenenwechsel zwischen Áróras Recherchen und den Einblicken in den Alltag von Ísafolds Nachbarn, gestalten die Handlung abwechslungsreich und halten die Spannung am Köcheln – bis zuletzt nach unerwarteten Wendungen sich – für die Leserschaft – alles klärt. Nicht jedoch für Áróra, denn die Leiche ist und bleibt verschwunden. So schließt das Buch mit den Worten: „Solange sie nicht wusste, wo ihre Schwester war, konnte sie nicht von hier weg. Sie konnte Ísafold nicht verlassen.“

Die Charaktere sind sehr eingehend und anschaulich beschrieben. Die zwei Schwestern, Töchter einer Engländerin und eines Isländers, sind unterschiedlich von deren Genen geprägt, sowohl äußerlich als auch charakterlich. Durch eingeschobene Passagen, wo Áróra gedanklich Erlebnisse mit ihrer Schwester, von Kindheit bis zur Gegenwart, Revue passieren lässt, lernt man die beiden sehr gut kennen. Die zarte, willensschwache Ísafold zog es nach Island und die robuste, bodenständige Áróra lebt lieber in England. Obwohl die beiden nicht immer harmonisierten, so sieht sich doch Áróra stets als die Stärkere, als diejenige, die ihre zwar ältere, aber nicht so lebenstaugliche Schwester beschützen muss. Das Verschwinden und schließlich die Gewissheit des Todes der Schwester trifft sie hart. Trotz ihrer familiären Sorgen verfolgt sie mit Vehemenz ihre Recherchen, als sie finanziellen kriminellen Machenschaften auf die Spur kommt. Ihr Beruf ist ihr Lebenselixier. Áróra ist eine interessante Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, intelligent, emotional, schwierig, generell sympathisch. Abgesehen von Áróra bevölkern den Roman etliche skurrile, nicht alltägliche Figuren, stets sehr gut vorstellbar beschrieben, mit ihren Eigenarten, ihren Geheimnissen und ungewöhnlichen Lebensumständen.

Obwohl es relativ wenig prickelnde Spannungsmomente in diesem Krimi gibt und so gut wie keine Action, hat mich das Buch dennoch gefesselt. Es trieb mich von Kapitel zu Kapitel weiter und weiter bis zum faszinierenden Ausklang, einer Lösung, die ich nicht erwartet hatte. Nun bin ich unheimlich gespannt, wie es mit Áróra im nächsten Band weitergeht.

Für den gelungenen Auftakt gibt es von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 12.02.2024
Unruhige Wasser / Das Haus am Deich Bd.2
Kölpin, Regine

Unruhige Wasser / Das Haus am Deich Bd.2


ausgezeichnet

Wechselhaftes Familienglück

„Das Haus am Deich – Unruhige Wasser“ ist der zweite Band der Trilogie von Regine Kölpin, die das Leben von zwei Freundinnen schildert, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden und sich ein neues Leben aufbauen müssen.

Worum geht es?
Frida, mittlerweile mit einem Unternehmer verheiratet, genießt zwar nun einen gewissen Wohlstand, doch es ist keine glückliche Ehe. Auch Erna hat Fuß gefasst, arbeitet in einem Modegeschäft und verdient recht gut. Trotzdem wird ihr noch immer das Erziehungsrecht für ihre Tochter verwehrt. Wirklich unbeschwerte Stunden verleben die Freundinnen nur im Haus am Deich.

Das Cover hat dadurch, dass es ein ähnliches Motiv zeigt wie Band 1, einen guten Wiedererkennungswert. Im Mittelpunkt stehen wiederum die zwei Frauen, im Hintergrund ist das idyllisch gelegene, nunmehr schmucke Häuschen zu sehen. Das Buch erschien 2021. Die Handlung umfasst (mit einigen Zeitsprüngen) in etwa den Zeitraum von 1951 bis 1957. Das vorhandene Personenverzeichnis ist vor allem für Quereinsteiger eine große Hilfe, um den Personenkreis rasch zu überblicken. Für mich war es, da ich den Band unmittelbar nach dem vorigen lesen konnte, ein Leichtes mich zurechtzufinden. Ich denke aber, dass man der Geschichte auch ohne Kenntnis des Vorgängerbandes problemlos folgen kann. Dennoch würde ich wärmstens empfehlen, mit Band 1 zu beginnen; denn die Kriegs- und Fluchterlebnisse haben die Charaktere maßgeblich geprägt. Man versteht die Menschen besser, wenn man diese Details weiß.

