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Benutzername: 
KGranger
Wohnort: 
Hürth

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


gut

In Emma Clines "Die Einladung" geht es im Alex, die gerne bei den Schönen und Reichen in den Hamptons ist. Dementsprechend findet sie auch immer wieder Mittel und Wege, wie sie dort ihre Zeit verbringen kann. Einer davon ist es, sich Männer anzulächeln, die ihr dann teure Kleidung kaufen. Leider klappt dies aber nicht immer so wie sie sich das vorstellt.

Leider wurde ich mit der Protagonistin Alex nicht so ganz warm. Zwar kann ich verstehen, dass man auch einmal das Luxusleben genießen möchte, jedoch war sie mir zu keiner Zeit wirklich sympathisch, da ich ihr "Durschnorren" sehr unsympathisch fand. Irgendwie fehlte mir einfach, dass sich ihr Charakter entwickelt hat. Genau wie am Anfang verhält sie sich auch zum Ende des Romans. Sie lügt und betrügt Menschen, wo sie nur kann. Wieso sie den Luxus und die Hamptons so liebt, wird auch nie richtig klar. Die einzige Person aus ihrem "alten" Leben ist Dom und auch hier fehlten mir die ganze Zeit irgendwie Hintergrundinformationen. Alex Verhalten ist oftmals naiv und völlig undurchdacht und ich habe mich wirklich gefragt, wie sie es die ganze Zeit schafft, mit ihrem Verhalten durchzukommen.

Was die Autorin gut vermittelt, ist die Spanne zwischen Arm und Reich. Sicherlich wäre Alex nicht so versessen darauf, bei den Reichen zu sein, wenn sie dieses Leben so einfach haben könnte. Der Titel ist hier wohl ironisch zu sehen, ebenso wie das Ende des Romans, in dem Alex einfach nur nicht merkt, wie wenig willkommen sie eigentlich ist. Das das Ende aber relativ offen gehalten ist, ist das wohl reine Spekulation.

Das grün-gelbe Cover hätte mich ehrlicherweise auch nicht angesprochen. Es wirkt von der Farbgebung auch, als sei alles nur ein Traum bzw. ein Rausch.

Leider konnte "Die Einladung" mich nicht so sehr packen wie erhofft.

Bewertung vom 25.08.2023
Mein schrecklich schönes Leben
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


sehr gut

Was, wenn man die Welt ganz anders wahrnimmt als alle anderen um einen herum? Und wenn man dann auch noch die Chance bekommt, die Vergangenheit zu ändern und durch die Zeit zu reisen? Genau das passiert Cassandra Penelope Dankwarth in "Mein schrecklich schönes Leben". Irgendwie schafft sie es, immer schlecht bei anderen anzukommen mit ihrer Art. Doch dann merkt sie, dass sie die Zeit zurückdrehen kann und Dinge verändern kann. Schafft sie es so vielleicht auch, ihren Freund, der mit ihr Schluss gemacht hat, bei ihr zu halten?

Der Klappentext wirkte auf mich wie ein x-beliebiger Frauenroman, aber hier liegt man tatsächlich falsch. Bereits die ersten Seiten von "Mein schrecklich schönes Leben" lassen erkennen, dass es sich bei Cassandra Penelope um einen ganz besonderen Charakter handelt. Gefühle sind für sie wie Farben und man merkt ganz schnell, dass bei ihr etwas "nicht stimmt". Gleich zu Beginn konnte Cassandra mich mit ihrer schrägen Art begeistern und ich hatte irgendwie Mitleid mit ihr, dass ihre Art so schlecht bei anderen ankommt. Im Laufe des Romans wird aber klar, wieso. Und das ist keinesfalls ein leichter Grund. Mir hat der Roman unglaublich geholfen, mich in Personen mit Cassandras "Problem" (Was genau es ist, möchte ich nicht spoilern) hineinversetzen zu können. Es muss für sie wirklich nicht leicht sein. Und da dieser Roman mich bereichert hat, hat er mir auch gut gefallen.