Der Schreibstil ist locker und liest sich flüssig. Der wirtschaftliche Aufschwung, das Gesellschaftsbild, insbesondere die noch sehr eingeschränkten Rechte der Frauen werden anschaulich geschildert. Auch Lokalkolorit ist gut spürbar im Hinblick auf Landschaftsbeschreibungen und Dialekt.

Vorwiegend wird aus der Perspektive von Frida und Erna erzählt, die sich in all den Krisensituationen, in die sie geraten, aufeinander verlassen können, immer füreinander da sind. Den gesamten Gefühlscocktail - ihre Probleme, Ängste, Zweifel, Glücksmomente und Erfolge erlebt man hautnah mit. Nicht nur die beiden Frauen, auch die Männer in ihrem Umfeld sind facettenreich, emotional und lebendig beschrieben, die sympathischen ebenso wie diejenigen, die den beiden Protagonistinnen das Leben vergällen.

Die Handlung, ein stetiger Wechsel von Höhen und Tiefen, dramatischen Szenen und hoffnungsvollen Wendungen, ist abwechslungsreich, frei von Längen. Nicht nur Krimis kann man als spannend empfinden, auch einen Familienroman, wobei ich denke, dass sich primär Frauen für diese Reihe begeistern werden.

Auch „Das Haus am Deich – Unruhige Wasser“ habe ich mit großer Lesefreude genossen. Ich vergebe 5 Sterne und spreche wieder eine unbedingte Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 06.02.2024
Du, ich und das glitzernde Meer
Römer, Lotte

Du, ich und das glitzernde Meer


ausgezeichnet

Eine zweite Chance für wahre Liebe

„Du, ich und das glitzernde Meer“ von Lotto Römer ist ein berührender Roman, in dem mehr steckt als eine Lovestory und Urlaubsfeeling.

Worum geht es?
Nele ist Single, wünscht sich aber sehnlichst ein Kind. Kurz nach der künstlichen Befruchtung reist sie mit ihrem Bruder Marco nach Rhodos, wo sie Rio kennenlernt und romantische Stunden mit ihm verbringt. Was als Urlaubsflirt beginnt, erzeugt immer tiefere Gefühle bei beiden. Doch fürs erste bleibt Rio auf Rhodos und die schwangere Nele kehrt nach Deutschland zurück …

Das sonnendurchflutete Cover mit Sandstrand und Meer, im Mittelpunkt ein Liebespärchen, zieht nicht nur Blicke an, sondern vermittelt richtig Lust zu verreisen – wenn schon nicht live, so wenigstens in der Fantasie. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der Gegenwart, teils auf Rhodos, teils in Deutschland. Der Schreibstil ist nicht nur flüssig, sondern besticht u.a. dadurch, dass die Autorin sehr gelungen Stimmungen einfängt. Ob Urlaubsatmosphäre, buntes Treiben am Strand, Altstadtbummel, romantische Liebesstunden oder Winterflair beim Weihnachtsmarkt, man fühlt sich unweigerlich mit dabei.

Die Liebesgeschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Nele und von Rio erzählt. Dadurch lernt man die beiden Protagonisten einerseits sehr gut kennen, ihre Gedanken, ihre Glücksmomente sowie die Zweifel und Ängste. Beide sind nicht mehr ganz jung, bittere Erfahrungen liegen hinter ihnen, die sie geprägt haben; Rio trauert um seine verstorbene Frau, Nele leidet unter der konservativen Einstellung ihrer Mutter, die Neles Entschluss, alleinstehende Mutter zu sein, nicht gutheißt. Dadurch, dass einige Themen aufgegriffen werden, wie die Problematik von künstlicher Befruchtung, Homosexualität (die ja nach wie vor nicht von jedermann akzeptiert wird) entsteht – einfühlsam und doch leicht dargebracht - eine gewisse emotionale Tiefe. Mir waren Nele, Marco und Rio von Beginn an sehr sympathisch. Nele und Rio sind ein liebenswertes Paar, dem ich von ganzem Herzen ein Happy-End wünschte, aber dafür mussten sie erst selbst mit sich ins Reine kommen, sich weiterentwickeln, einige Missverständnisse mussten geklärt und Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, bevor sie endgültig zueinander fanden. Nicht nur die Hauptfiguren, auch die anderen Personen sind gut vorstellbar und lebendig dargestellt.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte hat mir Wohlfühl-Lesestunden geschenkt, Urlaubserinnerungen an Rhodos geweckt und in mir Sehnsucht nach Sonne, Strand und Meer entfacht. Wer gerne Geschichten voll Romantik und Urlaubsflair liest, wird dieses Buch lieben so wie ich.

Bewertung vom 02.02.2024
Letztes Zuckerl
Dutzler, Herbert

Letztes Zuckerl


ausgezeichnet

Leichen im Schnee

„Letztes Zuckerl“ von Herbert Dutzler ist bereits der 11. Band dieser Altaussee-Krimireihe mit dem Dorfpolizisten Franz Gasperlmaier.

Worum geht es?
Turbulente Zeiten im Hause Gasperlmaier, großes Familientreffen zu Weihnachten. Doch viel Zeit bleibt ihm nicht, um Kinder und Enkel zu genießen. Ein Unfall mit Todesfolge, Frauenhasser und Morde erschüttern das idyllische Altaussee und beschäftigen Gasperlmaier mehr als ihm lieb ist.

Das Cover - ein buntes Zuckerlhäufchen vor zuckerlrosa Hintergrund - fast schon ein wenig zu kitschig für das Genre Kriminalroman, aber es sticht ins Auge. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig und locker und bildhaft. Im Kopfkino entstehen wunderbare Bilder von schneebedeckten Straßen und Pisten, sowie Sehnsucht nach den Winterfreuden, wie Rodeln oder Skifahren. Es steckt natürlich auch viel Lokalkolorit in der Geschichte, Brauchtum, Kulinarisches, Dialekt und urige Typen in Tracht. Auch als Quereinsteigerin – es war mein erster Gasperlmaier-Krimi – hatte ich keinerlei Problem, in die Story hineinzukommen und überblickte auch den Personenkreis relativ rasch.

Die Mordermittlung steht im Mittelpunkt der Handlung, ist aber gut dosiert mit Szenen aus Gaspelmaiers Familienleben verwoben. Durch diese Mixtur entsteht ein angenehmes Wohlfühlklima – trotz der Morde und anderer krimineller und sogar gefährlicher Aktionen. Zudem köchelt die Spannung kontinuierlich. Denn die Mordfälle geben massenhaft Rätsel auf. Nichts scheint zusammenzupassen. Immer neue Verdächtige tauchen auf, neue Theorien, neue Informationen. Doch stets ist entweder kein Motiv erkennbar oder ein Alibi vorhanden. Etliche Spuren führen in die Irre. Man kann hervorragend miträtseln, tappt jedoch bis zuletzt im Dunkeln, bis sich die Lage zuspitzt und sich nach einem dramatischen Showdown alles klärt.

Bevölkert wird der Krimi von durchwegs sympathischen Menschen, die gut vorstellbar beschrieben sind und authentisch und lebendig wirken - angefangen von Gasperlmaier selber, und seiner liebenswerten Familie, deren Mitglieder auch so einige Eigenheiten und Ecken und Kanten aufweisen, über seine Kolleginnen Dr. Kohlross und Manuela Reitmair-Peschke, die mit ihm zusammen ein effizientes Team bilden, und diverse nachbarlichen Freunde, bis zu den Tatverdächtigen und anderen Nebenfiguren.

„Letztes Zuckerl“ ist ein typischer Regionalkrimi, mit einem gemütlichen Protagonisten, der mir sofort sympathisch war, im Mittelpunkt, eher unblutigen Taten und stimmigem Lokalkolorit. Der Fall war komplex, spannend und gut aufgebaut. Mir hat mein erster Gasperlmaier-Krimi sehr gefallen, es wird sicher nicht bei dem einen bleiben. Gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 01.02.2024
Willkommen in Rodderbach
Schier, Petra

Willkommen in Rodderbach


ausgezeichnet

Idylle und RKlappenteomantik

„Willkommen in Rodderbach - Frühlingsmorgen“ von Petra Schier ist der Auftakt zu einer neuen Liebesroman-Reihe voller Romantik und idyllischem Lokalkolorit.