Bewertung vom 25.08.2023
Cleopatra und Frankenstein
Mellors, Coco

Cleopatra und Frankenstein


sehr gut

Fest steht, "Cleopatra und Frankenstein" von Coco Mellors ist nicht das, was ich erwartet habe. Es handelt sich hier um einen Roman, den ich aber sicherlich nicht so schnell vergessen werde.

Bereits das Cover von "Cleopatra und Frankenstein" ist sehr auffällig. Man sieht eine Frau, die auf einem Kissen liegt, sie scheint irgendwie betrübt zu sein. Ihre Augen sind wunderschön, aber man merkt gleich, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Auch die malerische Gestaltung der Figur passt einwandfrei zur Cleo im Roman.

Der Titel "Cleopatra und Frankenstein" wirkt im ersten Moment wie lustige Kosenamen, die die beiden sich geben. Nach der Lektüre wird man aber feststellen, dass die Namen alles andere als willkürlich gewählt sind und hervorragend passen.

Als ich das erste Kapitel von "Cleopatra und Frankenstein" las, war ich begeistert von der tollen Chemie und der humorvollen Art zwischen den beiden. Sie versprühten für mich einen ganz besonderen Charme und ich dachte, dass uns hier eine ganz großartige Liebesgeschichte erwarten würde. Doch dem war nicht so. Ziemlich ernüchternd musste ich feststellen, dass danach viele Episoden voll hemmungslosem Drogenkonsum, toxischen Beziehungen und Vulgärsprache folgen. Auch dreht sich die Geschichte gar nicht so sehr um Cleo und Frank, wie ich es erwartet hatte, sondern auch um ihre Freunde, die allesamt aber nicht besonders sympathisch erscheinen. Genau genommen konnte ich zu keinem der Charaktere wirklich eine Bindung aufbauen. Sie erschienen mir allesamt wie Menschen, mit denen ich sicherlich nie befreundet wäre.

Waren Cleo und Frank mir im ersten Kapitel noch unglaublich sympathisch, so verflog dies spätestens ab dem zweiten Kapitel, in dem es einen großen Zeitsprung gibt. Man erfährt quasi nichts darüber, wie die Beziehung der beiden sich entwickelt, nur dass sie relativ schnell heiraten, und das auch auf eine alles andere als gewöhnliche Art. Spätestens hier fielen mir die Freunde der beiden sehr negativ auf, denn der leichtsinnige Drogenkonsum stieß mir schwer auf. Ab diesem Moment war mir einfach jeder Charakter fast schon zuwider.

Sehr positiv hervorzuheben ist aber Coco Mellors Schreibstil. Besonders die Kapitel aus der Sicht von Eleanor habe ich als sehr kreativ empfunden. Auch wenn sie genauso unmoralisch handelt wie alle anderen Charaktere in diesem Roman, konnte ich mich mit Eleanor aufgrund des andersartigen Schreibstils in ihren Kapiteln aber noch am meisten identifizieren.

Fazit: Ich habe selten einen Roman gelesen, der für mich so polarisierend war. Der Schreibstil der Autorin ist toll und einzigartig, sodass man immer weiterlesen will, obwohl eigentlich alle Charaktere furchtbar sind. Der Roman lässt mich nachdenklich zurück mit der Frage, was hier eigentlich bezweckt werden soll. Geht es viel weniger um die Beziehung zwischen Cleo und Frank als um eine allgemeine Gesellschaftskritik? Während des Lesens war ich eher enttäuscht, aber im Nachhinein entdecke ich mich immer wieder dabei, über das Gelesene nachzudenken, was meiner Meinung nach auch einen guten Roman ausmacht.

Bewertung vom 25.08.2023
Die Butterbrotbriefe
Henn, Carsten Sebastian

Die Butterbrotbriefe


sehr gut

Carsten Henns Romane "Der Buchspazierer" und auch "Der Geschichtenbäcker" habe ich mit großer Freude gelesen und genossen. Umso gespannter war ich also auf sein neuestes Werk, "Die Butterbrotbriefe". Auch dieses hat eine wahnsinnig tolle Idee, konnte mich aber nicht ganz so sehr begeistern wie seine Vorgänger.