Kurz zum Inhalt:
Larissa will in Rodderbach einen neuen Roman schreiben, auch eine Trennung verarbeiten. Sie verliebt sich in den Sohn der Vermieter. Ist sie schon bereit für eine neue Beziehung?

Schon das Cover vermittelt ein heimeliges, harmonisches Flair. Das Buch erschien 2023 im Weltbild-Verlag. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker, sehr dialogreich und wunderbar detailliert und bildhaft, was beschauliche Beschreibungen insbesondere der Eifel-Landschaft und des kleinstädtischen Umfelds anbelangt. Rodderbach selbst ist zwar ein fiktiver Ort, aber man bekommt generell richtig Lust in die Eifel zu fahren, Natur und Waldesruhe auf sich einwirken zu lassen. Das Lokalkolorit wird auch sehr gut durch den in dosierter Form eingestreuten Dialekt unterstrichen. Des Weiteren werden auch die landwirtschaftlichen Berufe und deren Bedeutung und Vielseitigkeit thematisiert.

Wie bei ersten Bänden neuer Reihen oft der Fall, kommt die Handlung erst langsam Schwung, wird man doch zunächst einmal mit dem Umfeld und vor allem mit den diversen Figuren bekannt gemacht, den übrigens sehr zahlreichen Akteuren. Anfangs hätte ich schon des Öfteren gerne ein Personenverzeichnis zum Nachschlagen gehabt. Erst im Laufe der Zeit überblickte ich die weitläufige Verwandtschaft sowie die übrigen wesentlichen Bewohner von Rodderbach. Die meisten der Nebenfiguren werden wohl in den kommenden Bänden in den Mittelpunkt rücken.

Nicht nur Larissa, die Hauptperson dieses Romans, fühlt sich willkommen in Rodderbach, sondern ich wurde ebenso von Beginn an von dieser herzlichen Atmosphäre erfasst, genoss dieses familiäre Wohlfühlklima. In Zeiten wie diesen, wo es in den Medien scheinbar nur Hiobsbotschaften zu geben scheint, wo nachbarliche Streitigkeiten, Mobbing und Attacken aller Art an der Tagesordnung sind, da flieht man gerne wenigstens für einige Lesestunden in eine heile Welt, in ein Märchen für Erwachsene, voller Liebe, Respekt und Harmonie, ein Märchen nicht nur ohne böse Hexen, hinterlistige Gnome oder gefräßige Wölfe, sondern eben ohne Missgunst, Eifersucht, Machtgier.

In Rodderbach begegnet man (fast) nur sympathischen Menschen, freundlich, fröhlich, zuvorkommend, fleißig, verantwortungsbewusst und verlässlich. Es ist eine idealisierte Gemeinschaft, es schwingen keine negativen Gefühle mit. Natürlich, sie leben in einer Kleinstadt, wo Klatsch und Tratsch ein Lebenselixier darstellen, aber der Tenor ist stets positiv, humorvoll, nie bösartig. Auch die Nebenpersonen verfügen über markante Wesenszüge oder äußerliche Merkmale, sodass man sie sich recht gut vorstellen kann und sie lebendig wirken.

Im Fokus stehen natürlich Larissa und Holger. Traumfrau trifft auf Traummann. Vor allem Larissa ist sehr intensiv charakterisiert, in ihrem geschwächten Selbstwertgefühl, ihrer Unsicherheit, geprägt durch ihre vorherige gescheiterte Beziehung, aber auch wie sie sich letztlich entwickelt. Man lernt auch ihre andere Seite kennen, die Seite der akkurat recherchierenden und auch erfolgreichen Autorin. In diesem Zusammenhang erfährt man sehr viel über die aufwendige und arbeitsintensive Tätigkeit des Bücherschreibens, das nicht nur aus Recherche und Schreiben besteht; auch über Vorurteile, mit denen AutorInnen immer wieder konfrontiert sind.

Es ist ein Liebesroman mit wunderschönen, romantischen Liebes- und auch Sexszenen, soft, trotzdem anregend, Leidenschaft vermittelnd. Die Autorin schafft diesen schmalen Grat der feinen Erotik hervorragend.

Was mich amüsierte war, dass, da ich schon einige Liebesromane von Petra Schier gelesen habe, ich den entzückenden, das Liebespaar verbindenden Hund vermisste.

So sehr ich diese allumfassende Harmonie genossen habe, so fehlte mir dennoch ein wenig Würze. Ein massiverer Stolperstein, der die Beziehung in Gefahr gebracht hätte. Larissas Selbstzweifel und Hedwigs Versuch, Holger anderweitig zu verkuppeln, waren mir etwas zu wenig unruhestiftend. Man will ja, dass es ein Happy-End gibt, aber davor sollte es mal ordentlich kriseln.

Das Buch ist eine entspannende Wohlfühllektüre, die für wenige Stunden aus der realen in eine heile sorgenfreie Welt entführt. Ich habe diese Wellness für die Seele genossen und freue mich schon auf weitere partnerschaftliche Entwicklungen in Rodderbach. Ich empfehle das Buch gerne jedem, der Romantisches liebt.

Bewertung vom 31.01.2024
Fremde Ufer / Das Haus am Deich Bd.1
Kölpin, Regine

Fremde Ufer / Das Haus am Deich Bd.1


ausgezeichnet

Wahre Freundschaft

„Das Haus am Deich – Fremde Ufer“ ist der erste Band der Trilogie von Regine Kölpin, die das Leben von zwei Freundinnen schildert, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden und sich ein neues Leben aufbauen müssen.

Worum geht es?
Frida und Erna, obwohl aus verschiedenen Gesellschaftsschichten stammend, verbindet seit vielen Jahren eine tiefe Freundschaft. Sie wuchsen in Stettin auf, besuchten das Konservatorium; die hochbegabte Frida hatte das Ziel, Pianistin zu werden. Doch 1945 mussten beide Familien vor den Russen fliehen, sich in Norddeutschland eine neue Existenz aufbauen. Während Erna in einer Villa in der Stadt wohnt, da ihr Vater, ein Rechtsanwalt, nach wie vor über Beziehungen noch aus der Nazi-Zeit verfügt, kommen Frida und ihre Eltern notdürftig auf einem Bauernhof unter. Nicht nur Heimweh plagt die beiden jungen Frauen, aber was auch immer passiert – sie sind stets für einander da.

Das ansprechende Cover verdeutlicht, dass zwei Frauen im Mittelpunkt stehen und vermittelt gleichzeitig einen Eindruck von der Landschaft Norddeutschlands. Das Buch erschien 2021. Die Handlung umfasst den Zeitraum von 1947 bis 1950. Positiv sei angemerkt, dass ein Personenverzeichnis vorhanden ist. Ich hätte mir zur besseren örtlichen Orientierung allerdings auch eine Landkarte gewünscht.

Der Schreibstil ist locker und liest sich flüssig. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich sowohl die historischen Zustände, als auch die regionale Atmosphäre: die wortkargen Menschen, die weite, flache Landschaft, die Dünen und Deiche, das Meer und darüber hinweg tobende Stürme. Das Lokalkolorit unterstreicht auch der gut dosiert eingesetzte dortige Dialekt.

Vorwiegend wird aus der Perspektive von Frida und Erna erzählt, in Rückblenden sind Kriegserlebnisse der Familie eingeflochten, traumatische Szenen, die die Menschen stark beeinflusst haben. Die hochtalentierte, feinfühlige, aus einfachen Verhältnissen stammende Frieda und die verwöhnte, scheinbar oberflächliche und lebenslustige Erna wirken auf den ersten Blick total verschieden, dennoch verbindet die beiden eine tiefe Freundschaft. Nicht nur die beiden, sämtliche Charaktere sind facettenreich und lebendig beschrieben, die herzensguten ebenso wie die egoistischen und herrischen Figuren, alle mit Ecken und Kanten und mit Emotionen.