Es geht in "Die Butterbrotbriefe" um Kati, die um Vergangenes zu verarbeiten allen möglichen Menschen in ihrem Leben Briefe schreibt, und zwar auf Butterbrotpapier, das ihr Vater für sie gesammelt hat. Diese schreibt sie, schickt sie aber nicht ab, sondern besucht die Personen persönlich und liest ihnen die Briefe vor, was sicherlich oft viel Mut von der Protagonistin erfordert. Mit und mit lernt man Kati so durch die Briefe immer besser kennen und kann ihr dabei zuschauen, wie sie auch mit sich selbst immer mehr ins Reine kommt.

Auch die Nebencharaktere sind sehr besonders. Katis Onkel ist leidenschaftlicher Polarfan und hat ein eigenes Museum darüber und auf der Straße beim Haareschneiden lernt Kati Severin kennen, der ihre Gedanken sicherlich noch einmal beeinflusst.

Habe ich die Lektüre von "Die Butterbrotbriefe" genossen! Auf jeden Fall! Die Idee, wieder handschriftlich Briefe zu verfassen, fand ich total toll. Allerdings konnte ich mich mit Kati nicht so gut identifizieren wie mit den Protagonisten der beiden anderen Romane, bei denen ich die Liebe zu Büchern bzw. zum Backen während des Lesens sehr gut nachvollziehen konnte. Vielmehr im Vordergrund als die Briefe stehen in diesem Roman meiner Meinung nach Katis Beziehungen zu ihrer Mutter und ihrem Vater. Auch habe ich ihre Beziehung zu Severin nicht immer ganz nachvollziehen können aufgrund von Severins Vergangenheit.

Carsten Henns Schreibstil ist jedoch auch hier wie gewohnt sehr schön zu lesen und teilweise schon fast poetisch. Auch wenn "Die Butterbrotbriefe" mit ihren knapp 250 Seiten leider sehr schnell wieder ausgelesen waren, so haben sie mir doch ein paar schöne Stunden bereitet.

Erwähnenswert sei an dieser Stelle auch noch das wunderschön gestaltete Buchcover, das wirklich an Butterbrotpapier erinnert.

"Die Butterbrotbriefe" ist sicherlich eine schöne Lektüre für zwischendurch, wenn man gerne in die Vergangenheit reisen möchte und das Briefelesen wieder aufleben lassen möchte.

Bewertung vom 14.08.2023
Die letzte Nacht / Georgia Bd.11
Slaughter, Karin

Die letzte Nacht / Georgia Bd.11


sehr gut

Auch wenn die Autorin, Karin Slaughter, sehr bekannt und beliebt ist, habe ich bisher noch nicht von ihr gelesen. Dieser Thriller konnte mich aber fesseln.

Zugegeben, vom Cover her hätte ich niemals zu dem Roman gegriffen. Ich finde Vögel auf Covern auch immer eher abschreckend, aber die Leseprobe fand ich so spannend, dass ich "Die letzte Nacht" dann auch lesen musste.

Sara Linton als Protagonistin war mir von Anfang an sympathisch. Ihre Arbeit als Ärztin muss so grausam sein, wenn sie das Leben der jungen Dani nicht retten kann, als diese ihr gesteht, dass ein Mann ihr all das angetan hat. Was man zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß: Auch Sara hat in der Vergangenheit schlimme Erfahrungen machen müssen. Ihr Ehemann Will und seine Partnerin Faith helfen nun, den Fall von Dani aufzuklären und findet Parallelen zu dem Fall seiner Frau.

"Die letzte Nacht" ist von vorne bis hinten sehr spannend, stellenweise ist die Thematik allerdings sehr beklemmend und sicherlich keine leichte Kost. Ich wollte den Thriller zwar einerseits nicht aus der Hand legen, konnte ihn aber aufgrund der Thematik auch nur häppchenweise lesen. Wen das Thema nicht zu sehr triggert, wird aber sehr gut unterhalten!