Die Handlung ist abwechslungsreich, von Spannungsmomenten durchzogen. Für mich flogen die Seiten nur so dahin. Ich bin relativ rasch in die Geschichte versunken, habe vor allem Frida ins Herz geschlossen. Die Erlebnisse während des Krieges und der Flucht machen betroffen, sind erschütternd und berührend. Wie die Menschen das Leid ertrugen und die Kraft aufbrachten weiter zu machen - da ist man dankbar, das nicht erlebt haben zu müssen. Die Handlung ist vielschichtig. Basierend auf dem persönlichen Schicksal der beiden Familien erhält man ein umfassendes Bild der damaligen Lebensumstände: vom harten bäuerlichen Dasein, von der Ablehnung bzw. begrenzten Duldung der Vertriebenen, vom nach wie vor bestehende Netzwerk der ehemaligen Nazis, von der Stellung der Frauen und von deren eingeschränkten Rechten.

„Das Haus am Deich – Fremde Ufer“ hat mich begeistert. Ich vergebe 5 Sterne und spreche eine unbedingte Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 20.01.2024
Hingerichtet
Manz, Eric

Hingerichtet


sehr gut

Aliens und irdische Morde

„Hingerichtet“ ist der zweite Fall, den Major Höfer gemeinsam mit Abteilungsinspektor Kerbl zu lösen hat.

Das Cover wirkt düster. Das schäbige Haus vermittelt einen einsamen, etwas unheimlichen Eindruck, passt aber nicht ganz zum Klappentext, wo die Tote in einem Wald vor einem Marienbild gefunden wird. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart, in Mödling bei Wien. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Orts- oder Zeitangaben. Genremäßig ordne ich den Krimi als Cosy-Krimi ein, ohne grausige Details, mit etwas Lokalkolorit. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich typisch österreichisch gefärbt, mit amüsanten Dialogen. Der Fall ist in sich abgeschlossen, Kenntnis des Vorgängerbandes ist nicht erforderlich.

Man ist sofort mitten im Geschehen, mitten in den Ermittlungen, lernt den überschaubaren Personenkreis kennen. Es ist ein typischer Whodunit-Krimi, die Spannung generiert sich aus der Mördersuche. Die in die Handlung hineinspielenden Verschwörungstheorien lassen einen schmunzeln, die Recherchen gehen nur langsam voran. Es ist ein ruhiger Krimi, ohne Action oder gefährliche Situationen, aufgrund diverser Alltagssituationen eher unterhaltsam. Das Motiv für die Morde bleibt lange im Dunkeln, verwirrende Hinweise auf eine alte Legende sind schwierig zu deuten und im Umkreis der Opfer kaum Verdächtige auszumachen. Bis eine Zeugenaussage den Stein ins Rollen bringt und der Täter überführt werden kann.

Bevölkert wird der Krimi von durchwegs sympathischen Menschen, gut vorstellbar beschrieben, auch mit gut dosiertem privaten Umfeld. Major Höfer wirkt gegenüber Abt.Insp. Kerbl aktiver und dominanter, unduldsamer und cholerischer, ist eher die treibende Kraft. Kerbl ist ruhiger, überlegter und geduldiger, meist auch höflicher. Sehr liebenswert sind die beiden alten Damen, die Höfer und Kerbl mit eigenen Nachforschungen und Hinweisen unterstützen. Die Stimmung ist generell positiv, selbst bei den Versammlungen der Aluhutträger spürt man kaum negativen Schwingungen, auch wenn man sich an den ernsthaften Hintergrund zu Coronazeiten sehr wohl erinnert.

„Hingerichtet“ hat mir amüsante und spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Fälle mit diesem Ermittler-Duo gemacht.

Bewertung vom 19.01.2024
Aufs Meer hinaus
Enger, Cecilie

Aufs Meer hinaus


sehr gut

Die ersten Reederinnen Norwegens

Cecilie Engers Roman „Aufs Meer hinaus“ beschreibt das Leben und das Schaffen von zwei außergewöhnlichen Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Reederinnen Norwegens waren – von Hanna Brummenaes (1860-1942) und Bertha Torgersen (1864-1954).