Bewertung vom 03.08.2023
A Place to Shine
Lucas, Lilly

A Place to Shine


ausgezeichnet

Ich liebe die gesamte Cherry-Hill-Reihe von Lilly Lucas und so hat mich auch "A Place to Shine" wieder sehr berühren können. Mit diesem wundervollen Cover bekommt man auch gleich wieder das Gefühl, mitten auf der Farm zu sein.

Dieser vierte Band der Reihe handelt von Poppy und Trace, die fünf Jahre zuvor eine Begegnung hatten, die beiden in Erinnerung geblieben ist. Nur ist dabei ein Song über Poppy entstanden, der Trace zu einem berühmten Countrysänger macht. In diesem Band wird das Rätsel des Songs endlich gelöst und man erfährt, was damals mit dem Mädchen mit den lila Haaren passiert ist.

Bereits in den Bänden zuvor war Poppy immer eine meiner Lieblingsschwestern. Auch in diesem Band hat sie mich nicht enttäuscht. Ich mag ihre humorvolle Art und habe die ganze Zeit nachvollziehen können, wie sie sich fühlt, weil Lilly Lucas so einfühlsam schreibt.

Von einem Star wie Trace hatte ich nicht so viel Einfühlungsvermögen erwartet, normalerweise sind diese Sängertypen in Romanen immer die Bad Boys. Trace ist einfach nur süß und man wünscht ihm und Poppy einfach die ganze Zeit nur, dass sie zusammenkommen und -bleiben.

Ich bin tieftraurig, dass das der letzte Band auf Cherry Hill ist, aber ich glaube, dass "A Place to Shine" es geschafft hat, mein Lieblingsband der Reihe zu werden, obwohl ich das Fake-Dating-Trope eigentlich überhaupt nicht mag. Ich hoffe, dass Lilly Lucas sich bald wieder so eine tolle Wohlfühlwelt ausdenken wird!

Bewertung vom 03.08.2023
Of thunder and rain / Färöer-Reihe Bd.1
Buckley, Emmy

Of thunder and rain / Färöer-Reihe Bd.1


sehr gut

Bereits das Cover von "Of Thunder and Rain" von Emmy Buckley zeigt das wunderschöne Setting des Romans auf den Färoer Inseln. "Of Thunder and Rain" hat mir wirklich gut gefallen.

Lina betreibt auf den Färöer Inseln ein B&B nachdem ihre Mutter vor einiger Zeit verstorben ist. In dieses zieht nun Louay ein, der sich mit seiner Familie zerstritten hat. Er ist ein sehr erfolgreicher Autor, aber leider weiß davon niemand, da er unter einem Pseudonym Liebesgeschichten für ältere Damen schreibt. Gemeinsam unternehmen Lina und Louay einiges und erkunden die Insel.

Eigentlich ist von Anfang an klar, dass es zwischen den beiden knistern wird und auch wenn das plötzlich auftretende "Problem" zwischen den beiden auch vorhersehbar war, hat mir die Geschichte einfach von Anfang an gefallen und ich habe mich beim Lesen richtig wohl gefühlt. Ich bekam beim Lesen immer mehr den Wunsch, auch einmal auf die Färöer Inseln zu reisen und habe die wundervollen Landschaften auch gegoogelt.

Die Passagen über Louay und seine Tätigkeit als Schriftsteller fand ich auch richtig interessant, bei Lina fehlte mir teilweise etwas der Zugang. Ihre Emotionen habe ich nicht so stark gefühlt. Deswegen gibt es auch einen Stern Abzug. Trotzdem möchte ich auch unbedingt Band 2 dieser Reihe lesen, der Ende des Jahres erscheinen soll.

Bewertung vom 03.08.2023
Der Vorweiner
Bjerg, Bov

Der Vorweiner


ausgezeichnet

Bov Bjerg war für mich bereits ein Geheimtipp, weil ich "Auerhaus" geliebt habe. Mit "Auerhaus" hat "Der Vorweiner" jedoch nicht mehr viel zu tun, Bov Bjerg gelingt hier literarisch ein wirklich anspruchsvoller und sehr humorvoller dystopischer Roman mit viel Liebe zum Detail.

In der Zukunft gibt es so etwas wie Trauer nicht mehr wirklich. Es ist den Leuten zu anstrengend, um Verstorbene auf ihren Beerdigungen, hier liebevoll "Zerstreuungsfeier" genannt, zu weinen. "Trauertreu" (eine tolle Alliteration!) sind nur noch die sogenannten Vorweiner, die man sich kaufen kann. Es handelt sich hierbei um Einwanderer aus der Niederschicht, die noch Gefühle zeigen können. Wenn man sich gut mit ihnen steht und sich rechtzeitig einen Vorweiner besorgt, trauert vielleicht doch einer um einen bei der eigenen Beerdigung. So macht es auch Anna und besorgt sich einen niederländischen Vorweiner:

"Lautes Lachen war die Domäne der Niederschicht und der Vorweiner. Ihnen war der Kontrollverlust gleichgültig, sie hatten nichts zu kontrollieren, nicht einmal sich selbst." (S. 47)



Die Charaktere dieses Romans sind äußerst skurril, ebenso wie die dystopische Welt, die Bov Bjerg hier erschafft. Sprachlich ist dieser Roman einfach nur toll zu lesen, wenn auch nichts, was man eben nebenbei lesen kann. Hier steckt in allem viel Liebe zum Detail. Es geht von tollen Neologismen wie "Zerstreeungsfeierchoräle" (S. 34) über passende Alliterationen wie "trauertreu" (S. 41). Auch steckt im humorvollen Umgang mit den anderen Ländern auch viel Sozialkritik. Beispiele wären hier die Österreichische Partei Österreichs, die Vetternwirtschaft legalisiert oder die klischeehafte Darstellung der niederländischen Vorweiner. Die gesamte Gesellschaft in dieser dystopischen Welt ist einfach nur skurril. Wer könnte sich eine Kanzlerin mit dem Namen Chilli Chayenne vorstellen, die auch noch den Resteuropäischen Songcontest gewonnen hat? Auch die Willkommenszentren Köln Dom und Oberhausen Einkaufszentrum haben mich zum Schmunzeln gebracht.

"Die Auslagerung der Trauer [...] war ein beträchtlicher zivilisatorischer Fortschritt." (S. 58). Das kann man leider nicht behaupten, wenn man sich die beiden Hauptcharaktere anschaut.
Anna, die Mutter in dieser Familie scheint einfach nur perfekt sein zu wollen und sich einer Schönheitsoperation nach der anderen zu unterziehen. Und dann wäre da noch ihre Tochter B,. die jegliches Nachdenken wohl abgelegt zu haben scheint. Sie schreibt Unsinnsnachrichten für die Agentur für spannende Nachrichten und ist stolz darauf, dass sie für diese Arbeit nicht einmal recherchieren muss. Auch sagt sie: "Was in Schulbüchern steht, ist in meinem Hirn verdunstet, sobald ich es gelesen habe" (S.89). So ist es eigentlich klar, dass sie nicht viel von der realen Welt mitbekommt.

"Der Vorweiner" hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen. Bov Bjergs Schreibstil ist so kompakt und voller Bedeutung, dass ich diesen Roman nur jedem ans Herz legen kann, der das Spiel mit der Sprache liebt.

Bewertung vom 26.07.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


sehr gut

Rin Usamis "Idol in Flammen" ist ein kurzer Roman über das Anhimmeln eines Idols, der einen zum Nachdenken bewegt.

Der Roman beginnt mit einem Skandal: Der von Schülerin Akari angehimmelte Sänger Masaki soll einen Fan geschlagen haben. Wie gehen die Harcore Fans, also auch Akari, damit nun um? Unterstützen sie ihn weiterhin? Stehen sie ihm bei? Oder wenden sie sich von ihrem Idol ab?