Das Cover, ein Werk der Fotografin Mary Wethey, mit den beiden Frauen, die entlang der norwegischen Küste entlang spazieren, ist ansprechend, gibt jedoch ein malerischeres Bild ab, als deren Leben und Alltag tatsächlich war. Zudem sehen vor meinem geistigen Auge (gemäß der Beschreibung der Autorin) die beiden Frauen, insbesondere Hanna, nicht so aus.

Das Buch erschien in Originalausgabe 2021 unter dem Titel „Det hvite kartet“, was übersetzt eigentlich „Die weiße Karte“ bedeutet. Aus dem Norwegischen übersetzt wurde die Geschichte von Gabriele Haefs. Im Nachhang des Buches gibt es zwar ein Quellenverzeichnis, jedoch leider keine näheren Informationen hinsichtlich Fiktion und Fakten. Dass die Zeit der Reedertätigkeit historisch belegt ist, konnte ich nachvollziehen, doch hätte es mich interessiert, ob Berthas frühe Jahre und ihre Gedanken und Erlebnisse rein der Fantasie der Autorin entsprangen oder ob es dazu Aufzeichnungen, z.B. ein Tagebuch, gab.

Der Roman gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil, der die Zeit zwischen 1873 – 1890 umfasst, wird, in der Kindheit Berthas beginnend, ihre Lehrzeit, die beginnende Freundschaft mit Hanna bis zur gemeinsamen Führung eines Ladens, erzählt. Der zweite Teil von 1909 – 1919 schildert den Aufstieg der beiden zu vermögenden Reederinnen, auch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs, der dritte Teil gibt nur einen kurzen Einblick auf die Jahre 1941 – 1945, als bedingt durch den Verlust auch der letzten Schiffe im Zweiten Weltkrieg und den Tod Hannas die Reederei Brummenaes & Torgersen aufhörte zu existieren.

Der Schreibstil liest sich flüssig, der Zeitgeist und die Lebensverhältnisse werden anschaulich wiedergegeben – die Atmosphäre rund um das Kupferbergwerk, die ärmlichen Verhältnisse, das einfache Leben, die harte Arbeit, ebenso wie das damalige Frauenbild, die leisen Anfänge von Emanzipation, aber auch das Tabu von gleichgeschlechtlicher Liebe, die ja auch Bertha und Hanna miteinander verbindet.

Erzählt wird aus Berthas Sicht, allerdings nicht in Ich-Form. Dadurch entsteht eine gewisse Distanziertheit, es springen keine intensiven Gefühle auf den Leser über. Weder Trauer, noch Zuneigung, es fehlt an Tiefe der Empfindungen, es wirkt alles stets zu beherrscht. Dabei empfand ich Bertha noch als empathischer als Hanna, die sowohl durch ihre männlich-selbstbewusste Ausstrahlung als auch durch ihre Geschäftstüchtigkeit unnahbar und hart erscheint. Sie ist ein Workaholic, sehr leistungsbetont und fordert von den anderen denselben Einsatz. Obwohl die beiden ihre sexuelle Ausrichtung ihr Leben lang verbergen müssen, zeigt sich Hanna dennoch in fast leichtsinniger Art und Weise stets betont männlich was Kleidungsstil und Auftreten anbelangt.

Die Handlung zeigt kaum Höhen und Tiefen, selbst tragische Ereignisse werden ohne Dramatik geschildert, ohne aufwühlende Gefühle. Es gibt keine Spannungsmomente, wodurch die Lektüre zwar nicht langweilig wird, aber einen auch nicht wirklich packt. Es ist mir nicht wirklich gelungen, mich in die Protagonistinnen hineinzuversetzen. Es ist eine interessante Geschichte, wissenserweiternd, aber sie hält nicht ganz, was man vielleicht vom Klappentext, der da lautet: „… der Wunsch nach Freiheit und die Sehnsucht nach der Weite des Meeres eint sie …“, her erwartet hat, nämlich dass die beiden per Schiff Abenteuer erleben, etwas von der Welt sehen. Was aber letztlich nicht der Fall war. Sie haben als Frauen in einer Zeit, wo das Unternehmertum männlich orientiert war, etwas Besonderes erreicht, wurden wohlhabend und anerkannt, aber aufgrund gesellschaftlicher Zwänge konnten sie nie wirklich frei leben.

Ich fand das Buch historisch interessant und auch lesenswert, nur leider hat es meine Erwartungen nicht wirklich erfüllt.

Bewertung vom 19.01.2024
Mord auf Tour
Winger, Luc

Mord auf Tour


ausgezeichnet

Reise ins Ich mit einer Prise Mord

„Mord auf Tour – Neue Horizonte“ von Luc Winger ist bereits der 21. Band der Cosy-Krimi-Reihe mit der Kommissarin Lucie Girard im Mittelpunkt.

Nicht nur der Klappentext, auch das Cover macht klar: dies ist keiner der üblichen St. Tropez-Krimis. Kein südfranzösisches Flair, sondern amerikanisches Ambiente ist zu erwarten. Dennoch, Lucie und Patric sind Franzosen, somit gibt es nach wie vor im Text sowohl eingestreute französische Begriffe als auch englischsprachige. Die Reiseroute quer durch Amerika bringt nicht nur anschauliche Landschaftsbilder, von einsamen, schnurgeraden Highways, eindrucksvollen Felsenformationen, sowie von Metropolen mit Menschenmassen und vom Vergnügungszentrum Las Vegas, sondern man gewinnt Einblicke in den American Style of Life – vom Luxushotel über Campingplätze bis zu ärmlichen Verhältnissen, inklusive Begegnungen mit Menschen aus den verschiedensten Schichten.

Der Schreibstil ist flüssig, die kurzen Kapitel sind mit Orts- und einigen Zeitangaben versehen. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt im Jahr 1979. Ich kenne fast alle Bände der Serie und verfolge nicht nur die Fälle, sondern auch die charakterliche Entwicklung der Protagonisten seit Beginn. Im Prinzip ist der Roman ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos lesbar und der Personenkreis ist überschaubar. Für Kenner der Reihe fügt sich diese Geschichte sinnvoll und verständlich ein, ebnet den Weg für Fortsetzungen und formt Lucies Persönlichkeit. Für Quereinsteiger, die sich primär eine Krimihandlung erwarten, sind vermutlich der Reisebericht und die familiären Passagen zu dominant und die Spannungsmomente zu spärlich.

Der (wenn auch kurze) Krimipart ist durchaus spannend und bringt Action seitens der amerikanischen Exekutive ins Spiel. Ich fand auch die Idee des Autors, wie er in die Reise einen Kriminalfall eingebaut hat und somit Lucie Möglichkeit zum Ermitteln bot, ausgezeichnet. Man darf sich nur keine 0815 Mördersuche erwarten, mit verschiedenen Verdächtigen, in die Irre leitenden Spuren und Miträtseln, aber Grund zum Mitfiebern gibt es.

Der Schwerpunkt des Romans liegt eindeutig auf der Selbstfindung der Protagonisten, auf deren Erkenntnis, dass sie sich doch in ihrer Heimat Frankreich, an der Côte d’Azur, am wohlsten fühlen, dass die Freiheit nicht in der weiten Welt sondern in der eigenen Einstellung zu finden ist, und last but not least, wie ihre Zukunft werden soll. Diese charakterliche Wandlung ist gut nachvollziehbar dargestellt. Durch das enge Zusammenleben und das gemeinsame Bewältigen von Schwierigkeiten, die auf einer solchen abenteuerlichen Reise unweigerlich auftreten, lernt das Paar Wesenszüge und Eigenschaften des Partners kennen, die im stressigen Arbeitsalltag nie auffielen. Sie lernen nicht nur ihre Heimat schätzen, sondern auch einander. Letztlich stärkt die Reise ihre Beziehung.

Dieser Band war zwar nicht so prickelnd wie frühere Bände, hat mir dennoch gut gefallen, vom Stil her, von den Einblicken in die Psyche der Protagonisten, ebenso vom vermittelten USA-Feeling. Als langjähriger Lucie-Fan hat mich ihr Abenteuer wiederum gefangen genommen und mir ebenso entspannende wie auch spannende Lesestunden geschenkt. „Mord auf Tour“ bot somit einen vielversprechenden Übergang zu zukünftigen, sicher wieder von der ersten bis zur letzten Seite fesselnden Mordfällen. Darauf freue ich mich schon jetzt!