"Fan zu sein, ist meine Überlegensstrategie"

"Idol in Flammen" zeigt eindrucksvoll, wie das Leben durch solche Fankults bestimmt werden kann. Akaris eigenes Leben rückt immer mehr in den Hintergrund und alles, was sie macht, verfolgt sie nur mit dem Ziel, ihrem größten Idol bei Konzerten näher zu kommen, über ihn zu berichten oder das neueste Merch zu kaufen. Nicht einmal bewegende Ereignisse wie der Tod eines geliebten Menschen in der realen Welt spielen da noch eine große Rolle.

Doch was macht man, wenn diese Blase irgendwann zerplatzt und der Mensch, um den sich dein ganzes Leben dreht, einfach von der Bildfläche verschwindet? Dann muss man feststellen: "Mein Idol ist ein Mensch geworden."

Mir hat "Idol in Flammen" wirklich gut gefallen, weil mir gar nicht bewusst war, wie weit einige Menschen gehen, um ihren Idolen möglichst nah zu sein. Auch wenn Akari in den meisten Momenten völlig unreflektierten und unlogischen Handlungsweisen an den Tag legt, kann man sie durch den tollen Schreibstil doch immer verstehen. Es kommt nicht oft vor, dass ich mir Passagen aus Büchern notiere, die mir gut gefallen, aber bei "Idol in Flammen" war das gleich mehrfach der Fall. Einziger Kritikpunkt: Natürlich lässt sich "Idol in Flammen" mit seinen 128 Seiten schnell lesen, aber etwas mehr Tiefe hätte ich mir vielleicht an der ein oder anderen Stelle noch gewünscht.

Bewertung vom 26.07.2023
Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1
Kashiwai, Hisashi

Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1


ausgezeichnet

"Das Restaurant der verlorenen Rezepte" ist ein wundervoller Roman für all diejenigen, die Essen mit Erinnerungen verbinden.

Bereits das Cover des Romans lädt zum Essen ein, vermutlich sieht man hier die Udon-Nudelsuppe aus dem ersten Kapitel des Romans.

Wer kennt es nicht? Mit bestimmtem Essen verbinden wir bestimmte Erinnerungen. Sicherlich ist auch das ein Grund dafür, dass unsere Eltern immer am besten kochen. Wir verbinden mit ihrem Essen wunderschöne Momente aus unserer Kindheit. Und genau darum geht es auch in "Das Restaurant der verlorenen Rezepte". In sechs verschiedenen Episoden werden hier die Gäste des Restaurants vorgestellt, die allesamt ein Essen gekocht haben möchte, das sie an etwas erinnert.

In diesem Roman steckt so viel Liebe zu Essen und zum Kochen, dass man ihn einfach mögen muss. Ich habe alleine so viel Kulinarisches dazugelernt, dass sich die Lektüre von "Das Restaurant der verlorenen Rezepte" gelohnt hat. Ich habe sofort Lust bekommen, das ein oder andere selbst nachzukochen, nicht, weil ich dieselben Empfindungen wie die Romanfiguren haben möchte, sondern weil ich die Gerichte zum Großteil einfach sehr interessant fand.

Nichtsdestotrotz sind natürlich auch die Charaktere in "Das Restaurant der verlorenen Rezepte" interessant. Gleichbleibend in jedem Kapitel sind nur der Restaurantbetreiber Nagare und seine Tochter Koischi, die die Aufträge annimmt. Die Gäste des Restaurants könnten unterschiedlicher nicht sein, genauso wie die Gerichte. So gibt es Menschen, die Kindheitserinnerungen wieder aufleben lassen wollen, Menschen, die sich an ihre verstorbenen Geliebten zurückerinnern wollen oder wissen wollen, ob sich ihr Leben verändert hätte, wenn gewisse Situationen anders verlaufen wären.

Man könnte dem Roman einzig und alleine vorwerfen, dass die Kapitel recht repititive Stellen aufweisen. Wer aber Essen liebt und die Liebe zum Detail mag, die der Autor hier verwendet, der wird seine Geschmacksdetektive lieben. Mir hat "Das Restaurant der verlorenen Rezepte" außerordentlich gut gefallen.